pdf, 64 KB - Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung
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Das Fach Gr<strong>und</strong>schulpädagogik als didaktische Einheit der<br />
Lehramtsausbildung an der Universität Rostock<br />
Positionspapier des Arbeitskreises „Gr<strong>und</strong>schulpädagogik“<br />
Mitwirkende:<br />
aus der Philosophischen Fakultät:<br />
Prof. Dr. Ilona Schneider (Institut für Schulpädagogik)<br />
Dr. Franz Oberländer (Institut für Schulpädagogik)<br />
Dr. Wenke Mückel (Institut für Schulpädagogik)<br />
Dr. Cornelia Tröster (Institut für Schulpädagogik)<br />
1. Bildungspolitische Situation<br />
Die durch den Bologna-Prozess 1999 in Gang gesetzte Reformierung der<br />
Studiengänge der deutschen Universitäten, die unbefriedigenden Ergebnisse der<br />
PISA-Studien (2000; 2003; 2006) <strong>und</strong> nicht zuletzt die Klagen der deutschen<br />
Wirtschaft über eine mangelnde Kompetenz vieler Schulabsolventen in<br />
gr<strong>und</strong>legenden Kulturtechniken haben eine bildungspolitische Diskussion in der<br />
gesellschaftlichen Öffentlichkeit entfacht. In dieser Debatte wird auch die Frage nach<br />
den Zusammenhängen zwischen dem Bildungsverlust bei Schülern <strong>und</strong> der Qualität<br />
der <strong>Lehrerbildung</strong> diskutiert, was letztlich zu einer stärkeren Beachtung der<br />
<strong>Lehrerbildung</strong> geführt hat. Notwendig werden eine stärkere berufswissenschaftliche<br />
curriculare Ausrichtung der Lehramtsstudiengänge sowie eine spiralförmige Anlage<br />
des Theorie-Praxis-Verhältnisses über das gesamte Studium (Expertenbericht MV,<br />
S. 173), denn offensichtlich besteht eine große Diskrepanz zwischen dem<br />
Lehrerwissen <strong>und</strong> dem Lehrerkönnen. Wissen führt nicht automatisch zum Können<br />
(KAISER 2007, S. 82). Eine Reformierung der <strong>Lehrerbildung</strong> hinsichtlich des Theorie-<br />
Praxis-Verhältnisses <strong>und</strong> der Transferfähigkeit der wissenschaftlichen F<strong>und</strong>ierung<br />
des pädagogischen <strong>und</strong> fachlichen Handelns ist dringend angesagt. So wurden<br />
durch die KMK 2004 Standards für die Bildungswissenschaften entwickelt <strong>und</strong> 2008<br />
inhaltliche Kriterien für ein anschlussfähiges fachdidaktisches Wissen formuliert:<br />
„Studienabsolventinnen <strong>und</strong> -absolventen<br />
haben ein solides <strong>und</strong> strukturiertes Wissen über fachdidaktische<br />
Positionen <strong>und</strong> Strukturierungsansätze <strong>und</strong> können<br />
fachwissenschaftliche Inhalte auf ihre Bildungswirksamkeit hin <strong>und</strong><br />
unter didaktischen Aspekten analysieren;<br />
kennen <strong>und</strong> nutzen Ergebnisse fachdidaktischer <strong>und</strong><br />
lernpsychologischer Forschung über das<br />
Lernen in ihren Fächern;<br />
kennen die Gr<strong>und</strong>lagen fach- <strong>und</strong> anforderungsgerechter<br />
Leistungsbeurteilung;
haben f<strong>und</strong>ierte Kenntnisse über Merkmale von Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schülern, die den Lernerfolg<br />
fördern oder hemmen können <strong>und</strong> wie daraus Lernumgebungen<br />
differenziert zu gestalten sind.“<br />
(http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2<br />
008/2008_10_16-Fachprofile.<strong>pdf</strong>, 08.07.09)<br />
Diese Anforderungen umfassen das fachwissenschaftliche,<br />
erziehungswissenschaftliche <strong>und</strong> fachdidaktische Studium mit dem Ziel, für jedes<br />
Fach ein so genanntes Fachprofil auszuweisen. Die damit verb<strong>und</strong>ene Aufwertung<br />
der <strong>Lehrerbildung</strong> vollzieht sich auch in Mecklenburg-Vorpommern, wie dem Bericht<br />
der Expertenkommission zu entnehmen ist (http://www.elearningmv.de/news/aktuelles/einzelansicht/datum////expertenbericht-zur-zukunft-dererziehung-<strong>und</strong>-bildung-unter-beruecksichtigung-des-lebenslangen-lernen/08.07.09).<br />
Dieser Herausforderung müssen sich auch die Fachdidaktiken stellen, indem sie<br />
akademische Ausbildung, professionsbezogene Forschung <strong>und</strong> theoriebasierte<br />
praktische Anleitung verflechten.<br />
2. Zur Rolle der Fachdidaktiken<br />
Fachdidaktiken sind Wissenschaftsdisziplinen, die Ziele, Inhalte, Bedingungen,<br />
Strukturlogiken, Begründungszusammenhänge, Aneignungszugänge usw. eines<br />
fach- <strong>und</strong> schulstufenspezifischen Lehrens <strong>und</strong> Lernens erforschen, dokumentieren<br />
<strong>und</strong> vermitteln. Die Schulstufenspezifik bezieht sich auf den Primarbereich, die<br />
Sek<strong>und</strong>arstufen 1 <strong>und</strong> 2.<br />
Für Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer haben sich die Fachdidaktiken als Berufswissenschaft<br />
etabliert.<br />
„Die Fachdidaktik stellt in diesem Sinne die Berufswissenschaft eines<br />
Lehrers dar, die das Wesen, die Besonderheiten <strong>und</strong> die Bedingungen<br />
seiner beruflichen Aufgaben auf einer theoretischen <strong>und</strong> praktischen<br />
Ebene erforscht sowie in der Lehre vertritt. Ihr obliegt damit eine<br />
Mittlerfunktion zwischen Fachwissenschaft <strong>und</strong> Erziehungswissenschaft,<br />
die der Ambivalenz von fachlichen <strong>und</strong> erzieherischen Aufgaben des<br />
Lehrers entspricht.“ (TIMMERHAUS 2001, S. 241)<br />
Die Fachdidaktik als Berufswissenschaft ist die Stelle, an der alle<br />
Lehramtsstudierenden fakultäts- <strong>und</strong> studienübergreifend eine wissenschaftliche,<br />
berufsorientierte <strong>und</strong> fachliche Anbindung <strong>und</strong> Zusammenführung<br />
erziehungswissenschaftlicher <strong>und</strong> fachwissenschaftlicher Inhalte erfahren.<br />
Die Hochschulrektorenkonferenz stellt für eine zeitgemäße professionelle<br />
<strong>Lehrerbildung</strong> die Entwicklung der gesamten Lehrerpersönlichkeit in den Mittelpunkt.<br />
Das bedeutet, dass Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften <strong>und</strong> die jeweiligen<br />
Fachdidaktiken in enger Kooperation ihre spezifischen lehramtsbezogenen Aufgaben<br />
wahrnehmen.<br />
„In den Fachwissenschaften erwerben die Lehramtsstudierenden basales<br />
fachliches Wissen sowie eine analytisch-kritische Reflexionsfähigkeit <strong>und</strong><br />
Methodenkompetenz. Diese Qualifikationen stellen unverzichtbare<br />
Voraussetzungen für das Wirksamwerden der weiteren fachbezogenen<br />
Kompetenzen dar.
In den Fachdidaktiken eignen sich die Studierenden Fähigkeiten der<br />
curricularen Konstruktion <strong>und</strong> Vermittlung fachlicher Inhalte sowie<br />
Kompetenzen der fachbezogenen Reflexion, Kommunikation, Diagnose<br />
<strong>und</strong> Evaluation an.<br />
Die Bildungswissenschaften bereiten zukünftige Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer darauf<br />
vor, ihre berufliche Tätigkeit im Kontext der Schule zu reflektieren, zu evaluieren<br />
<strong>und</strong> weiterzuentwickeln.“<br />
(http://www.hrk.de/de/download/dateien/Beschluss_<strong>Lehrerbildung</strong>.<strong>pdf</strong>; 24.5.09)<br />
Jedoch sind die Aufgaben der Fachdidaktiken nicht nur in Abhängigkeit zur<br />
Fachwissenschaft zu bestimmen. Außerdem sind sie auch mit Blick auf die<br />
Funktionen <strong>und</strong> Formen des Wissens <strong>und</strong> Könnens für die Lernenden in ihrem<br />
gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Leben zu reflektieren.<br />
Neben den fachspezifischen Perspektiven schulischen Lernens existieren weitere<br />
Perspektiven zum geplanten, strukturierten <strong>und</strong> angeleiteten Welt- <strong>und</strong><br />
Selbstverstehen, die u. a. in stufen- <strong>und</strong> bereichsspezifischen sowie<br />
fächerintegrierenden Didaktiken untersucht werden.<br />
Fächerintegrierende Didaktiken erforschen <strong>und</strong> strukturieren den Unterricht in<br />
Fächer, die mehrere Bezugsdisziplinen haben, wie z.B. Sachunterricht, Politische<br />
Weltk<strong>und</strong>e, Umwelterziehung.<br />
Bereichsdidaktiken erforschen <strong>und</strong> strukturieren interdisziplinär angelegte<br />
Lernthemen, wie Friedenserziehung, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sexualerziehung,<br />
Medienerziehung usw.<br />
Stufendidaktiken erforschen <strong>und</strong> strukturieren das didaktische Lehren <strong>und</strong> Lernen in<br />
Schulstufen. Dazu gehört u.a. die Didaktik der Gr<strong>und</strong>schule<br />
Das bedeutet eine didaktische Auseinandersetzung mit dem Wesen des jeweiligen<br />
Faches sowie der Schulstufe einschließlich der Spezifik ihrer Lerner: Erst ein<br />
fachdidaktisches Wissen <strong>und</strong> Können mit dieser dialektischen Sichtweise versetzt<br />
Lehrende in die Lage, in kontingenten Situationen, denen sie immer ausgesetzt sind,<br />
pädagogisch <strong>und</strong> fachlich adäquat handeln zu können.<br />
Die Profilierung aller Didaktikdisziplinen vollzieht sich unter Berücksichtigung des<br />
dialektischen Spannungsverhältnisses zwischen psychischen <strong>und</strong> physischen<br />
Entwicklungsbesonderheiten der Lerner, Fach- <strong>und</strong> Sachorientierungen <strong>und</strong><br />
lebensphilosophischen Aspekten hinsichtlich der gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen<br />
Bedeutsamkeit von Lerninhalten, wobei dieses Spannungsverhältnis je nach<br />
Lernerklientel in einer dieser Richtungen einen Schwerpunkt setzt, ohne jedoch die<br />
anderen aus dem Auge zu verlieren.<br />
Die Didaktik der Primarstufe – das Fach Gr<strong>und</strong>schulpädagogik – vereint alle diese<br />
Perspektiven in sich. Für jeden Gr<strong>und</strong>schullernbereich (Gr<strong>und</strong>schulfach) ist die<br />
jeweilige Fachwissenschaft oder auch die jeweiligen Fachwissenschaften wichtigster<br />
Bezug, der aber wegen der Stufenspezifik nicht alleiniger Bezug bleibt. Eine<br />
besondere Rolle spielen hierbei auch Lernbereiche die mehrere<br />
Bezugsfachwissenschaften integrieren wie der Sachunterricht.<br />
3. Stellung <strong>und</strong> Struktur des Faches Gr<strong>und</strong>schulpädagogik
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik ist ein integratives Fach, das die Allgemeine<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik, d.h. die lernbereichs- <strong>und</strong> damit fachübergreifende Spezifik<br />
der Gr<strong>und</strong>schule, <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>schulrelevante Lernbereiche beinhaltet. Zu den<br />
Lernbereichen, die an der Universität Rostock studiert werden können, gehören<br />
Sprachlicher Unterricht, Mathematischer Unterricht, Sachunterricht, Werken, Kunst &<br />
Gestaltung, Sport, Musik, Darstellendes Spiel, Religion <strong>und</strong> früh beginnendes<br />
Englisch, die jeweils ihre Studieninhalte sowohl fach- als auch kindorientiert<br />
auswählen <strong>und</strong> reflektieren. Diese Besonderheiten des Faches<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik machen es notwendig, sie als eine eigenständige,<br />
stufenspezifische Didaktik weiter zu profilieren <strong>und</strong> zu institutionalisieren. Ihre<br />
institutionelle Etablierung ist auch an anderen deutschen Universitäten anerkannt.<br />
Beispielhafter Vergleich 1<br />
Universität Rostock P M L Universität Potsdam P M L<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
(Teilbereich am Institut für<br />
Schulpädagogik)<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
<strong>und</strong> Sachunterricht<br />
- Lernbereich<br />
Mathematischer<br />
Unterricht<br />
- Lernbereich<br />
Sprachlicher<br />
Unterricht<br />
- Lernbereich Kunst<br />
<strong>und</strong> Gestaltung<br />
- Lernbereich Werken<br />
Gesamt: 1 Professur<br />
1 wiss. Mitarbeiter<br />
3 ½ Lehrkräfte<br />
1<br />
½<br />
½<br />
½<br />
1<br />
1<br />
1<br />
Institut für Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Allgemeine Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
<strong>und</strong> -didaktik<br />
- Anfangsunterricht unter<br />
Berücksichtigung sozialen<br />
Lernens <strong>und</strong> Integration<br />
Behinderter<br />
- Lernbereich Deutsch<br />
- Lernbereich Mathematik<br />
- Lernbereich Sachunterricht<br />
- Musisch-ästhetische Erziehung<br />
mit dem Schwerpunkt Ästhet. Erz.<br />
(Kunst, Musik, Sport)<br />
Gesamt: 6 Professuren<br />
20 wiss. Mitarbeiter<br />
3 Lehrkräfte<br />
Die Institutionalisierung der Gr<strong>und</strong>schulpädagogik wurde an der Universität Rostock<br />
Anfang der 90er Jahre zu Teilen als Institut für Gr<strong>und</strong>schulpädagogik realisiert, aber<br />
bereits 1996 wieder aufgehoben. Es ist nicht nur der Vergleich mit anderen<br />
Universitäten, es sind vor allem die Aufgaben, die durch die universitäre<br />
Neugestaltung der Bildungsgänge einschließlich der Lehramtsstudiengänge auch auf<br />
die Universität Rostock zukommen, die zu einer Reorganisation des Bereiches<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik in ein eigenständiges Institut herausfordern. Wenn es darum<br />
geht, die Fachdidaktik Gr<strong>und</strong>schulpädagogik zu stärken <strong>und</strong> als eine leistungsfähige<br />
Forschungseinheit zu entwickeln, muss konsequenterweise die<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik als eine institutionelle Einheit organisiert sein <strong>und</strong> für die<br />
Hauptlernbereiche – Allgemeine Gr<strong>und</strong>schulpädagogik, Sprachlicher Unterricht,<br />
Mathematischer Unterricht <strong>und</strong> Sachunterricht – sind Professorenstellen einzurichten<br />
<strong>und</strong> mit Mitarbeiterstellen auszustatten. Dieser Anspruch wäre u. E. durch folgenden<br />
Stellenplan umzusetzen:<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
7<br />
2<br />
2<br />
3<br />
2<br />
4<br />
1<br />
2<br />
1 Weitere Beispiele im Anhang
Fach Professuren Privatdozenten,<br />
wiss.<br />
Mitarbeiter<br />
Gr<strong>und</strong>schulpäd-agogik<br />
LB Allgemeine<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
LB Sprachlicher<br />
Unterricht<br />
(Deutsch* <strong>und</strong><br />
früh beginnende<br />
Fremdsprache**)<br />
LB<br />
Mathematischer<br />
Unterricht<br />
LB<br />
Sachunterricht<br />
Lern-bereiche<br />
Promotionsstellen<br />
(0,5)<br />
Lehrkräfte für<br />
besondere<br />
Aufgaben<br />
2009 Plan 2009 Plan 2009 Plan 2009 Plan<br />
0,5 1,0 0 0 0 0,5 0 0<br />
0 1,0* 0 1,0** 0 1,0 1,0 1,0<br />
0 1,0 0,5 1,0 0 0 1,0 1,0<br />
0,5 1,0 0 0 0 0,5 0,5 0,5<br />
LB Werken 0 0 0,5 1,0 0 0 0 0<br />
LB Kunst 0 0 0 0 0 0 1,0 1,0<br />
4. Wesen der Gr<strong>und</strong>schulpädagogik als Gesamtfach (Fachprofil)<br />
Aus den Besonderheiten des Unterrichts- <strong>und</strong> Berufsfeldes Gr<strong>und</strong>schule erklärt sich,<br />
warum die Gr<strong>und</strong>schulpädagogik eine fachliche <strong>und</strong> institutionelle Einheit bildet, die<br />
sich von den fachorientierten Didaktiken der Sek<strong>und</strong>arstufe unterscheidet. Die<br />
Gr<strong>und</strong>schule erfüllt den Auftrag, die verschiedenartigen, divergenten vorschulischen<br />
Erfahrungen der Kinder aufzugreifen <strong>und</strong> so in systematische, angeleitete<br />
Lernprozesse umzuwandeln, dass die Anschlussfähigkeit an den Fachunterricht der<br />
weiterführenden Schulen hergestellt wird. Das kann nur durch ein ausdifferenziertes<br />
pädagogisches Handeln zwischen systematischen Unterrichtsangeboten <strong>und</strong><br />
individueller Lernprozessgestaltung zur Lern- <strong>und</strong> Denkentwicklung erfolgen. Die in<br />
der Entwicklungsstufe des begrifflichen Denkens von 6- bis 10jährigen Kindern<br />
vorherrschende Verallgemeinerungsstruktur bestimmt das System der<br />
Allgemeinheitsrelationen zwischen den Begriffen <strong>und</strong> damit die Gesamtheit der auf<br />
dieser Stufe möglichen typischen Denkoperationen (VYGOTSKIJ 2002, S. 375). Dieser<br />
psychischen Entwicklungsbesonderheit muss in allen Lernbereichen Rechnung<br />
getragen werden. Mit anderen Worten, eine erfolgreiche Umsetzung dieses<br />
pädagogischen Vorgehens setzt die Kenntnis <strong>und</strong> Durchdringung der einzelnen<br />
Lernbereiche der Gr<strong>und</strong>schule voraus,<br />
Die Schüler erfahren im Primarbereich eine gr<strong>und</strong>legende unterrichtlich organisierte<br />
Bildung unter mutter- wie fremdsprachlichem, mathematischem,<br />
naturwissenschaftlich-technischem, gesellschaftlich-sozialem, ästhetisch-musischem<br />
<strong>und</strong> künstlerisch-gestaltendem, motorisch-körperlichem Aspekt (RAHMENPLAN MV<br />
2004). Die Konzentration der jeweiligen unterrichtsbezogenen Gegenstandsfelder in<br />
einem Fach „Gr<strong>und</strong>schulpädagogik“ trägt dem universalistischen Bildungsanspruch,<br />
der aus den Entwicklungsbedingungen 6-10jähriger Kinder resultiert, Rechnung.<br />
Demzufolge verfolgen die einzelnen Lernbereiche übergeordnete Bildungsziele, zu<br />
denen jeder Lernbereich nur durch eine integrierende Sicht auf seine<br />
Unterrichtsgegenstände beitragen kann; die Zusammenführung der Lernbereiche<br />
erfolgt in einer gemeinsamen, verbindenden Didaktik der Gr<strong>und</strong>schule. Deren<br />
Arbeitsfeld ist die Erschließung
der unterrichtlichen Möglichkeiten zur:<br />
Initiierung, Anleitung, Steuerung <strong>und</strong> Aufbereitung von kindlichen<br />
Wahrnehmungsprozessen, Weltdeutungen <strong>und</strong> -interpretationen,<br />
Schulung basaler Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten,<br />
zielgerichteten Entwicklung von Ausdrucks- <strong>und</strong> Gestaltungsfähigkeiten, von<br />
Analysefähigkeiten <strong>und</strong> Begriffsbildungen, von Operationalisierungen im<br />
Denken <strong>und</strong> Handeln einschließlich der Verfügbarkeit von<br />
Problemlösestrategien,<br />
Vermittlung transferierbaren Wissens.<br />
Evident wird der fachübergreifende Ansatz der Gr<strong>und</strong>schulpädagogik darüber hinaus<br />
in der nur die Gr<strong>und</strong>schule kennzeichnenden Aufgabe, die Kinder strukturiert <strong>und</strong><br />
vermittelt in die Kulturtechniken einzuführen <strong>und</strong> diese im Verlauf des Primarbereichs<br />
so zu instrumentalisieren, dass sie ein sicheres F<strong>und</strong>ament für die weitere<br />
Schullaufbahn <strong>und</strong> die Bewältigung der gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Lebenspraxis<br />
bilden. Schließlich besteht die besondere Aufgabe der Gr<strong>und</strong>schule auch noch in<br />
ihrer speziellen Sozialisations- <strong>und</strong> Erziehungsfunktion: Die Kinder werden zu<br />
Schülern, <strong>und</strong> sie müssen damit an institutionelles Verhalten <strong>und</strong> demokratische<br />
Mitgestaltungsprozesse, an geregelte Lernhandlungen, an schulische Arbeits- <strong>und</strong><br />
Sozialformen herangeführt werden. Zugleich gilt es aber auch, die persönlichen<br />
Fähigkeiten zu erkennen <strong>und</strong> zu fördern <strong>und</strong> individuelle Lernerpersönlichkeiten<br />
herauszubilden, die nicht nur begleitet <strong>und</strong> angeleitet, sondern auch selbst gesteuert<br />
lernen können. Dies ist die schulformspezifische Aufgabe der Gr<strong>und</strong>schule, die sie<br />
mittels ihrer Anlage <strong>und</strong> Eigenstruktur leisten muss, da in den weiterführenden<br />
Schulen daran angeknüpft <strong>und</strong> darauf aufgebaut wird. Die Bewältigung dieses<br />
Spannungsfeldes erfordert eine spezifische, gr<strong>und</strong>schulorientierte Ausrichtung <strong>und</strong><br />
Abstimmung von Fachausbildung, Fachdidaktik <strong>und</strong> Methodik in den Lernbereichen<br />
<strong>und</strong> eine komplexe, vernetzte Ausbildung im Gesamtfach Gr<strong>und</strong>schulpädagogik/-<br />
didaktik sowie eine zweckgerichtete gr<strong>und</strong>schulspezifische Forschung.<br />
Quellen<br />
LITERATUR<br />
KAISER, A. (2007). <strong>Lehrerbildung</strong>. In J. Kahlert u.a. (Hrsg.), Handbuch der Didaktik<br />
des Sachunterrichts (S. 80-88). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />
RAHMENPLAN MV GRUNDSCHULE (2004)<br />
TIMMERHAUS, W. (2001). Fachdidaktik als ein konstitutives Element universitärer<br />
<strong>Lehrerbildung</strong>: Bestandsaufnahmen, Analsysen <strong>und</strong> Konzeptionen aus<br />
erziehungswissenschaftlicher Perspektive. Marburg: Tectum.<br />
VYGOTSKIJ, L. S. (2002). Denken <strong>und</strong> Sprechen (aus dem Russ. übers. von J.<br />
Lompscher u. G. Rückriem). Weinheim: Beltz.<br />
INTERNET<br />
EXPERTENBERICHT MV: http://www.elearningmv.de/news/aktuelles/einzelansicht/datum////expertenbericht-zur-zukunft-dererziehung-<strong>und</strong>-bildung-unter-beruecksichtigung-des-lebenslangen-lernen/08.07.09
KMK-BESCHLÜSSE:<br />
http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2008/2008_10_<br />
16-Fachprofile.<strong>pdf</strong>, 08.07.09)<br />
HOCHSCHULREKTORENKONFERENZ:<br />
http://www.hrk.de/de/download/dateien/Beschluss_<strong>Lehrerbildung</strong>.<strong>pdf</strong>; 24.5.09<br />
Anlage: Übersicht ausgewählter universitärer Strukturen <strong>und</strong> personellen<br />
Ausstattungen in der Ausbildung von Gr<strong>und</strong>schullehrerinnen <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schullehrern<br />
Universität Struktur Personelle<br />
Ausstattung<br />
Institut für Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
Universität<br />
Potsdam<br />
- Allgemeine Gr<strong>und</strong>schulpädagogik <strong>und</strong> -<br />
didaktik<br />
Universität<br />
Erfurt<br />
Humboldt<br />
Universität<br />
Berlin<br />
Universität<br />
Kassel<br />
Universität<br />
Koblenz<br />
- Anfangsunterricht unter Berücksichtigung<br />
sozialen Lernens <strong>und</strong> Integration<br />
Behinderter<br />
- Lernbereich Deutsch<br />
- Lernbereich Mathematik<br />
- Lernbereich Sachunterricht<br />
- Musisch-ästhetische Erziehung mit dem<br />
Schwerpunkt Ästhet. Erz. (Kunst, Musik,<br />
Sport)<br />
Fachgebiet: Gr<strong>und</strong>schulpädagogik/<br />
Kindheitsforschung<br />
- Gr<strong>und</strong>legung Deutsch/ Schriftspracherwerb<br />
- Heimat- <strong>und</strong> Sachk<strong>und</strong>e<br />
- Didaktik des Mathematikunterrichts<br />
- Lernen mit neuen Medien/ Kindheit <strong>und</strong><br />
Schule<br />
- Kindermedien<br />
Fachgebiet: Schulpädagogik<br />
- Schul- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
Abteilung Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Lernbereich Mathematik<br />
- Lernbereich Deutsch<br />
- Lernbereich Sachunterricht<br />
Fachgebiete am Institut für<br />
Erziehungswissenschaft<br />
- Schul- <strong>und</strong> Unterrichtsentwicklung der<br />
Gr<strong>und</strong>schule, Schwerpunkt Sachunterricht<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
Institut für Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Deutsch<br />
- Mathematik<br />
- Fremdsprachliche Bildung<br />
- Sachunterricht<br />
1 Prof., 7 Wiss. MA,<br />
1 LBA<br />
1 Prof., 2 Wiss. MA<br />
1 Prof., 2 wiss. MA,<br />
2 LBA<br />
1 Prof., 3 wiss. MA<br />
1 Prof., 2 wiss. MA<br />
1 Prof., 4 wiss. MA<br />
1 Prof.<br />
1 Prof.<br />
1 Prof.<br />
1 Prof.<br />
1 Juniorprof.<br />
1 Prof.<br />
1 Wiss. MA<br />
1 Hochschull., 1 Wiss.<br />
MA, 1 LBA<br />
1 Hochschull., 1 Wiss.<br />
MA, 1 LBA<br />
1 Hochschull., 1 Wiss.<br />
MA, 1 LBA<br />
1 Prof., 2 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 2 wiss. MA,<br />
2 päd. MA<br />
Insgesamt:<br />
2 Prof., 6 wiss. MA
Technische<br />
Universität<br />
Dresden<br />
Universität<br />
Leipzig<br />
Universität<br />
Halle<br />
Goethe<br />
Universität<br />
Frankfurt<br />
Universität<br />
Würzburg<br />
Universität<br />
Erlangen-<br />
Nürnberg<br />
Universität<br />
Regensburg<br />
- Ästhetische Bildung (Kunst)<br />
Institut für Schulpädagogik <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
Arbeitsbereich:<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik <strong>und</strong> Historische<br />
Pädagogik<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktiken Deutsch,<br />
Mathematik, Sachunterricht, Werken, Sport<br />
Institut für Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Deutsch<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Mathematik<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Sachunterricht<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Kunst<br />
(am Institut für Kunstpädagogik)<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Werken<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Musik<br />
- Gr<strong>und</strong>schuldidaktik Sport<br />
Institut für Schulpädagogik <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schuldidaktik<br />
- Schulpädagogik der Sek<strong>und</strong>arstufen<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik /<br />
Fächerübergreifende Gr<strong>und</strong>schuldidaktik<br />
- Deutsch / Ästhetische Bildung:<br />
-- Deutsch<br />
-- Gestalten<br />
-- Sport<br />
- Mathematik/ Mediendidaktik<br />
- Sachunterricht/ Englischdidaktik an<br />
Gr<strong>und</strong>schulen<br />
Institut für Pädagogik der Elementar- <strong>und</strong><br />
Primarstufe<br />
- Gr<strong>und</strong>schulpädagogik mit Schwerpunkt<br />
empirische <strong>Bildungsforschung</strong><br />
- Literalität <strong>und</strong> einwanderungsbedingte<br />
Mehrsprachigkeit<br />
- Kindheitsforschung<br />
- Sachlernen/ Sachunterricht<br />
- Ästhetische Erziehung<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik mit Schwerpunkt<br />
Sachunterricht<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik <strong>und</strong> Didaktik<br />
Institut für Gr<strong>und</strong>schulforschung<br />
Gr<strong>und</strong>schulpädagogik <strong>und</strong> Didaktik<br />
1 Prof.<br />
je 1 Mitarbeiter<br />
1 Prof.<br />
1 Prof.<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
2 Prof., 2 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 3 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 2 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
1Mitarbeiter<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
3 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
1 Prof.<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 1 Mitarbeiter<br />
1 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 2 Mitarbeiter<br />
1 Prof., 6 Mitarbeiter<br />
3 Prof., 7 Mitarbeiter<br />
2 Prof., 5 Mitarbeiter