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in göttingen

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GESUNDHEIT [ LEBERZENTRUM GÖTTINGEN ]<br />

„Müdigkeit<br />

ist der Schmerz<br />

der Leber“<br />

Fotos:iStock, UMG<br />

E<strong>in</strong> Gespräch mit dem Leiter des neu gegründeten<br />

Leberzentrums Gött<strong>in</strong>gen, dem Gastroenterologen<br />

Prof. Dr. Volker Ellenrieder.<br />

Seit Anfang des Jahres arbeiten<br />

im neugegründeten Leberzentrum<br />

Gött<strong>in</strong>gen (LZG) mehrere<br />

Kl<strong>in</strong>iken der Universitätsmediz<strong>in</strong><br />

Gött<strong>in</strong>gen (UMG) <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />

eng zusammen. Auf diese Weise soll die<br />

bestmögliche Versorgung der Patient<strong>in</strong>nen<br />

und Patienten gewährleistet werden.<br />

Und der Bedarf ist groß: Bundesweit<br />

s<strong>in</strong>d zwischen 4,5 und 5 Millionen<br />

Menschen von schweren Lebererkrankungen<br />

betroffen. Alle<strong>in</strong> im E<strong>in</strong>zugsund<br />

Versorgungsgebiet des LZG leben<br />

etwa 5.000 Betroffene.<br />

Herr Professor Ellenrieder, für<br />

alle, die sich nur noch vage an den<br />

Biologieunterricht <strong>in</strong> der Schule<br />

er<strong>in</strong>nern, hier zunächst die Frage:<br />

„Warum ist die Leber so wichtig, ja<br />

sogar überlebenswichtig für unseren<br />

Körper?“<br />

Die Leber ist das zentrale Organ unseres<br />

Stoffwechsels und die größte Drüse<br />

unseres Körpers. Neben dem Abbau<br />

von Stoffwechselprodukten und Giftstoffen<br />

ist sie noch für vieles Weitere<br />

zuständig. So produziert sie auch lebenswichtige<br />

Eiweißstoffe etwa für die<br />

Blutger<strong>in</strong>nung, sorgt für die Verwertung<br />

wichtiger Nahrungsbestandteile<br />

und produziert die Gallenflüssigkeit.<br />

Ist die Leber e<strong>in</strong> empf<strong>in</strong>dliches<br />

Organ?<br />

Ne<strong>in</strong>, das würde ich so nicht sagen.<br />

Grundsätzlich verfügt sie über e<strong>in</strong>e ausgeprägte<br />

Regenerationsfähigkeit. Wenn<br />

jedoch e<strong>in</strong> bestimmter Punkt überschritten<br />

ist, s<strong>in</strong>d Leberschäden irreversibel.<br />

Was kann die Leber derartig<br />

schädigen?<br />

Solch massive Schäden können durch<br />

Alkohol und Drogen, aber auch durch<br />

toxische Substanzen wie Medikamente<br />

verursacht werden. Ebenso verantwortlich<br />

können <strong>in</strong>fektiöse Erkrankungen,<br />

Stoffwechselstörungen, genetische Veränderungen,<br />

aber auch Autoimmunerkrankungen<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Wie entwickelt sich die Zahl der<br />

Lebererkrankungen <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren?<br />

Leider nehmen trotz aller gesundheitlichen<br />

Aufklärungsmaßnahmen der letzten<br />

Jahrzehnte Lebererkrankungen, die<br />

durch Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch<br />

verursacht s<strong>in</strong>d, zu.<br />

Dies hat auch damit zu tun, dass Menschen<br />

heute älter werden und ihre Leber<br />

somit länger entsprechenden toxischen<br />

Substanzen aussetzen können als<br />

früher. Ebenfalls zunehmend s<strong>in</strong>d Fälle<br />

der sogenannten nicht alkoholischen<br />

Fettleberentzündung, die abgekürzt als<br />

NASH bezeichnet wird. Sie ist ernährungsbed<strong>in</strong>gt<br />

und tritt oft geme<strong>in</strong>sam<br />

mit e<strong>in</strong>em Diabetes oder Fettleibigkeit<br />

auf.<br />

Da schwere Schädigungen der Leber<br />

und der damit e<strong>in</strong>hergehenden Veränderung<br />

ihres Gewebes e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Voraussetzung für Leberkrebs bilden,<br />

haben wir deshalb auch e<strong>in</strong>e Zunahme<br />

der Leberkrebsfälle zu verzeichnen.<br />

Auch wer gesund lebt, kann von<br />

e<strong>in</strong>er Lebererkrankung betroffen<br />

INTERVIEW: TIMO LERCH<br />

se<strong>in</strong>. Welche Anzeichen gibt es,<br />

die Betroffene selbst wahrnehmen<br />

können?<br />

Wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten<br />

ist, s<strong>in</strong>d das ganz klassisch<br />

e<strong>in</strong>e Gelbfärbung der Augen oder<br />

Hautausschläge. Den wichtigsten<br />

Warnh<strong>in</strong>weis unseres Körpers, nämlich<br />

den Schmerz, gibt es bei der Leber<br />

leider nicht. Gerade im Anfangsstadium<br />

e<strong>in</strong>er Erkrankung ist das oft e<strong>in</strong><br />

Problem. Erkrankungen der Leber verursachen<br />

zunächst eher unspezifische<br />

Symptome. E<strong>in</strong>es davon ist zum Beispiel<br />

Müdigkeit. Der Volksmund sagt<br />

zu Recht „Müdigkeit ist der Schmerz<br />

der Leber“. Die meisten Betroffenen<br />

sehen die Ursache für ihre Müdigkeit<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Organschaden.<br />

Sie schieben die anhaltende Erschöpfung<br />

auf beruflichen oder privaten<br />

Stress und lassen sich viel zu spät<br />

vom Arzt untersuchen.<br />

H<strong>in</strong>ter der Gründung des LZG<br />

steht e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Ansatz.<br />

Welche mediz<strong>in</strong>ischen Fachbereiche<br />

der UMG s<strong>in</strong>d vertreten?<br />

Am LZG beteiligt s<strong>in</strong>d beide Kl<strong>in</strong>iken<br />

für Gastroenterologie, die Kl<strong>in</strong>ik für<br />

Allgeme<strong>in</strong>-, Viszeral- und K<strong>in</strong>derchirurgie,<br />

das Institut für Diagnostische und<br />

Interventionelle Radiologie sowie das<br />

Institut für Pathologie. Zudem kooperiert<br />

das LZG bei der Versorgung von<br />

Patienten mit Lebertumoren eng mit<br />

dem UniversitätsKrebszentrum G-CCC<br />

und weiteren Kl<strong>in</strong>iken unter dem Dach<br />

der UMG. In jedem e<strong>in</strong>zelnen Fachbereich<br />

haben sich <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

28 <strong>in</strong> gött<strong>in</strong>gen

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