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in göttingen

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AUF EINE TASSE KAFFEE MIT:<br />

Auf e<strong>in</strong>e Tasse Kaffee mit:<br />

Reg<strong>in</strong>a Bauer<br />

Fotos:iStock, Hartwig<br />

Reg<strong>in</strong>a Bauer leitet das Hospiz an der Lutter <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Weende.<br />

Markus Hartwig sprach mit der <strong>in</strong> Palliativ-Care ausgebildeten<br />

Krankenschwester im hospizeigenen Raum der Stille.<br />

Frau Bauer, wie kommt der<br />

Kontakt zwischen Hospiz und<br />

Patienten zustande?<br />

Es s<strong>in</strong>d die Patienten selbst, die auf uns<br />

zukommen, oder auch deren Angehörige<br />

und Freunde, wenn diese merken,<br />

dass sie die Betreuung des Erkrankten<br />

zuhause nicht mehr gewährleisten können.<br />

Ebenso werden wir von Krankenhäusern<br />

und Hausärzten angesprochen,<br />

die nach der Diagnose e<strong>in</strong>er meist weit<br />

fortgeschrittenen Krebserkrankung, e<strong>in</strong>e<br />

Versorgung zuhause nicht für s<strong>in</strong>nvoll<br />

erachten. In jedem Fall nehmen wir mit<br />

dem Patienten möglichst selbst Kontakt<br />

auf, um Fragen zu klären, uns vorzustellen,<br />

Vertrauen entstehen zu lassen.<br />

In e<strong>in</strong>em Hospiz werden wie <strong>in</strong> der<br />

Palliativstation e<strong>in</strong>es Krankenhauses<br />

Menschen aufgenommen, für die es<br />

ke<strong>in</strong>e weiteren Therapiemöglichkeiten<br />

mehr gibt. Was ist der Unterschied<br />

zwischen e<strong>in</strong>er Hospizbetreuung<br />

und der Palliativmediz<strong>in</strong>?<br />

Es ist nur bed<strong>in</strong>gt richtig zu sagen, dass<br />

es für Menschen, die an e<strong>in</strong>er weit fortgeschrittenen<br />

unheilbaren Krankheit leiden,<br />

ke<strong>in</strong>e Therapiemöglichkeiten mehr gibt.<br />

Wir sprechen lieber davon, dass sich das<br />

Behandlungsziel verändert hat. Wenn<br />

klar geworden ist, dass ich ke<strong>in</strong>e Chance<br />

auf Heilung habe, ist es gut zu wissen,<br />

welche Möglichkeiten mir jetzt noch<br />

zur Verfügung stehen. Dann brauche ich<br />

Menschen an me<strong>in</strong>er Seite, die wissen,<br />

wie sie me<strong>in</strong>e Schmerzen, me<strong>in</strong>e Luftnot,<br />

me<strong>in</strong>e Übelkeit, me<strong>in</strong>e Angst symptomatisch<br />

behandeln können. Das macht<br />

die Palliativmediz<strong>in</strong> auch im Hospiz:<br />

Schmerze<strong>in</strong>stellung, Behandlung von<br />

anderen belastenden Symptomen e<strong>in</strong>er<br />

schweren, nicht heilbaren Erkrankung.<br />

Der Aufenthalt auf e<strong>in</strong>er Palliativstation<br />

ist auf e<strong>in</strong>ige Wochen begrenzt, der Aufenthalt<br />

e<strong>in</strong>es Patienten im Hospiz reicht<br />

meist bis zum Tod. Auf der Palliativstation<br />

stehen die mediz<strong>in</strong>ischen Optionen<br />

Reg<strong>in</strong>a Bauer<br />

im Vordergrund, im Hospiz die pflegerischen.<br />

Im Hospiz soll der Patient zur<br />

Ruhe kommen, der Tag wird durch die<br />

Bedürfnisse des Patienten strukturiert und<br />

nicht durch den kl<strong>in</strong>ischen Alltag.<br />

Wer kann im Hospiz aufgenommen<br />

werden?<br />

Für die Aufnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Hospiz<br />

müssen drei Voraussetzungen erfüllt<br />

se<strong>in</strong>: die unheilbare Krankheit muss<br />

weit fortgeschritten se<strong>in</strong>, die häusliche<br />

Pflege kann nicht mehr aufrechterhalten<br />

werden und die Lebenserwartung<br />

ist begrenzt. Hier sprechen wir nicht<br />

von Jahren, sondern von Monaten,<br />

Wochen oder Tagen. Da es der<br />

Wunsch vieler Patienten ist, möglichst<br />

lange zuhause zu bleiben, bieten wir<br />

aber auch e<strong>in</strong> ambulantes Angebot.<br />

Wie gestalten Sie die letzten Monate,<br />

Wochen, für Ihre Patienten?<br />

Wir wissen, dass bei uns gestorben<br />

wird. Aber bitteschön, vorher wird<br />

gelebt! Wir begegnen ihnen mit wachen<br />

S<strong>in</strong>nen, um jeden e<strong>in</strong>zelnen Tag <strong>in</strong>dividuell<br />

zu gestalten. Unsere Patienten<br />

wollen auch mit ihren E<strong>in</strong>schränkungen<br />

weitgehend selbstständig bleiben<br />

– etwa bei der Hygiene oder beim<br />

Gestalten des Tagesablaufs. Manchmal<br />

s<strong>in</strong>d wir nur für die Wundversorgung<br />

zuständig. Wir haben dabei immer im<br />

Blick, ab wann unsere Unterstützung<br />

auch <strong>in</strong> anderen Bereichen notwendig<br />

wird. Wir lassen uns also von den Bedürfnissen<br />

der Patienten leiten.<br />

Wir möchten so viel Normalität wie<br />

möglich bieten. Denn aus vielen Rückmeldungen<br />

wissen wir, dass es sich so<br />

für unsere Patienten am besten anfühlt.<br />

E<strong>in</strong>e große Rolle spielt dabei auch<br />

unser Patientengarten, der bei vielen<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an zuhause weckt. Alle<br />

Aktionen s<strong>in</strong>d dabei immer von der<br />

Tagesform des E<strong>in</strong>zelnen abhängig.<br />

Wie können Sie diese sehr <strong>in</strong>dividuelle<br />

Art der Betreuung leisten?<br />

Sie ist nur möglich, weil wir für unsere<br />

maximal sieben stationären Patienten<br />

bestens ausgebildetes Personal haben.<br />

Außerdem arbeiten wir mit Ehrenamtlichen,<br />

Schülern und Therapeuten zusammen,<br />

sodass für unsere Patienten immer<br />

jemand da ist. Und wir haben ke<strong>in</strong>e<br />

Reglementierung der Besuchszeiten.<br />

Angehörige können bei den Patienten<br />

auch über Nacht bleiben.<br />

Wer übernimmt welche Rolle im<br />

Hospiz? Denn neben den Mitarbeitern<br />

s<strong>in</strong>d ja jeden Tag auch viele<br />

Angehörige da, die <strong>in</strong> die Versorgung<br />

der Patienten mit e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />

Während alle unsere Mitarbeiter sich<br />

e<strong>in</strong>fühlsam aber eben auch professionell<br />

mit den Patienten ause<strong>in</strong>andersetzen,<br />

s<strong>in</strong>d Angehörige ähnlich betroffen<br />

wie der Erkrankte selbst. Deshalb<br />

sehen wir unsere Aufgabe zu e<strong>in</strong>em<br />

großen Anteil auch <strong>in</strong> der Betreuung<br />

von Angehörigen der Patienten.<br />

Auch sie wollen getröstet werden.<br />

Sie können sich vorstellen, dass es<br />

hier an manchen Tagen also durchaus<br />

recht bunt zugeht. Aber gerade dieses<br />

Zusammenspiel von Belegschaft,<br />

Patienten und Angehörigen macht<br />

die besondere und wie ich f<strong>in</strong>de sehr<br />

reiche Atmosphäre hier aus.<br />

<strong>in</strong><br />

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