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S e i t e | 18<br />
hatte den goût des Nicht-richtigen. Wir haben Trashkultur gepflegt, Disko<br />
gefeiert und über Ernst Jünger geschrieben, also alles, was die 68er ärgerte.<br />
War das auch der Anlass, die Zeitschrift zu gründen? Dieser Generation<br />
mit einer Gruppe etwas entgegen zu setzen?<br />
Bisschen schon. Es gab andere Zeitschriften, die hießen die Federlese, in denen<br />
schrieben Leute Gedichte, es gab die üblichen Fotos von irgendeinem abgerissenen<br />
Puppenkopf in einer Pfütze. Und wir wollten dem etwas entgegenhalten,<br />
was nicht völlig aus der Luft gegriffen war. 1977 war schließlich Punk,<br />
New Wave, Ästhetiken der Künstlichkeit wurden entwickelt und gegen die<br />
der Authentizität gestellt, die diese Hippiegeneration sehr stark in den Vordergrund<br />
gerückt hatte. Insofern war es auch ein Kulturkampf, den wir da<br />
führten, und wir ließen uns auch gerne beschimpfen. Aus der Redaktion der<br />
Zeitschrift ging dann auch die Band F.S.K. hervor und das erste Lied, das wir<br />
überhaupt schrieben, hieß Ja zur modernen Welt, wofür es damals noch richtig<br />
Ärger gab – auch mit dem Publikum.<br />
Habt ihr nach der Bandgründung die Zeitschrift noch weitergeführt<br />
oder verlief das beides parallel?<br />
Die Zeitschrift haben wir noch bis 1986 weiter geführt. 1978 wurde sie gegründet,<br />
1980 kam F.S.K. Wir wollten eigentlich gar keine richtige Band sein.<br />
Wir fanden es altmodisch, sich auf die Bühne zu stellen und selbst zu verwirklichen.<br />
Wir wollten uns nicht selbst verwirklichen, auch nicht von uns<br />
singen, sondern eher allgemeine Erkenntnisse umsetzen. Wir fanden Bands<br />
wie Kraftwerk toll, die da einfach nur stehen und gewissermaßen nicht verbindlich<br />
sind. Darum dachten wir, wir kämen vielleicht ganz ohne Auftritte<br />
aus und würden einfach nur eine Platte machen. Wir haben dann nach Hamburg<br />
zu Alfred Hilsberg, der das Label ZickZack gegründet hat, Aufnahmen<br />
geschickt, die wir im WG-Zimmer eines unserer Mitglieder mit dem Tonbandgerät<br />
gemacht haben und das wurde dann die Platte. Sehr Lo-Fi. Außen<br />
stand drauf: „Freiwillige Selbstkontrolle ist ein Mode und Verzweiflung Produkt.“<br />
Wir wähnten uns eigentlich nur als eine Art Produkt, doch dann kam<br />
die Platte relativ gut an. Sie wurde an einigen Stellen gut besprochen, wir wurden<br />
eingeladen, mit anderen neuen Bands aufzutreten und hatten im Winter<br />
1980 unseren ersten Auftritt. Gleich in Hamburg, in der Markthalle, also vor<br />
tausend Leuten. Dann hat es natürlich doch Spaß gemacht. Die Zeiten haben<br />
sich geändert, man hat Lust daran gefunden, ‚verbindlich’ zu sein und unser<br />
hauptästhetisches Ziel, die Künstlichkeit, auch einmal durch Signale, die eher