MBZ Ausgabe 03/2012 - Zahnärztekammer Berlin
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Was war, was ist …<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
Sie haben es sicherlich schon auf unserem gut besuchten <strong>Berlin</strong>er<br />
Zahnärztetag Mitte Februar oder auf der Titelseite dieses <strong>MBZ</strong><br />
entdeckt: Das Logo „50 Jahre <strong>Zahnärztekammer</strong> <strong>Berlin</strong>“.<br />
Am 5. Dezember 1962 fand die konstituierende Delegiertenversammlung<br />
der <strong>Berlin</strong>er <strong>Zahnärztekammer</strong> im Bezirksamt Wilmersdorf<br />
statt. Dies war die Geburtsstunde Ihrer Kammer. Im<br />
Vergleich zu den anderen Bundesländern ein sehr später Zeitpunkt.<br />
Geschuldet war dies der damaligen Diskussion mit dem<br />
<strong>Berlin</strong>er Senat um die Inhalte des Kammergesetzes.<br />
Strittige Punkte daraus waren Rechte und Pflichten der Zahnärzteschaft,<br />
zum Beispiel die Zuständigkeit beim Erlass einer Berufsordnung,<br />
die Freiheiten der Selbstverwaltung, aber auch die<br />
Ermöglichung von Disziplinarmaßnahmen. Überaus wichtig<br />
war auch die Einrichtung eines berufsständischen Versorgungswerkes,<br />
da viele Kollegen zum damaligen Zeitpunkt keine oder<br />
nur ungenügende Altersvorsorge betrieben.<br />
Historisch betrachtet, begannen etwa ab der zweiten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts die freien Berufe wie Ärzte, Apotheker und<br />
Rechtsanwälte Selbstverwaltungsstrukturen in Form von Kammern<br />
aufzubauen. Hierzu wurden staatliche Rechte auf kommunale<br />
Strukturen übertragen. Im Gegenzug wurden Pflichten<br />
auferlegt.<br />
Schon damals suchte man durch die Schaffung der Kammern<br />
nach einer Möglichkeit, sich der zunehmenden staatlichen Reglementierung<br />
zu entziehen. Die Selbstbestimmung erforderte<br />
jedoch eine an ethische Grundsätze gebundene Selbstdisziplinierung.<br />
Diese zumindest teilweise widerstreitenden Interessen<br />
wurden schon vor 150 Jahren intensiv diskutiert – nicht<br />
anders in der Gründungsphase der <strong>Berlin</strong>er <strong>Zahnärztekammer</strong><br />
vor über fünfzig Jahren.<br />
Ein auch heute noch aktuelles Beispiel ist der Umgang mit Honoraren,<br />
Gebührenordnungen und den Versuchen einzelner,<br />
durch wirtschaftlich langfristig nicht tragbare Tiefstpreise kurzfristige<br />
persönliche Vorteile zu erzielen. Die kontrovers geführte<br />
Diskussion führte dazu, dass das <strong>Berlin</strong>er Kammergesetz erst<br />
1961 verabschiedet wurde und den gesetzlichen Rahmen für die<br />
Kammergründung legte.<br />
Die Kammer erlebte in der Folgezeit die Höhen und Tiefen der<br />
Politik und des Gesundheitswesens intensiv mit. Die staatlichen<br />
Einflussnahmen auf die Selbstverwaltung bleiben ein immerwährendes<br />
Thema, vor 150 Jahren, seit Kammergründung bis heute.<br />
Auf unserer Seite stehen das Fachwissen und die praktische, heilende<br />
Arbeit am Patienten, verbunden mit hohen ethischen Ansprüchen,<br />
aber auch mit dem Bewusstsein für die wirtschaft-<br />
lichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Der Staat scheint<br />
konstant der Meinung zu sein, den Bürger mit immer neuen Gesetzen<br />
vor uns Zahnärzten schützen zu müssen, aktuell mit der<br />
QS-Gesetzgebung, dem Patientenrechtegesetz, Änderungen der<br />
RKI-Richtlinien und vielem mehr.<br />
Damals wie heute ist eine der Haupttätigkeiten der Kammern,<br />
den Gesetzgeber unermüdlich darauf hinzuweisen, wo Änderungen<br />
(für Patienten und Zahnärzte) sinnvoll und notwendig<br />
oder andererseits geplante Änderung eher unsinnig, im Aufwands-Nutzen-Verhältnis<br />
nicht erfolgversprechend oder sogar<br />
schädlich sind.<br />
Nehmen wir zum Beispiel das Patientenrechtegesetz. Ursprünglich<br />
als Zusammenfassung der aktuellen Urteile der verschiedenen<br />
Rechtsprechungen geplant und vielleicht auch sinnvoll, führt es<br />
im Nachgang zu einer deutlich verschärften Dokumentationspflicht<br />
(die in ihrer Grundlage schon immer vorhanden ist) und<br />
zu einem entsprechenden Verwaltungsmehraufwand, der nur zu<br />
Lasten der uns verfügbaren Behandlungszeit gehen kann.<br />
Ein weiteres – und bereits vielbesprochenes – sehr altes Thema ist<br />
das Preisdumping. In moderner Form über Internet-Plattformen<br />
angeboten. Hier ist für uns die Kollegenschaft der Ansprechpartner.<br />
Als Kammer können wir Kollegen, die versuchen, auf diese<br />
Weise Werbung zu betreiben, gar nicht genug warnen. Zum einen<br />
verstoßen sie gegen die Berufsordnung, zum anderen fördern sie<br />
eine „Geiz ist geil“-Mentalität ohne zu bedenken, dass Patienten<br />
auf „Schnäppchenjagd“ genauso schnell, wie sie gekommen sind,<br />
bei einem neuen Angebot zum nächsten Kollegen gehen.<br />
Auch Gespräche mit der Politik machen solche Billigangebote<br />
nicht einfacher. Dort entwickelt sich schnell die Vorstellung, „da<br />
geht ja noch was in der Honorarsenkung“, selbst wenn ersichtlich<br />
ist, dass die beworbenen Angebote für den anbietenden Zahnarzt<br />
nicht mehr wirtschaftlich erbringbar sind.<br />
Aktuell haben die Krankenkassen Milliarden Überschüsse erwirtschaftet.<br />
Die Überlegungen hierzu sind: Rückerstattungen an die<br />
Patienten, wie von Herrn Bahr gefordert, Rücknahme der steuerlichen<br />
Förderung durch das Finanzministerium, Rücklagenbildung<br />
durch die Krankenkassen und so fort. Niemand auf Seiten<br />
der Politik denkt darüber nach, die uns Zahnärzten seit Jahren<br />
durch Budgets vorenthaltenen Honorare auszugleichen und die<br />
Budgets abzuschaffen. Auch damit wäre ein Stück ausgleichende<br />
soziale Gerechtigkeit herzustellen.<br />
Wir als Kammer haben das Wohl der Patienten und der Kollegen<br />
immer im Fokus. Das war vor fünfzig Jahren unsere Aufgabe und<br />
wird es weiterhin bleiben.<br />
Ihr Michael Dreyer<br />
E d i t o r i a l<br />
<strong>MBZ</strong> Heft <strong>03</strong> <strong>2012</strong> 1