DIE WIRTSCHAFT April 2015
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WISSEN<br />
29<br />
Aus dem Privatbesitz des schwedischen Königs stammt dieses Kabinett, das kurz vor 1700 in der Berliner Hofwerkstatt entstand. Museumsdirektorin Dr. Monika Kopplin lenkt den<br />
Blick auf die kostbar verzierten Innenfächer.<br />
Foto:Jürgen Peperhowe<br />
Erlesenes Mobiliar<br />
für Fürsten und Könige<br />
Das Museum für Lackkunst in Münster widmet dem Künstler Gérard Dagly eine sehenswerte Schau<br />
,„dann würereamerikaen<br />
–zuStuob<br />
es soweit<br />
Noppeney<br />
iter der Spet.<br />
Fotos: Ralf Emmerich<br />
Ein aus Spa im heutigen Belgien<br />
stammender Lackkünstler sorgte vor<br />
über 300 Jahren am Hof des Großen<br />
Kurfürsten in Berlin mit seinen Möbelarbeiten<br />
für Furore. Und Berlin<br />
avancierte in jener Zeit zur Keimzelle<br />
der Sinologie, der Chinakunde.<br />
Das sind nur zwei Aspekte einer sehenswerten<br />
Schau im Museum für<br />
Lackkunst: „Die Dagly-Ausstellung<br />
setzt in der Fülle der Ausstellung, die<br />
ich für das Museum vorbereitet und<br />
durchgeführt habe, einen Meilenstein“,<br />
so freut sich Dr. Monika Kopplin,<br />
die Direktorin des Museums.<br />
Allein das 300. Todesjahr<br />
Daglys ist Anlass genug, das<br />
Werk des bedeutendsten<br />
europäischen Lackkünstlers<br />
As Aeiner Zeit zu würdigen. Es<br />
handelt sich zudem in Münster um die<br />
erste Ausstellung über die Berliner Hofwerkstatt.<br />
Unter den 40 Exponaten befindet<br />
sich sogar eine Leihgabe aus dem Privatbesitz<br />
des schwedischen Königs, nämlich<br />
eines von zahlreichen mit Lackkunst<br />
Kabinett mit Wandtisch aus der Berliner Hofwerkstatt,<br />
um 1700<br />
Gérard Dagly (1660-1715) und die Berliner Hofwerkstatt<br />
Vor 300 Jahren starb der aus Spa stammende Lackkünstler Gérard Dagly. Er<br />
wurde schon im Alter von 26 Jahren vom Großen Kurfürsten nach Berlin gerufen<br />
und bereits ein Jahr später, 1687, zum Kammerkünstler ernannt. Meister<br />
Dagly gründete die Berliner Hoflackwerkstatt, die es in der Adaptation fernöstlicher<br />
Motive und Techniken zu grandioser Meisterschaft brachte. Die Hofwerkstatt<br />
fertigte überwiegend Mobiliar und Vertäfelungen für verschiedene preußische<br />
Residenzen, besonders aber für das Berliner Schloss sowie Schloss Oranienburg<br />
an. Kurfürst Friedrich III., der spätere König Friedrich I., honorierte<br />
Daglys Kunstfertigkeit, in dem er ihn 1696 zum „Intendant der Ornamenten“ ernannte.<br />
In dieser Position war erGesamtaufseher über die Ausstattung der königlichen<br />
Schlösser. Nach der Thronbesteigung König Friedrich Wilhelms I.<br />
wurde die Hofwerkstatt 1713 geschlossen. Dagly fand noch eine Anstellung<br />
beim Kurfürsten Johann Wilhelm II. von der Pfalz, starb jedoch kurze Zeit später<br />
inBensberg. loy Wackelpagode, Berlin, Hofwerkstatt, vor<br />
1706<br />
geschmückten Kabinetten, in denen zum<br />
Beispiel Münzen aufbewahrt wurde.<br />
Der 1660 geborene Gérard Dagly wurde<br />
schon im Alter von 26Jahren vom Großen<br />
Kurfürsten nach Berlin gerufen und<br />
bereits ein Jahr später, 1687, zum Kammerkünstler<br />
ernannt. Meister Dagly<br />
gründete sogleich die Berliner Hoflackwerkstatt.<br />
Eswar die erste ihrer Art in<br />
Europa und sie entwickelte, wie<br />
die Ausstellung zeigt,<br />
eine wahre Meisterschaft.<br />
Um dies zu zeigen,<br />
rückt Museumsdirektorin<br />
Dr. Monika<br />
Kopplin Mobiliar sowohl<br />
aus der Berliner<br />
Hofw<br />
fwerkstatt, das heute<br />
zum Beispiel der Stiftung<br />
Preußische<br />
Schlösser gehört, wie<br />
auch herausragende Exponate<br />
aus China und Japan, die sich in<br />
Privatbesitz befinden, in einen spannenden<br />
Kontrast.<br />
„Meine besondereBewunderung gilt hier<br />
einem Paar japanischer Lackkabinette,<br />
die zu den schönsten Exportlacken gehören,<br />
die ich kenne“, unterstreicht Kopplin,<br />
„und sie gilt dem Weilburger Kabinett<br />
Daglys, in dem die japanische Lackästhetik<br />
vollkommen umgesetzt ist.“ Die<br />
in der Regelschwarz lackierten Kabinette<br />
wurdenmitMotiven aus Floraund Fauna<br />
verziert, und es zählt, wie Kopplin begeistert<br />
erzählt, zuden auch intellektuellen<br />
Glanzleistungen Daglys, wie er sich Motive<br />
und Applikationstechniken aus Fernost<br />
aneignete und in Europa hoffähig<br />
machte. Während hier nämlich noch die<br />
Fülle des Barock als künstlerisches Ideal<br />
„Der Mann war sich seiner<br />
Fähigkeiten voll bewusst.“<br />
Dr. Monika Kopplin über den Ausnahmekünstler<br />
Gérard Dagly am preußischen Hof<br />
galt und die Bildmotive überquollen, galt<br />
in Fernost ein ganz anderes Ideal, das bei<br />
der Gestaltung eben auch freie Flächen<br />
und eine meditativeBalance favorisierte.<br />
Ein Blick auf feine Pflanzenornamentik<br />
oder die immer wiederkehrenden Phoenix-Vögel<br />
zeigen sowohl die Meisterschaft<br />
der Vorbilder wie die des Meisters<br />
Dagly und seiner Werkstatt in Berlin. Die<br />
Ausstellung umfasst neben Kabinettschränken<br />
auch Tische für verschiedene<br />
Zwecke mit polychromer Bemalung und<br />
Wackelpagoden.<br />
Es zählt zu den Stärken der Schau, dass<br />
siedie künstlerischen FähigkeitenDaglys<br />
einbettet in die Fernostbegeisterung zum<br />
Ende der europäischen Barockzeit. So<br />
stand Dagly auch im Kontakt mit dem<br />
Universalgelehrten Gottfried Wilhelm<br />
Leibniz (1646-1716), der sich fünf Jahrzehnte<br />
lang immer wieder mit China beschäftigte<br />
und, wie Monika Kopplin erläutert,<br />
einer der ersten Vordenker eines<br />
Wissenstransfers zwischen Europa und<br />
Fernost war. Der üppigeKatalog aus dem<br />
Hirmer-Verlag, herausgegeben von Dr.<br />
MonikaKopplin, ist auchdiesmal wieder<br />
ein Stück wissenschaftlicher Pionierarbeit<br />
über den herausragendeneuropäischen<br />
Lackkünstler Gérard Dagly.<br />
Gérard Dagly (1660-1715) und die Berliner<br />
Hofwerkstatt. Bis 26. Juli <strong>2015</strong> im<br />
Museum für Lackkunst, Münster.Geöffnet<br />
Mi bis So sowie an Feiertagen von12<br />
bis 18 Uhr, Divon 12 bis 20 Uhr.<br />
Johannes Loy<br />
|www.museum-fuer-lackkunst.de<br />
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