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Wie schafft man heute eine friedliche Gesellschaft? - Luc Jochimsen

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Politikern. Es wird Zeit, dass Wissenschaftler und<br />

Juristen mal so darüber nachdenken, dass <strong>man</strong> dem<br />

nicht mehr ausweichen kann.<br />

Gregor Gysi<br />

Natürlich gibt es in <strong>eine</strong>m völkerrechtlichen Sinne die<br />

Bundesrepublik Deutschland, auch als souveränen<br />

Staat und als Mitglied der Organisation der Vereinten<br />

Nationen. Richtig ist, dass wir k<strong>eine</strong>n Friedensvertrag<br />

haben und auch nicht mehr bekommen, weil zum<br />

Schluss ja fast alle in den Krieg mit Deutschland<br />

eingetreten sind, auch lateinamerikanische Länder.<br />

Das heißt, wir müssten mit etwa 80 Staaten <strong>eine</strong>n<br />

Friedensvertrag schließen. Es hätte dazu <strong>eine</strong> einzige<br />

Gelegenheit gegeben, nämlich bei der Herstellung<br />

der deutschen Einheit. Es war ja ganz klar, dass die<br />

Bundesregierung fürchtete, Entschädigungen zahlen<br />

zu müssen, was ja auch Gegenstand <strong>eine</strong>s Friedensvertrages<br />

ist.<br />

Peter Strutynski<br />

Ich habe den Programmentwurf der LINKEN gelesen,<br />

den außenpolitischen Teil. Jetzt haben Sie sehr<br />

eloquent dafür plädiert, die Rüstungsindustrie zu<br />

verstaatlichen. Ich finde das sehr gut, bin sofort dafür,<br />

die Argumentation hat mir auch eingeleuchtet. Aber<br />

davon steht kein Wort in dem Entwurf. Ich hoffe, das<br />

wird korrigiert.<br />

Gregor Gysi<br />

Die Medien haben ja lange gesagt, dass wir nicht<br />

einmal in der Lage wären, ein Parteiprogramm im<br />

Entwurf vorzulegen. Was nicht stimmte, weil die<br />

Mitglieder beider Parteien in der Urabstimmung<br />

programmatische Grundsätze beschlossen haben, die<br />

wir blöderweise Eckpunkte genannt haben. Und Eckpunkte<br />

klingt natürlich nicht nach <strong>eine</strong>m Programm.<br />

Aber es war ja eigentlich <strong>eine</strong>s. Dann hatten wir <strong>eine</strong><br />

Programmkommission, die sehr unterschiedlich zusammengesetzt<br />

war und es bestand die Gefahr, dass<br />

wir zwei oder drei Entwürfe bekommen. Das wäre<br />

verheerend gewesen. Aber sie haben sich für <strong>eine</strong>n<br />

Entwurf entschieden. Und jetzt haben wir Zeit, bis<br />

Ende 2011 darüber zu diskutieren.<br />

Die Eigentumsfrage ist natürlich die spannendste.<br />

Ich versuche immer <strong>eine</strong> Logik aufzubauen, andere<br />

machen Prinzipien. Das Prinzip Staatseigentum an<br />

sich ist gut. Weiß ich gar nicht. Ein staatlicher Bäcker?<br />

Da habe ich m<strong>eine</strong> Zweifel. Ich mache etwas anderes.<br />

Ich sage: Was passiert im Falle A und was passiert im<br />

Falle B? Und auch im Falle B gibt es ein paar Nachtei-<br />

38<br />

le, aber die im Falle A sind viel schwerwiegender. Und<br />

damit entscheide ich mich für B. Und deshalb begründe<br />

ich Rüstungsindustrie. Ich möchte, dass privater<br />

Gewinn an Krieg ausgeschlossen wird. Denn solange<br />

es privaten Gewinn an Krieg gibt, fallen denen immer<br />

Gründe ein, weshalb es Krieg geben sollte.<br />

Bei uns Linken ist mir wichtig, dass wir mit Beispielen<br />

operieren und Logik entwickeln, dass wir Dinge<br />

nicht allein nach ideologischen Prinzipien erklären.<br />

Wir müssen die Leute mitnehmen wo sie sind, nicht<br />

wo wir sie uns hin träumen. Ich bin in der Kriegs- und<br />

Friedensfrage ein bisschen stolz, denn es hat auch ein<br />

wenig mit uns zu tun, dass <strong>eine</strong> Mehrheit der Bevölkerung<br />

der Mehrheit des Bundestages nicht folgt.<br />

Ich sage immer, dass <strong>man</strong> Schritte tun muss. Und im<br />

Augenblick wären wir schon <strong>eine</strong>n deutlichen Schritt<br />

weiter, wenn es ein Exportverbot für Rüstung gäbe.<br />

Wir wären noch <strong>eine</strong>n Schritt weiter, wenn die Rüstung<br />

staatlich wäre. Und wenn wir <strong>eine</strong>s Tages soweit<br />

sind, das wir k<strong>eine</strong> Rüstungsindustrie mehr haben und<br />

brauchen, dann sind wir viel weiter.<br />

<strong>Luc</strong> <strong>Jochimsen</strong><br />

Das waren Fantasien für den Frieden, durchaus als<br />

Handlungsanweisungen für den politischen Raum.<br />

Und wir können vielleicht noch <strong>eine</strong> Botschaft von<br />

<strong>heute</strong> Morgen mitnehmen: Auch in der Diskussion um<br />

Frieden kann es so etwas wie Frieden und lebendige<br />

Streitkultur geben – im Streit miteinander herausfinden,<br />

was sind die Begründungen, was ist der richtige<br />

Weg, wo wollen wir hin. In diesem Sinne: Kultur neu<br />

denken, Frieden – Macht – Freiheit. Ich danke für das<br />

Interesse, ich danke für die entwickelten Fantasien,<br />

ich danke allen, die zu diesem Tag beigetragen haben<br />

und ich danke Ihnen und Euch für das andauernde<br />

Interesse. Ich glaube, dass wir nach Hause gehen<br />

können und in der Frage der Friedlichkeit ein kl<strong>eine</strong>s<br />

Stück weiter gekommen sind. Jetzt geht es darum,<br />

dies in die <strong>Gesellschaft</strong> zu tragen.<br />

Für mich bleibt Mahatma Gandhi das Vorbild, der in<br />

<strong>eine</strong>m riesigen Land, das von <strong>eine</strong>r großen Militärmacht<br />

besetzt war, gesagt hat: Wenn wir mit allen<br />

Menschen, die wir treffen, darüber reden, dass wir ein<br />

Recht haben auf Selbstbestimmung und auf Freiheit,<br />

dann wird sich das <strong>eine</strong>s Tages durchsetzen.<br />

Das ist für mich ein Vorbild und ich hoffe, dass über<br />

die Diskussion, die Auseinandersetzung und das vertiefende<br />

Denken über Frieden, wir dem Frieden auch<br />

in diesem Land näher kommen können.

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