Von Bergführern und Schneeschuh-Touren - Alpinschule OASE-Alpin
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<strong>Von</strong> <strong>Bergführern</strong> <strong>und</strong> <strong>Schneeschuh</strong>-<strong>Touren</strong><br />
Gespräch mit dem Bergführer <strong>und</strong> Skilehrer Thomas Dempfle – Sicherheit hat Vorrang<br />
– Eiger-Nordwand-Erstbesteiger Anderl Heckmair kommt jede Woche im Büro in<br />
Oberstdorf vorbei<br />
Oberstdorf – Berg heil, Berg dank. Wen es in die Alpen zieht, auf Gipfel <strong>und</strong> Grate, der tut<br />
gut daran, sein Leistungsvermögen <strong>und</strong> seine alpinen Kenntnisse richtig einzuschätzen.<br />
Manch Vorhaben, sei es im Sommer oder im Winter, unternimmt man besser mit einem<br />
Bergführer. Dies gilt auch für <strong>Schneeschuh</strong>-<strong>Touren</strong> , die immer mehr in Mode kommen. Mit<br />
dem Inhaber der Oberstdorfer Bergschule <strong>OASE</strong> alpin, dem staatlich geprüften Bergführer<br />
<strong>und</strong> Skilehrer Thomas Dempfle, sprach Michael Paproth.<br />
Was ist das Wichtigste für einen Bergführer?<br />
Dempfle: Dass es dir selber Spaß macht. Wenn Bergsteigen dir keinen Spaß mehr macht,<br />
dann wird es gefährlich beim Klettern oder auf Skitouren – <strong>und</strong> die Leute merken das sofort.<br />
Fragt mich einer, was machst du im Urlaub, dann sage ich: Ich bin das ganze Jahr im<br />
Urlaub.<br />
Schön, wenn man das sagen kann. Ein toller Beruf.<br />
Dempfle: Ich bew<strong>und</strong>ere die alten Bergführer. Der Anderl Heckmair (einer der Erstbesteiger<br />
der Eiger Nordwand, Anm. der Redaktion) ist ein Fre<strong>und</strong> von mir <strong>und</strong> kommt jede Woche bei<br />
uns im Büro in Oberstdorf vorbei. Er wohnt in Oberstdorf <strong>und</strong> ist noch richtig fit, weil er mit<br />
seiner Frau Trudi jeden Tag eine Tour macht.<br />
Wie alt ist Anderl Heckmair jetzt?<br />
Dempfle: Er ist 97 <strong>und</strong> ein großes Vorbild. Sensationell, was die früher für <strong>Touren</strong> gemacht<br />
haben mit der damaligen Ausrüstung. Die sind mit dem Fahrrad nach Grindelwald geradelt<br />
<strong>und</strong> dann an die Eiger Nordwand gegangen: mit schwerer Ausrüstung <strong>und</strong> alten Seilen.<br />
Heute ist es viel leichter. Bei mir hat Sicherheit immer Vorrang. Und mit leistungsfähigen<br />
Leuten kannst du eine längere Tour machen, als wenn du einen dabei hast, der das nicht<br />
schafft. Dann kann es auch sein, dass ich auf Schneetouren umdrehe.<br />
Für den schlimmsten Fall gibt es noch die Bergrettung.<br />
Dempfle: Ja, der Hubschrauber kann überall fliegen. Aber wenn es schneit <strong>und</strong> stürmt, kann<br />
er uns nicht holen. Dann muss die Bergwacht ausrücken <strong>und</strong> mit dem Schlitten hochlaufen.<br />
Worauf achtet eine Bergführer besonders? Aufs Wetter, die Kondition der Tour-<br />
Teilnehmer ...?<br />
Dempfle: Alles zusammen. Wir haben jetzt einen super Wetterbericht. Schon in der Früh<br />
kann ich verschiedene Wetterberichte abhören; oder ich kann in Innsbruck im Wetteramt<br />
anrufen. Dort sagt man mir sehr genau wie das Wetter heute wird. Komme ich nach<br />
Chamonix, schau ich mir dort auch den Lawinenlagebericht <strong>und</strong> ein paar Schneeprofile an.<br />
Ich kann außerdem andere Bergführer fragen.<br />
Helfen sich Bergführer untereinander? Gibt es keine Eitelkeiten?<br />
Dempfle: Man hilft sich schon. Die Ausbildung zum Bergführer ist international. Sie ist in der<br />
Schweiz genauso wie in Österreich oder in Kanada. Karten lesen oder mit dem Kompass
umgehen, das ist auf der ganzen Welt gleich. Deshalb darf ich auch in Kanada als<br />
Bergführer arbeiten. In Deutschland gibt es ungefähr 400 Bergführer, darunter vielleicht 60<br />
Profis. Da kennt jeder jeden. Wir haben in Deutschland keine großen Gletscher, darum sind<br />
wir viel im Wallis oder im Berner Oberland. Auch das Matterhorn ist sehr beliebt. Dort<br />
kommen wir mit den Schweizer <strong>Bergführern</strong> zusammen, oder mit Franzosen <strong>und</strong><br />
Österreichern. Man muss sich arrangieren. Bergführer halten schon zusammen, oft macht<br />
man sich auch zusammen auf den Weg.<br />
Sind die Allgäuer Berge für manchen zu niedrig? Und falls das so ist, ist das für Ihre<br />
Bergschule in Oberstdorf ein Standortnachteil?<br />
Dempfle: Oberstdorf ist ein optimaler Standort für Bergtouren. Wir haben Wanderungen in<br />
verschiedenen Höhenlagen, es gibt tolle Berge zum Klettern <strong>und</strong> für Klettersteige. Man kann<br />
hier sehr lange unterwegs sein: Es geht schon im Frühjahr los mit Wanderungen <strong>und</strong> dann<br />
bis in den Herbst hinein. In höheren Gebieten ist die Saison sehr kurz. Für die Besteigung<br />
des Matterhorns sind die Verhältnisse oft nur zwei, drei Wochen im August gut. Dann<br />
herrscht dort großer Andrang. Manchmal ist es eine Massenabfertigung: rauf, runter, rauf,<br />
runter. Bei uns geht es ein bisschen gemütlicher zu.<br />
Für viele ist höher gleich besser. Gerade jüngere Leute sehen darin einen Kick.<br />
Gehören die K<strong>und</strong>en Ihrer Bergschule eher mittleren oder älteren Generationen an?<br />
Dempfle: Wir haben ein Programm, das mehr von Älteren angenommen wurde. Aber es<br />
kommen Jüngere nach. Wandern boomt, auch bei den Jüngeren. Klettersteige sind eher<br />
etwas für Jüngere; <strong>und</strong> bei den Kletterkursen haben wir ein junges Publikum ab 15 Jahre.<br />
Die Mädchen sind oftmals viel besser als die Buben, sind leichter <strong>und</strong> beweglicher. Beim<br />
Klettern muss man nicht viel Kraft haben. Das weckt den Ehrgeiz der Buben.<br />
Wandern klingt nach Tradition, Klettersteige <strong>und</strong> Sportklettern nach Trend. Was ist<br />
noch in?<br />
Dempfle: <strong>Schneeschuh</strong>-<strong>Touren</strong> sind trendy <strong>und</strong> machen viel Spaß. Jeder kann das machen.<br />
<strong>Schneeschuh</strong>-<strong>Touren</strong>, beispielsweise über die Hörnergruppe, sind vor allem<br />
Naturerlebnisse. Ist es jungen Leuten nicht zu langweilig, st<strong>und</strong>enlang besinnlich durch<br />
die Allgäuer Berge zu marschieren?<br />
Dempfle: Junge Leute sind genauso naturverb<strong>und</strong>en wie ältere. Aber es muss noch was los<br />
sein. Eine Drei-Tages-Tour kannst du mit jungen Leuten eher nicht machen. Wenn aber eine<br />
<strong>Schneeschuh</strong>tour mit einer Schlittenfahrt verb<strong>und</strong>en wird, dann ist das ein r<strong>und</strong>e Sache. Für<br />
Jüngere bieten wir zudem ‚Flying Fox’ an. Man spannt eine Seil über eine Schlucht <strong>und</strong><br />
hängt sich mit dem Klettergurt gesichert darin ein. Dann rutscht man das Seil runter auf die<br />
andere Seite. Oder die Schluchtüberquerung. Man spannt ein Seil <strong>und</strong> balanciert darüber.<br />
Kurzbiografie:<br />
Der 39-jährige Thomas Dempfle fuhr schon als kleiner Bub Skirennen. Dadurch kam er zur<br />
Sportkompanie <strong>und</strong> machte parallel die Ausbildung zum staatlich geprüften Skilehrer <strong>und</strong><br />
staatlich geprüften Bergführer. Dempfle lernte aber auch Schreiner, studierte Holztechnik<br />
<strong>und</strong> arbeitete ein Jahr lang in einem Betrieb in Stuttgart. Als Bergführer war er danach viele<br />
Jahre im Winter in Kanada unterwegs, im Sommer arbeitete er in Oberstdorf. Schließlich<br />
nahm er das Angebot an, Teilhaber einer Oberstdorfer Bergschule zu werden. Seit fünf<br />
Jahren ist er der Alleininhaber der Bergschule <strong>OASE</strong> alpin in 87561 Oberstdorf, Am
Bahnhofsplatz 5, Postfach 1453. Telefon 08322 – 7358, Fax 08322 – 7153. www.oasealpin.de<br />
Bildunterschrift:<br />
Früher gingen die Jäger im Winter auch mit <strong>Schneeschuh</strong>en oder <strong>Touren</strong>ski ihrer Arbeit<br />
nach. Heute liegen <strong>Schneeschuh</strong>-<strong>Touren</strong> im Trend. Bergführer Thomas Dempfle (links)<br />
kennt die Allgäuer Berge wie seine Westentasche – <strong>und</strong> nicht nur die. „Eine <strong>Schneeschuh</strong>-<br />
Tour kann jeder machen“, sagt der Inhaber der Oberstdorfer Bergschule <strong>OASE</strong> alpin.<br />
Stimmt, doch einigermaßen fit sollte man schon sein. Dann stapft es sich leichter durch den<br />
Tiefschnee, macht noch mehr Spaß <strong>und</strong> gibt Freiraum, die unberührte Natur genießen zu<br />
können. Fotos: Paproth, e<br />
Erschienen am 7./8. Februar 2004 in der Eßlinger Zeitung.