DIE WIRTSCHAFT April 2015
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22 GELD &GESCHÄFT<br />
STIFTUNG VON A–Z<br />
-Anstaltsträgerstiftungen: Sie<br />
verwirklichen ihren Zweck in der<br />
Regel vornehmlich durch von ihnen<br />
betriebene Einrichtungen wie<br />
Krankenhäuser, Museen oder Forschungszentren.<br />
-Bürgerstiftungen: Sie sind gemeinnützige<br />
Stiftungen von Bürgern<br />
für Bürger, deren Stiftungszweck<br />
möglichst breit gefasst ist<br />
und dessen Verwirklichung in<br />
einem geografisch begrenzten<br />
Raum erfolgt. Es gibt über 200<br />
Bürgerstiftungen.<br />
-Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen<br />
Rechts: Sie ist das klassische<br />
Instrument zur Verwirklichung<br />
eines auf Dauer angelegten<br />
Zwecks und untersteht der staatlichen<br />
Stiftungsaufsicht. Ihre Entstehungsvoraussetzungen<br />
regelt<br />
das Bürgerliche Gesetzbuch in<br />
den §§ 80 ff.<br />
-Unternehmensverbundene Stiftung:<br />
Sie halten wesentliche Anteile<br />
anUnternehmen oder betreiben<br />
selbst ein Unternehmen. Als<br />
Instrument zur Regelung der<br />
Unternehmensnachfolge gefragt.<br />
-Treuhandstiftungen: Eine Treuhandstiftung<br />
wird durch einen<br />
Vertrag zwischen dem Stifter und<br />
dem Treuhänder als Träger der<br />
Stiftung errichtet. Der Bundesverband<br />
Deutscher Stiftungen schätzt<br />
die Zahl der in Deutschland bestehenden<br />
Treuhandstiftungen auf<br />
etwa 20000.<br />
-Zustiftung: Unter einer Zustiftung<br />
versteht man eine Zuwendung<br />
in den Vermögensstock<br />
einer bereits bestehenden Stiftung.<br />
ph<br />
Wirklich Gutes bewirken<br />
Stiftungsgründungen können auch für Mittelständler ein sinnvolles Instrument sein.<br />
Stiftungen helfen, den Fortbestand<br />
eines Unternehmens langfristig zu<br />
sichern. Für Mittelständler sind sie<br />
außerdem eine attraktive Möglichkeit,<br />
ihre Nachfolge zu regeln und<br />
sich gemeinnützig zu engagieren.<br />
Um steuergünstig die Nachfolge<br />
zu regeln und die<br />
Kontinuität im Unternehmen<br />
zu sichern, brachte<br />
Peter Pohlmann seine<br />
1989 in Bergkamen gegründete Möbelhauskette<br />
Poco-Domäne in eine Stiftung<br />
ein. Das war 2008. Seine drei Kinder erklärten<br />
den Erbverzicht auf das Firmenvermögen<br />
–sie hatten andere Berufe gewählt.<br />
Pohlmann hatte sich für das Modell<br />
einer Doppelstiftung entschieden: 95<br />
Prozent der Unternehmensanteile übergab<br />
erandie gemeinnützige Peter-Pohlmann-Stiftung.<br />
Die verbleibenden fünf<br />
Prozent brachteerindie Tripos Familienstiftung<br />
ein. Dieser stehen die Kinder vor,<br />
gemeinsam haben sie in der Familienstiftung<br />
die Stimmrechte für das Unternehmen.<br />
So wie Pohlmann entscheiden sich viele<br />
mittelständische Unternehmer, die keinen<br />
Nachfolger finden, aber dennoch das<br />
Familienvermögen als Ganzes erhalten<br />
wollen: Nach Angaben des Bonner Instituts<br />
für Mittelstandsforschung (IfM)<br />
stand bis 2014 jährlich in 22 000 Familienunternehmen<br />
die Übergabe an. Experten<br />
schätzen, dass 86 Prozent der<br />
Übergaben altersbedingt und damit planbar<br />
sind. „Wer in den kommenden fünf<br />
Jahren die Nachfolgethematik angehen<br />
DAMIT IHRE KUNDEN<br />
IMMER AN SIE DENKEN!<br />
Hand in Hand: Deutschland steht bei den Stiftungen weltweit an der Spitze.<br />
muss, solltejetzt das Gespräch mit seiner<br />
Bank, seinem Steuerberater und seinem<br />
Rechtsanwalt suchen, um zu prüfen, ob<br />
eine Stiftungsgründung eine sinnvolle<br />
Lösung sein könnte“, empfiehlt Mirjam<br />
Schwink, Leiterin Stiftungsmanagement<br />
bei der Baden-Württembergischen Bank.<br />
Stiftungen sind Einrichtungen, denen ein<br />
Vermögen bestehend aus Kapital, Aktien,<br />
Kunstsammlungen, Immobilien oder Firmenanteilen<br />
für einen bestimmten<br />
Zweck dauerhaft und unwiderruflich gewidmet<br />
ist. Die Erträge des Stiftungsvermögens<br />
in Form vonZinsen, Dividenden,<br />
Pacht oder Mieten finanzieren die Stiftungsziele.<br />
Ein Unternehmen, das in eine<br />
Stiftung eingebracht ist, kann also weder<br />
verkauft noch zerschlagen werden.<br />
Erben und Mitarbeiter sind versorgt. Allerdings<br />
kann einmal in eine Stiftung eingebrachtes<br />
Vermögen auch nicht mehr<br />
entnommen werden, die Stiftung gehört<br />
nur noch sich selbst. Aktuell gibt es knapp<br />
über 20 000 rechtlich selbstständigeund<br />
damit vom Bundesverband Deutsche<br />
Stiftungen erfasste Stiftungen. Münster<br />
rangiert unter den deutschen Städten auf<br />
Rang elf. Das Deutsche Stiftungszentrum<br />
(DSZ) schätzt die<br />
Zahl der Stiftungen<br />
mit Unternehmensbezug<br />
–<br />
sei es, weil sie<br />
Unternehmenseigner<br />
sind oder<br />
von einem Unternehmen<br />
gegrün-<br />
„Der Stifter sollte für den Zweck<br />
der Stiftung brennen.“<br />
Stiftungsmanager Horst-Walter Görgen<br />
det wurden –bundesweit auf bis zu 2000.<br />
„In unserer individualistisch geprägten<br />
Gesellschaft wollen die Menschen selbst<br />
bestimmen, wo und wie ihr Vermögen<br />
wirkt –insbesonderewenn sie keine eigenen<br />
Kinder haben oder Streit im Erbfall<br />
verhindern wollen“, erklärt Professorin<br />
Annette Zimmer, Stiftungsexpertin am<br />
Institut für Politikwissenschaft der Universität<br />
Münster, den Trend zur Stiftungsgründung.<br />
Begünstigt hätten diese<br />
Entwicklung drei Faktoren: Das starke<br />
Anwachsen vonVermögenswerten in privater<br />
Hand, die Idee des Bürgerengagements<br />
und zwei Stiftungsreformgesetze.<br />
Letztere hätten dafür gesorgt, dass Stiftungen<br />
leichter gegründet würden und<br />
steuerlich attraktiver seien.<br />
Damit sich ein solcher Schritt für Mittelständler<br />
rechnet, sollteein Unternehmen<br />
Foto: Fotolia<br />
laut Schwink ein dreistelliges Umsatzvolumen<br />
haben. „Sonst steht der Verwaltungsaufwand<br />
in keinem Verhältnis zu<br />
den Erträgen, denn die Stiftungsgründung<br />
und die laufenden Arbeiten verursachen<br />
auch Kosten“, sagt sie. Außerdem<br />
brauche der Unternehmer bei einem solchen<br />
weitreichenden Schritt den Konsens<br />
in der Familie. Schließlich müssten die<br />
Erben notariell unterschreiben, dass sie<br />
auf ihren Pflichtteil verzichten und dem<br />
Unternehmen keine Liquidität entziehen.<br />
Im Gegenzug könnten sie den Anspruch<br />
auf regelmäßigeAusschüttungen bekommen.<br />
„Der Stifter solltefür den Zweck der Stiftung<br />
brennen“, rät Stiftungsmanager<br />
Horst-Walter Görgen. Diesen kann er im<br />
Rahmen der Satzung selbst bestimmen.<br />
Allerdings sollte sich ein Stiftungsgründer<br />
mit zu konkreten Vorgaben zurückhalten,<br />
denn ein<br />
gewisser Ent-<br />
scheidungsspiel-<br />
raum sei für die<br />
Arbeit der Stiftungsorgane<br />
notwendig,<br />
sagt<br />
Ralph van Kerkomvon<br />
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
PKF Fasselt<br />
Schlage. Da eine Änderung des Stiftungszwecks<br />
nachträglich nur schwer möglich<br />
ist, wählen viele Stifter einen weitgefassten<br />
Zweck, wofür die Erträge des Stiftungsvermögens<br />
verwendet werden.<br />
Pohlmann entschied sich für einen Dreiklang<br />
aus Kultur, Forschung und Bildung:<br />
Seine Stiftung schüttet jährlich etwa<br />
100 000 Euro aus. Damit fördert sie<br />
einmal im Jahr eine große Veranstaltung<br />
im Konzerthaus in Dortmund, zeichnet<br />
Diplomarbeiten aus, die sich mit den Veränderungen<br />
der Gesellschaft und deren<br />
Auswirkungen auf den Handel befassen<br />
und unterstützt das Chancenwerk des<br />
Interkulturellen Bildungs- und Fördervereins<br />
für Schüler und Studenten IBFS<br />
e.V., in dem Migranten Nachhilfeunterricht<br />
bekommen.<br />
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20 784 STIFTUNGEN<br />
Ungeachtet der Niedrigzinsphase hält<br />
das Stiftungswachstum in Deutschland<br />
an: Mit 691 neu gegründeten<br />
Stiftungen im Jahr 2014 sind sogar<br />
deutlich mehr Stiftungen hinzugekommen<br />
als im Vorjahr (638). Dies<br />
gab der Bundesverband Deutscher<br />
Stiftungen in Berlin bekannt.<br />
Zum Ende des Jahres 2014 zählt der<br />
Dachverband insgesamt 20 784<br />
rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen<br />
Rechts. Deutschland behauptet sich<br />
damit weiter als stiftungsreichstes<br />
Land in Europa. Die Stiftungsdichte<br />
ist gestiegen: Auf 100 000 Bundesbürger<br />
kommen nun 26 Stiftungen.<br />
Quelle: www.stiftungen.org /Bundesverband<br />
Deutscher Stiftungen