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Wie schafft man heute eine friedliche Gesellschaft? - Luc Jochimsen

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Die Geschichte des Gothaer Hofes<br />

Martin Eberle<br />

1968 in Bayern geboren;<br />

Studium der<br />

Kunstgeschichte und<br />

Geschichte in München,<br />

Bamberg und<br />

Jena; 1995 Promotion<br />

über den <strong>Wie</strong>ner<br />

Interieurmaler Franz<br />

Heinrich; 1995 Volontariat<br />

Grassi-Museum,<br />

Leipzig; 1996 Leiter<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Grassi-Museum; 1999<br />

Leiter des “Gohliser Schlösschens”, Leipzig; 2003<br />

Direktor des Städtischen Museums Braunschweig;<br />

seit 1. Oktober 2007 Direktor der Stiftung Schloss<br />

Friedenstein Gotha<br />

Ich habe jetzt die schöne Aufgabe, Sie in zehn Minuten<br />

in 350 Jahre Geschichte dieses Ortes einzuweihen.<br />

Ich werde mich auf die ersten fünf Herrscher dieses<br />

Hauses beschränken – und es gibt <strong>eine</strong>n ganz großen<br />

symbolträchtigen Namen für diesen Ort hier und das<br />

ist Herzog Ernst der Fromme. Ihm fiel dieses neue<br />

Staatsgebilde Sachsen–Gotha 1640 durch <strong>eine</strong> Erbteilung<br />

zu, damals etwa halb so groß wie Thüringen, und<br />

er suchte nun <strong>eine</strong> neue Residenz und wählte dafür<br />

die damals zweitgrößte Stadt Thüringens, nämlich<br />

Gotha. Und in Gotha hatte er gute Bauvoraussetzungen.<br />

Hier befand sich nämlich die umfangreiche<br />

Ruinenanlage mit dem Namen Grimmenstein. Mitten<br />

im Dreißigjährigen Krieg, 1643, beginnt er hier auf dem<br />

Grimmenstein s<strong>eine</strong> neue Schlossanlage zu bauen,<br />

den Friedenstein. Ein sehr symbolträchtiger Name<br />

und dieses Symbol des Namens äußert sich durchaus<br />

in diesem Bau. Er hat hier sozusagen die Krone <strong>eine</strong>s<br />

neu zu gründenden Gottesstaates errichtet, <strong>eine</strong> umfangreiche<br />

Vierflügelanlage, die nicht nur dazu diente<br />

die Wohnräume des Herzogs unterzubringen, sondern<br />

vor allem auch die Landesverwaltung. Mit der Kirche,<br />

in der wir uns hier befinden, war der Friedenstein<br />

auch das religiöse Zentrum des Landes, dann die<br />

Rüstkammer als militärisches Zentrum, das Archiv als<br />

juristisches Zentrum, die Münze als wirtschaftliches<br />

Zentrum und vor allem auch mit Kunstkammer und<br />

Bibliothek das kulturelle Zentrum.<br />

Bei all‘ dem möchte <strong>man</strong> m<strong>eine</strong>n, dass Ernst der<br />

Fromme ein sehr friedensvoller Fürst war. Die Geschichte<br />

geht aber etwas anders los. Denn bevor ihm<br />

das neugegründete Herzogtum zufiel, beteiligte er<br />

sich an <strong>eine</strong>m ganz gewaltigen Krieg, am Dreißigjährigen<br />

Krieg, und zwar im Gefolge von Gustav Adolf. Er<br />

war ein überzeugter Protestant und genau mit dieser<br />

Inbrunst beteiligte er sich auch an diesem Krieg,<br />

<strong>eine</strong>m der blutigsten und brutalsten, land- und men-<br />

schenverzehrend – aber er scheint während dieser<br />

Kriegsführung geleutert worden zu sein.<br />

1643 begann er also mit dem Ausbau dieser Residenz<br />

und leitete vor allem auch ganz umfangreiche<br />

Reformen in diesem Land ein. Juristische Reformen,<br />

Verwaltungsreformen, er führte die Schulpflicht für<br />

Mädchen und Jungen ein, er gründete ein Gymnasium,<br />

das bald schon <strong>eine</strong>n internationalen Ruf haben<br />

sollte, nicht nur wegen der vorzüglichen Lehranstalt,<br />

sondern auch wegen der vorzüglichen Schulbücher,<br />

die dort herausgegeben wurden. Ich bin ganz sicher,<br />

dass Ernst der Fromme dieses durchaus mit <strong>eine</strong>m<br />

christlichen Duktus unternahm, diese Reformen einleitete.<br />

Aber natürlich dienten diese Reformen auch<br />

dazu, dass er ein gebildetes Volk hatte – und dieses<br />

brauchte er auch. Er brauchte <strong>eine</strong> hohe Bildung, um<br />

s<strong>eine</strong> Verwaltung aufrecht zu erhalten und den Merkantilismus<br />

anzukurbeln, um <strong>eine</strong> Wirtschaftsförderung<br />

zu betreiben. Insgesamt kann <strong>man</strong> für Ernst den<br />

Frommen sagen, dass er zum Typ des altväterlichen<br />

Herrschers gehörte, der sich um das Wohlergehen<br />

s<strong>eine</strong>r Untertanen kümmerte, aber auch sehr strenge<br />

Züge anlegen konnte.<br />

Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, während<br />

der Friedensverhandlungen des Westfälischen<br />

Friedens, kamen die deutschen Höfe auf einmal mit<br />

den europäischen Höfen in Berührung, und mit etwas,<br />

was sich dort entwickelt hatte – der Diplomatie, die<br />

nun anstatt der Kriege bevorzugtes Mittel wurde, um<br />

Konflikte auszutragen.<br />

Der Nachfolger von Ernst dem Frommen, Friedrich<br />

der I., übertrug dieses Mittel der Diplomatie. Und mit<br />

der Diplomatie ging <strong>eine</strong> neue Form der Repräsentation<br />

einher.<br />

Friedrich der I. hatte ein kl<strong>eine</strong>s Problem, denn Ernst<br />

der Fromme, sein Vater, hatte <strong>eine</strong>n Fehler gemacht.<br />

Er hatte sieben lebende Söhne und alle wollten ein<br />

eigenes Herzogtum haben, so dass das gerade erst<br />

gegründete Herzogtum Sachsen-Gotha sieben Mal geteilt<br />

wurde. So entstanden Sachsen-Hildburghausen,<br />

Sachsen-Meiningen, Sachsen-Coburg usw. – und mit<br />

dieser Teilung 1680 verlor das Herzogtum s<strong>eine</strong> reale<br />

politische Bedeutung. Wenn <strong>man</strong> aber <strong>eine</strong> reale politische<br />

Bedeutung verliert, dann muss <strong>man</strong> sich umso<br />

glänzender darstellen und das verstand Friedrich der<br />

I. ganz vorzüglich, indem er Schloss Friedenstein noch<br />

einmal ausbaute und die noch <strong>heute</strong> erhaltenen Repräsentationsräume<br />

schuf. Er war ganz ein Herrscher<br />

des Absolutismus, ein barocker Herrscher, für den<br />

nicht nur <strong>eine</strong> prunkvolle Hofhaltung dazugehörte,<br />

sondern auch das Militär. So ist er der erste Herrscher,<br />

der hier in Gotha ein feststehendes Heer von<br />

immerhin zehntausend Mann etablierte. Das war <strong>eine</strong><br />

Leistung, die wirklich die Grenzen des Finanzierbaren<br />

für Sachsen-Gotha erreichte. Allerdings kam dieses<br />

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