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Foto: OLAP<br />
„The Astonishing John Edgar Wideman“<br />
Ulrich Eschborn<br />
Im August 1955 betritt der vierzehnjährige schwarze Junge Emmett Till aus<br />
Chicago einen Laden in der Kleinstadt Money, Mississippi, kauft sich eine<br />
Kleinigkeit und ruft der weißen Verkäuferin beim Verlassen des Ladens „Byebye,<br />
Baby“ zu. Wenige Tage darauf wird der Junge aufgrund dieser Worte von<br />
zwei weißen Männern entführt, so geschlagen, daß sein Gesicht entstellt ist,<br />
dann erschossen und seine Leiche wird in den Tallahatchie River geworfen.<br />
Nach dem Freispruch vor einem Gericht in Mississippi schildern die beiden<br />
Männer einem Journalisten für 4000 Dollar die Tat, die sie begangen haben.<br />
So erzählt der wie Emmett Till 1941 geborene afroamerikanische Schriftsteller<br />
John Edgar Wideman den bekannten Vorfall in seinem Artikel „The Killing<br />
of Black Boys“, in dem er seine Identifikation mit dem Jungen zum Ausdruck<br />
bringt: „Emmett Till had died instead of me.“ 1<br />
Widemans eigener Lebensweg wirkt dagegen auf den ersten Blick wie eine<br />
typische Erfolgsgeschichte im sogenannten Land der unbegrenzten Möglichkeiten.<br />
Schon an seiner überwiegend weißen Highschool in Shadyside,<br />
Pittsburgh, heimste Wideman alle Preise ein, die es zu gewinnen gab, und<br />
feierte Erfolge als Basketballspieler. Auch an der zur Ivy League gehörenden<br />
University of Pennsylvania in Philadelphia, an der der Autor mit Hilfe eines<br />
Stipendiums als einer von nur zehn schwarzen unter insgesamt 1700 Studen-<br />
1 Wideman, John Edgar: “The Killing of Black Boys.” Essence (Nov. 1997), S. 123-89,<br />
hier S. 123.