NEUENDORF B. WILSTER
Eine Gemeinde unter dem Meeresspiegel
Eine Gemeinde unter dem Meeresspiegel
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ANKE ROHWEDDER<br />
<strong>NEUENDORF</strong> B. <strong>WILSTER</strong><br />
EINE GEMEINDE<br />
UNTER DEM<br />
MEERESSPIEGEL
ANKE ROHWEDDER<br />
<strong>NEUENDORF</strong> B. <strong>WILSTER</strong><br />
EINE GEMEINDE<br />
UNTER DEM<br />
MEERESSPIEGEL<br />
TteJs~tZ<br />
LQndsi~lle<br />
der<br />
J>R Drlutscl.r-Lotld
Impressum<br />
Copyright 2001 by<br />
Anke Rohwedder, ltzehoe<br />
Herausgegeben von der<br />
Gemeinde Neuendorf b. Wilster<br />
Text- und Bildgestaltung:<br />
Anke Rohwedder, ltzehoe<br />
Korrektor:<br />
Sterntaler Korrektoral, Brügge<br />
Gesamtherstellung: Frank GmbH · Druckerei Verlag Werbeagentur · ltzehoe<br />
Druck: 2001<br />
Das Titelbild<br />
entwatf Dagmar<br />
Hein, geb. Reese<br />
aus Hackeboe -<br />
jetzt Kaiserslautern.<br />
Die Luftbilder im Vor- und Nachsalz entstanden im Auftrag des Amtes Wilstermarsch<br />
im Sommer 2000.<br />
Im Vorsalz sind Hackeboe, Vorder-Neuendorf und Teilbereiche von Averjleth abgebildet.<br />
Deutlich ist noch der ursprüngliche Verlauf der Wilster-Au in der unteren Hälfte<br />
des Bildes erkennbm:<br />
Die Aufnahme im Nachsalz zeigt die Ortsteile Achterhörn, Hinter-Neuendorf und<br />
Stadtmo01: Oben links verläufi der Nord-Ostsee-Kanal, miltig durchs Bild schlängelt<br />
sich die Wilster-Au.
. , :~.~!{.~~.mu ........................................................................................................................................................... ............................... ...... e}.<br />
VORWORT<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Die heutige Zeit mit ihren immer<br />
schneller und größer werdenden<br />
Veränderungen - sie wirken natürlich<br />
auch in den dörflichen Lebensbereich<br />
hinein- fordert besonders<br />
dazu auf, einmal festzuhalten, wie<br />
sich das Leben in der Gemeinschaft<br />
hier bei uns insbesondere im letzten<br />
Jahrhundert entwickelt und gestaltet<br />
hat.<br />
Ei ne Dorf- und Gemeindegeschichte<br />
lässt sich nur so weil zurückverfolgen,<br />
wie auch Unterlagen und Dokumente<br />
vorhanden und auffindbar<br />
sind oder auch aus Erinnerungen<br />
erzählt werden kann. Es ist für mich<br />
daher eine besondere Freude, an<br />
dieser Stelle den Dank der Gemeinde<br />
an Klaus Rehder und Richard<br />
Meiforth zu richten, die in den<br />
letzten Jahren immer wieder eine<br />
Chronik ins Gespräch gebracht<br />
haben. "Wenn du noch maa l eene<br />
Chronik för de Gemeen erstelln<br />
wullt, denn musst du dat bald<br />
moken; noch sünd wi dor!"- so ihre<br />
Aussage.<br />
Es ist ein glücklicher Umstand, dass<br />
wir mit Frau Anke Rohwedder eine<br />
Chronistin gefunden haben, die sich<br />
mit viel Sachverstand und nicht<br />
nachlassendem Engagement dieser<br />
Aufgabe angenommen hat. Sie, liebe<br />
Leserinnen und Leser, werden mit<br />
mir einer Meinung sein, wenn Sie<br />
dieses Buch gelesen haben und<br />
feststellen, dass mit der Darstellung<br />
der Heimatgeschichte der Gemeinde<br />
Neuendorf bei Wilster eine<br />
Mischung aus informativen und<br />
unterhaltenden Texten, Abbildungen<br />
von Menschen, ihren Häusern und<br />
von Karten und Urkunden gelungen<br />
ist. Das Buch ist keine rein wissenschaftliche<br />
Abhandlung, sondern<br />
lebendig und lesbar- so wie wir es<br />
gern haben wollten. Dieses ist das<br />
Verdienst von Anke Rohwedder, die<br />
es verstanden hat, die Texte vielfältig<br />
und interessant zu verfassen.<br />
Die Chronik lebt von den Beiträgen,<br />
Geschichten und Erzählungen, die<br />
viele Menschen aus unserem Dorf<br />
an die Chronistirr weitergegeben<br />
haben. Mein besonderer Dank gilt<br />
deshalb neben Frau Rohwedder<br />
auch allen Damen und Herren, die<br />
mit viel Idealismus und Liebe zur<br />
Sache Wissenswertes aus der Vergangenheit<br />
unserer Gemeinde bis<br />
zur heutigen Zeit zusammengetragen<br />
und niedergeschrieben haben.<br />
Die Mitglieder des Arbeitskreises,<br />
die Gemeindevertretung, die Amtsverwaltung<br />
in Wilster - alle haben<br />
an einem Strang gezogen, um die<br />
Geschichte als bleibende Erinnerung<br />
für uns und vor allem für die nachkommenden<br />
Generationen in Schrift<br />
und Bild zu erhalten.<br />
Johannes Rehder, Bürgermeister<br />
Neuendorf, Mai 2001
-~ ······ ............................................................................................................................................................................ V~.>~BL\!.! , ~ .~L~ .~! .<br />
VORBEMERKUNG<br />
Um von vornhere in Missverständnissen<br />
vorzubeugen: Ich bin keine<br />
studierte Historikerin und komme<br />
als diplomierte Landsch aflsplanerin<br />
aus einem ganz anderen Bereich.<br />
Al s die Gemeinde mich jedoch vor<br />
etwa zwei Jahren fragte, ob ich<br />
nicht Lust hätte, die Geschichte<br />
Neuendorfs aufzuarbeiten, fand ich<br />
die Vors tellung äußerst verlockend<br />
und stellte mich dieser Aufgabe <br />
ohne zu wissen, was mich erwartete.<br />
Ich halle bis dahin keinerlei Erfahrungen<br />
mit Chroniken und Ortsgeschichten<br />
gesammelt. Von Vorteil<br />
war lediglich, dass ich von einem<br />
Bauernhof aus der benachbarten<br />
Gemeinde Nortorf stamme und<br />
somit gewisse Orts- und Personenkenntnisse<br />
einbringen konnte. Während<br />
meiner Arbeit wurde mir<br />
jedoch immer deutlicher bewusst,<br />
wie wenig ich meine Heimat eigentlich<br />
kannte. Deshalb war ich stark<br />
auf die Mithilfe des Arbeitskreises<br />
angewiesen. Dort und in vielen,<br />
vielen Einzelgesprächen haben wir<br />
die Geschichte Neuendorfs nachvollzogen<br />
. Somit ist die Entstehung<br />
d ieses Buches keineswegs mein<br />
Verdien st. Mein Auftrag war es, die<br />
Fülle an Ideen und Anregungen aus<br />
der Gemeinde zu sammenzutragen,<br />
in den verschiedenen Archiven<br />
nach weiterem Material zu forschen<br />
und die Informationen zusammenzuführen.<br />
Ich möchte deshalb die<br />
Gelegenheit nutzen, a ll jenen zu<br />
danken, die mir dabei geholfen<br />
haben: Zunächst bedanke ich mich<br />
bei der Gemeindevertretung für das<br />
entgegengebrachte Vertrauen. Das<br />
Amt Wils termarsch hat mich tatkräftig<br />
unterstützt, allen voran<br />
Hans-Werner Speerforck, der manchen<br />
Feierabend mit der Lektüre<br />
und Korrektur der einzelnen Kapitel<br />
zugebracht hat. Besonderer Dank<br />
gebührt dem Arbeitskreis für sein<br />
Engagement. Ohne die zahlreichen<br />
Beiträge und Auskünfte hätte dieses<br />
Gesamtwerk in seiner Vi elfal t - von<br />
Sachverstand geprägt und mit persönlichen<br />
Erlebnissen angereichert<br />
- nie ents tehen können.<br />
Ich habe bei der Erstellung dieses<br />
Buches viel über die Geschichte<br />
und vor allem über den Wandel<br />
während des letzten Jahrhunderts in<br />
fast allen Lebensbereichen erfahren<br />
können. Mein Bestreben war es,<br />
diese Erkenntnisse versländlich und<br />
anschaulich auch für nachfolge nde<br />
Generalionen wiederzugeben. Ich<br />
hoffe, dass es mir zumindestteilweise<br />
gelungen ist.<br />
Anke Rohwedder
.N:w.~.~r.~r~9.~~,~.N~Y"!:;~.P..9.-'F. .. l;!, .. W.Ue$.IT~ .......................................................................................................................................... k1.<br />
Der Neuendorfer Arbeitskreis im Mai 2001 (vordere Reihe von links): Hermann Beimgraben, Averfleth;<br />
Horst Reese, Hackeboe; Anke Rohwedder, Nortorf- jetzt ltzehoe; Anneliese Marler, Hackeboe; Hildegard<br />
Heins, Hackeboe; (mittlere Reihe von links) Hans Joachim Karstens, Vorder-Neuendorf; Richard Meiforth,<br />
Averjleth; Klaus Rehder, Averfleth -jetzt Wilster; Peter Marler, Hackeboe; Max Heins, Hackeboe; (hintere<br />
Reihe von links) Georg Bader, Sachsenbande; Jens Thießen, Achterhörn; Johannes Rehder, Averfleth;<br />
weitere Mitglieder des Arbeitskreises: Heinrich Brandt, Stadtmoor- jetzt Wilster; Johannes Brandt, Goldbogen<br />
-jetzt ltzehoe; Hans Fischer, Stadtmoor; Klaus Franzenburg, Achterhörn; Hans Haack, Hackeboe;<br />
Käthe Meiforth, Averfleth; Hugo Nagel, Vorder-Neuendorf; Karl-Otto Schütt, Vorder-Neuendorf; Annegrete<br />
Thießen, Achterhörn sowie Elke und Max Tiedemann, Averfleth
,..<br />
.~ !i. .................................................................. ........ .... ............................................................................................... .J.~. !. ! :\I."J~.\r_lgqq!~. !~.<br />
I NHALTSVERZEICHNIS 62 Flugzeugabsturz<br />
..................................... ..............................................<br />
am 31.Dezember 1944<br />
Entstehung und Entwässerung<br />
64 Kriegsgefangene und<br />
9 Entstehung der Zwangsarbeit<br />
Wils termarsch<br />
68 Entnazifizierung von Hans-<br />
13 Bedeutung der Ortsnamen Max Reese, Hackeboe<br />
und ihre erste Erwähnung<br />
70 Flüchtlinge<br />
17 Wilster-Au<br />
74 Von Hamsterfahrten und<br />
23 Die Organisation der Wil- Einheitsschweinen<br />
st.ermarschentwässerung<br />
76 Brot gab es nur auf Karte<br />
32 Hackeboer Wettern<br />
78 Schulspeisung<br />
34 Hochwasser<br />
Straßen und Wege, Einst und Heute<br />
79 Wir gedenken der gefallenen<br />
Soldaten des 2. Weltkrieges<br />
39 Die Wilster-Au als Verkehrs- Landwirtschaft im Wandel<br />
weg<br />
81 Ein Überblick<br />
42 Die Unterhaltung der Wege<br />
84 Richard Meiforth, Averjleth<br />
43 Der Ausbau der Straßen<br />
und Wege 90 Herrn. Beimgraben, Aver.fleth<br />
48 Flurnamen 102 Thorsten Heins, Hackeboe<br />
Bürgermeister und Gemeindevertreter /09 Waschdag in de 50er Jahren<br />
49 Landgemeinde Heuendorf Handwerk und Gewerbe<br />
52 Zusammenschluss der A'mter 111 Handwerks- und Gewerbe<br />
betriebe der alten Zeit<br />
54 Wahnsituation<br />
115 Schmiede<br />
Erinnerungen an den 2. Weltkrieg<br />
118 Kolonialwarenladen<br />
57 Neuendorfvor, während und Heinz Haack<br />
nach dem 2. Weltkrieg<br />
121 Malermeister Haack<br />
58 Hitler-Jugend<br />
125 Marschentöpferei<br />
60 Die Mobilmachung im<br />
Gemeindegebiet 127 Baumschule Schüll
. J. ~.I. ! , \!J."~~ -~!Q:.q~.-.!1.~1.~ ............................................................................................................................................................................ U..<br />
128<br />
130<br />
Viehhandel Behrens<br />
Gastwirtschaft<br />
"Zum Handelsho.f'<br />
178 Entwicklung der Schule<br />
Vorder-Neuendorf<br />
Vereine und Vereinigungen<br />
/33<br />
Dat Stachtfest to<br />
Wiehnachten<br />
181<br />
Freiwillige Feuerwehr<br />
Sachsenbande-Neuendorf<br />
Künstler der Gemeinde Neuendorf<br />
137 Wilhelm Nagel,<br />
Stadtmusikant<br />
140 Prof Dr. h. c.<br />
Eberhard Rech/in<br />
143 Talentierte Hobby-Künstler<br />
Tiefste Landstelle Deutschlands<br />
145 Die Tiefste Landstelle ganz<br />
groß<br />
146 Die Tiefste Landstelle liegt<br />
hier!<br />
147 Gut Ding will Weile haben<br />
152 Höhepunkte an tiefster Stelle<br />
Schulen in Neuendorf<br />
191<br />
193<br />
Feuerwehrkapelle<br />
Sachsenbande-Neuendorf<br />
Gemeindegilde<br />
Neuendorj:Sachsenbande<br />
(Notgemeinschaft)<br />
195 Pferde- Versicherungsverein<br />
197 Ringreiten<br />
204 HSV<br />
207 Landfrauenverein<br />
Wilstermarsch<br />
210 Die Neuendorfer Jagd<br />
Quellen und Literatur<br />
Abbildungsnachweis<br />
Anmerkungen<br />
155 Schulgeschichte<br />
161 Schuldistrikt Achterhörn<br />
163 Schulunterricht in den<br />
20er Jahren<br />
164 Aus der Schulchronik<br />
Averjleth<br />
166 Schule Hackeboe<br />
167 Protokollbuch der Schulkommune<br />
Hackeboe<br />
173 Schule Sachsenbande
- ~~.T.$.:IJm.I.!~.G .. !?. !';~ .. W.!!.,'!n;.~~~.W!~.!t ................................................................................................................................................. ~.<br />
ENTSTEHUNG DER<br />
Wll..STERMARSCH<br />
Die Wilstermarsch verdankt ihre<br />
Entstehung einer allgemeinen<br />
Absenkung der Durchschnittstemperatur<br />
auf 4° bis 11°C unter den<br />
gegenwärtigen Werten und der<br />
daraus resultierenden Vergletscherung<br />
von Skandinavien aus, die in<br />
drei große Eiszeiten unterschieden<br />
wird. Die Kaltzeiten endeten mit<br />
Erwärmungsperioden, in denen das<br />
Eis weitestgehend abschmolz. Für<br />
die Bildung der Wilstermarsch war<br />
hauptsächlich die jüngste Kaltzeit<br />
(Weichseleiszeit: 100.000 bis 10.000<br />
Jahre vor der Zeitenwende) und die<br />
darauf folgende, bis heute andauernde<br />
,Holozän-Warmzeit' von<br />
Bedeutung. Zwar drangen die Gletscher<br />
nur bis MiLLelholstein vor,<br />
ihre Schmelzwasser formten jedoch<br />
das heutige Elbtal und ließen den<br />
Meeresspiegel ansteigen, so dass<br />
während des Atlantikums (etwa<br />
4.000 v. Chr.) die Nordsee bis an<br />
den heutigen Geestrand herameichte<br />
und die derzeitigen Marsch- und<br />
Moorgebiete mit Schlick überlagerte.<br />
Dieses Vordringen des Meeres<br />
nennt man in der geol ogischen<br />
Fachsprache ,Transgression', deren<br />
Gegensatz die ,Regression' ist und<br />
damit den Rückzug des Meeres<br />
beschreibt. Zwischen den einzelnen<br />
Transgressionszeiträumen liegen<br />
Regressionsphasen. Die erste, unser<br />
Gebiet betreffende Transgressionsserie<br />
dauerte vom 7. bis zum Ende<br />
des 3. Jahrtausends v. Chr. Nach<br />
einer früheren Einteilung währte<br />
diese Phase sogar bis etwa<br />
200 v. Chr. und wurde als ,Flandrische<br />
Transgression' benannt.<br />
Mittlerweile hat man sich aber auf<br />
eine Systematik geeinigt, die in den<br />
Niederlanden entwickelt wurde und<br />
diese Transgressionsreihe als<br />
,Calais-Serie' bezeichnet. Die darauf<br />
folgende ,Dünkirchen-Transgression'<br />
dauerte von etwa 1.700 v. Chr. bis<br />
ca. 1.100 nach Chr. 1<br />
Nach einem zwischenzeitliehen<br />
Rückzug der Nordsee kam es in den<br />
Jahrhunderten um die Zeitenwende<br />
erneut zu Überflutungen, welche<br />
die Marsch unter gewaltigen<br />
Schlickmassen begruben. Hierbei<br />
setzten sich die gröberen Sande und<br />
Kiese bereits an den Flussrändern<br />
ab, wodurch es zur Herausbildung<br />
der höher gelegenen und damit<br />
siedlungsfähigen Uferwälle kam,<br />
während das feinere und tonige<br />
Material näher an den Geestrand<br />
gelangte. Im Schutz der Norderund<br />
Süderdonn, deren Haken bis<br />
etwa Kudensee reichten und deshalb<br />
das von der Elbmündung einströmende<br />
Meer abhielten, begann<br />
die Verlandungsphase. In den folgenden<br />
Jahrhunderten, bis in die<br />
heutige Zeit, kam es aufgrund des<br />
hohen Wassergehaltes zu starken<br />
Sackungen. 2 Die seit dem Mittelalter<br />
zunehmende Entwässerung begünstigte<br />
diese Entwicklung, der<br />
wir letztendlich die Tiefste Landstelle<br />
Deutschlands mit 3,54 Metern<br />
unter Normalnull in der hiesigen<br />
Gemeinde verdanken.<br />
Doch wie haben wir uns die Wilstermarsch<br />
in ihren Anfängen vorzustellen?<br />
Gab es um Christi Geburt<br />
schon Siedler, die auf den fetten<br />
Wiesen der Marsch ihr Vieh grasen<br />
ließen? Vereinzelt sicherlich, wenn<br />
auch die Lebensumstände als<br />
äußerst gefährlich und unwirtlich<br />
bezeichnet werden können. Etliche<br />
Flachseen bedeckten die Wilstermarsch<br />
und zahlreiche Priele und<br />
Flethe durchzogen selbige. Sie glich<br />
einer Moor- und Sumpflandschaft,<br />
aus der nur gelegentlich kleinere<br />
Inselchen herausragten. Gleichzeitig<br />
Normalnull (NN)<br />
ist die Bezeichnungfor<br />
einen<br />
f estgelegten Nullpunkt,<br />
um die<br />
relative Höhe<br />
beliebiger Punkte<br />
zum millleren<br />
Meeresniveau<br />
angeben zu können.<br />
ln Deutschland<br />
beziehen sich<br />
die Angaben auf<br />
den Nullpunkt des<br />
Amsterdamer<br />
Pegels, d. h. den<br />
mi/fieren Wasserstand<br />
der Nordsee<br />
bei Amsterdam.
.•!,0. ........... ........... ... ............... ............................................ .................. .............. ........... ... ~.~I~n:m.~t'.~~~ .P.J;:.~ .. W.t.~5Im~M.~ß$.(H .<br />
.rr~~r;;'~~---=------ -- ____ .........<br />
/ . --- ]"'[oor JtrAll<br />
Abb. 1: Verkleinerter<br />
Ausschnitt<br />
aus der 'Historischen<br />
Karte der<br />
Wilstermarsch ';<br />
gezeichnet nach<br />
den Angaben von<br />
Dt: Jensen aus<br />
St. Margarethen.<br />
lebten die Bewohner in ständiger<br />
Angst vor der nächsten großen<br />
Überflutung. Es ist zu vermuten,<br />
wie Funde bestätigen, dass die<br />
Bewohner bereits seit der mittleren<br />
Steinzeit vom Fischfang lebten,<br />
während sie auf den höher gelegenen<br />
Gebieten (Uferwälle der Stör<br />
und Elbe, Geestrand) siedelten. Im<br />
Oberlauf der Wilster-Au in der Nähe<br />
vom Oberstenwehr ist beispielsweise<br />
1878 ei n Einbaum gefunden<br />
worden, der auf die Zeitenwende<br />
datiert wird und bei einer Länge<br />
von knapp 13 Metern 11 Ruderern<br />
Platz bot. 3 Diese ersten Siedler<br />
kamen von der Geest, ebenso als die<br />
Marsch in den Jahrhunderten vor<br />
und nach Christi Geburt erneut<br />
besiedelt wurde. Die zweite Besiedlung<br />
resultierte aus dem Bevölkerungszuwachs<br />
in der damaligen<br />
Zeit. Nachdem nicht mehr genügend<br />
Geestackerflächen zur Verfügung<br />
standen, wagten sich einige<br />
Sachsen in die Wilstermarsch vor.<br />
Diese Siedlungstätigkeit wurde<br />
jedoch erneut unterbrochen, als der<br />
Meeres- und Grundwasserspiegel<br />
abermals anstieg. Anfänglich begegneten<br />
die Bewohner dieser Entwicklung,<br />
indem sie ihre ursprünglich<br />
als Flachsiedlungen angelegten<br />
Plätze zu Wurten aufschütteten.<br />
Nachdem das Wasser aber immer<br />
weiter anstieg und die Überflutungen<br />
ihre Felder ,versalzten'<br />
und damit für die Bewirtschaftung<br />
unbrauchbar machten, verließen sie<br />
ihre Wohnstätten endgültig.<br />
In den fo lgenden 400 Jahren war die<br />
Wilstermarsch somit quasi unbewohnt.<br />
Die nächste Nachricht<br />
stammt erst aus dem 9. Jahrhundert<br />
nach Christus und es ist anzunehmen,<br />
dass eine erneute Besiedlung<br />
n ur unwesentlich vor diesem<br />
Zeitpunkt stattfand. Diese erneute<br />
Siedlungstätigkeit steht im engeren<br />
Zusammenhang mit der Eroberungspolitik<br />
des Fränkischen Reiches<br />
unter Karl dem Großen im 8./9.<br />
Jahrhundert und der damit verbundenen<br />
Christianisierung, gegen die<br />
die hier ansässigen Sachsen hefti-
. J;;~:r.~ :n~.'. ! .~ . i'!-.~! .. !?.f:!'!-.. W.! b'!"Xr.~~ ~~.R~Pt .................................... .......................................................................................................... Jil.<br />
gen Widerstand leisteten. Die fränkische<br />
Kolonisation erfolgte über<br />
die Flüsse, über die sie in das zu<br />
erobernde Land aufwärts zogen.<br />
Daher wird vermutet, dass die Sachsen<br />
bereits in der Störmündung mit<br />
ihrem Widerstand begannen. Trotz<br />
dieser Gegenwehr wurden die Sachsen<br />
gewaltsam dem Fränkischen<br />
Reich eingegliedert und christianisiert.<br />
Bereits 834 wird in Heiligenstedten<br />
eine Kirche errichtet. Nach<br />
dem Tod Karls des Großen kam es<br />
zu ersten Auflösungserscheinungen<br />
des Fränkischen Reiches, weswegen<br />
in der folgenden Zeit wiederholt die<br />
Dänen und Wenden versuchten, die<br />
fränkischen Grenzbefestigungen<br />
(u. a. bei Itzehoe) einzunehmen.<br />
Unter diesen Überfällen hatten auch<br />
die Bewohner des Klosters Neumünster<br />
zu leiden, so dass dessen<br />
Bewohner wiederholt Schutz in der<br />
unwegsamen Marsch suchten. Hierdurch<br />
entstanden die ersten Kontakte<br />
mit den Bewohnern der<br />
Wilstermarsch, was für die spätere<br />
niederländische Koloni sation sicherlich<br />
von Bedeutung war.<br />
Beeindruckt von den Kultivierungserfolgen<br />
der Niederländer im sogenannten<br />
,Hollerland' bei Bremen,<br />
warb der Landesherr Graf Adolf li.<br />
im Jahre 1142 niederländische<br />
Kolonisten zur Ansiedlung in Ostbolstein<br />
an. Gleichzeitig bemühten<br />
sich der Abt Vicelin und das Kloster<br />
Neumünster um die Ku ltivierung<br />
der Elbmarschen, mit der die kirchlichen<br />
Einkünfte aus diesem Gebiet<br />
gesteigert werden sollten. Unterstützt<br />
wurde er durch den Bremer<br />
Erzbischof, indem dieser ih m den<br />
,Zehnt' weiter Teile vor allem der<br />
Haseldorfer, Seestermüber und<br />
Wilstermarsch übertrug. Mit ,Zehnt'<br />
ist eine jährliche Abgabe an die<br />
Kirche bzw. an den jeweiligen<br />
Grundeigentümer gemeint, die 10<br />
Prozent des Gesamtertrages betrug.<br />
Attraktiv waren für die Moorkolonisten<br />
aus der Utrechter Tiefebene<br />
die vergleichsweise geringen<br />
Abgaben und Pflichten und die<br />
verhältnismäßig großen Höfe mitsamt<br />
der zugehörigen Flurstücke.<br />
Die Neusiedler ließen sich vor allem<br />
in den bisher unbesiedelten Gebieten<br />
nieder und zwar auf den bis<br />
dato unbewohnten Uferwällen der<br />
Wilster-Au sowie der ins Land<br />
reichenden Priele und begannen mit<br />
den Kultivierungsarbeiten. In diese<br />
Zeit fällt somit die erste Anlage und<br />
planmäßige Entwässerung der<br />
Niederungen durch lange, parallele<br />
Gräben und Wetterungen. Zuvor<br />
war ausschließlich über natürliche<br />
Wasserläufe, Priele und Flethe,<br />
entwässert worden. 4 Auf das 12./13.<br />
Jahrhundert gehen die ersten<br />
geschl ossenen Deichlinien zurück,<br />
wobei sowohl bestehende Deiche<br />
als auch Wurten und erhöhte Flussufer<br />
ausgenutzt wurden. Diese<br />
Deiche waren zunächst als Sommerdeiche<br />
angelegt, um vor den<br />
sommerlichen Überflutungen zu<br />
schützen, wurden aber schon bald<br />
zu winterfesten Deichen erhöht. Sie<br />
schützten nicht nur vor Überflutungen<br />
seitens der Eibe, sondern<br />
auch vor dem Geest- und vor allem<br />
schädlichen Moorwasser. 5 Nach<br />
dem Deichbau zeichnete sich der<br />
Sackungsprozess in der Wilster-<br />
Wenn im<br />
Zusammenhang<br />
mit der Besiedlung<br />
der Marsch von<br />
den 'Sachsen '<br />
gesprochen wird,<br />
ist die Rede von<br />
einem westgermanischen<br />
Stamm,<br />
der seit Mitte des<br />
2. Jahrtausends v.<br />
Chr. zusammen<br />
mit den Angeln<br />
und Friesen im<br />
Nordseeraum<br />
siedelte.<br />
Abb. 2: Schematische<br />
Darstellung<br />
des Entwässerungswesens.<br />
Graben
.~~?2 ... ................................................................................................... ..... ......................... .... ~.~:r~:nm EJ:"i~! .. P..~'-~ - .W.~.~ ~5If:~M.;\~~.9 ! .<br />
Abb. 3: Ausschnitt<br />
aus der Karte<br />
,. Newe Landtcarte<br />
Von dem Ampte<br />
Steinborg Der<br />
Kremper Undt<br />
Wilstermarsch.<br />
Anno 1651. "25<br />
marsch deutlicher ab, da das<br />
weitere Aufspülen durch Überflutungen<br />
fehlte. 6<br />
Ein weiterer Bevölkerungszuwachs<br />
im späten 16. Jahrhundert und eine<br />
Zuwanderung aus den Geestgebieten<br />
sowie eine erneute niederländische<br />
Einwanderungswelle, die<br />
durch politische und religiöse Verfolgung<br />
in deren Heimat ausgelöst<br />
worden ist, hatten hier wiederum<br />
Siedlungsneugründungen zur Folge.<br />
Den Abschluss bildeten die Siedlungserweiterungen<br />
an und in den<br />
Mooren, die durch die Moorkultivierung<br />
und den Abbau des Torfs<br />
als Brennstoff im 18./19. Jahrhundert<br />
hervorgerufen wurden. 7<br />
Bis heute ist die Einzelsiedlung im<br />
Gegensatz zur Geest sehr verbreitet<br />
in der Wilstermarsch. Dies mag in<br />
der eingeschränkten Verkehrsfähigkeit<br />
des Marschbodens begründet<br />
liegen. Für die Anwohner war es<br />
deshalb günstiger inmitten der für<br />
ihren Unterhalt erforderlichen<br />
Ländereien zu wohnen. Ansonsten<br />
war die Reihensiedlung, die in<br />
Verbindung mit der kultivierungsbedingten<br />
Streifenhufenflur ,Marschhufendorf'<br />
genannt wird,<br />
vorherrschend.
. ß.~.l1.rD1 !~.G..!?.fi~.. Q!U~.~ t~ .. ~.~!! .....\ 1 N!?..H!.l~f; .. l ,.. t.:.~Wi~! .l. ~~!!:'.G ... ..................................................................................................ll.eJ.<br />
ßEDEUTIJNG DER<br />
ORTSNAMEN UND<br />
illRE 1. ERWÄHNUNG<br />
Die sehr frühen Siedlungsepochen<br />
haben wohl mehr auf den hohen<br />
Uferwällen der Eibe und der Stör<br />
stattgefunden, als im heutigen Gebiet<br />
der Gemeinde Neuendorf. Die<br />
ersten Nachrichten aus Neuendorf<br />
stammen aus dem 13. Jahrhundert<br />
nach Christi Geburt. Auch wenn der<br />
Zeitraum zu der Annahme verleitet,<br />
muss nicht zwangsläufig die Besiedlung<br />
durch Holländer erfolgt sein.<br />
Denn bereits ab der 2. Hälfte des<br />
13. Jahrhunderts wurden die holländischen<br />
Kultivierungsarbeiten von<br />
den Sachsen nachgeahmt. Somit<br />
können die ersten Siedler sowohl<br />
Holländer als auch Sachsen gewesen<br />
sein. Im Bereich Vorder-Neuendorf/Hackeboe<br />
deutet beispielsweise<br />
die Bezeichnung der Straße nach<br />
Vorder-Neuendorf auf holländische<br />
Siedler hin (,Hollerstückenweg').<br />
Jedoch gibt es hier auch anderslautende<br />
Erzählungen über die<br />
Bedeutung des Namens. So soll der<br />
Schmied ,Holler' gegenüber der<br />
Straßenmündung ein Stück Land<br />
besessen haben, fo lglich hieß es:<br />
"Der Weg beim Holler-S tück". 8<br />
Schwierig ist es, die ,Geburtsstunde'<br />
Neuendorfs zu bestimmen, da die<br />
Gemeinde Neuendorf aus mehreren<br />
Ortsteilen besteht, die zu unterschiedlichen<br />
Zeiten besiedelt wurden.<br />
Angewiesen sind wir hierbei<br />
auf schriftliche Quellen, in denen<br />
die Orte erstmals erwähnt werden.<br />
Vorder- und Hinter-Neuendorf<br />
Sowohl Vorder- als auch Hinter<br />
Neuendorf gehörten früher zur<br />
ehemaligen Vogtei Sachsenbande<br />
(einem Klosterbezirk des Klosters<br />
Neumünster, später Bordesholm).<br />
Deshalb ist ihre Geschichte eng mit<br />
der von Sachsenbande verwoben.<br />
Erstmals erwähnt wird dieses Gebiet<br />
in einer Schenkungsurkunde von<br />
1227. Darin bestätigt Graf Adolf IV.,<br />
dass Bruder Wylrich seine Güter im<br />
später nach ihm benannten<br />
,Wilrikesmoor' an das Kloster Neumünster<br />
überträgl. 9 Ob es sich da<br />
bereits um eine Siedlung gehandelt<br />
hat, ist ungeklärt. Jedoch spätestens<br />
1349 wird im Gebiet von Yarder<br />
Neuendarf ein großer Hof ( curia<br />
magna) des Klosters Bordesholm<br />
erwähnt. Dieser Hof wurde später<br />
parzelliert und verpachtet. 1448<br />
konnten die Pächter das Land für<br />
400 Reichstaler zum freien Besitz<br />
kaufen. 10 ,Hinter-Neuendorf' bzw.<br />
nur ,Neuendorf' wird jedoch erst<br />
1652 erwähnt. 11 Ob dieses Gebiet in<br />
den 200 Jahren zuvor schon besiedelt<br />
war, konnte bisher noch<br />
nicht nachgewiesen werden. Noch<br />
verwirrender wird es, wenn wir uns<br />
den anderen Ortsteilen zuwenden.<br />
Achterhörn<br />
Achlerhörn leitet sich aus der plattdeutschen<br />
Umschreibung ,achter de<br />
(dat) Hörn' ab und bedeutet soviel<br />
wie ,hinter dem Vorsprung/der<br />
Ecke/dem Winkel'. ,Hörn' bezeichnete<br />
hier vermutlich ein zwischen<br />
Moor und Wasser eingekeiltes<br />
Landstück. Denn früher war Achterhörn<br />
mit Ausnahme des schmalen<br />
Austriebs ein weites Hochmoor,<br />
welches ,Gorriesmoor' genannt<br />
wurde. Einst bildete Achterhörn<br />
den hinteren, spitzzulaufenden<br />
(hornartigen) Landstrich der Averflether<br />
Ducht. Heinrich Brandt als<br />
ehemaliger Neuendorfer sieht vor<br />
diesem Hintergrund insofern einen<br />
Neben 'unserem '<br />
Neuend01j gibt es<br />
noch eine Menge<br />
von Ortschaften<br />
und Gemeinden<br />
gleichen Namens<br />
in ganz Europa.<br />
Die Kirmesgesellschaft<br />
'St. Peter<br />
Neuendorf' bei<br />
Koblenz hatte im<br />
Jahre 1992 46<br />
Gemeinden mit<br />
dem Namen<br />
'Neuendorf'<br />
ausfindig gemacht<br />
und dabei Neuendorf<br />
in allen neuen<br />
Bundesländern, in<br />
der Elfe/, in<br />
Bayern, in Österreich,<br />
in der<br />
Schweiz sowie in<br />
Polen entdeckt.
.~J ........ ............... ...... ...... ......... .. ........................ .. .. .... .. ...... ß.~P.~VnJ.~G .. P..m~ .. Q.\~.J.':'iN!~MI~ .. ~ ~ N"P .. !W~.~. J, .. ~~.W.A~t~W'iG .<br />
Bedeutungszusammenhang, als dass<br />
sich der Name auch aus der Lagebeschreibung<br />
ergeben haben könnte.<br />
In alten Quellen findet man Achterhörn<br />
auch unter der Bezeichnung<br />
,Brodesende', um den Übergang<br />
vom ackerfähigen Kleiland zum<br />
Hochmoor zu beschreiben (nach<br />
Jensen: "Ende des die Au begleitenden<br />
Kleilandes, auf dem das Brotkorn<br />
gebaut wird" 12 ) . Es konnte<br />
jedoch nicht abschließend geklärt<br />
werden, ob mit ,Brodesende' und<br />
,Diekende' ein und dieselbe Stelle<br />
gemeint war. Detlefsen 13 vermutet,<br />
dass sich ,Brodesende' auf der rechten<br />
Auseile befand, d. h. auf<br />
aebtissinwischer Gebiet, während<br />
Diekende diesseits der Au gelegen<br />
war. Auf jeden Fall wurde mit<br />
,Diekende' jene Stelle umschrieben,<br />
bis wohin die Wilster-Au bedeicht<br />
war, um die benachbarten Ländereien<br />
vor Überschwemmungen zu<br />
schützen. Diese Vorsichtsmaßnahme<br />
galt vor allem dem schädlichen<br />
Moorwasser. 1576 wurde erstmals<br />
die Lage Achterhörns in einer<br />
Skizze festgehalten. 14<br />
Stadtmoor<br />
Stadtmoor grenzt an Achterhörn<br />
und war lange Zeit im Besitz der<br />
Stadt Wilster. Hier konnten die<br />
Bürger aus Wilster gegen Bezahlung<br />
Torf stechen. Jedoch quälten die<br />
Stadt schon damals Geldnöte, weshalb<br />
sie 1531 einen Teil des Stadtmoores<br />
verkaufen musste. Käufer<br />
waren einige Bauern aus Bokhorst. 15<br />
Zwar kaufte die Stadt eine Fläche<br />
zu Beginn des 17. Jahrhunderts<br />
zurück, dennoch ragt sogar in<br />
heutiger Zeit die Gemeinde<br />
Bokhorst des Amtes Scheuefeld mit<br />
einem Zipfel ins ehemalige Stadtmoor.<br />
In den folgenden Jahrhunderlen<br />
bezog die Stadt Wilster<br />
Einnahmen aus der Verpachtung<br />
der Fläche. Seit dem 12. März 1877<br />
gehört Stadtmoorper königlichen<br />
Erlass des Landrats zur Gemeinde<br />
Neuendorf. 16 Ob sich die Ländereien<br />
damals schon im Privatbesitz befunden<br />
haben, ist unklar. Noch in<br />
der Nachkriegszeit wurde hier der<br />
Torf abgebaut.<br />
Averfleth<br />
Averfleth bedeutet dem Sinn nach<br />
,über das Fleth hinüber'. Als ,Fleth'<br />
wurden die ehemaligen Priele der<br />
Marsch bezeichnet. Einige Averflether<br />
Altbürger führen den Namen<br />
auf einen Steg zurück, den früher<br />
die Kirchengäuger der benachbarten<br />
Orte benutzten, um auf dem<br />
Kirchensteig nach Wilster zu gelangen.<br />
Am plausibelsten erschien<br />
jedoch die Erklärung von Hermann<br />
Beimgraben, wonach der Name<br />
Averfleth auf ein altes Fleth zurückgeht,<br />
welches von Krützfleth<br />
kommend auf Höhe der alten Averflether<br />
Schule in die Wilster-Au<br />
mündete. Dieses Fleth ist heute<br />
nicht mehr vorhanden. Lediglich<br />
die Ortsnamen Krützfleth und Averfleth<br />
bezeugen noch dessen Existenz.<br />
Bei gerrauer Betrachtung vor<br />
Ort werden diese Vermutungen<br />
bestätigt. Die Straße nach Krützfleth<br />
befindet sich auf dem ,Olde Dweerdiek'<br />
(vor 1600). In früherer Zeit<br />
war dies die einzige Wegeverbindung<br />
nach Sachsenbande. Die<br />
benachbarten Ackerstücke liegen<br />
zunächst etwas tiefer, bis sich das<br />
Geländeniveau wieder anhebt. In<br />
dieser Senke verlief ein breites<br />
Fleth. Vermutlich ist es mit Anlage<br />
der Hackeboer Wettern verschlickt<br />
und gänzlich verschwunden. Um<br />
nun die Siedlung ,Averfleth' zu
.ß. .:;P.l.'.\.T\ . ~.~~ .. r.P~ .. Q~I~.~ !~.~.\ f:~ .. \ l ~P. .. !.\!.~ f: .. 1., .. ~.~)~!A! .'.~.\ ! ~.fl ................................................................... ..................................:l~.<br />
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~ ~ dew w~ CU'\1 d.€/ Wedde-r-r\1 ~<br />
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'Bv ~ G~ Mr-'t .lt"'tlle- MOOY<br />
WIM"Y't cU m.cW wedder' Y"idl;t'Lft kloor<br />
w v ~dat'w, l>VIM'Wop'r\IL~<br />
dat' l'l1.ru'\l hiM' m.cW wedder' L~pe-t'\1<br />
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Ve-- F~eiheAr mM: ~ ~'Bee-n;,<br />
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Mu ~ wiM"Y't ~A~ W'\1'8~<br />
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W'\l~n.wdar ~M~<br />
tl~ ~ CU'\1 d.€/ Wedde-r-r\1 [.t'lt dat' 'Reet;<br />
dat' dar' r\1 w~ f n.t'e+'lfJOOY !.ee:t?<br />
Ve-- 'B~ he.bbt-~ cio
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, Wilstra' bzw. seit<br />
1141 , Wilstera' ist<br />
der alte Name der<br />
Wilster-Au. Diese<br />
Bezeichnung<br />
scheint alt-niederdeutsch<br />
zu sein,<br />
deren Bedeutung<br />
ist hingegen<br />
bislang unklar.<br />
Falsch istjedoch<br />
die Annahme, dies<br />
sei eine Verkürzung<br />
von , wilde<br />
Stör '. 45<br />
erreichen, musste man von Wilster<br />
kommend über dieses Fleth hinüber.17<br />
Erstmals wird Averfleth 1371<br />
als ,Ouerflete' erwähnt. 18<br />
Goldbogen<br />
Von Goldbogen stammen die ersten<br />
Nachrichten bereits aus dem<br />
13. Jahrhundert. Ein Rittergeschlecht,<br />
welches einige Male<br />
erwähnt wird, hatte seinen Namen<br />
dieser Siedlung entliehen. So wird<br />
zwischen den Jahren 1251 und 1288<br />
von den Herren Hartwig, Johannes,<br />
Otto und Heinrich berichtet, die<br />
mal Goldenbo, bald Goldenhoch<br />
und Goldenbu sowie Goldenbog<br />
genannt werden . 19 Nachforschungen<br />
erhärten die Vermutung von<br />
Hermann Beimgraben, wonach<br />
dieses Rittergeschlecht nach<br />
Mecklenburg umgesiedelt sein soll. 20<br />
So gibt es nahe Boizenburg, südwestlich<br />
von Schwerin, in der<br />
Gemeinde Friedrichsruhe einen<br />
Ortsteil mit dem Namen<br />
,Goldenbow'. Dieser Ort geht auf<br />
das Rittergeschlecht von Goldenbow<br />
zurück, die den dortigen Besitz aber<br />
bereits im 14. Jahrhundert an die<br />
Familie Lützows verkauften oder in<br />
weiblicher Linie vererbten. 1230<br />
wird das Dorf im Ratzeburger<br />
X. Register erstmals erwähnt. Damit<br />
unterstützen Name und erstmalige<br />
Nennung zumindest die Annahme,<br />
dass es sich vermutlich um dieselbe<br />
Ritterfamilie handelt, auch wenn<br />
die Vermutung nicht wissenschaftlich<br />
belegt ist.<br />
Hackeboe<br />
Die Bedeutung des Namens<br />
Hackeboe könnte man in etwa so<br />
übersetzen: "Wiesengelände in einer<br />
Flussbiegung, wo Habichte sind." 21<br />
Mit der Flussbiegung wird wohl der<br />
alte Lauf der Wilster-Au (,Alte<br />
Wilster') gemeint sein, an dem sich<br />
Hackeboe entlang zieht. Wobei<br />
Elfriede Reese 22 im Rahmen einer<br />
Halbjahresarbeit für die Schule<br />
gerade in dieser alten Auschleife die<br />
Form eines Habichtschnabels entdeckt<br />
haben wi ll und darauf die<br />
Namensgebung zurückführt.<br />
Ein paar Höfe in Hackeboe sowie<br />
die beiden Gehöfte ,Auf der Hove'<br />
sind vermutlich von der Geest aus<br />
besiedelt worden. Dies erklärt auch<br />
die Form einzelner Flurstücke.<br />
Hinter dem Dückerstieg beispielsweise<br />
befinden sich zwei quadratische<br />
Flurstücke von etwa einem<br />
Hektar Größe. Bevor die Niederländer<br />
den Wendepflug einführten,<br />
mussten die Sachsen ihre Fe I der<br />
noch kreuz und quer mit dem<br />
Hakenpflug bearbeiten. Dies war auf<br />
einem quadratischen Feld einfacher.<br />
Es wird sogar vermutet, dass diese<br />
Höfe bereits vorhanden waren, als<br />
Wilster gegründet wurde. Lange Zeit<br />
waren diese nämlich nach Hohenaspe<br />
zehntpflichtig, d. h. sie hallen<br />
10 Prozent ihrer Ernte an die Kirche<br />
in Hohenaspe abzugeben, obwohl<br />
sie im Kirchspiel Wilster lagen. Die<br />
Kirche zu Wilster wird erstmals<br />
1163 genannt. Dennoch findet sich<br />
die erste namentliche Erwähnung<br />
Hackeboe's erst aus dem Jahre 1349,<br />
wonach es zunächst ,Hauekeby'<br />
hieß. Spätere Namensformen waren<br />
,Hakebüw' und ,tho Hackeby'. 23<br />
In Hackeboe treffen verschiedene<br />
politische Gemeinden aufeinander,<br />
so dass Hackeboe in Teilen sowohl<br />
zur Gemeinde Neuendorf, als auch<br />
zur Gemeinde Landrecht, Nortorf<br />
und Sachsenbande gehört. Gerrau<br />
zwischen den beiden Höfen ,Hove'<br />
verläuft die Gemeindegrenze zur<br />
Gemeinde Landrecht. Ursprünglich
. ~!!.I}J.\\ .. \ :\ .:\~! .. ! ?.\ , ~ .. Q!~. !:~.~ :\\\!,,~ .. \ . r.-. !~ .. J.I.!.I.~! : ... I., .. ~.l.~~ri\! .1.~.\ . ~J!. .................... ...................................................................... .......... ;!il<br />
gehörten diese Höfe wohl zusammen.<br />
Wie ihr Name a nzudeuten<br />
scheint, waren sie die erste eigentliche<br />
Hufe in dieser Gegend. 24<br />
Früher untergliederte man Hackeboe<br />
in Groß- und Klein-Hackeboe.<br />
Somit ist euendorf im Ourchschnill<br />
500 bis 600 Jahre alt, da s ich<br />
die Besiedlung im Grunde über ein<br />
halbes Jahrlausend hinzog. Diese<br />
große Zeitspanne erklärt s ich aus<br />
der Vorgehensweise bei der Kultivierung.<br />
Die ersten Siedler ließen<br />
sich zunächst auf den erhöhte n<br />
Uferrändern und dergleichen nieder,<br />
um von dort die Urbarmachung<br />
des Sielblandes in Angriff zu<br />
nehmen. So entstanden letztlich<br />
Vorder-und Hinler-Neuendorf ni cht<br />
nur räumlich sondern auch zeitli ch<br />
gelrennt voneinander. Als Geburtsjahr<br />
für anstehende Jubiläumsfeiern<br />
wird jedoch das Jahr 1652 zugrunde<br />
gelegt, in dem ' euendorf' an sich<br />
erstmals urkundlich erwähnt<br />
wurde.''<br />
WUSTER-AU<br />
Vor Urzeiten war die Wilster-Au<br />
vermullich nur ein Flelh von vielen<br />
in der Elbmarsch. Dass sich dieses<br />
Gewässer zu einer Au mil eigener<br />
Quelle auf der Geest e ntw ickelte,<br />
verdankt die Wil ster-Au der Dünenbildung<br />
vor dem Norder- und<br />
Süderdonn in Dithmarschen. Hier<br />
lag nämlich ursprünglich die Mündung<br />
der Wallburgau - die heutige<br />
Burger Au - , in welch er die<br />
Holslenau ihre Fortsetzung fand,<br />
um durch den Kudensee gradewegs<br />
in die Elbe zu entwässern. Als<br />
jedoch die Dünenreihe diese Ableitung<br />
versperrte, staute sich das<br />
Wasser im Kudensee und überflutete<br />
die anliegenden Niederungen. Oie<br />
Wal lburgau musste sich einen<br />
neuen Abfluss suchen und fand<br />
diesen in der Wilster-Au.<br />
Angesichts dieser Veränderung hatte<br />
die Wilster-Au nun ihren Ursprung<br />
auf der Geesl. Nach einer historischen<br />
Karte halte s ie sogar 2 Quellflüsse<br />
und zwar den Schapbek<br />
Abb. 4: Die<br />
Wilster-A u in<br />
Ave1jleth um 1920.<br />
Im Hintelgrund<br />
befindet sich das<br />
heutige Anwesen<br />
der Familie Koch.
.~ .............. ......................................................................................................................................... ................................... W.I.! ~~T.P~.: A.., :.<br />
Bisweilen beherbergt<br />
die Wifster<br />
Au auch<br />
außergewöhnliche ·<br />
Gäste. So erinnert<br />
sich Max Tiedemann<br />
aus Averfleth<br />
an drei<br />
Tümmler, die sich<br />
in den 40er Jahren<br />
in dieses Gewässer<br />
verirrt hatten.<br />
Anfang der 90er<br />
Jahre hatten wir<br />
einen Seehund zu<br />
Besuch.<br />
aus der Gegend von Schafstedt und<br />
den Mackenbek aus der Umgebung<br />
von Großenbornholdt. Diese trafen<br />
bei Hohenhörn aufeinander und<br />
flossen von dort vereint durch die<br />
Randmoore. Bis zum Eintritt in die<br />
Wilstermarsch tragen sie den<br />
Namen ,Holstenau'.<br />
Damit entwässerten sowohl die<br />
Geest- und Moorgebiete als auch der<br />
Kudensee über die Wilster-Au und<br />
führten ihr reichlich Wasser zu.<br />
Zwangsläufig kam es zu<br />
Überschwemmungen, woraufhin<br />
man begann die Au einzudeichen.<br />
Dazu wurden zunächst die Stördeiche<br />
von 'Wilstermünde', dem<br />
heutigen Kasenort - damals befand<br />
sich dort noch keine Schleuse-, bis<br />
zur alten Schleuse bei der Brennerkate26<br />
auf beiden Seiten weitergeführt.<br />
In der Zeit war die Wilster-Au<br />
noch ein von der Eibe und Stör aus<br />
offenes Fahrwasser, auf dem auch<br />
größere Schiffe die ,Seestadt'<br />
Wilster erreichen konnten. Die<br />
Deiche der Au hatten die gleiche<br />
Höhe wie die Stördeiche. Oberhalb<br />
von Wilster konnten sie entsprechend<br />
niedriger sein, da sie hier<br />
lediglich das Überfließen des Moorwassers<br />
zu verhindern hatten.<br />
Im Zusammenhang mit dem Spadelandbrief<br />
von 1438 wird die Regulierung<br />
der Wilster-Au oberhalb von<br />
Wilster vermutet. Durch einen<br />
schnurgeraden, 1 1 /z Kilometer langen<br />
Graben wurde ihr Lauf verkürzt.<br />
Das alte Bett der Au<br />
schlängelte sich über Goldbogen,<br />
Dückerstieg und Hackeboe und<br />
mündete beim Rumflether Deich<br />
wieder in selbige. Fragmentarisch<br />
ist es als Entwässerungsgraben noch<br />
vorhanden und durch die Bezeichnung<br />
,Alte Wilster' belegt.<br />
Trotz dieser Eingriffe war die Entwässerung<br />
nicht zufriedenstellend<br />
geregelt, weshalb weitere Maßnahmen<br />
ergriffen wurden. Um die<br />
Deiche der Wilster-Au besser vor<br />
den eindringenden Wassermassen<br />
von der Geest schützen zu können,<br />
wurde auf der Höhe von Diekende<br />
ein Wehr als Stauvorrichtung angefertigt<br />
(Oberstenwehr). Dieses ist im<br />
Sommer 1626 erstmals aufwärts<br />
verlegt worden und wenig später<br />
abermals "nach der Geest=Leuten<br />
ihre Seite" 27 verlegt worden. Es ist<br />
also im Laufe der Zeit zweimal<br />
weiter aufwärts vorgeschoben worden.<br />
Auf der linken Auseile wurde ein<br />
Wehrdamm angelegt, der in den<br />
Moordeich überging. Wenn sich<br />
nun der Wasserdrang seitens der<br />
Geest vermehrte, schloss man das<br />
Wehr. Dadurch hatten jedoch die<br />
Holsterrau und die Burger Au mitsamt<br />
des Kudensees keinen Abfluss<br />
mehr, so dass sich das Wasser in<br />
den hinterliegenden Flächen<br />
anstaute, bis es die Schutzdämme<br />
überströmte und zuweilen trotzdem<br />
die benachbarte Marsch<br />
überschwemmt wurde. 28 Mit der<br />
Anlage des Büttler Kanals 1764<br />
hatte das Wehr seine Bedeutung<br />
verloren, da der Kudensee von nun<br />
an wieder direkt in die Elbe entwässern<br />
konnte. 29<br />
Die letzte einschneidende Veränderung<br />
erfuhr die Au durch den Bau<br />
des Nord-Ostsee-Kanals (1887-<br />
1895), da dieser ihren Oberlauf<br />
zweimal durchschneidet und sie<br />
damit ihrer Frischwasserzufuhr<br />
beraubt. Zwar regulierte anfangs<br />
eine Schleuse bei Bebek den<br />
Wasserstand, jedoch ist dies im<br />
Vergleich zur reinigenden Spülkraft<br />
eines Fließgewässers kaum von<br />
Bedeutung. Die Wilster-Au bekam<br />
den Charakter eines vor sich hindümpelnden<br />
Gewässers, welches
.W.!!~~r~.~ : .. !\.~ : ........................................................................................................................................................................................ 1~.<br />
lediglich im Unterlauf, bedingt<br />
durch den Tideeinfluss, eine etwas<br />
stärkere Durchmischung erfährt.<br />
Dieser Ausgleich reichte aber zum<br />
Beispiel nicht aus, um den Abzug<br />
der gesundheitsschädlichen Abwässer<br />
der Gerbereien und weiterer<br />
Fabriken zu gewährleisten, woraufhin<br />
die Einwohner von Wilster<br />
heftigsl protestierten. Aus dem<br />
Grunde legte die Stadt Wilsler<br />
bereits 1914 eine Wasserleitung<br />
nach Kleve um sich mit besserem<br />
Geestwasser zu versorgen.<br />
Auch die mit dem Neubau der<br />
Schleuse zu Kasenort (1925) verknüpften<br />
Erwartungen brachte n<br />
nicht die erhofften Verbesserungen.<br />
lnfolge der geringen Fließgeschwindigkeit<br />
konnten sich leic hter Sinkstoffe<br />
absetzen, wodurch die Au<br />
allmählich verschlämmte. Dies<br />
halle wiederum Auswirkungen auf<br />
die Schifffah rt, die gerade oberhalb<br />
von Wilsler an Bedeutung verlor.<br />
Allerdings dürfen bei dieser<br />
Betrachtung andere Fa kla ren wie<br />
der verbesserte Ausbau des Wegeund<br />
Straßennetzes und die wachsende<br />
Motorisierung nicht außer<br />
Acht gelassen werden.<br />
Um die Entwässerung der Moorländereien<br />
in Stadtmoor zu verbessern<br />
und den Wassersland der Wilster-Au<br />
regulieren zu können, wurde<br />
1949/50 ein elektrisches Schöpfwerk<br />
zu Beginn der Wilster-Au am<br />
Nord-Ostsee-Kanal errichtet. Dies<br />
ermöglichte einen kontinuierlichen<br />
Wassersland auf der Wilsler-Au,<br />
ohne den Unterschöpfwerken der<br />
anliegenden Sielverbände Beschränku<br />
ngen auferlegen zu müssen. Bis<br />
dahin entwässerte die Au lediglich<br />
dem Gefälle folgend in die Stör.<br />
Dies führte jedoch zu Komplikationen,<br />
sobald das Wasser in der<br />
Stör selbst hoch anstand und deshalb<br />
eine natürliche Entwässerung<br />
nicht möglich war. Um die Ländereien<br />
trotzdem schnellstmöglich<br />
vom Wasser befreien zu können,<br />
ohne den Wasserstand der Au<br />
wesentlich verändern zu müssen,<br />
konnte von nun an ergänzend in<br />
den Nord-Ostsee-Kanal gepumpt<br />
Abb. 5: Die zugefrorene<br />
Au im<br />
Winter 1925 in<br />
Achterhörn. Im<br />
Hintergrund das<br />
Gehöft der Familie<br />
Christiansen,<br />
heute Familie<br />
Hermann Beimgraben<br />
aus Averjleth.<br />
Die drei<br />
Wagemutigen auf<br />
dem Eis sind:<br />
Kathrin Christiansen,<br />
Berta Heutmann<br />
und<br />
Hermann Gustav<br />
Schliiter aus<br />
Hinter-Neuendorf
.~Ü ....................................................................................................................................................................................... .W..•. ! ,\!Y!~.:~.~ ..<br />
Abb. 6: Interessen<br />
Mühle einiger<br />
Averjlether und<br />
Nortorfer Bauern<br />
am Sielhagener<br />
Weg in der<br />
Gemeinde Nortorf<br />
Hiermit wurde<br />
noch bis 1936<br />
Wasser gemahlen.<br />
werden. Dies verursacht natürlich<br />
Pumpkosten, weshalb, soweit es<br />
möglich ist, die natürliche Entwässerung<br />
in die Stör bevorzugt wird.<br />
Im Bedarfsfall kann jedoch auch das<br />
Schöpfwerkam Nord-Ostsee-Kanal<br />
zugeschaltet werden.<br />
In heutiger Zeit sind die Nutzungsansprüche<br />
ganz andere als noch vor<br />
100 Jahren. Beispielsweise ist der<br />
Transport von Gütern völlig weggefallen.<br />
Hingegen hat die Au weiterhin<br />
die Funktion als Hauptvorfluter.<br />
So entwässert sie ein Gebiet von<br />
rund 3.500 ha, welches in vier<br />
Sielverbände aufgeteilt ist, u. a. den<br />
Sielverband Neuendorf-Sachsenbande<br />
mit ca. 1.500 ha und den<br />
Sielverband Hackeboe mit knapp<br />
1000 ha Fläche.<br />
Daneben hat sich eine vollkommen<br />
neue Nutzungsform etabliert und<br />
zwar die freizeitliche Nutzung.<br />
Gemeint sind die Angler, Kanuten<br />
und Bootsfahrer. Seit etwa 3 Jahren<br />
werden regelmäßige Fahrten von<br />
der Schleuse Kasenort bis zur<br />
ehemaligen Gaststätte ,Dukunder'<br />
mit dem Fahrgastschiff ,Aukieker'<br />
angeboten, die sowohl von Touristen<br />
als auch Einheimischen genutzt<br />
werden.<br />
Auf Initiative des Fördervereins<br />
,Wilster-Au und Schleuse e. V.'<br />
wurde im letzten Jahr die nicht<br />
mehr funktionstüchtige Binnenschleuse<br />
von Kasenort für ein<br />
Gesamtvolumen von gut einer<br />
Million Mark saniert. Im Jahr 2000<br />
konnte sie wieder in Betrieb genommen<br />
werden.<br />
Spadelandbrief 1438<br />
Bei der Allerheiligenflut im Jahre<br />
1436 wurde die Wilstermarsch<br />
schwer verwüstet. Die größten<br />
Schäden waren durch das Eindringen<br />
der Sturmflut von der Stör her<br />
entstanden. Um sich vor der<br />
Wiederholung einer solchen Katastrophe<br />
zu schützen, berieten die<br />
Bauern des Kirchspiels Wilster zu<br />
beiden Seiten der Wilster-Au über<br />
Lösungsmöglichkeilen. Diese Beratungen<br />
mündeten in den Spadelandbrief<br />
von 1438, der die erste<br />
umfassende Regelung des Deichund<br />
Entwässerungswesens der<br />
Wilstermarsch beinhaltet. So sollte<br />
die Mündung der Wilster-Au überdeicht<br />
werden und schon in Kasenort<br />
sollten eine kleine und eine<br />
große Schleuse gebaut werden. An<br />
den Kosten wollten sich die Einwohner<br />
der Marsch nach Morgenzahl<br />
beteiligen. Dabei war ein<br />
Morgen gleich dem anderen, egal ob<br />
es sich um bestes Ackerland oder<br />
feuchte Weidengründe handelte.<br />
Ebenso wurden beide Seiten der Au<br />
zur Unterhaltung derselben und<br />
ihrer Deiche herangezogen. Die<br />
Audeiche reichten damals von<br />
Kasenort bis Diekende. Erst viel<br />
später sind diese Deiche aufwärts<br />
fortgeführt worden.
.Y9.N. P~~ .M.QW .!;: .. ~.V.M .. m:,~,t:
.~f.2 .................................... ..... ........... .... ............. .......................... .... Y9~ .. !:W!.~ .M.Ow,r .. ~.~!M .. ~~!i~I.~.~~ f.l. !.~~ .. S.Q .!~?. !'!'·wmt.~ .<br />
Abb. 8:<br />
Zwei Generationen<br />
von Wasserschöpfan/agen:<br />
Die sogenannte<br />
'Bockmühle' und<br />
ein Windmotor.<br />
Abb. 9: Die Achtkantmüh/e<br />
in<br />
Averjleth zu<br />
Beginn des<br />
20. Jahrhunderts.<br />
Der Entwässerungsgraben<br />
stellt<br />
die Verbindung<br />
von der Hackeboer<br />
Wettern zur<br />
Wilster-Au her.<br />
Der Hoflinks<br />
gehörte zu j ener<br />
Zeit dem Reichstagsabgeordneten<br />
Jakob Meiforth<br />
(1853-1936),<br />
heute der Familie<br />
Gerd Hachmann,<br />
Nortorf<br />
Gründung der Wilstermarsch Windmühlengilde,<br />
die im Gründungsjahr<br />
284 Entwässerungsmühlen versicherte.<br />
Jedoch nahm deren Zahl<br />
rasch ab, so dass sich die Gilde<br />
bereits 1929 wieder auflöste. In dem<br />
Jahr verschwand auch in der<br />
Gemeinde Neuendorf die letzte<br />
'Bockmühle'.<br />
Vielfach wurden die Mühlen durch<br />
stählerne Windmotoren ersetzt, die<br />
sich schon selbst nach dem Wind<br />
drehten. Mit dem Bau der Dampfschöpfwerke<br />
wurden jedoch auch<br />
diese überflüssig. Trotz der anfänglich<br />
erheblich höheren Kosten setzte<br />
sich die neuere Technik durch.<br />
Mittlerweile gibt es nur noch elektrisch<br />
betriebene Schöpfwerke.<br />
Gründe für den Siegeszug der Technik<br />
gab es mehrere: Zum einen<br />
konnten die Dampfschöpfwerke<br />
wetterunabhängig arbeiten, da sie<br />
nicht mehr auf den Wind angewiesen<br />
waren. Des Weiteren war ihr<br />
Betrieb mit wesentlich weniger<br />
Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden.<br />
Zudem arbeiteten sie wesentlich<br />
effektiver. Lehrer Peters<br />
schreibt in dem Zusammenhang:<br />
"Die Dampfentwässerung [Dampfschöpfwerk<br />
bei Averfleth] bewährt<br />
sich scheinbar gut. Nach Aussage<br />
der Einwohner ist das Land auf<br />
dieser Seite vom Klinkersteig [ehemaliger<br />
Fußsteig auf dem alten<br />
Damm von Hackeboe nach Vorder<br />
Neuendorf] sonst immer stärker<br />
unter Wasser gewesen als auf der<br />
anderen Seite. In diesem fahr war es<br />
umgekehrt." ·10 Auch der Vorsteher<br />
der Hackeboer Wassergenossenschaft,<br />
Johannes Huusmann, hebt in<br />
seiner Jubiläumsschrift von 1938<br />
deren Erfolge hervor. So konnte<br />
dank der Kraftentwässerungsanlage<br />
dort Kultur- und Bauland geschaffen<br />
werden, wo zuvor Überschwemmungen<br />
keine Seltenheit waren;<br />
Wetterwälle wurden in Ackerland<br />
umgewandelt und zahlreiche Brücken<br />
über die Hackeboer Wettern<br />
konnten durch feste Dämme ersetzt<br />
werden.
.P.!!i .. O~~! !~~!IiS!:!~.?i':l. .. t:?~'.~ . .W.!.V.•:! :fl~M-':\~.~9.!!!~J.W.~~:m!~E~9. ..................................... ......................................................... ...... ~.<br />
Brodesender Ducht<br />
Abb. 10: Die alte<br />
Duchteinteilung<br />
nach Angaben von<br />
Hermann Beimgraben.<br />
Have Ducht<br />
DIE ÜRGANISATION<br />
DER <strong>WILSTER</strong>MARSCH<br />
ENTWÄSSERUNG<br />
Da Teile der Marsch natürlich,<br />
andere hingegen künstlich entwässert<br />
werden, entwickelten sich<br />
zweierlei Organisationen. Nun mag<br />
manch einer sich vielleicht fragen:<br />
Welcher Orga nisation bedarf die<br />
natürliche Entwässerung, wo doch<br />
das Wasser dem Gesetz der Schwerkra<br />
ft folgt? Wie nebenstehend erläutert,<br />
wird auch bei einem künstlich<br />
angelegten Graben noch von natürlicher<br />
Entwässerung gesprochen,<br />
wenn er ein stetiges Gefälle aufweist.<br />
Als man nun begann die<br />
riesigen Ödländer zu kultivieren,<br />
musste ein Entwässerungssystem<br />
angelegt werden, welches den<br />
natürlichen Abfluss des Wassers<br />
gewährleistete. Diese Organisation<br />
übernahmen die Schleusenkommunen.<br />
Sie waren für den Bau und<br />
Erhalt der Schleusen und zugehörigen<br />
Wettern zuständig. 1470 wird<br />
Neuendorfer Ducht<br />
. .<br />
• ••<br />
. ,.•<br />
: ..<br />
Groß-Hackeboer Ducht<br />
in dem Zusammenhang erstmals<br />
eine Schleusenkommune erwähnt. 31<br />
Um die Schleusenkommunen besser<br />
verwalten zu können, wurden sie in<br />
Duchten untergliedert. Für unser<br />
Gebiet bestanden die nachfolgenden<br />
Duchten: Die Brodesender Ducht<br />
(verkürzt auch Erosinder Ducht<br />
genannt), die Achterhörner Ducht,<br />
die Averflether Ducht, die Have<br />
Ducht, die Neuendoder Ducht, die<br />
Nestducht, die Groß-Hackeboer<br />
Ducht sowie die Groß- und Klein<br />
Sachsenbander Duchten. Jede Ducht<br />
stellte einen Geschworenen, der den<br />
Ältermann bei den halbjährlichen<br />
Schauen unterstützte. Bei diesen<br />
Schauen wurde beispielsweise<br />
kontrolliert, ob die WeLtern gereinigt<br />
wurden und sich in einem guten<br />
Zustand befanden. Des Weiteren<br />
gab es Gevollmächtigte und Achts<br />
Ieule (Beisitzer). Ursprünglich war<br />
der Einfluss der Letztgenannten<br />
sehr groß, so dass man nur die<br />
erfahrensten und verständigsten<br />
Leute dafür aussuchte. Oberstes<br />
Organ der Schleusenkommune war<br />
Jn der Entwässerung<br />
wird zwischen<br />
natürlicher<br />
und künstlicher<br />
Entwässerung<br />
unterschieden. Bei<br />
der natürlichen<br />
Entwässerung<br />
folgt das Wasser<br />
einem Gefälle.<br />
Hierbei ist es<br />
unerheblich, ob es<br />
sich um einen<br />
Quellfluss handelt<br />
oder ob der<br />
Wassergraben von<br />
Menschenhand<br />
geschaffen wurde.<br />
Im Gegensatz dazu<br />
muss bei der<br />
künstlichen Entwässerung<br />
das<br />
Wasser ,künstlich'<br />
in einen Wasserlauf<br />
geschöpft<br />
werden, da hier<br />
das Gefälle für<br />
den natürlichen<br />
Abfluss nicht mehr<br />
ausreicht.
-~~................................................................................................... .P.!.1-'..Q!~~! :\~.I.~.. ~r!9.~ ..!?.~!~.. W.t. !~I!-i~.~-'- .\~~(.I. !.I.'.-Y!'.~~-Y~.').I.,~t.. ~.~!<br />
Die Windmotoren<br />
wurden 1876 in<br />
Amerika erfunden<br />
und seit 1890 in<br />
Europa nachgebaut.<br />
Somit sind<br />
sie keine Abkömmlinge<br />
der sogenannten<br />
'Bockmühlen '. Ein<br />
bedeutendes<br />
Unternehmen, das<br />
sich auf den Bau<br />
dieser Windräder<br />
spezialisiert hatte,<br />
war die Firma<br />
Köster in Heide. 46<br />
Sie wurden deshalb<br />
auch 'Köstermühlen<br />
'genannt.<br />
die Kommuneversammlung, zu der<br />
alle Mitglieder erscheinen mussten.<br />
Unentschuldigtes Fehlen zog in<br />
früherer Zeit empfindliche Strafen<br />
nach sich.<br />
Bei den Abstimmungen hatte jedes<br />
Mitglied nur eine Slimme, unabhängig<br />
von seinem Landbesitz innerhalb<br />
der Schleusenkommune. Die<br />
Lasten wurden hingegen auf die<br />
einzelnen Mitglieder entsprechend<br />
ihres Flächenanteils umgelegt.<br />
Dabei wurde ein ,Morgen' Land<br />
gleich dem anderen beh.andelt, d. h.<br />
die Höhe der Beiträge richtete sich<br />
nach der Größe der Fläche, ohne zu<br />
berücksichtigen, welchen Nu tzen<br />
derjenige aus der Entwässerung<br />
hatte. Die Gemeinde Neuendorf<br />
gehörte gleich zu zwei Schleusenkommunen<br />
und zwar zur Wil ster<br />
Au-Schleusenkommune, die über<br />
die Wilster-Au und die Schleuse in<br />
Kasenort entwässert sowie zur<br />
Kasenorter Feldschleusenkommune.<br />
Mit fortschreitender Absenkung des<br />
Bodens gestaltete sich die natürliche<br />
Entwässerung jedoch immer<br />
schwieriger, so dass bereits im<br />
16. Jahrhundert die ersten Windwassermühlen<br />
errichtet wurden. Die<br />
anfänglichen Widerstände seitens<br />
der Schleusenkommunen schwanden<br />
angesichts der Notwenigkeil<br />
einer künstlichen Entwässerung.<br />
Zunächst bedurfte es hierfür noch<br />
keiner speziellen Organisation,<br />
konnte sich doch bei Bedarf jeder<br />
Landbesitzer seine eigene Mühle<br />
aufstellen. In niedrigen Gegenden<br />
der Marsch entbrannte jedoch in<br />
Zeiten großen Wasserandrangs ein<br />
regelrechter Wettkampf, um möglichst<br />
die eigenen Flächen zuerst<br />
von der Wasserlast zu befreien.<br />
Deshalb wurden die ersten Vereinbarungen<br />
notwendig. Diese beschränkten<br />
sich zunächst darauf,<br />
dass die Windwassermühlen vor<br />
einem bestimmten Termin nicht in<br />
Bewegung gesetzt werden durften.<br />
Die nächste Vereinbarung regelte,<br />
bis zu welcher Höhe das Wasser in<br />
den Wettern ansteigen durfte. Dazu<br />
wurden in den Wettern sogenannte<br />
Flutpfähle angebracht, die genau<br />
einnivelliert und von Zeit zu Zeit<br />
auf ihre Richtigkeit geprüft wurden.<br />
Die Flutpfahlmüller, das waren<br />
diejenigen Mühlenbesitzer, deren<br />
Mühle von allen Seiten gut sichtbar<br />
war, drehten als Zeichen, dass das<br />
Ma hlen eingestellt werden musste,<br />
die Flügel so, dass ein Flügel senkrecht<br />
in die Höhe ragte. Zudem<br />
wurde von diesem Flügel das Segel<br />
herunter gemacht. Befolgte einer der<br />
anderen Mühlenbesitzer diese Vereinbarung<br />
nicht bzw. zu spät, wurde<br />
dieser hart bestraft.<br />
Schon bald reichten die einzelnen<br />
Windwassermühlen nicht mehr a us<br />
und so schlossen sich die Mühlenbesitzer<br />
zusammen und bauten<br />
größere Entlastungsmühlen, die<br />
sogenannten Pu mpmühlen oder<br />
Achtkantmühlen, welche das<br />
Wasser der Kleinmühlen (Vierkantmühlen)<br />
nochmals erfasste n, um es<br />
in die höher gelegenen Wellern zu<br />
schöpfen.<br />
Mit Aufkommen der neueren Technik<br />
entstanden die Entwässerungsgenossenschaften,<br />
die gemeinsam<br />
ein Dampfschöpfwerk oder ein elektrisches<br />
Schöpfwerk betrieben.<br />
Diese Genossenschaften orientierten<br />
sich entgegen den bisherigen Entwässerungsorganisationen<br />
am Leistungsprinzip,<br />
d. h. derjenige, dem<br />
das Schöpfwerk den größten Nutzen<br />
brachte, halte auch die meisten<br />
Lasten zu tragen. Zum Ausgleich<br />
dafür hatte seine Stimme bei Entscheidungsprozessen<br />
aber auch<br />
entsprechendes Gewicht. Bereits
. P.!t .P.~~!,) .~,,~M:!Q;~ ... q~.~ . .W. ,J .5I!\~M.M~.~.~ . ,. !!~ );J.W.;\~~'' ·'·~E~~ ... ..... ............................................................................................ '?.e1.<br />
Wasser- und Bodenverband<br />
Vaalermoor<br />
,~,1<br />
" / ...... ....._ 1,_ 'i<br />
. ,__ , ..... ...... ...... ....._<br />
Sielverband<br />
~~<br />
Neuendort-Sachsenbande ' \<br />
\<br />
\<br />
\<br />
\<br />
Sielverband \<br />
Hackeboe<br />
\<br />
' ' '<br />
Abb. II: Drei<br />
Entwässerungsverbände<br />
sind fiir die<br />
Entwässerung des<br />
Gemeindegebietes<br />
zuständig.<br />
1906 wurde die ,Neuendorf<br />
Sachsenbander Ent- und Bewässerungsgenossenschaff<br />
gegründet und<br />
das dazugehörige Dampfschöpfwerk<br />
in Averfleth gebaut. 1913 folgte mit<br />
einem Schöpfwerk nahe der Vereinsslraße<br />
die ,Genossenschaft zur<br />
künstlichen Entwässerung der<br />
Hackeboer und Alte-Wilster-Niederung'.<br />
Zusammen entwässerten sie<br />
mit über 2.000 ha das gesamte<br />
Gebiet der Gemeinde Sachsenbande,<br />
weile Teile der Gemeinde<br />
Neuendorf und Teilbere iche der<br />
Stadt Wilster.<br />
Nachdem 1937 die Erste Wasserverbandsverordnung<br />
erlassen wurde,<br />
stellte der Kreisbaudirektor Könecke<br />
1941 e inen Gesamtplan für die<br />
Wilstermarsch auf, der die wasserwirtschaftliche<br />
und organisatorische<br />
Entwässerungssituation vereinheitli<br />
chte. Dazu wurden zum 1. April<br />
1942 die 38 bestehenden Deichund<br />
Entwässerungsverbände der<br />
Wilslermarsch aufgelöst, um einen<br />
De ich- und Hauptsielverband<br />
Wilstermarsch mit Unterverbänden<br />
zu gründen. Betroffen von dieser<br />
Verfügung waren sowohl die örtlichen<br />
Schleusenkommunen als<br />
auc h die hiesigen Entwässerungsgenossensch<br />
aften. Deren Aufgaben<br />
wurden von den neu gebildeten<br />
Sielverbänden übernommen. Seitdem<br />
gibt es h ier den Sielverband<br />
Neuendor~Sac h senbande , der<br />
gebietsmäßig weitgehend mit der<br />
bisherigen Neuendorf-Sachsenbander<br />
Ent- und Bewässerungsgenossenschaft<br />
übereinstimmt und<br />
den Sielverband Hackeboe, der sich<br />
ebenfalls annähernd an den bisherigen<br />
Grenzen orientierte.<br />
Diese Sielverbände sind weiter<br />
untergliedert in verschiedene Duchten.<br />
Die Größe und Anzahl der<br />
Duchten ergibt sich in der Regel aus<br />
den einzelnen Ortsteilen des Verbandsgebietes.<br />
So ist Hackeboe in 4<br />
Duchten (Groß Hackeboe, Klein<br />
Hackeboe, Nest und Bischof) 32<br />
untergliedert und Neuendorf-Sachsenbande<br />
in 5 (Vorder-Neuendorf,<br />
Hinter-Neuendorf, Sachsenbande,
-~i)................................................................................................... P.!!.~. Q~~!t\~.•.5 .. ~D.~~;~ .. P.J.~ .. W..t !,~'.l:r.t~~-1 ~\~~r.•. ! -~-~ :n~ :\~!5.1,_!{~..:-;.~ ! .<br />
Abb. 12: Schöpf:<br />
Werkswärter<br />
Ehepaar<br />
Margarethe und<br />
Johann Kramhöft<br />
vor dem Dampl<br />
schöpfwerk in<br />
Averjleth im Jahre<br />
1925.<br />
Averfleth und Achterhörn). Wie<br />
schon bei den Duchten der<br />
Schleu senkommunen entsendet<br />
jede Ducht ein Mitglied in den<br />
Vorsland und wählt zu sätzlich, je<br />
nach Größe, 1 bis 2 Mitgli eder in<br />
den Ausschuss.<br />
Auch hinsichtlich der Aufgaben hat<br />
sich nichts verändert. Weiterhin<br />
werden die Gewässer und ihre Ufer<br />
jährlich auf ihren ordnungsgemäßen<br />
Zu stand überprüft. Dies geschieht<br />
mittels der Schauen, die im<br />
Anschluss an die herbstliche<br />
Grabenreinigung durchgeführt<br />
werden. Die Angelegenheiten des<br />
Hochwasserschutzes regelt der<br />
Hauptverband. Vorsteh er des Deichund<br />
Hauptsielverbandes isl der<br />
Oberdeichgraf, der von der Deichversammlung<br />
auf 5 Jahre gewählt<br />
wird. Die Deichversammlung setzt<br />
sich aus den Vorstehern der einzelnen<br />
Sielverbände und einem Vertreter<br />
der Stadt Wilster zusammen. 31<br />
Sielverband<br />
Neuendor~Sachsenbande<br />
Mit Gründung der Neuendorf-Sachsenbander<br />
Ent- und Bewässerungsgenossenschaft<br />
im Juni 1906 wurde<br />
das Ende der knapp 50 Windwassermühlen<br />
eingeleitet, die bis dahin<br />
das 1.400 ha große Gebiet entwässert<br />
hatten. Auslöser war e in<br />
Gewitter im vorangegangenen Jahr,<br />
bei dem die Achtkantmühle in<br />
Averfleth abbrannte. Bei diesem<br />
Feuer soll sich die Bremse gelöst<br />
und die brennende Mühle in Bewegung<br />
gesetzt haben. So erzählte<br />
es zumindest der Großvater von<br />
Hermann Beimgraben.<br />
An der Gründungsversammlung<br />
beteiligten sich 83 Mitglieder. Zum<br />
Vorsteher wurde der Hofbesitzer<br />
Henning Rehder aus Averfl eth<br />
gewählt. Des Weiteren war jedes<br />
Dorf mit einem Beisitzer im Vorstand<br />
vertreten. Für eventuelle
~-~n~' -'m.~:'!-.P ... N!J . .L~J!_q_t~l :§.~< , !.I.~D.l!~::"!.t.?!: ............................................ ..... .... ...................................................... .. ................... ?.li..<br />
Abb. 13: Das<br />
Hauptschöpfwerk<br />
in Ave1jleth im<br />
Sommer 2000.<br />
Streitigke iten wurden 4 Schiedsrichter<br />
aus den Nachbargemeinden<br />
bestimmt.<br />
Der Bau des Dampfschöpfwerkes<br />
wu rde von Gustav Karslens so<br />
anscha ulich beschrieben, dass seine<br />
Erläuterungen an dieser Stelle<br />
wiedergegeben werden sollen: Im<br />
Herbst 1906 wurde die 4 m tiefe<br />
Baugrube für die Maschinenanlage<br />
am Aueleich ausgeschachtet und mi t<br />
130 Pfählen a 15 m Länge ausgerammt<br />
Im zeitigen Frühjahr 1907<br />
gingen die Arbeiten mit Hochdruc k<br />
weiter. Das Kesselhaus für 2 Dampfkessel<br />
von je 4 0 PS Stärke wurde<br />
erstellt, des Weiteren ein Kohlenschuppen,<br />
ein Maschinen- und<br />
Pumpenhaus sowie eine Dynamoa<br />
nlage zur Stromerzeugung für das<br />
Licht und die Kraftanlage des<br />
Zubringerschöpfwerkes in Krützfl<br />
eth. Ei ne Arbeit besonderer Art<br />
war der Anlransport der wohl 15 m<br />
langen und über 2 m hohen Heizkessel<br />
über den Fe ldweg vom<br />
,Dückersti eg' zum Pumpenha us.<br />
Über drei Tage brauchte man für die<br />
ca. 2 km lange Strecke, da es nur<br />
Schritt für Schrill vorwärts ging.<br />
Gleichzeitig wurde der Ausbau der<br />
En t wässcru ngsgräben vora ngetrieben.<br />
Ocr HauptvorAutor musste<br />
völlig neu gegraben werden. Dazu<br />
waren Fremdarbeiter aus Ga lizien<br />
a ngeworben worden, die in einer<br />
großen Baracke mit Schlafräumen,<br />
Essraum und Kantine untergebracht<br />
waren. Mit dem Grabenaushub, der<br />
überwiegend aus Dark 14 und Moorerde<br />
bestand, wurden zunächst die<br />
Mergelkuhlen verfüllt. Der Rest<br />
wurde auf e iner Weideparzelle<br />
ausgebracht, die zu diesem Zweck<br />
von Andreas Beimgraben erworben<br />
wurde. In den Hauptgräben erfolgte<br />
der Transport auf Feldbahngleisen<br />
mit Loren, die von Dampfloks gezogen<br />
wurden.<br />
Zuletzt wurde das Zubringwerk fü r<br />
die ca. 300 ha besonders niedrig<br />
gelegenen Ländereien am Krützflether<br />
Weg gebaut. Es wurde mit<br />
einer Unterwasser-Thrbinenpumpe<br />
ausgestaltet, die in der Lage war, bis<br />
zu 300 I in der Sekunde zu pumpen.<br />
Der Antrieb erfolgte durch<br />
einen Elektro-Motor von 40 PS. Den<br />
Strom hierfür erzeugte das Haupt-<br />
'Mergeln' ist das<br />
Herausholen des<br />
einst im Flussbett<br />
abgelagerten<br />
Kleis, um diesen<br />
auf den Ländern<br />
zu verteilen und so<br />
zur Verbesserung<br />
der Ländereien<br />
beizutragen. 47
-~· - · · · ··· · · · · · · · · · · · ···· · · · · · · · · ········· · · · ·· · · · ······························· · ································ · ···············$~.m,YJ:'.'mi~N.J..? .. N.~\V~~-\Iim~~-'-'.:Si.\q!.~.l:\~.~-~!'i !?.f:.<br />
Die Länge der<br />
Verbandsvorfluter<br />
im Sielverband<br />
Neuendorf-Sachsenbande<br />
beträgt<br />
über 33 km, genau<br />
33.125 Meter.<br />
pumpwerk an der Au.<br />
Im Herbst 1907 kam der große<br />
Augenblick, als die Kessel unter<br />
Druck gesetzt wurden. Zwei Überwasser-Turbinen-Pumpen<br />
mit je<br />
800 Liter pro Sekunde Leistung<br />
drückten das Wasser in die Wilster<br />
Au. Der Kohlenverbrauch lag bei<br />
etwa 5 Tonnen je Kessel täglich. Die<br />
Kosten für dieses Großprojekt beliefen<br />
sich auf 313.000 Mark.<br />
1945 wurde das Hauptwerk auf<br />
elektrischen Betrieb umgestellt. Der<br />
Kamin blieb zunächst noch stehen,<br />
wurde dann aber wegen möglich er<br />
Einsturzgefahr abgebrochen. Wegen<br />
Altersschwäche wurde bereits 1952<br />
der Neubau des Hauptwerkes beim<br />
Hauptsielverband beantragt. Hiermit<br />
konnte jedoch erst 1959 begonnen<br />
werden. Nach dessen Fertigstellung<br />
wurde alsdann das alte Hauptschöpfwerk<br />
und ehemalige Dampfschöpfwerk<br />
abgebrochen. Das<br />
Wohnhaus des Schöpfwerkswärters<br />
ist hingegen noch vorhanden. Zur<br />
Zeit wohnt hier die Familie Voß, die<br />
gleichzeitig das Schöpfwerk betreut.<br />
Zwischenzeitlich war 1956/57<br />
schon mal das Zubringerschöpfwerk<br />
in Krützfleth für 25.000 DM er-<br />
Verbands- bzw. Genossenschaftsvorsteher<br />
des Sielverbandes<br />
Sachsenbande-Neuendorf<br />
....................................................................................<br />
Dauer Vorsteher<br />
1906 - 1916 Henning Rehder<br />
1916- 1920 Jürgen Blöcken<br />
1920 - 1923 Heinrich Voß<br />
1923 - 1945 Gusrav Huusmann<br />
1945 - 1950 Johann Hanndorf<br />
1950 - 1956 erneut G. Huusmann<br />
(Ehrenvorsitzender)<br />
1956- 1970 Gusrav Karsrens<br />
(Ehrenvorsitzender)<br />
1970- 1992 Heinz Heeckt<br />
1992 - 2000 Hans-J. Karsrens<br />
2000 - Peter B ~ imgraben<br />
neuert worden. Die Kosten hierfür<br />
wurden von den Mitgliedern selbst<br />
aufgebracht, da dieses Schöpfwerk<br />
in der Rahmenplanung nicht vorgesehen<br />
war. Anfang der 60er Jahre<br />
wurde ei n weiteres Schöpfwerk in<br />
Achterhörn errichtet.<br />
Aufgaben eines Schöpfwerkswärters<br />
Andreas Beimgraben aus Averfleth<br />
war im ersten Jahr der Maschinenmeister<br />
des Averflether Dampfschöpfwerkes.<br />
In den privaten<br />
Sammlungen seines Enkels Hermann<br />
Beimgraben befindet sich<br />
eine Abschrift des Anstellungsvertrages.<br />
Im folgenden werden die<br />
Vertragsbedingungen in Auszügen<br />
wiedergegeben: "Der Maschinenmeister<br />
muß unter allen Umständen<br />
völlig nüchtern, solide und durchaus<br />
zuverlässig sein und hat den Anordnungen<br />
des Genossenschaftsvorstehers<br />
und der Aufsichtsbehörde<br />
unbedingt folge z u leisten . ...<br />
Das Gehalt, welches vorläufig auf<br />
monatlich 70 Mark festgesetzt ist,<br />
soll monatlich postnumerando<br />
[nachträglich] durch die Genassenschaftskasse<br />
gezahlt werden.<br />
Der anzustellende Maschinenmeister<br />
hat vom Beginn der Monlage der<br />
Kessel und Maschinen mit dabei zu<br />
sein und sich vom Monteur die<br />
Zusammensetzung, den Zweck und<br />
die Funktionen der einzelnen<br />
Maschinenteile erklären zu lassen,<br />
damit er später iiber den Gang des<br />
Schöpfwerkes in allen Teilen unterrichtet<br />
ist. Fiir diese Zeit sollen ihm<br />
2 Mark pro Tag gewährt werden.<br />
Der Maschinenmeister hat die im<br />
Kesselhause ausgehängten Vorschriften<br />
fi.ir Kesselwärter genau zu beachten<br />
und Unbeikommenden<br />
[Unbefugten] den Zutritt z um<br />
Schöpfwerk zu verweigern.
.S.!! : D .f~~:~\!?.. N'"!..tl").!?g.~f: 7S. .. ~q.I.~~~.!tt~ .r.?~................................................................................................................................'W.<br />
Die Interessen der Genossenschaft in<br />
Bezug auf Kohlenverbrauch und<br />
möglichste Ersparniß des Schmiermalerials<br />
sind in jeder Weise wahrzunehmen<br />
und die<br />
Maschinenanlagen im tadellos sauberem<br />
Zustande zu erhalten.<br />
Mit dem Betrieb der Maschinen soll<br />
sich nach der jeweiligen Wasserzuführung<br />
der Gräben gerichtel werden<br />
und hat der Maschinenmeister nach<br />
jedem stärkeren Niederschlag sich<br />
nach dem Wasserslande in den<br />
Gräben, sowie in der Niederung vor<br />
dem Nebenschöpfwerk zu überzeugen,<br />
ob eine oder beide<br />
Maschinen in Betrieb gesetzt werden<br />
müssen.<br />
In der Regel soll nur eine Maschine<br />
in Betrieb sein. Es soll aber beim<br />
Pumpen mit einer Maschine mit den<br />
Anlagen gerechnet werden und zwar<br />
so, daß, wenn eine Maschine und<br />
der z ugehörige Kessel einige Zeit<br />
gearbeitet haben und einige Tage<br />
ausgesetzt werden kann, alsdann die<br />
andere Anlage in Tätigkeit tritt,<br />
damit man stets davon überzeugt ist,<br />
daß beide Anlagen funktionieren.<br />
Vor Beginn des Pumpens sind die<br />
Verschlußklappen vor dem Druckrohre<br />
so hoch zu heben, daß der<br />
Rohrquerschnitt frei ist und der<br />
Rohrabfluß nicht gehindert wird. Die<br />
Krautgitter sind stets frei zu halten.<br />
Es ist so lange zu pumpen bis ein<br />
noch anzubringendes Markzeichen<br />
erreicht ist, welches auch nach<br />
Ausschaltung der Pumpen nicht<br />
unter \1\bsser kommen darf ...<br />
Der Maschinenmeister hat ein Register<br />
zu führen, darüber, wie viele<br />
Stunden im fahr gepumpt wird, die<br />
Formulare hierzu werden ihm geliefert.<br />
a) Der Außenwassersland der<br />
Wilsteraue.<br />
b) Binnenwasserstand vor dem<br />
Abb. 14: Innenraum<br />
der Pumpe<br />
in Avetfleth.
.W ...... ........................... ............ .................... .. .... ............................................. ~H; ! ,X!5.~f~:~.N.P .. N.m .rr~.I.N ~I:~.M.:_l. !.~.t~.'-~·~;SQ !;.<br />
Schöpfwerk von Zeit zu Zeit und am<br />
Schlusse des Pumpens, bei größeren<br />
Schwankungen in jeder Stunde. (:Die<br />
Wasserstände sind an anzubringende<br />
Pegel abzulesen:]<br />
c] Der Kohlenverbrauch bei jedesmaligem<br />
Pumpen<br />
dj Wann die elektrische Anlage in<br />
Betrieb und wann dieselbe außer<br />
Betrieb gesetzt worden ist.<br />
Der Maschinenmeister hat den Gang<br />
der Maschinen stets aufs Sorgfältigste<br />
zu überwachen und kleinere<br />
Reparaturen selbst vorzunehmen." 35<br />
Dieser Vereinbarung, die abschnittsweise<br />
sogar Arbeitsanleitungen<br />
enthält, stehen heutzutage standardisierte<br />
Dienstverträge gegenüber,<br />
die allgemein die Pflege und Wartung<br />
des jeweiligen Schöpfwerkes<br />
regeln. Ausdrücklich erwähnt wird<br />
lediglich die Treibseibeseitigung<br />
und Dokumentation der Betriebsstunden<br />
und Pegelstände.<br />
s<br />
ielverband Hackeboe<br />
In einer Festrede anlässlich des<br />
25-jährigen Bestehens der Hackeboer<br />
Genossenschaft hat der damalige<br />
Genossenschaftsvorsteher<br />
Johannes Huusmann aus Wilster<br />
1938 ihre Entstehungsgeschichte<br />
anband von Protokollen sowie<br />
eigenen Erinnerungen niedergeschrieben.<br />
Demnach wurde auf sein<br />
Betreiben hin - inspiriert durch die<br />
Wassergenossenschaft Sachsenbande-Neuendorf<br />
- im November<br />
1913 die erste Mitgliederversammlung<br />
einberufen, um über den<br />
Bau einer Kraftentwässerungsanlage<br />
zu beschließen. Da jedoch die kalkulierten<br />
Kosten, die auf die einzelnen<br />
Mitglieder zukommen sollten,<br />
als zu hoch erachtet wurden, ist die<br />
Entscheidung zunächst verschoben<br />
worden. In der Zwischenzeit<br />
bemühte sich der Vorsland um eine<br />
Erhöhung der Beihilfen. Das Kanalbauamt<br />
in Brunsbüttelkoog hatte<br />
damals die Verlegung der Marschbahn<br />
auszuarbeiten. Mit der Durchführung<br />
einer genossenschaftlichen<br />
Kraftentwässerungsanlage entstanden<br />
der Kanalverwallung erhebliche<br />
Ersparnisse und Vorteile durch den<br />
Wegfall von zwei Brücken über die<br />
Hackeboer Wettern und verschiedenen<br />
Durchlässen durch den neu<br />
anzulegenden Bahnkörper. In einer<br />
Absprache wurde auf die vorgenannten<br />
Bauwerke verzichtet, wofür<br />
das Kanalbauamt im Gegenzug<br />
70.000 Reichsmark Beihilfe zusicherte.<br />
Unter diesen Vorgaben<br />
stimmten die Mitglieder auf einer<br />
zweiten Versammlung am 4. Fe bruar<br />
1914 für den Bau der Anlage.<br />
Sogleich wurde mit den praktischen<br />
Arbeiten begonnen. Zuerst wurden<br />
die Hauplabzugs- und Nebengräben<br />
in einer Länge von 9.205 Metern<br />
ausgehoben. Für das große Schöpfwerk<br />
nahe der Vereinsstraße wurde<br />
ein 75 PS starker Dieselmotor ausgewählt,<br />
um die Kreiselpumpe mit<br />
einer Leistung von 10.000 Liter<br />
Wasser pro Sekunde anzutreiben.<br />
Diese konnte im Frühjahr 1915 in<br />
Betrieb gesetzt werden. In Vorder<br />
Neuendorf war ein elektrisches<br />
Nebenwerk vorgesehen, welches<br />
vom Hauptwerk aus belrieben werden<br />
sollte. Da mitten in die Bauarbeiten<br />
die Mobilmachung für den<br />
1. Weltkrieg fiel und das Kupfer der<br />
elektrischen Zuleitung beschlagnahmt<br />
wurde, konnte dieses Nebenwerk<br />
nicht in Betrieb genommen<br />
werden. Deshalb wurde es durch<br />
einen Windmotor ersetzt, der später<br />
zur Windturbine umgebaut wurde.<br />
Die Kosten für die gesamte Anlage
.S•t•' r.~~ .. \:'-.!? .. H\~ , ~f~.q.r .................................................................................................................................................................. Jil.<br />
beliefen sich auf 22 0.000 Reichsmark,<br />
dene n Beihilfen seitens des<br />
Kanalbauamtes, des Kreises und des<br />
Staates von 90.000 Reichsmark<br />
gegenüberstanden.<br />
Vor Gründung der Genossenschaft<br />
standen hier knapp 30 Windwassermühlen.<br />
Die Hackeboer Niederung<br />
entwässerte damals noch über die<br />
Hackeboer Wettern in die Stör. Die<br />
Alte-Wilster-Niederung nutzte die<br />
abgetrennte Auschleife, um am<br />
Südwestende des Rumflether<br />
Deiches durch einen sogenannten<br />
Dü cker in die Wilster-Au zu entwässern.<br />
1926 wurde zusätzlich ein Deutzer<br />
Dieselmotor von 60 PS mit einer<br />
Vakuumpumpe der Firma Wolf als<br />
Reserveanlage in das Hauptschöpfwerk<br />
eingebaut. Schon 1941 wurde<br />
laut dem Protokollbuch des Sielverbandes<br />
der Betrieb auf elektrischen<br />
Strom umgestell t. 1952 musste d ie<br />
Wi ndturbine in Yarder-Neuendarf<br />
ersetzt werden, da sie nicht mehr<br />
genügend Leistung erbrachte, um<br />
di e 85 ha nördlich der Hackeboer<br />
Wettern zu entwässern . Die Höfe<br />
Rohwedder und Balls in Vorder-<br />
Neuendorf entwässerten zwischenzeitli<br />
ch über den Sielverband<br />
Neuendorf-Sachsenbande. 36 Anstelle<br />
der Windturbine wurde auf deren<br />
Sockel das kleine Zubringerschöpfwerk<br />
errich tet, welches mit einer<br />
Pumpe der Firma Köster ausgestattet<br />
is t. Die Kosten für di esen Umbau<br />
betrugen 7.800 DM.<br />
1961 wurde eine der Pumpen im<br />
Hauptschöpfwerk zum Preis von<br />
20.245 DM ausgetauscht. Im Jahr<br />
1999 wurde für eine drille Pumpe<br />
mit einer Leistung von 500 Liter pro<br />
Sekunde ein Extrabauwerk neben<br />
dem Hauptschöpfwerk errichtet.<br />
Hierfür mussten 100.000 DM aufgewendet<br />
werden. Zukünftige Planungen<br />
sehen die Sanierung des<br />
Hauptschöpfwerkes vor, da sich das<br />
Gebäude in einem schlechten baulichen<br />
Zustand befindet.<br />
Mit der Rahmenplanung von 1953<br />
wurde dem Sielverband Hackeboe<br />
noch das Gebiet Bischof - welches<br />
bi s dahin dem Sielverband Moorhusen-Stördorf-Honigfl<br />
eth angehörte<br />
-angeschlossen, da beide Gebiete<br />
auf die Wilster-Au pumpten und<br />
somit eine Interessengemeinschaft<br />
Abb. 15: Festsitzung<br />
anläßtich des<br />
25-jährigen Jubiläums<br />
der Entwässerungsgenossenschaft<br />
Hackeboe<br />
am 13. November<br />
1938. Die Feier<br />
f and in Wilster, in<br />
der Gastwirtschaji<br />
'Zur Linde' (/nh.<br />
Peter Brand!}<br />
statt.<br />
Diese Gastwirtschaft<br />
existiert<br />
nicht mehr; heute<br />
befindet sich an<br />
der Stelle das<br />
Amtsgebäude des<br />
Amtes Wilstermarsch.
io)"?)<br />
.~ .................................................................................................................................................................. S.Q\l.~,;:~~P. .. l:JA~~.~Q~.<br />
Abb. 16: Der alte<br />
Motor (DEUT<br />
ZER; 60-PS<br />
Dieselmotorenanlage<br />
mit einer<br />
Leistung von 3/4<br />
m 3 /s) im Hauptschöpfwerk<br />
des<br />
Hackeboer Sielverbandes<br />
wurde<br />
seit Ende des<br />
2. Weltkrieges<br />
nicht mehr betrieben.<br />
Jedoch erst<br />
kürzlich (Mitte der<br />
90er Jahre) wurde<br />
er verkauft.<br />
bildeten. Damit vergrößerte sich das<br />
Gebiet von ehemals 800 Hektar auf<br />
etwa 970 ha. Im Zuge der Bauarbeiten<br />
zur Umgehungsstraße Wilster<br />
im Jahre 1974 musste jedoch die<br />
Entwässerung in der Bisehafer<br />
Ducht geändert werden. Deshalb<br />
wurde ein neues Schöpfwerk mit<br />
zwei Pumpen (Leistung insgesamt<br />
200 Liter pro Sekunde) erstellt,<br />
welches nun zwar auf die Moorhusener<br />
Feldwettern pumpte, dennoch<br />
weiterhin zum Sielverband<br />
Hackeboe gehörte.<br />
Da auch Teilbereiche der Stadt<br />
Wilster über diesen Verband entwässern,<br />
bildet er mit seinen 824<br />
Mitgliedern den mitgliederstärksten<br />
Verband des Deich- und Hauptsielverbandes<br />
Wilstermarsch. 37<br />
Verbands- bzw. Genossenschaftsvorsteher des<br />
Sielverbandes Hackeboe 38<br />
Dauer<br />
1913- 1945<br />
1945- 1949<br />
1950- 1977<br />
1977- 1986<br />
1986- 2000<br />
2000-<br />
Vorsteher<br />
Johannes Huusmann, Wilster<br />
Richard Brandt, Goldbogen<br />
Hans-Max Reese, Hackeboe<br />
Heinrich Auhage sen., Landrecht<br />
Gerd Rohwedder, Vorder-Neuendorf<br />
Heinrich Auha e 'un., Landrecht<br />
IIACKEBOER<br />
WETTERN<br />
Im Zusammenhang mit dem Spadelandbrief<br />
ist auf der ,Alten Seite' die<br />
Einrichtung eines Wasserganges von<br />
Kasenort bis Brodesende mit eigener<br />
Schleuse in die Stör angeordnet<br />
worden, "damit der schlechteste<br />
Acker mit dem guten entwässern<br />
könne, und alles Woltwasser wehren,<br />
nach Morgenzahl" 39 • Damit kann nur<br />
die Anlage der Hackeboer Wettern<br />
gemeint sein, die nah beim Moordeich<br />
begann und neben dem linken<br />
Auufer herlief. Dies lässt die<br />
Annahme zu, dass sich bereits im<br />
15. Jahrhundert ein Großteil der<br />
umliegenden Ländereien unterhalb<br />
des Wasserspiegels der Wilster-Au<br />
befanden, weshalb eine natürliche<br />
Entwässerung in selbige nur noch<br />
wenigen möglich war.<br />
Ihre Anlage ermöglichte den Ausbau<br />
weiter Teile des Gemeindegebietes,<br />
insbesondere Vorder- und<br />
Hinter-Neuendorf. Nach weiteren<br />
Sackungen musste jedoch auch hier<br />
eine Eindeichung erfolgen und das<br />
Wasser mittels Mühlen in die höhere<br />
Wettern gehoben werden. 40
....................................................................................................................................................................................................................<br />
H.\C KEßOE.R WElTER'\<br />
-;~':'l<br />
~.<br />
Kurz vor ihrem Einlauf in die Stör<br />
fließt die Hackeboer Wettern mit der<br />
Moorhusener und der Steindammer<br />
(früher Honigflether) Weltern<br />
zusammen.<br />
Mit Gründung der Entwässerungsgenossenschaften<br />
hatte diese<br />
Wettern jedoch weitestgehend ihre<br />
Funktion eingebüßt. Mit Beschluss<br />
der Gemeindevertretung vom<br />
27. März 1908 wurde deshalb die<br />
Wetternstrecke vom Dücker in<br />
Hackeboe bis Achterhörn als öffentliches<br />
Gewässer aufgehoben und<br />
zumeist zugeschüttet.<br />
A bb. 17: Skizze<br />
der Hackeboer<br />
Wettern von<br />
August Haack aus<br />
dem Jahre 1915.
.~ ........................................................................................................................................................................................ ft.Q.~UW!\.5.~.~-R .<br />
Abb. 18: Seite an<br />
Seite standen einst<br />
die sogenannten<br />
'Bockmühlen ' an<br />
der Hackeboer<br />
Wettern.<br />
HOCHWASSER<br />
Dass Entwässerungsmaßnahmen<br />
zum Erhalt der Wilstermarsch unerlässlich<br />
sind, verdeutlichen Berichte<br />
von Überschwemmungen des letzten<br />
Jahrhunderts. Beispielsweise<br />
hatte der Lehrer Rüllmann in der<br />
Schulchronik Vorder-Neuendorf am<br />
16. Januar 1916 folgendes festgehalten:<br />
"Nun kommt in diesem Winter eine<br />
große Überschwemmung der Ländereien<br />
hinzu. Die Leute wissen sich<br />
nicht zu erinnern , daß hier je soviel<br />
Wasser gewesen ist. Und dabei hat<br />
zum großen Glück unsere liebe<br />
Gemeinde noch verhältnismäßig<br />
wenig zu leiden. Viel m ehr leiden die<br />
Einwohner in Sachsenbande, Vaalermoor<br />
(Königsmoor, Stadtmoor). Seit<br />
ungefähr 6 Wochen läuft das Wasser<br />
stellenweise ununterbrochen über<br />
die Straße in Sachsenbande. In<br />
Vaalermoor kann die Straße stellenweise<br />
nicht befahren werden. Fast<br />
ausschließlich ist das Wasser in<br />
Vaalermoor in die Häuser gedrungen.<br />
Der Verkehr geschieht auf Kähnen.<br />
Viel Vieh steht andauernd im<br />
Wasser. Sehr viel Vieh ist rechtzeitig<br />
in Sicherheil gebracht. Einige Häuser<br />
mussten verlassen werden. Die<br />
Gehöfte der Witwen des gefallenen<br />
Kriegers Reese, Voß und Roßmann,<br />
Sachsenbande, bilden richtige Wasserburgen.<br />
Die Ursachen sind viele.<br />
Zunächst können wir außergewöhnliche<br />
Niederschläge verzeichnen.<br />
Dann haben wir andauernden Westwind,<br />
sodaß das Wasser in der Stör<br />
und der Eibe immer hoch steht und<br />
darum die Au nicht abwässern kann.<br />
Dazu kommt noch ein Drittes. In<br />
Friedenszeiten wurde viel Wasser<br />
Vaalermoors in den Kanal geleitet.<br />
Der ließ das Wasser dann durch<br />
Öffnen der Schleusen in die Eibe
.HQ.f,I.!:W~~~mt ............................................................................................................................................................................. .......... ~.<br />
abfließen. jetzt in der Kriegszeit muß<br />
aber der Kanal immer seinen<br />
Höchststand bewahren, und es darf<br />
nichts hineingeleitet werden. Dieses<br />
Hochwasser ist natürlich ein sehr<br />
bedauernswerter Zustand, dem erst<br />
abgeholfen wird, wenn die Niederschläge<br />
nachlassen und wir anderen<br />
WI'nd bekommen."<br />
Bereits 2 Jahre später wurde diese<br />
Überschwemmung noch übertroffen,<br />
denn Lehrer Rüllmann notierte<br />
im Februar 1918: ,,Alte Leute wissen<br />
nicht zu erinnern, je so viel Wasser<br />
in unserer Gegend gesehen zu<br />
haben. Von Neuendorf bis Hackeboe<br />
ist ein blanker See. Bei uns ist in den<br />
Häusern von Brandt und Göttsche<br />
seit Januar Wasser in den Häusern.<br />
Nach Sachsenbande kann man nicht<br />
kommen. In Vaalermoor sind m ehrere<br />
Familien mit dem Vieh ausgezogen.<br />
Zurückzuführen ist die<br />
Überschwemmung auf den Kohlenmangel.<br />
Das Wasserwerk in Averfleth<br />
steht wegen Kohlenmangels still. Viel<br />
Korn ist vernichtet. Die Not ist in<br />
unserer Gegend groß." 41<br />
Trotz Kriegsende hatte sich die<br />
Situation 1920 nicht wesentlich<br />
verbessert: "Große Strecken unserer<br />
Marsch, besonders Neuendorf-Sachsenbande<br />
sind überschwemmt, weil<br />
die Dampfentwässerung keine Kohlen<br />
hat, das Wasser wegzupumpen.<br />
Einige Gehöfte sind hierdurch von<br />
jeglichem Verkehr abgeschlossen." 42<br />
Im Winter 1944/45 vermerkte Lehrer<br />
Franzenburg in der Schulchronik<br />
Vorder-\!euendorf: "Info/ge Kohlenmangels<br />
steht seit November ein<br />
großer Teil unserer Gemarkungen<br />
unter Wlsser. Hauptsächlich die<br />
Gemarkungen in Ht.-Neuendorf sind<br />
davon stark betroffen, so daß verschiedene<br />
Häuser geräumt werden<br />
mussten."<br />
Zur selben Überschwemmung<br />
schrieb der Lehrer Drewes aus<br />
Sachsenbande: "Im November<br />
Abb. /9: Frau<br />
Jüttner, geb.<br />
Feldmann, musste<br />
während der<br />
Überschwemmung<br />
im Winter 1944/45<br />
mit der Jauchetonne<br />
ins Dorf<br />
schippern, um<br />
Brot zu holen.
.~U .......................... .............. ..... ... ... ....................................... ........... ........ ......................... ............... ...... .................. tl.9.~ ! .1.)\~~:~.'i.~'.R .<br />
[1944, Anm. d. Verf.] setzte, weil das<br />
Schöpfwerk des Sielverbandes<br />
Neuendorf, Sachsenbande wegen<br />
Kohlenmangels nicht mehr arbeiten<br />
konnte, bei regnerischem Wetter eine<br />
Überflutung des hiesigen Gebietes<br />
ein. Infolgedessen kam Mitte Dezember<br />
beinahe nur noch ein Drittel der<br />
Kinder zur Schule. Einige Gehöfte<br />
wurden geräumt. Die von der Überschwemmung<br />
betroffenen Gehöfte<br />
hielten, sofern des Viehes wegen<br />
nicht geräumt worden war, einen<br />
Verkehr auf selbst gezim merten<br />
Flößen und mit geliehenen Booten<br />
aufrecht. Als dann um Weihnacht<br />
herum das Eis hielt, konnte der<br />
Verkehr über Eis gehen. Eben vor<br />
Weihnacht bekam, nachdem das<br />
Gebiet vom Landrat, dem stellvertretenden<br />
Kreisleiter, dem Kreisbauernführer<br />
und anderen Herren<br />
besichügt worden war, das Schöpfwerk<br />
wieder Kohlen und konnte<br />
pumpen. Auch wurde eine kleinere<br />
Pumpe mit elektrischem Antrieb in<br />
Tätigkeit gesetzt. Das Wasser verschwindet<br />
allmählich unter der<br />
Eisdecke, soweit es in den Gräben<br />
abfließen kann. Arbeiten zur Anlegung<br />
einer größeren elektrischen<br />
Pumpe sind im Gange." 43<br />
Albert Karstens 44 aus Sachsenbande<br />
erinnert sich in dem Zusammenhang,<br />
dass er die Auffahrt mit langen<br />
Knüppeln markiert hatte, um<br />
mit dem Pferd nicht vom Weg abzukommen.<br />
Die Fluten drangen jedoch<br />
auch in die Häuser, so dass man das<br />
Wasser unter dem Fußboden plätschern<br />
hören konnte. Stellenweise<br />
brauchte man sich zum Händewaschen<br />
sogar nur zu Boden bücken.<br />
Einige Höfe mussten geräumt werden.<br />
Neben der Familie Rösch aus<br />
Krützfleth musste auch die Familie<br />
Johannes Schütt ihren Hof verlassen.<br />
Di.e Kühe waren bereits auf die<br />
Nachbarhöfe verteilt worden. Wegen<br />
ihres kleinen Pferdes, einem Schimmel,<br />
hatten sie den Hof zunächst<br />
nicht verlassen wollen. Als es dafür<br />
dann zu spät war, hörten sie in der<br />
Ferne ein beständiges Klopfen und<br />
Schlagen. Da sagte Hannes Schüll<br />
zu seiner Frau: "Höörst du wat, se<br />
klütert dor, se wüllt uns holen" <br />
Telefon und dergleichen gab es<br />
damals noch nicht. Und tatsächlich<br />
holten die Nachbarn sie mit einem<br />
selbstgebauten Floß. Dieses Floß hat<br />
später noch lange Zeit in Krützfl eth<br />
gelegen .<br />
Als dann am 24. Dezember das Eis<br />
hielt, konnte es für die Kinder kei n<br />
schöneres Weihnachtsgeschenk<br />
geben. Da gleichzeitig schulfrei war,<br />
tollten sie den ganzen Tag auf dem<br />
Eis herum und liefen Schlillschuh.<br />
Denn ganz Hinter-Neuendorf bis<br />
nach Krützfleth war eine einzige<br />
Eisfläche und kein Weidezaun versperrte<br />
den Weg. Die Landwirte<br />
litten jedoch noch lange unter diesen<br />
gewaltigen Wassermassen. Da<br />
die Felder bis ins späte Frühjahr<br />
unter Wasser standen, fiel die erste<br />
Heuernte entsprechend gering aus.<br />
Vielfach wurden die Tiere in<br />
anderen Gemeinden (Büttel, Kudensee,<br />
Landscheide) untergebracht,<br />
weil einfach nicht genügend Gras<br />
zur Verfügung stand.<br />
1947 gab es bereits die nächste<br />
Überschwemmung. Der Winter<br />
brachte viel Schnee und der Nord<br />
Ostsee-Kanal war zugefroren . Da in<br />
den Städten die Feuerung knapp<br />
war, wurden die Kohlenwaggons<br />
geplündert. Zwar war das Schöpfwerk<br />
in Averfleth mittlerweile vom<br />
Kohlenantrieb auf elektrisch umgebaut,<br />
jedoch konnte man ohne<br />
Kohlen keinen Strom erzeugen. Auf<br />
Höhe des Bauernmoorweges stand
.H~~~$.-!';~ ............................................... ......................................................................................................................................... W..<br />
die Burger Straße unter Wasser.<br />
Diesen Umstand nutzte ein Flüchtling,<br />
der bei Familie Karstens untergebracht<br />
war, um sich ein paar<br />
Groschen zu verdienen. In einem<br />
geliehenen Boot half er Fußgängern<br />
und Radfahrern über die überflutete<br />
Straße. Erfinderisch war auch ein<br />
gewisser Emil Trapp, der als Flüchtling<br />
bei Klaus Holm wohnte. Er<br />
schritt auf selbstgezimmerten<br />
Stelzen durchs Wasser.<br />
All diese Erzählungen- und bei<br />
weitem sind damit längst noch<br />
nicht alle Überschwemmungen in<br />
diesem Gebiet erwähnt- dokumentieren<br />
die Notwendigkeit von künstlichen<br />
Entwässerungsmaßnahmen.<br />
Gäbe es diese nicht, wäre hier kein<br />
Leben und Wirtschaften möglich.<br />
Zwar waren in den letzten Jahrhunderten<br />
weniger Deichbrüche für die<br />
Überschwemmungen in diesem<br />
Gebiet verantwortlich, dennoch<br />
sollte die Bedrohung seitens des<br />
Meeres nicht unterschätzt werden.<br />
Für Neuendorf waren es aber eher<br />
die Dauerniederschläge und Starkregenereignisse,<br />
die im vorigen Jahrhundert<br />
Überschwemmungen<br />
verursachten, wie wir sie auch erst<br />
jüngst wieder hatten. Sicherlich ist<br />
den meisten noch in Erinnerung,<br />
wie 1998 innerhalb kürzester Zeit<br />
große Wasserflächen weite Teile der<br />
Marsch bedeckten, wenn auch<br />
glücklicherweise nur von kurzer<br />
Dauer. Aber bei solchen Wassermengen<br />
haben selbst die heutigen,<br />
leistungsstarken Schöpfwerke ihre<br />
Mühe und Not.<br />
Geschehnisse wie diese lassen einen<br />
vielleicht erahnen, wie die Marsch<br />
ohne künstliche Entwässerung und<br />
menschliches Zutun aussehen<br />
würde. Denn die Marsch ist eine<br />
unter Menschenhand entstandene<br />
Kulturlandschaft, die in dieser<br />
Gestalt nur durch permanenten<br />
technischen Einsatz erhalten werden<br />
kann.<br />
Abb. 20: Überschwemmung<br />
im<br />
Oktober 1998.
.~ ...... ............ .. ............ ........................... .............. .................. ............. ... ....... .......................................... ................. ».~.~~~~m~ ..<br />
Abb. 21: Überschwemmung im Oktober 1998 an der 'TiefSten Landstel/e'.<br />
Abb. 22: Der Bau des Pumpgrabens zum Schöpfwerk in Achterhörn Anfang der 60er Jahre war noch mühselige<br />
Handarbeit. Mit Schaufel und Schubkarre wurde der Vorfluter über mehrere Etappen zwei Mann tief<br />
ausgehoben.
. P.!~ .. W.!~r~.~~A!.! .. M.~ . .Y~.~g!.l.w.!~G ........................................................................................................................................... ~.<br />
DIE <strong>WILSTER</strong>-Au<br />
ALS VERKEHRSWEG<br />
In aller Zeit nutzte man für den<br />
Güterverkehr vorwiegend die natürlichen<br />
Wasserläufe, da die Wege,<br />
sofern überhaupt vorhanden, in den<br />
Wintermonaten selten passierbar<br />
waren. Gerade in der Gemeinde<br />
Neuendorf, wo die Wilster-Au über<br />
10 km eine natürliche Gemeindegrenze<br />
bildet, bediente man sich<br />
derselben als Haupttransportweg.<br />
Nahezu alle Waren wurden hierüber<br />
nach Wilster geschifft, bzw. von<br />
Wilster mitgebracht. Auf Kähnen<br />
holten die Schiffer den Torf aus<br />
Vaalermoor und verkauften ihn bis<br />
nach Hamburg. Zurück nahmen sie<br />
Dünger oder andere Waren mit, die<br />
bei den Müllern und Bauern verkauft<br />
wurden.<br />
Wenn der Wind günstig stand,<br />
wurden sogar die Segel gesetzt.<br />
Ansonsten mussten die Schleppkähne<br />
an einem langen Tau gezogen<br />
werden. Am Ende des Taus befestigte<br />
man einen breiten Lederriemen,<br />
den sich kräftige Männer quer<br />
über die Brust hängten. In Averfleth<br />
konnten sie jedoch aufgrund der<br />
Bäume und Sträucher, die zu beiden<br />
Seiten standen, weder ziehen<br />
noch segeln. Dieses Stück mussten<br />
sie schieben, weswegen man diesen<br />
Abschnitt auch ,Schufrack' nannte.<br />
Wenn im Winter kein Wagenverkehr<br />
mehr möglich war, mussten bisweilen<br />
gar die Leichen der Verstorbenen<br />
per Boot zum Kirchhof in<br />
Wilster geschafft werden. War die<br />
Au zusätzlich auch noch zugefroren,<br />
konnte beispielsweise das<br />
Korn nur auf Schlitten nach Wilster<br />
transportiert werden. Dazu hatten<br />
die MännerEisnägel unter den<br />
Stiefeln. Auf dem Rückweg<br />
spannten sie sich dann Schlittschuhe<br />
unter. Die etwas wohlhabenderen<br />
Bauern besaßen einen<br />
,Rüütsch', d. h. einen kunstvoll<br />
beschlagenen Schlitten, mit dem sie<br />
ihre Frau übers Eis nach Wilster<br />
zogen.<br />
Bei den kleinen Häusern auf dem<br />
Au-Deich in Averfleth, deren Besitzer<br />
oftmals weder Pferd noch<br />
Wagen besaßen, gibt es teilweise<br />
auch heute noch künstliche Au<br />
Arme, in denen die Eigentümer ihre<br />
Boote vertäuen.<br />
Früher fohrten<br />
meist gewölbte<br />
Brücken über die<br />
Au, heute sind<br />
dagegen fast alle<br />
flach gelegt. Bei<br />
hohem Wasserstand<br />
kam es _nicht<br />
selten vor. dass<br />
sich größere<br />
Schiffe unter<br />
diesen Brücken<br />
festfuhren. In<br />
einem solchen<br />
Fall versuchte<br />
man mit 'Dumpen'<br />
das Schiff wieder<br />
'flott ' zu machen,<br />
d. h. man lud<br />
Menschenfracht,<br />
damit das Schiff<br />
tiefer einsank und<br />
so von der Brücke<br />
freikam. Dabei<br />
legte man sich auf<br />
den Rücken und<br />
arbeitete mit den<br />
Füßen gegen die<br />
Brücke, um das<br />
Schiff unterdurch<br />
zu schieben.<br />
Abb. 23: Als die<br />
Wilster-A u noch<br />
einer der Haupierschließungswege<br />
war. herrschte hier<br />
reger Verkehr.<br />
..... _______ _<br />
...... ·------
.~ ................................................................................................................................................... ~~.~.li\\'i" .. Y.\'i".Q . .W.,;:.Q,;: .. Y.9~ .. 1i\~$.!.
.~.'J.:!!A~~llN..Y.l'ill .. W.-!\Gll.Y.9.:t:'! .. llrN:'!X ............................................................................................ ......... .......... ................................ .. .. ~.<br />
Abb. 24: Diese<br />
Kartengrundlage<br />
basiert auf der<br />
Königlich Preußischen<br />
Landesauf<br />
nahme in den<br />
Jahren 1878180.<br />
Das Gemeindegebiet<br />
wird durch die<br />
rot gestrichelte<br />
Linie abgegrenzt.<br />
Klaus Rehder und<br />
Hermann Beimgraben<br />
haben die<br />
alten Wege<br />
zusammengetragen:<br />
Die alten Schulsteige,<br />
die von den<br />
Schulkommunen<br />
zu unterhalten<br />
waren, sind durch<br />
hellgrüne Linien<br />
gekennzeichnet.<br />
Mit einem dunkelgrünen<br />
Farbton<br />
wurden alte Wegstrecken<br />
dargestellt,<br />
die in dieser<br />
Form nicht mehr<br />
existieren. Die<br />
dunkelgrün gestrichelte<br />
Linie bildet<br />
dabei eine uralte<br />
Wegeverbindung<br />
('Oldenburgsweg ')<br />
zwischen dem<br />
j etzigen Itzehoe<br />
und der einstigen<br />
Bökelnburg.<br />
Der alte Kirchensteig<br />
(gelbe Linie)<br />
verlief zumeist auf<br />
dem Audeich.<br />
Mit Hilfe der<br />
blauen Linie<br />
wurde der Verlauf<br />
der Hackeboer<br />
Wettern nachgezeichnet;<br />
die<br />
braunen Punkte<br />
bezeichnen die<br />
Lage der Schöpf<br />
mühlen.
.4}:;2 ........................... ........................................................................................................................ .P.! !i. J)Y.t:P.~! .I-'.~ .J;.r~ ;~~! .. !?.!'ii-.{ .. W.!'i~i~ .<br />
Das , Hohe Steg'<br />
führte in Averjleth<br />
über die Wilster<br />
Au und stellte mit<br />
dem Kirchensteig<br />
über Kuskoppermoor<br />
die kürzeste<br />
fußläufige Verbindung<br />
zur Stadt<br />
Wilster her.<br />
Die Brücke wurde<br />
1909 abgerissen. 52<br />
Mit Hilfe von<br />
Schlagbäumen<br />
wurden auch die<br />
Frachtfuhrleute zu<br />
den Unterhaltungskosten<br />
herangezogen,<br />
indem<br />
Beiträge nach<br />
Anzahl der<br />
Frachtwagenpferde<br />
erhoben<br />
wurden. So wurde<br />
beispielsweise<br />
auch an der<br />
Brücke zu Averfleth<br />
durch die<br />
Familie Meiforth<br />
Brückengeld erhoben.<br />
in der<br />
'Newe Landtcarte<br />
Von dem Ampte<br />
Steinborg' von<br />
1651 wird diese<br />
Brücke auch als<br />
'Rickenbrugge'<br />
bezeichnet.<br />
DIE UNTERHALTUNG<br />
DER WEGE<br />
Von alters her war das Wegewesen<br />
eng mit dem Entwässerungswesen<br />
verbunden . Die Unterhaltung der<br />
Wetterungen und Gräben sowie der<br />
Wege, Brücken und Stege eines<br />
Dorfes wurde gleich bei deren Anlage<br />
den einzelnen Hofbesitzern nach<br />
Verhältnis ihres Besitzes zugeteilt.<br />
Diese Lasten hingen unablöslich mit<br />
dem Grundbesitz zusammen.<br />
Somit wurden Jahrhundertelang<br />
insbesondere die Landbesitzer als<br />
größte Nutznießer zur Unterhaltung<br />
der Wege herangezogen. Irgendwann<br />
häuften sich jedoch die Klagen<br />
über die ungerech te Verteilung<br />
der Wegelasten, so dass am 15. Mai<br />
1739 erstmals eine Wegeverordnung<br />
für die Wilstermarsch erlassen<br />
wurde, der 100 Jahre später, im<br />
März 1842, eine allgemeine Wegeverordnung<br />
für die Herzogtümer<br />
Schleswig und Holstein folgte.<br />
Diese, lediglich die öffentlichen<br />
Fahrwege und Fußsteige betreffende<br />
Vorschrift, benannte den jeweiligen<br />
Träger und das Material zu m Ausbau<br />
und zur Unterhaltung der<br />
Haupt- und Nebenlandstraßen<br />
sowie Nebenwege. Unter die letzte<br />
Kategorie fielen alle Wege und<br />
Fußsteige, welche die Dörfer und<br />
einzelnen Gehöfte untereinander<br />
und mit den Haupt- und Nebenlandstraßen<br />
sowie mit Kirchen,<br />
Schulen, Mühlen und dergleichen<br />
verbanden. Hierfür waren die Wegekommunen<br />
- das Gebiet der<br />
Gemeinde Neuendorf gehörte zur<br />
Wegekommune ,Kirchspiel Wil ster<br />
Alte Seite' - als kleinste Einheit<br />
zuständig.<br />
Knapp 40 Jahre später, am<br />
26. Februar 1879, wurde in der nun<br />
preußischen Provinz Schleswig-<br />
Holstein ein neues Wegegesetz<br />
verabschiedet. Hiernach wurden die<br />
bisherigen Wegekommunen zugunsten<br />
kleinerer Wegeverbände auf<br />
Basis der einzelnen politischen<br />
Gemeinden aufgehoben. Dadurch<br />
wurde eine Neuverteilung der<br />
öffentlichen Wege innerhalb der<br />
Gemeinde Neuendorf notwendig,<br />
weshalb die Gemeindeversammlung<br />
eine Wegekommission mit der Ausarbeitung<br />
eines Verteiler-Schlüssels<br />
beauftragte.<br />
Die Fahrwege sollten je zur Hälfte<br />
nach der Grundsteuer und dem<br />
Landareal verteilt werden. Die Verteilung<br />
der Fu ßsteige ergab sich zu<br />
1/5 nach der Gebäudesteuer, 1/5<br />
nach dem Landareal und 3/5 nach<br />
der Grundsteuer. Auf Grundlage<br />
dieser Norm wurde fü r jeden Einzelnen<br />
die zu unterhaltende Wegstrecke<br />
bis auf den Zentimeter<br />
genau ermittelt und zugewiesen.<br />
Beispielsweise musste der Hofbesitzer<br />
Hinrich Hellerich vom<br />
Goldbogen aufgrund seiner Abgaben<br />
und seines Landbesitzes für<br />
418,60 m Fahrweg ab der Grenze<br />
zur Gemeinde Nortorf die Wartung<br />
und Instandsetzung übernehmen.<br />
Gleichfalls wurde ihm die Unterhaltung<br />
für 694,42 m Fußsteig zugewiesen.<br />
Insgesamt hatte die Gemeinde Neuendorf<br />
zur jener Zeit 19.044,22 m<br />
Fu ßsteige und 12.505,09 m Nebenwege<br />
zu unterhalten. 48<br />
Seil 1959 wird die Unterhaltung der<br />
Gemeindewege vom Wegeunterhaltungsverband<br />
Steinburg wahrgenommen,<br />
dem die Gemeinde<br />
Neuendorf im selben Jahr beigetreten<br />
war. Die Unterhaltung<br />
beschränkt sich jedoch lediglich auf<br />
die Schwarzdecken der Straßen und<br />
Wege bzw. die Betonflächen der<br />
Spurbahnen. Untergrundschäden,
. P.!~ .. ~:~II.'.~1.!M.J1 .. ~~; ... J.:!!).~ .. W.!i~!~ ..................................................................................................................................................... 4Jet.<br />
Bankette, Abwässer und Verkehrszeichen<br />
unterliegen weilerhin der<br />
Unterhaltung der Gemeinde.<br />
Aktuell stellt sich die Wegesituation<br />
der Gemeinde w ie folgt dar:<br />
Zwei Landesstraßen durchqueren<br />
das Gemeindegebiet und zwar die L<br />
135 (Burger Straße, bzw. Hackeboe),<br />
und die L 235 (Vorder-Neuendorf).<br />
Des Weiteren befind en sich hier vier<br />
Kreisstraßen, nämlich die K 16<br />
(Averfleth über Goldbogen nach<br />
Wils ter), K 17 (Nortorf, Averfleth,<br />
Krützflelh, Hinter-Neuendorf), K 18<br />
(Hollerslückenweg) sowie die K 40<br />
(Achlerhörn bis nach Ecklakerhörn).<br />
Und zu guter Letzt unterhält die<br />
Gemeinde acht Schwarzdecken<br />
Fa hrbahnen mit einer Länge von<br />
insgesamt 5.603 m und 5 Betonspurbahnen<br />
mit einer Gesamtlänge<br />
von 4.058,3 m . 49<br />
Die früher zahlreichen Fu ßsteige<br />
wurden in den 60er Jahren nach<br />
und nach aus der Unterhaltung<br />
genommen und an die Anlieger<br />
verkauft, da sie n icht mehr benutzt<br />
w ur de n .~<br />
D ER A USBAU DER<br />
STRASSEN UND WEGE<br />
Um eine Vorstellung von der Beschaffenheit<br />
der Wege in früherer<br />
Zeit zu bekommen , möchte ich an<br />
dieser Stelle den Lehrer Peters von<br />
der Schule Vorder-Neuendorf zitieren<br />
, der in seiner Schulchronik<br />
1910 rückblickend den Zustand der<br />
Marschwege beschreibt: "Im Sommer<br />
bei großer Trockenheil war er<br />
[der Weg] wunderschön, aber weh e,<br />
wenn der Herbst mit seinen Regengüssen<br />
kam. Da war die obere Kleischicht<br />
bald durchgeweicht, und wer<br />
Moorboden kennt, der weiß, wie<br />
schön weich der ist. In der Regel war<br />
im Herbst und Winter bei Regen und<br />
Tauwetter in Neuendorf an Fahren<br />
nicht zu denken. VV'ie mir Einwohner<br />
erzählten, ist es öfter vorgekommen,<br />
dass bei Beerdigungen der Sarg<br />
ganze Strecken getragen werden<br />
m usste, weil ein Wagen nicht fahren<br />
konnte."<br />
Waren die Wege in der feuchten<br />
Jahreszeit zu matschig, benutzte<br />
man anstelle der Wagen zuweilen<br />
au ch sogenannte ,Slöpen'. Das<br />
waren niedrige Schlitten mit langen<br />
Abb. 25: Am<br />
Achtsfelder Weg<br />
wurden Mitte der<br />
90er Jahre in<br />
einer Gemeinschaftsaktion<br />
124<br />
Bäume (Kastanie,<br />
Esche, Ahorn,<br />
Eiche) gepflanzt.<br />
An den Pflanzarbeiten<br />
beteiligten<br />
sich (von links):<br />
Petja Besselin,<br />
Erwin Buse, Klaus<br />
Franzenburg,<br />
Rainer Besselin,<br />
Hermann Beimgraben,<br />
Hugo<br />
Nagel, Johannes<br />
Rehder, Jens<br />
Thiessen, Max<br />
Heins, Henning<br />
Rehder und Wanja<br />
Besselin. Mittags<br />
gab es zur Stärkung<br />
Gulaschsuppe.
.~ ................................... ..................................................... .............................................. P.f~ . .A.P~.~~.IJ . .P..f~ .. S:mM~N . J!NP...W.~~~.<br />
Abb. 26: Die<br />
Wilster/Burger<br />
Chaussee wurde<br />
1993 im Aquarell<br />
festgehalten<br />
Bis vor wenigen<br />
Jahrzehnten<br />
bestand von der<br />
Ecklaker bis zur<br />
Averjlether Brücke<br />
entlang der Wilster-Au<br />
ein Fahrweg.<br />
Dieser wurde<br />
jedoch mit Ausbau<br />
des Achtsfelder<br />
Weges entlang der<br />
ehemaligen<br />
Hackeboer Wettern<br />
bedeutungslos.<br />
Kufen, auf denen beispielsweise<br />
auch die Milch zur festen Straße<br />
transportiert wurde.<br />
Etwa 1870 wurde die Wilster/Burger-Chaussee<br />
zu einer Grantstraße<br />
ausgebaut. Im Zuge dieses Ausbaus<br />
wurde 1876 die alte sogenannte<br />
Schenkelbrücke über die Wilster-Au<br />
abgerissen 5 ' und 600 Meter weiter<br />
nördlich neu errichtet.<br />
In den Jahren 1908 bis 1910 trat mit<br />
Ausbau der Hauptstrecken eine<br />
deutliche Verbesserung der Wegesituation<br />
ein. Folgende Strecken<br />
wurden in dieser Zeit ausgebaut:<br />
Sachsenbande- Vorder-Neuendorf<br />
Moorhusen als Nebenlandstraße,<br />
die Verbindung Duckunder/Averfleth<br />
über Krützfleth nach Hinter<br />
Neuendorf als Nebenweg I. Klasse<br />
sowie Achterhörn und die Strecke<br />
Averfleth - Goldbogen - Rumfleth<br />
als Nebenwege II. Klasse. Etwas<br />
später folgte der Ausbau des Hollerstückenweges.<br />
Dabei wurde die<br />
heutige K 17 (Averfleth- Krützfleth<br />
- Hinter-Neuendorf} schon mit einer<br />
Klinkerdecke versehen, während die<br />
restlichen Straßen noch als Grant-<br />
j<br />
straßen ausgebaut wurden. Zur<br />
Unterhaltung dieser Grantchausseen<br />
hatte die Gemeinde eigens einen<br />
Chausseewärter angestellt, der das<br />
ganze Jahr über damit beschäftigt<br />
war, die Straßenschäden auszubessern.<br />
Der Achtsfelder Weg, Spritzenhausweg<br />
und Oberreihe in<br />
Vorder-Neuendorf blieben vorerst<br />
Klei- bzw. Moorwege. Den Bauernmoorweg<br />
mussten die Bauern aus<br />
der Gemeinde jeden Sommer wegen<br />
des moorigen Untergrundes erneut<br />
mit Sand verfüllen. Den Sand dafür<br />
holten sie aus Vaale.<br />
1952 wird die K 16 (Goldbogen) mit<br />
einer Schwarzdecke versehen. Etwa<br />
zur selben Zeit war die Wilster/Burger-Chaussee<br />
geteert worden. 1959<br />
wurde der Bauernmoorweg mit<br />
Mitteln des ,Grünen Planes' als<br />
Wirtschaftsweg ausgebaut. Parallel<br />
dazu begann der Ausbau der K 40<br />
(Achterhörn). Im Rahmen dieses<br />
Ausbaus wurde die Ecklaker Aubrücke<br />
abgerissen und wenige<br />
Meter südlich neu errichtet. Auf die<br />
K 17 (Averfleth - Hinter-Neuendorf)<br />
wurde erst Anfang der 70er Jahre<br />
eine Schwarzdecke aufgebracht. Im<br />
gleichen Zeitraum wurden der<br />
ehemalige Spritzenhausweg und die<br />
Oberreihe mit einer Schwarzdecke<br />
versehen. Ursprünglich sollte der<br />
Spritzenhausweg komplett aufgehoben<br />
werden, da ihm nicht die nötige<br />
Verkehrsbedeutung zugemessen<br />
wurde (6.1 .1969). Auf Einwendungen<br />
der damaligen Firma<br />
Johannsen & Krohn in Hackeboe<br />
und deren Arbeitnehmer Walter<br />
Blosat aus Averfleth sowie nach<br />
Anhörung des Gemeindewehrführers<br />
konnte jedoch eine "gewisse<br />
Verkehrsbedeutung des Weges nicht<br />
bestritten werden" (19.5.1969). Im<br />
Rahmen der weiteren Beratung<br />
wurde aber zumindest die Ein-
. P.~ .. AY.~~AY .. !?.~m .. ~.-m.M,;: .\'!.J!N!?..W.,;:Y.,;: ............................................... .. .................................................................. ............... .... ~.<br />
ziehung einer Teilstrecke beschlossen<br />
(15.12.1971). Der Weg führte<br />
fortan über die Ländereien von<br />
Hermann Beimgraben, wodurch die<br />
Ausbaustrecke um 250 Meter verkürzt<br />
wurde (27.9.1971). Im Jahr<br />
1999 erfolgte eine weitere Änderung<br />
der Streckenführung. Der ehemalige<br />
Spritzenhausweg-in ,GIK 41'<br />
umbenannt - verläuft nun auf dem<br />
Wall der einstigen Hackeboer Wettern<br />
geradewegs auf die Wilster/Burger-Chaussee<br />
zu.<br />
Abb. 27: Der<br />
Gefahren, die ein<br />
Geestrandhochmoor<br />
wie das<br />
'Herrenmoor 'bei<br />
Kleve in sich birgt,<br />
sollte man stets<br />
gewahr sein. Da<br />
es einem ansonsten<br />
wie diesem<br />
Bagger<br />
ergehen könnte,<br />
der letzten Herbst<br />
(2000) bei<br />
Baggerarbeiten in<br />
Vorder-Neuendorf<br />
im Moor versank.<br />
Abb. 28: Auf den ersten Blick die gleiche<br />
Situation, doch dieses Schauspiel ereignete<br />
sich bereits vor gut 20 Jahren<br />
annähernd an derselben Stelle. Dabei<br />
sollte man meinen, aus Schaden wird<br />
man klug. ..<br />
Währendjedoch der Bagger im letzten<br />
Herbst geborgen werden konnte, versank<br />
dieser Bagger gänzlich im Moor.
Kus~<br />
.4l®. .. ................................. ................................. ................................................................ .. ..... GJiMJm~P~ .. N Ji.I).Ji~'P.Q.~ .. ~, .. W.TI""
.G.~m:.t:N'P~ .. N.~~N'P9.ßf..~ .•. .W~~I~~ ....................................................................... ...................................................................... ~.<br />
i<br />
i<br />
i<br />
ermoor<br />
Sachsen-<br />
Hollerstückenw<br />
( K 18) · .. ::"',,,, ..<br />
./=="_---if-------::.
-~ · · ·· · ············ ···· ··········· · · ····· ·············· · ································································ · ··············· · ··············· ·· · ·· ··············· · ·············· · ·f..1Q~\'!~'IJJi.~.<br />
FLURNAMEN<br />
Gegenüber vom<br />
'Elendstück' befindet<br />
sich der<br />
'Wassergang',<br />
dessen Name sich<br />
auf einen alten<br />
Laufgraben<br />
bezieht.<br />
Neben den Ortsnamen existieren für<br />
einzelne Flächen Flurnamen, deren<br />
Bedeutung im Rahmen einer<br />
Heimatkundearbeit 53 erläutert<br />
wurde. An dieser Stelle sollen die<br />
Erklärungsansätze wiedergegeben<br />
werden:<br />
Achtsfelder Weg<br />
Die hinterste Flur von Averfleth<br />
nannte man einst das 'achterste<br />
Feld'. Durch dieses Stück Land<br />
führte ein Weg, der auch heute noch<br />
'Achtsfelder Weg' genannt wird.<br />
Elendstück<br />
Das 'Elendstück' liegt arn Achtsfelder<br />
Weg. Der Sage nach sollen<br />
sich dort in früherer Zeit zwei Jungen<br />
mit Schlittschuhen totgeschlagen<br />
haben.<br />
Einzelne Flurstücke in Averfleth,<br />
Hackeboe und Sachsenbande werden<br />
als Loit bezeichnet. Da sie sich<br />
allesamt im Gebiet des ehemaliegen<br />
Sladensees befinden, dessen Name<br />
aus dem angelsächsischen stammt,<br />
vermutet Hermann Beimgraben hier<br />
ebenfalls einen Zusammenhang.<br />
Früher, wenn die Wettern zuviel<br />
Wasser führten, wurden die niedrigen<br />
Felder als Flutpolder genutzt.<br />
Poggendiek<br />
Einst bildete der Poggendiek die<br />
östliche Begrenzung des Sladensees.<br />
Seitlich neben dem Deich verläuft<br />
ein Graben auf der Grenze zur<br />
Gemeinde Moorhusen.<br />
Die Unterhaltung und Ausbesserung<br />
des niedrigen Schutzdeiches wurde<br />
bereits im Jahre 1247 für 5 Mark auf<br />
Bojo und seine Erben - vermutlich<br />
ein Einwohner Moorhusens- übertragen.<br />
Zuvor waren die Mönche<br />
des Klosters Neumünster gehalten,<br />
den Deich des Bojo zu wahren. 54<br />
Abb. 30: Die Gemeindevertretung Neuendorf b. Wilster im Frühjahr 2001 (von links):<br />
Hermann Beimgraben, Jens Thiessen, Peter Marler, Erwin Buse, Johannes Rehder, Norbert Egge,<br />
Hans Martin Fischer, Friedhelm Hüsch, Wolfhardt Pieper
. k,i':\!?Ji.P.\~'SQ~ .. N~T.t; .. : .l?.9~ .............................................................................................................. ............................................. ~~. ~<br />
LANDGEMEINDE<br />
<strong>NEUENDORF</strong><br />
Das Herzogtum Holstein war vor<br />
seiner Einverleibung in den preußischen<br />
Staat (1866) lange Zeit Teil<br />
des dänischen Gesamtstaates gewesen.<br />
1867 legte man die bisherigen<br />
Ämter, Städte und Güterdistrikte in<br />
Kreise zusammen. Aus den ehemaligen<br />
Kirchspielen und Dorfschaften<br />
(Duchten) wurden nach der preußischen<br />
Gemeindeordnung politische<br />
Gemeinden.<br />
Das Gebiet der Gemeinde Neueudorf<br />
umfasst mehrere ehemalige<br />
Duchten mit den Ortsteilen Vorderund<br />
Hinter-Neuendorf, Groß-Hackeboe,<br />
zum Teil Averfleth (des Kirchspiels<br />
Wilster, Alte-Seite) und<br />
Achterhörn.<br />
Mit Gründung der Gemeindeoffiziell<br />
wurde die Gründung der<br />
"Landgemeinde Neuendorf" im<br />
Amtsblatt der Königlichen Regierung<br />
zu Schleswig am 19. Dezember<br />
1871, S. 397f bekannt gegebenveränderte<br />
sich die Rolle der Darfschaften<br />
in der Selbstverwaltung.<br />
Bisher hatten jeweils die Genossen<br />
einer Ducht, geführt von einem<br />
Ältermann und Geschworenen, alle<br />
sie und ihre Dorfscharten betreffenden<br />
Angelegenheilen selbst geregelt.<br />
Dazu gehörten anfangs vor allem<br />
Deich- und Entwässerungsangelegenheiten,<br />
später auch Wege-,<br />
Schul-, Kirchen- und andere Belange.<br />
Nach der Landgemeindeverfassung<br />
von 1867 war nun eine ,Gemeindeversammlung'<br />
aller stimmberechtigten<br />
Gemeindemitglieder vorgesehen.<br />
Stimmberechtigt waren nur die<br />
männlichen Gemeindemitglieder,<br />
die das 24. Lebensjahr vollendet<br />
hatten, sich im Vollbesitz der bürgerlichen<br />
Ehrenrechte befanden,<br />
einen eigenen Hausstand besaßen,<br />
innerhalb der Gemeinde mit einem<br />
Wohnhaus angesessen waren und<br />
außerdem eine jährliche Klassensteuer<br />
von mindestens 2 Talern<br />
Abb. 3/: Schuhmachermeister<br />
Claus Heutmann<br />
aus Hackeboe<br />
zusammen mit<br />
seiner Frau. Claus<br />
Heutmann war<br />
lange Jahre in der<br />
Gemeindevertretung<br />
aktiv. /893<br />
wurde er zum<br />
stellvertretenden<br />
Gemeindevorsteher<br />
bestimmt.<br />
Von / 906 bis zu<br />
seinem Tode im<br />
Jahre 1921 stand<br />
er selbst der<br />
Gemeinde vor.<br />
Das Gebiet der<br />
Gemeinde Neuendorf<br />
umfasst /335<br />
Hektar.<br />
~<br />
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§)<br />
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~
.~ .................................................. .................... ......... ........................................ ................................... J.,~~.Q~~M.U~!?.~ . N ~~!f:N!?.9.!~!: .<br />
Abb. 32: Hofbesitzer<br />
Heinrich Mohr<br />
von der Hove.<br />
Zusammen mit<br />
Claus Heutmann<br />
war Heinrich<br />
Mohr bereits 1893<br />
in der ersten<br />
Gemeindevertretung.<br />
1900 übernahm<br />
er dann das<br />
Amt des Gemeindevorstehers<br />
von<br />
seinem Vorgänger<br />
Andreas Fink.<br />
bezahlten.<br />
Diese Stimmberechtigten waren<br />
nach ihrem Steueraufkommen in 3<br />
Wahlklassen eingeteilt. Die 1. Klasse<br />
der am höchsten Besteuerten erhielten<br />
3 Stimmen, die 3. Klasse nur<br />
noch 1 Stimme.<br />
Laut den Gemeindeprotokollen, die<br />
seit 1873 vorliegen (mit Ausnahme<br />
der Zeit zwischen 1939 bis 1949),<br />
war der überwiegende Anteil der<br />
Stimmberechtigten in der 3. Klasse<br />
mit jeweils einer Stimme eingruppiert.<br />
Nur wenige hatten aufgrund<br />
ihres Steueraufkommens 2 Stimmen<br />
und Stimmberechtigte mit 3 Stimmen<br />
gab es in der Gemeinde Neueudorf<br />
scheinbar gar nicht, da solche<br />
nie in der Liste verzeichnet wurden.<br />
Der langjährige Gemeindevorsteher<br />
Andreas Fink hatte ebenfalls nur<br />
eine Stimme.<br />
1875 waren von den 720 Einwohnern<br />
lediglich 67 politisch stimmberechtigt.<br />
Diese bildeten die<br />
Gemeindeversammlung. Beschlüsse<br />
konnten nur gefasst werden, wenn<br />
mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten<br />
zugegen war. Eine Ausnahmeregelung<br />
griff, wenn die<br />
Gemeindeversammlung zum zweiten<br />
Mal über denselben Gegenstand<br />
beriet und wiederum nicht in ausreichender<br />
Zahl erschienen war. In<br />
einem solchen Fall genügten die<br />
Anwesenden für rechtskräftige<br />
Beschlüsse. Wie das Studium der<br />
Gemeindeprotokollbücher zeigt, war<br />
diese Ausnahme jedoch eher die<br />
Regel.<br />
Dies änderte sich erst, als am<br />
6. April 1893 eine ,Gemeindevertretung'<br />
gewählt wurde, welche die<br />
,Gemeindeversammlung' ablöste.<br />
Die erste Gemeindevertretung setzte<br />
sich aus dem Gemeindevorsteher<br />
Andreas Fink, dessen Stellvertreter<br />
Schuhmachermeister Claus Heulmann<br />
und sechs weiteren Verordneten<br />
zusammen: Hofbesitzer<br />
Heinrich Mohr, Hove; Hofbesitzer<br />
Marx Krohn in Hackeboe, Hofbesitzer<br />
Asmus Schlüter in Hinter<br />
Neuendorf, Rentner Peter Fink in<br />
Hinter-Neuendorf, H. J. Haack in<br />
Averfleth und Landmann Johann<br />
Engel in Hinter-Neuendorf.<br />
Nach Kriegsende 1945 wurde Hans<br />
Max Reese, aufgrund seiner Funktion<br />
als Ortsgruppenleiter der<br />
NSDAP, im Sommer 1945 seines<br />
Amtes als Bürgermeister enthoben.<br />
Um die umfangreichen Aufgaben<br />
jener Zeit fortzuführen, wurde<br />
Richard Brandt von der britischen
. k.\,~!?.0f.~. !l !.~P.~ .. N."'J!."'.NP.q!lf. ........................................ ..................................................................................................... ............... ffih.<br />
Militärregierung zu seinem Nachfolger<br />
bestimmt. Gleichzeitig hat die<br />
britische Militärregierung 13<br />
weitere Personen aus der Gemeinde<br />
Neuendorf zu Mitgliedern der<br />
Gemeindevertretung ernannt:<br />
"1. Lange, Averfleth; 2. Ostrowski,<br />
Hackeboe; 3. Egge, Erna, geb. Wiebensohn,<br />
Hackeboe; 4. Kuhrt, Paul,<br />
Hackeboe; 5. Prelle, Hermann,<br />
Hackeboe; 6. Möller, Hackeboe;<br />
7. Gripp, Hinrieb, Hackeboe; 8. Feil,<br />
Gustav, Goldbogen; 9. Kneesch,<br />
Heinrich, Hinter-Neuendorf;<br />
10. Balls, Johannes, Vorder<br />
Neuendorf; 11. Reimers, Johannes,<br />
Achterhörn; 12. Janzen, Rudolf,<br />
Vorder-Neuendorf; 13. Rehder,<br />
Hermann, Vorder-Neuendorf" 55<br />
Oie SPD stellte lediglich Ende der<br />
40er/Anfang der 50er Jahre die<br />
stärkste Fraktion in der Gemeindevertretung<br />
und somit den Bürgermeister<br />
Willi Reckmann aus<br />
Hackeboe.<br />
Seitdem kam der Bürgermeister<br />
kontinuierlich aus den Reihen der<br />
COU-Partei, anfangs noch über die<br />
Kommunale Wählervereinigung<br />
gewählt.<br />
In der Kommunalen Wählervereinigung<br />
hatten sich Angehörige verschiedener<br />
Parleien wie<br />
beispielsweise COU, FDP und dergleichen<br />
sowie parteilose Mitglieder<br />
zusammengeschlossen, um gemeinsam<br />
bei den Gemeindewahlen anzutreten.<br />
1970 hatte Hans Max Reese jedoch<br />
auf Drängen der oberen Parteiorganisation<br />
die meisten der zuvor<br />
parteilosen Gemeindevertreter zur<br />
Mitgliedschaft in der CDU bewegen<br />
können, so dass die CDU in dem<br />
Jahr erstmals als Partei bei der Kommunalwahl<br />
angetreten war und<br />
prompt 8 der möglichen 9 Gemeinderatssitze<br />
erlangte.<br />
Abb. 33: Der alte<br />
Hans Max Reese<br />
(rechts im Bild) -<br />
mit Rufnamen<br />
lediglich Max<br />
Reese - lebte noch<br />
gar nicht lange in<br />
der Gemeinde<br />
Neuendorf (seit<br />
1907), als er 1921<br />
zum Nachfolger<br />
von Claus Heutmann<br />
gewählt<br />
wurde. Hier sieht<br />
man ihn Mitte der<br />
50er Jahre zusammen<br />
mit dem alten<br />
Otto Prüß (Vater<br />
des heutigen<br />
Gastwirts Ernst<br />
Otto Prüß) und<br />
einem Kellner in<br />
der Gastwirtschaft<br />
'Zum Dückerstieg<br />
'. Er war 20<br />
Jahre lang Bürgermeister<br />
der<br />
Gemeinde Nettendorf,<br />
bis er 1941<br />
das Amt an seinen<br />
Sohn, Hans Max<br />
Reese, weitergab.
.~J .... .............. ....................... ........................... ............ .................. ......................... .... ... ... ... l.! !~t\~.~-~~~~ ~~-~! .1} !~~ . .!?.'-'.R . A~n.t.:. !~ .<br />
Abb. 34: Dieser<br />
Mann übertraf die<br />
Amtszeit seines<br />
Vaters und Vorgängers<br />
noch um<br />
weitere I 0 Jahre.<br />
Da Hans Max<br />
Reese während<br />
des Dritten Reiches<br />
der NSDAP<br />
angehört hatte,<br />
musste er sein Amt<br />
als Bürgermeister<br />
im Sommer 1945<br />
niederlegen.<br />
Nach eJfolgter<br />
Entnazifizierung<br />
stellte er sich mit<br />
der Kommunalen<br />
Wählervereinigung<br />
j edoch<br />
bereits 1951<br />
erneut zur Wahl<br />
und setzte sich mit<br />
großer Mehrheit<br />
gegenüber seinem<br />
Vorgänger Willi<br />
Reckmann durch.<br />
Bis :::u seinem Tod<br />
- er wurde Opfer<br />
eines tragischen<br />
Verkehrsunfalls -<br />
blieb er über 7<br />
Legislaturperioden<br />
im Amt.<br />
Parallel war er in<br />
zahlreichen Ausschüssen,<br />
Vereinen<br />
und Verbänden<br />
vertreten.<br />
Von 1966 bis 1970<br />
war er Vorsteher<br />
des Amtes Wilster<br />
Land und im<br />
Anschluss daran<br />
noch weitere 4<br />
Jahre des Amtes<br />
Wilstermarsch.<br />
Zudem gehörte er<br />
II Jahre als<br />
Abgeordneter dem<br />
Kreistag des<br />
Kreises Steinburg<br />
an.<br />
ZUSAMMENSCHLUSS<br />
DERAMTER<br />
In den Jahren 1888/89 entstanden<br />
die sogenannten Amtsbezirke. Die<br />
Gemeinde Neuendorf bildete<br />
zusammen mit den Gemeinden<br />
Aebtissinwisch, Ecklak und Sachsenbande<br />
den Amtsbezirk<br />
,Aebtissinwisch'.<br />
Aufgrund der Fülle von Problemen<br />
und Schwierigkeiten, welche die<br />
achkriegsjahre bestimmten<br />
(Flüchtlinge, Wohnungen , Brennstoffversorgung<br />
und Lebensmitlelversorgung)<br />
und ehrenamtlich nic ht<br />
mehr zu bewältigen waren , wurde<br />
1948 das Amt ,Wilster-Land' mit den<br />
Gemeinden Aebtissinwisch , Dammfleth,<br />
Landrecht, Neuendorf.
'. . .. . ~ '2l<br />
-~" -~...\ .~!,~th~.~.Q.!!J~.~ .. PP~ .. A,~!. IT.~ ...................................................................................................................................................... ~.<br />
Nortorf, Sachsenbande und Stördorf<br />
gebildet<br />
Erster Amtsvorsteher des alten<br />
Amtes Wilster-Land war unser<br />
damaliger Amtsvorsteher Richard<br />
Brandt vom Goldbogen.<br />
1970 wurden dann im Rahmen der<br />
Ämterreform im Land Schleswig<br />
Holstein die Ämter Sankt Margarethen,<br />
Wewelsfl eth und<br />
Wilster-Land zum neu gebildeten<br />
,Amt Wilstermarsch ' mit Sitz in<br />
Wilster zusammengelegt Die erste<br />
Amtszeit übernahm unser langjä<br />
hriger Bürgermeister Ha ns-Max<br />
Reese aus Hackeboe, der bereits von<br />
1966 bis 1970 das ,Amt Wilster<br />
Land' in gleich er Funktion geführt<br />
ha tte.<br />
Amtsvorsteher des<br />
Amtbezirks Aebtissinwisch<br />
- 56<br />
----<br />
.................... Zeitraum ... ...........................................................<br />
Name<br />
Um 1900 Peter Henning Egge,<br />
Sachsenbande<br />
1915-1923 Henning Rehder,<br />
Averfleth<br />
? -194 1 Max Reese,<br />
Hackeboe<br />
1941-1945 Nikolaus Meiforth,<br />
Averfleth<br />
1945-1948 R.ichard Brandt,<br />
Goldbogen<br />
Abb. 35: Richard<br />
Brand! wurde<br />
1945 von der<br />
britischen Militärregierung<br />
zum<br />
Bürgermeister<br />
ernannt. Gleichzeitig<br />
wurde er als<br />
Amtsvorsteher des<br />
Amtes Aebtissinwisch<br />
eingesetzt.<br />
Er bereitete den<br />
Zusammenschluss<br />
der A'mter vor und<br />
war in der ersten<br />
Amtszeit Amtsvorsteher<br />
des Amtes<br />
Wilster-Land.<br />
Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister<br />
der Gemeinde Neuendorf<br />
....................................................................................<br />
Zeitraum Name<br />
1873-1900 A. Fink<br />
1900-1 906 H ofbesitzer<br />
H . Mohr, Hove<br />
1906-1921 Schuster<br />
C l. Heutmann<br />
1921- 1941 H ofbesitzer<br />
H . M . Rcese (sen.)<br />
1941- 1945 H ofbesitzer<br />
H .-M . Reese (j un.)<br />
1945-1947 Hofbesitzer<br />
R. Brandt, Goldbogen<br />
1947-1948 Hofbesitzer<br />
Joh. Solls, Vd.-N.dorf<br />
1948-195 1 Arbeiter<br />
W. Reckmann<br />
1951- 1977 H ofbesitzer<br />
H .-M . Reese (jun.)<br />
1977- 1990 H ofbesitzer<br />
R. Meiforrh, Averfleth<br />
1990- H ofbesitzer<br />
J. Reh der, Averflerh
L~ ,:.l Wou:-.~srn xno:\<br />
.~.J ............................................................................ ......................................................................................................................... , ............ .<br />
Abb. 36 (s.o.): Johannes Balls aus Vorder-Neuendorfwar von<br />
1947 bis 1948 Biirgermeiste1~ Nach ihm folgte Willi Reckmann<br />
(Abb. 37, s. u.) aus Hackeboe, Neuendorfs erster und bislang<br />
einziger sozialdemokratischer Bürgermeistet:<br />
WOHNSITUATION<br />
Eine Zählung aus dem Jahr 1860<br />
ergab für Neuendorf einen Bestand<br />
von 66 Höfen, 58 Kätnerstellen<br />
sowie 12 weitere Gebäude, in denen<br />
sich beispielsweise die Schulen,<br />
Schmiede, Mühle und dergleichen<br />
befanden. Durchschnittlich lebten<br />
in einem Gebäude 5-6 Personen. Ein<br />
Hof in Goldbogen beherbergte zum<br />
Beispiel mit dem Elternpaar, 7 Kindern<br />
und einem Dienstmädchen<br />
insgesamt 10 Personen. In der Regel<br />
setzte sich ein Familienhaushalt<br />
jedoch aus durchschnittlich 5<br />
Personen zusammen. 57<br />
Knapp 130 Jahre später beherbergt<br />
Neuendorf zwar nur noch gut die<br />
Hälfte der Einwohnerzahl, die Zahl<br />
der Gebäude hat sich hingegen<br />
kaum verändert. Ein Durchschnittshaushalt<br />
setzt sich in der heutigen<br />
Zeit aus lediglich 2-3 Personen<br />
zusammen. 5 8
.Gr~lf:.I. ::i.r:> .f:.' :PH~.'ß. 1 .i'!~~ .. ~.qr. . ~ .949. ................................................................................................................................................ ~.<br />
Die Gemeindevertreter seit 1949 59<br />
Gemeinde- Pa.rteizu-<br />
.... ........ :V.~~r.~~.~.r........... S.~.~.~r.~~!7.~~ +· .. ·''+~··.. +·'' .. c<br />
Beimgraben, Hermann CDU<br />
Bolls, Johannes FDP<br />
Brande R.ichard FDP<br />
Brande, Martin KWV<br />
Bucowicki, Bruno SPD<br />
Buse, Erwin<br />
CDU<br />
Egge, Norbert CDU<br />
Engel, Uwe<br />
CDU<br />
Fischer, H ans CDUil<br />
Fischer, Hans Manin CDU<br />
Haack, Heinrich FDP<br />
H aack, Uwe<br />
KWV<br />
Halmschlag, Willi CDU<br />
Heins, Max<br />
KWV<br />
Hüsch, Friedhelm KWV<br />
Janzen, Rudolf FDP<br />
Junge, Georg<br />
FDP<br />
Karstens, Gustav KWV<br />
Kowalewski, lrma SPD<br />
Kraushaar, Paul SPD<br />
Maaß, Ütto<br />
CDU<br />
Markstein, Sander SPD<br />
Marler, Peter<br />
SPD<br />
Meiforth, Richard CDU 21<br />
Meinke, Silke SPD<br />
Nagel, Hermann FDP<br />
Nagel, Hugo KWV<br />
Nagel, Wilhelm CDU<br />
Pieper, Wolfharde SPD<br />
Reckmann, Willi SPD<br />
Reese, Hans Max CDU<br />
Rehder, Johannes CDU<br />
Rehder, KJaus CDU 31<br />
Reimers, Johannes FDP<br />
Rohwedder, Gerd CDU 41<br />
Rohwedder, Gustav CDU<br />
Rose, Kurr<br />
CDU<br />
Schmidt, Nikolaus SPD<br />
Süß, Fritz<br />
BHE<br />
Thießen, Pranz CDU<br />
Thiessen, Jens KWV<br />
Timmermann, Heinz SPD<br />
Trapp, Emil<br />
BHE<br />
Wodtke, H erbere BHE<br />
Anzahl der Vertreter:<br />
Gemeindewahlen<br />
Abkürzungen:<br />
BHE=Block der<br />
Heimatvertriebenen<br />
und<br />
Entrechteten<br />
CDU= Christlich<br />
Demokratische<br />
Union<br />
D= Deutsche<br />
Partei<br />
FDP=Freie<br />
Demokratische<br />
Partei<br />
KWV=Kommunale<br />
Wählervereinigung<br />
SPD=Sozialdemokratische<br />
Partei Deutschlands<br />
D Gemeindevertreter<br />
• stellvertr.<br />
Bürgermeister<br />
• Bürgermeister<br />
*) Überhangmandat<br />
1) Hans Fischer<br />
war zuerst in der<br />
FDP, wechselte<br />
jedoch später in<br />
die CDU.<br />
2) Richard Meiforth<br />
ist erst seit<br />
1955 Parteimitglied<br />
der CDU,<br />
zuvor war er<br />
Mitglied in der<br />
Deutschen Partei.<br />
3) Klaus Rehder<br />
trat erst zur<br />
Gemeindewahl<br />
1970 der CDU<br />
bei, zuvor war er<br />
in der Kommunalen<br />
Wählervereinigung.<br />
Fortsetzung siehe<br />
Textspalte auf der<br />
folgenden Seite.
.W. ......... ............................................... .... ......... ............... .......... ............................... ............ .... G.f:~).~!NP.~~Yf,RTl.tof;If:.R .. ~I!T . l9.49 .<br />
Abb. 38 (oben):<br />
Richard Meiforth<br />
aus Averjleth war<br />
in der Zeit von<br />
1977-1990 Bürgermeister<br />
von<br />
Neuendorf Sein<br />
Nachfolger wurde<br />
unser derzeitiger<br />
Bürgermeister<br />
Johannes Rehder,<br />
ebenfalls aus<br />
Averjleth kommend<br />
(Abb. 39).<br />
Fortsetzung:<br />
4) Gerd Rohwedder trat 1994 aus der<br />
CDU aus, blieb der Gemeindevertretung<br />
jedoch als parteiloses Mitglied erhalten.<br />
5) Johannes Balls verstarb I 949.<br />
6) Uwe Engel rückte I 972 for den verstorbenen<br />
Willi Halmschlag nach.<br />
7) 1987 schied Uwe Engel aus dem<br />
Gemeinderat aus.<br />
8) Für Rudolf Janzen folgte 1954 Hans<br />
Fischer.<br />
9) Heinrich Haack rückte 1950 für den<br />
verstorbenen Johannes Balls nach.<br />
10) Willi Halmschlag verstarb 1972.<br />
11) 1954 ist Rudo/f Janzen außerhalb des<br />
Gemeindegebietes verzogen.<br />
12) Georg Junge war der Nachfolger von<br />
Johannes Reimers.<br />
13) Peter Marter rückte for den ausgeschiedenen<br />
Willi Reckmann nach.<br />
14) Richard Meiforth wurde 1972 stellvertretender<br />
Bürgermeisterfür den<br />
verstorbenen Willi Halmschlag<br />
I 5) 1977 übernahm Richard Meiforth<br />
das Amt des Bürgermeisters von dem<br />
verstorbenen Hans Max Reese.<br />
16) Willi Reckmann wurde 1953 Nachfolger<br />
von Heinz Timmermann.<br />
17) 1974 schied Willi Reckmann aus dem<br />
Gemeinderat aus.<br />
I 8) 1977 kam Hans Max Reese bei einem<br />
tragischen Verkehrsunfallums Leben.<br />
19) Johannes Rehder rückte jiir den<br />
verstorbenen Franz Thiessen nach.<br />
20) 1977 wurde Klaus Rehder anstelle<br />
von Richard Me(forth stellvertretender<br />
Biirgermeistet:<br />
21) / 950 ist Johannes Reimers umgezogen.<br />
22) Gerd Rohwedder war der Nachfolger<br />
for den ausgeschiedenen Uwe Engel.<br />
23) Fritz Süß siedelte 1952 um.<br />
24) Franz Thiessen verstarb 1972.<br />
25) Heinz Timmermann war nach Nortotj<br />
umgezogen.<br />
26) Herber/ Wodtke war der Nachfolger<br />
von Fritz Süß. Als H erber! Wodtke<br />
jedoch 1954 ebenfalls verzog, gab es<br />
keine weiteren Listenbewerber des BHE,<br />
so dass die Gemeindevertretung 1954<br />
nur noch aus 10 Mitgliedern bestand.
N ECE:\'"DORF \'OR WÄHREND UND NACH DEM 2. WELTKRIEG ~ 71<br />
·································· '········· · ······ ······· ····· · · ·· · ··· · ···· · ······· · ·· · · · · · · · ······· · ··· · ···· · · · · · ··· · ··· · ············· · · ·· ··············· · ······· ···· ············ ········· ········· ···· · · ······ · ··~ -<br />
<strong>NEUENDORF</strong> VOR,<br />
WÄHREND UND NACH<br />
DEM 2. WELTKRIEG<br />
Die 30er und 40er Jahre stellen<br />
historisch betrachtet ein schwieriges<br />
Kapitel der deutschen Geschi chte<br />
dar. Auch in der Gemeinde<br />
Neuendorf ist dieser Abschnitt<br />
nicht unumstritten. Schon bald<br />
wurde mir bewusst, dass ich bei der<br />
Aufarbeitung dieses Zeitraumes<br />
äußerst behutsam vorgehen musste.<br />
Auf meine Fragen wurde mir<br />
wiederholt erklärt, dass die Menschen,<br />
vor allem die Bauern, nicht<br />
umhin konnten, die NSDAP zu<br />
unterstützen. Der Landwirtschaft<br />
ging es zu jener Zeit sehr schlecht,<br />
für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse<br />
gab es kaum Geld, Zwangsversteigerungen<br />
waren an der<br />
Tagesordnung. Immer weniger Menschen<br />
fanden Arbeit. War es da<br />
nicht verständlich, nach jedem<br />
Strohhalm zu greifen, der Rettung<br />
versprach? Ich weiß es nicht. Einerseits<br />
erscheint mir die Erklärung<br />
sehr plausibel, andererseits zu<br />
einfach, denn schon früh gab es<br />
Mahner, die vor dem Hitler-Regime<br />
warnten. Aber die Vorteile, die man<br />
erfuhr, sobald man sich nationalsozialistischen<br />
Gruppen oder der<br />
Partei anschloss, waren zu verlockend<br />
als dass man auf die ewigen<br />
Kritiker hören wollte. Und im<br />
Gegensatz zu heute hat man damals<br />
nicht gewusst, wohin das führen<br />
kann. So wurden beispielsweise die<br />
Parteimitglieder bei der Vergabe von<br />
Land in den neuen Kögen in Dithmarschen<br />
bevorzugt. Bestimmte<br />
Schlägertrupps kamen in den<br />
Genuss eines Automobils. Wer<br />
wollte da nicht gern zum Kreis der<br />
Auserwählten gehören? Und die<br />
ersten Monate und Jahre nach der<br />
Machtergreifung gaben ihnen ja<br />
auch scheinbar Recht. Über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
wurden<br />
die Menschen von der Straße<br />
geholt, viele Höfe wurden entschuldet<br />
und die Preise für landwirtschaftliche<br />
Erzeugnisse stiegen<br />
wieder. Verblendet von den nationalsozialistischen<br />
Parolen feierten<br />
alle den Anschluss Österreichs an<br />
das Deutsche Reich. Die Begeisterung<br />
hielt auch noch an, als Hitler<br />
in Polen einmarschierte und nach<br />
und nach weite Teile Europas<br />
besetzte. Erst mit der Niederlage vor<br />
Stalingrad setzte Ernüchterung ein.<br />
Viele sehnten das Kriegsende herbei<br />
und den meisten war bewusst, das<br />
Deutschland diesen Krieg verlieren<br />
würde. Doch durften sie dies nicht<br />
äußern. Das Nazi-Regime- anfangs<br />
von vielen begrüßt, da es Ordnung<br />
nach den Wirren der Weimarer Zeit<br />
versprach - hatte sich verselbstständigt.<br />
Jeder war auf der Hut, denn<br />
das rigorose Vorgehen gegen<br />
Andersdenkende war allgemein<br />
bekannt. So wandelte sich die<br />
Anfangseuphorie in Ernüchterung.<br />
Der Krieg verlangte viele Opfer von<br />
der Zivilbevölkerung, sowohl im<br />
öffentlichen Leben wie auch im<br />
privaten Bereich. Doch für Betroffenheit<br />
war es zu spät, die Zeit ließ<br />
sich nicht mehr zurückdrehen.<br />
Nach Kriegsende wollten viele<br />
nichts mehr damit zu tun haben<br />
und die meisten verdrängten diese<br />
Zeit, anstatt sich mit der Vergangenheit<br />
auseinander zu setzen. Deshalb<br />
können sie auch nur hilflos mit den<br />
Schultern zucken und auf die<br />
schlechten Zeiten verweisen, wenn<br />
die heutigen Generationen fragen,<br />
wie es dazu kommen konnte. Nach<br />
den vielen Gesprächen, die ich<br />
geführt habe, kann ich das durchaus<br />
verstehen, denn auch nach so<br />
Bevölkerungsenrwicklung<br />
seit<br />
1867<br />
J ahr Wohnbe-<br />
................. Y~.\~.~-~-~!~S" ..<br />
1867 750<br />
1871 770<br />
1875 720<br />
1880 684<br />
1885 647<br />
1890 654<br />
1895 716<br />
1900 75 1<br />
1905 678<br />
1910 681<br />
1919 71 3<br />
1925 640<br />
1933 626<br />
1939 680<br />
1946 1397<br />
1950 1162<br />
1956 658<br />
1961 586<br />
1970 494<br />
1980 441<br />
1990 390<br />
2000 393<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
§)<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~<br />
~
L~ ~~~<br />
.ei.~............................................................................................. Nf:~ !t~.P.n.~E.. Y.QR~. ~-A.I. ! .1~.r;-:~n .!!.::-1.1).. N,-\r-.1. !.. P.J ,~~ --~.....w.,~;_,_.:r~ .~w~.<br />
Der Begriff<br />
, Hitler-Jugend'<br />
bezeichnet sowohl<br />
die Jugendorganisation<br />
der Nationalsozialisten<br />
im<br />
Allgemeinen als<br />
auch die Gruppe<br />
der 14- bis<br />
18-jährigen Jungen.<br />
Abb. 40: Hans<br />
Meier, Knecht auf<br />
dem Hofder<br />
Familie Brandtin<br />
Goldbogen, hatte<br />
sich 193 7 von<br />
seinem Ersparten<br />
ein Motorrad<br />
gekauft. Hier<br />
macht er gerade<br />
eine Spritztour mit<br />
Richard Brandt.<br />
langer Zeit ist der Nationalsozialismus<br />
nicht auf eine einfache Formel<br />
reduzierbar. Zu emotional wird<br />
dieser Abschnitt der deutschen<br />
Geschichte betrachtet, als dass eine<br />
objektive Auseinandersetzung möglich<br />
wäre. Sehr leicht ist es aus<br />
heutiger Sicht, die vielschichtigen<br />
Beweggründe für das damalige<br />
Handeln zu verurteilen. Doch der<br />
Nationalsozialismus ist ein Kind<br />
jener gesellschaftspolitischen<br />
Umstände. Anstalt anzuklagen,<br />
sollten unsere und künftige Generationen<br />
vielmehr alles dafür tun,<br />
dass solche Verbrechen nie wieder<br />
vorkommen, nicht hier in Deutschland,<br />
aber auch nirgendwo anders<br />
auf der Welt.<br />
.............. ~~!.~~~-~J.~~~~~ ---····· ··· ...<br />
Schon früh setzten die Nationalsozialisten<br />
auf die Jugend und schufen<br />
mit der Hitler-Jugend (HJ) eine<br />
Organisation, in der die 10- bis 18-<br />
jährigen im nationalsozialistischen<br />
Sinn erzogen werden sollten.<br />
Bereits 1926 als ,Bund deutscher<br />
Arbeiterjugend' gegründet, veranstaltete<br />
diese Jugendorganisation -<br />
ebenso wie andere Jugendverbände<br />
auch - Fahrten, Zeltlager, Geländespiele<br />
und Heimabende. Nach der<br />
Machtergreifung 1933 wurden die<br />
anderen Jugendverbände jedoch,<br />
sofern sie nicht in der HJ aufgingen,<br />
verboten. 1936 wurde die HJ dann<br />
perGesetzzur Staatsjugend<br />
gemacht, wodurch die Mitgliedschaft<br />
zur Pflicht wurde. Die Jungen<br />
waren vom 10.-14. Lebensjahr im<br />
,Deutschen Jungvolk' und danach in<br />
der ,Hitler-Jugend'. Die 10-14-jährigen<br />
Mädchen bildeten den ,Jungmädelbund'<br />
und anschließend den<br />
,Bund Deutscher Mädel' (BDM),<br />
dessen Abkürzung Alma Schlüter<br />
scherzhaft mit "Bubi, drück mich"<br />
übersetzte.<br />
Die Jugendlichen der Gemeinde<br />
Neuendorf gehörten zum Fähnlein<br />
11418. Anfangs war die Elternschaft<br />
Neuendorfs nicht sehr angetan von<br />
dem Gedanken, dass ihre Kinder<br />
zweimal wöchentlich zum ,Dienst'<br />
nach Wilster sollten. Deshalb<br />
stimmten sie auf der Werbeveranstaltung<br />
vom 20. November 1935<br />
noch dagegen, ihre Kinder in die HJ<br />
zu geben. 60 Doch das Prinzip<br />
,Jugend muss durch Jugend geführt<br />
werden' sprach viele junge<br />
Menschen in ihrem Streben nach<br />
Selbstständigkeit und Selbstverwirklichung<br />
an und so trafen sich<br />
die Jungen jeweils Mittwoch und<br />
Sonnabend Nachmittag im
............... IIIIU:K-jl .................................................................................................................................................................................................. GE.'\"l><br />
...J!f::l.. _:-: _o\<br />
Abb. 41: Die S-Frauenschaft Neuendorf-Sachsenbande im Sommer 1938.<br />
Hintere Reihe (von links): Gretchen Schuld!, Magda Johannßen, Kata~·ine Dohrn,<br />
Emma Brand!, Grete Stockjleth, Erna Mölle1; Tine Behrens, ?, Frieda Hahn, Rosa<br />
Feldmann, Karo/ine Halmschlag, Line Möller, Amanda Lau, Marta Mohr<br />
Mifflere Reihe (von links): Berta Stuht; Anne Oehlers, Anna Holler, Dora Carstens,<br />
Anna Schwardt, Marta Wilstermann, Rosa Göftsche, Margarete Hanndo1f<br />
Untere Reihe (von links): Käte Sigura, Marta Möller, Louise Lau, ? Emma Reese, Elli<br />
Ramm, Marie Hinz<br />
Abb. 42: In dieser<br />
Tischdecke hat<br />
sich jedes Mitglied<br />
der NS-Frauenschaft<br />
über die<br />
Jahre mit einem<br />
selbstgestickten<br />
Motiv verewigt.<br />
,Dietrich-Klagges-Haus', dem<br />
Jugendheim der Nationalsozialisten<br />
in Wilster. Dort wurden Lieder<br />
gesungen und Spiele gespielt. In<br />
Kleve veranstalteten sie Geländespiele.<br />
Später in der Hitler-Jugend<br />
kamen lange Märsche und Wettkämpfe<br />
als vormilitärische Übungen<br />
hinzu. Das Gemeinschaftsgefühl<br />
und der Hauch von Abenteuer<br />
begeisterte die Heranwachsenden<br />
und die Erinnerung daran lässt<br />
noch heute die Augen einstiger<br />
Jugendlicher aufleuchten.
.,., ·r,<br />
.~.f.I. ...................................... .. .. .......................... ..................................................... P..!!l .. Mq!m ,~~'~rn! ·,~'"'' ··'· ~-~ . G.1;w;t~!?!j~!t'H.fi .<br />
DIE MOBILMACHUNG<br />
IM GEMEINDEGEBIET<br />
Bereits seit 1938 wurde Neuendorf<br />
für den Krieg gerüstet. An mehreren<br />
Stellen in der Gemeinde wurden<br />
Scheinwerfer installiert und Horchbatterien<br />
aufgestellt. Vom Erschein<br />
ungsbild den heutigen<br />
Satellitenschüsseln ähnlich, nur<br />
wesentlich größer, dienten sie dem<br />
Zweck, feindliche Flugzeuge au fzuspüren<br />
und am nächtlichen Himmel<br />
für die Flugaowehr (Flak) sichtbar<br />
zu machen. "3.3. 1943: Gegen 9 Uhr<br />
flog der Tommy zu seinem Angriff<br />
a uf Harnburg über unser Gebiet ein.<br />
Es waren auji·egende Stunden; ein<br />
Feuerzauber der zahlreichen Scheinwelfer<br />
+ Flak. Bomben fielen in<br />
unserer weiteren Umgebung. 2<br />
Abschüsse konnten von hier beobachtet<br />
werden. In allem: ein scha u<br />
rig schönes Bild!" 61 Meist flogen die<br />
Flugzeuge aber zu hoch, als dass sie<br />
für die Kanonen erreichbar gewesen<br />
wären. Deshalb war die Zahl der<br />
tatsächlichen Abschüsse gering. Die<br />
Soldaten der Flugabwehr waren in 3<br />
Baracken in Averfleth untergebracht.<br />
Klammheimlich hatte die Mobilmachung<br />
begonnen. Johannes<br />
Brandt, Alma Schlüter und andere<br />
erinnern sich, wie ihren Vätern oder<br />
Ehemännern des Nachts Bescheid<br />
gegeben wurde, wo sie sich am<br />
nächsten Morgen einzufinden hätten,<br />
um an den Kriegsvorbereitungen<br />
teilzunehmen. Mit den<br />
Kriegserklärungen Großbritanniens<br />
und Frankreichs starteten die ersten<br />
gezielten Aktionen und Angriffe auf<br />
Deutschland. Bereits 193 9 wurde<br />
die Schleuse in Brunsbüttel bombardiert.<br />
Die Deutschen reagierten<br />
mit so genannten Fesselballons. Das<br />
waren große Ballons, an denen<br />
Sperrseile befestigt waren. Die<br />
ließen sie aufsteigen, sobald die<br />
ersten Flieger gemeldet wurden, um<br />
die im Kanal befindlichen Schiffe<br />
vor den alliierten Tieffliegern zu<br />
schützen.<br />
Im weiteren Verlauf des Krieges<br />
wurde die Bevölkerung angewiesen,<br />
gegen Abend sämtliche Fenster und<br />
Türen mit Dachpappen und Holzläden<br />
abzudunkeln. Selbst den Autoscheinwerfern<br />
und Fahrradlampen<br />
wurden sogenannte Blindkappen<br />
vorgesetzt, damit nur ei n winziger<br />
Lichtstrahl auf die Straße fiel. Diese<br />
Vorkehrungen sollten den alliierten<br />
Fliegern die Orientierung erschweren.<br />
Wachtmeister kontrollierten<br />
regelmäßig, ob diese Anweisungen<br />
befolgt wurden.<br />
Die ersten Schäden erlitt Neuendorf<br />
im Sommer 1941 , als abgeworfene<br />
Bomben tiefe Krater in die Fe ldmark<br />
rissen. Alliierte Bomber wollten<br />
sich auf dem Rückflug von<br />
ihren Angriffen auf Harnburg und<br />
Kiel von der unnötigen Last<br />
befreien, um so schneller aus dem<br />
Schussfeld der deutschen Flugabwehr<br />
zu entkommen. Auch in den<br />
folgenden Kriegsjah ren ,erleichterten'<br />
sich die alliierten Flieger über<br />
dem Gemeindegebiet, so dass<br />
damals fast jeder Landbesitzer einen<br />
,eigenen' Bombenkrater vorweisen<br />
konnte. "Heute Nacht [27.4.1944]<br />
um 1 1 / 2 Uhr fiel in unserem Orte a uf<br />
der Obersten Reihe auf dem Ackerland<br />
von Balls eine Bombe, wohl<br />
eine Luftmine. Die Bewohner wurden<br />
im Schlaf von dieser Untat<br />
überrascht +flogen entsetzt aus<br />
ihren Betten. Menschenleben sind<br />
Gott sei Dank nicht zu beklagen. Es<br />
wurden aber allerlei Sch äden angerichtet.<br />
Die in der Nähe der Wu rfstelle<br />
liegenden Häuser von Groth und<br />
Wilckens wurden bös zugerichtet.
. P..! .~'.. M9. ~.\P1\~M !..~f!..\ ~! .. G~~M.J; !,~!?.f:G.J; !l.Wr ................................................................................................................................ ~~.<br />
Das Gebäude von Wilckens war<br />
hinten eingeknickt. Fast jedes Haus<br />
im Dorf hatte irgendeinen Bombenschaden,<br />
sei es, daß Fensterscheiben<br />
oder Tiiren herausgeflogen waren,<br />
sei es, daß die Ziegeldächer abgedeckt<br />
+ hochgehoben waren oder<br />
dergleichen mehr. Im Schulhaus<br />
waren nach der Ostseite etliche<br />
Fensterscheiben heraus + die Ostseite<br />
des Daches teils abgedeckt oder<br />
hochgehoben. " 62<br />
Die vermehrten Fliegerangriffe<br />
bedeuteten für die Bevölkerung<br />
zusätzliche Strapazen. Tagsüber<br />
mussten sie ihre Arbeit unterbrechen,<br />
um vor den Fliegern<br />
Schutz zu suchen und nachts wurden<br />
die Menschen aus dem Schlaf<br />
gerissen. Schnell schlüpften sie in<br />
ihre Kleider und warteten in Jacke<br />
oder Mantel auf Entwarnung. Eine<br />
Tasche mit den wichtigsten Dokumenten<br />
stand immer griffbereit<br />
neben der Tür. Einen Schutzbunker,<br />
wohin die Einwohner hätten gehen<br />
können, gab es in der Gemeinde<br />
Neuendorf nicht.<br />
Gegen Kriegsende wurden die Tiefflieger<br />
auch zunehmend gegen die<br />
Zivilbevölkerung im ländlichen<br />
Raum eingesetzt. Viele berichteten,<br />
wie sie während eines Angriffs im<br />
Straßengraben Schutz suchen mussten.<br />
Der Bauer Hans Heutmann aus<br />
dem benachbarten Moorhusen kam<br />
bei einem solchen Angriff ums<br />
Leben. Er befand sich noch auf dem<br />
Feld, als Tiefflieger bei der Straßenüberführung<br />
in Moorhusen einen<br />
Zug angegriffen hatten. Heutmann<br />
war ins Schussfeld geraten, weil er<br />
bei Fliegeralarm nicht rechtzeitig<br />
nach Hause gegangen war. Eine<br />
besondere Tragik erfährt diese<br />
Geschichte vor dem Hintergrund,<br />
dass nur wenige Tage später der<br />
Krieg mit der bedingungslosen<br />
Kapitulation endete.<br />
Als sich das Kriegsende schon<br />
abzeichnete, hatte man noch neben<br />
Abb. 43: Einer der<br />
ersten Bombenkrater<br />
im Gemeindegebiet<br />
entstand zu<br />
Beginn der 40er<br />
Jahre, als die<br />
Eisenbahnbrücke<br />
über den Nord<br />
Ostsee-Kanal<br />
bombardiert<br />
wurde. Von rechts:<br />
Gustav Karstens,<br />
Albert Karstens,<br />
Erna Karstens,<br />
Julius Holm,<br />
Heinrich Mohr,<br />
Heinrich Hintz; im<br />
Hintergrund die<br />
Wilster/Burger<br />
Chaussee. Gustav<br />
Karstens hatte als<br />
Soldat extra<br />
Heimaturalub<br />
erhalten, um den<br />
Krater wieder zu<br />
verfiillen.
.'.~2..................................................... ........ ...................... ....................................... D..!!~ .. M9.!l.l.! .~,.M : ! .I.L~~;···'·~·'···G.!;,~!I!~. !?.! ~ ~ ...!·,!H.!;.l.'<br />
Abb. 44: Frauen<br />
aus der Gemeinde<br />
besichtigen das<br />
Gefangenenlager<br />
in Wacken während<br />
des I. Weltkrieges.<br />
Die vier<br />
Damen sind Hefene<br />
Junge, Margarete<br />
Kloppenburg,<br />
Alma Heeckt<br />
sowie Emma<br />
Eggers.<br />
Abb. 45: Zur<br />
Erinnerung an den<br />
Deutsch-Französischen<br />
Krieg 1870-<br />
71 und die<br />
Fahnenweihe des<br />
Militärvereins<br />
NeuendorfSachsenbande<br />
wurde<br />
dieser Stein 1911<br />
in Sachsenbande<br />
eingeweiht.<br />
den Brücken der Wilster-Au Löcher<br />
gegraben und Munition deponiert,<br />
um durch gezielte Sprengungen<br />
dem ,Feind' ein Vorwärtskommen<br />
zu erschweren. Doch bis hierher<br />
drangen die Alliierten glücklicherweise<br />
nicht mehr vor, da die Kapitulation<br />
zu dem Zeitpunkt bereits<br />
unterzeichnet war.<br />
FLUGZEUGABSTURZ<br />
AM 31.12.1944<br />
Ein einschneidendes Ereignis innerhalb<br />
der Gemeinde im Zusammenhang<br />
mit dem zweiten Weltkrieg<br />
war der Flugzeugabsturz auf den<br />
Hof von Marlin Schlüter in Hinter<br />
Neuendorf. Das war am 3 1. Dezember<br />
1944, nur wenige Monate vor<br />
Kriegsende. Im November hatte es<br />
starke Regenfälle gegeben und das<br />
Schöpfwerk in Averfleth konnte<br />
aufgrund des kriegsbedingten Kohlenmangels<br />
nicht pumpen, so dass<br />
Hinter-Neuendorf unter Wasser<br />
stand. Jedoch rechtzeitig zu Weihnachten<br />
hatte es kräftig gefroren, so<br />
dass der ganze Bereich eine einzige<br />
Eisfläche war. Die Kinder und<br />
Jugendlichen freuten sich riesig,<br />
konnten sie doch nun den ganzen<br />
Tag Schlittschuh laufen. Sogar aus<br />
Wilster kamen die Leute über das<br />
Eis gelaufen, um sich auf der großen<br />
Fläche zu tummeln. Albert<br />
Karstens erinnert sich , dass die
f.!.!.
,,. ' l<br />
.~!i.~ ....................................................................................... .............................................. Kft..~!iG.~.0!:'.f;~~.0I~ ,~ .. PI."iP .. 'l-.W~.~ f!~M.~m.m.· .<br />
Neben den<br />
Freundschaftsund<br />
Liebesbeziehungen<br />
war es<br />
zudem verboten,<br />
die Mahlzeiten<br />
zusammen mit den<br />
Gefangenen am<br />
selben Tisch<br />
einzunehmen. Im<br />
Allgemeinen<br />
hielten sich die<br />
Bauern aber nicht<br />
an diese Anordnung.<br />
Wenn Wachleute<br />
im Anmarsch<br />
waren, wechselte<br />
der Gefangene<br />
schnell an einen<br />
eigens dafor<br />
hergerichteten<br />
Tisch. Ertappte<br />
man sie dennoch,<br />
wurde der Gefangene<br />
kahl geschoren<br />
und die<br />
Bauernfamilie<br />
bestraft.<br />
KRIEGSGEFANGENE<br />
UND ZWANGSARBEIT<br />
Im Sommer 1940 wurden hier in<br />
der Gemeinde Neuendorf die ersten<br />
Kriegsgefangenen als landwirtschaftliche<br />
Arbeiter auf den Bauernhöfen<br />
eingesetzt, um die Arbeit der<br />
eingezogenen Söhne und Väter zu<br />
bewältigen. Den Bedarf an Arbeitern<br />
musste man beim Ortsbauernvorsteher<br />
beantragen. Die Gefangenen<br />
waren in der Durchfahrt der Gastwirtschaft<br />
,Zu m Handelshof untergebracht.<br />
Insgesamt beherbergte die<br />
Gemeinde Neuendorf etwa 30<br />
Gefangene, zunächst Polen, später<br />
Belgier und Franzosen. Früh morgens<br />
wurden die Gefangenen entweder<br />
von den Bauern abgeholt oder<br />
sie gingen selbst zu den Höfen und<br />
kehrten abends wieder zurück.<br />
Eingesetzte Wachleute beaufsich tigen<br />
das Lager und machten Kontrollgänge.<br />
Neben den Gefangenen wurden auf<br />
den Höfen auch Zivilisten beschäftigt.<br />
Dabei handelte es sich in der<br />
Regel um Zivilisten, die im Zuge<br />
der nationalsozialistischen Rassenpolitik<br />
aus den besetzten Gebieten<br />
verschleppt und zum Arbeitseinsatz<br />
in deutschen Betrieben (Industrie<br />
u nd Landwirtschaft) verpflichtet<br />
wurden.<br />
Bei Familie Schlüter in Hinter<br />
Neuendorf arbeiteten beispielsweise<br />
ein ,Zivil-Pole' und ein ,Russenmädchen',<br />
die auch bei ihnen schlafen<br />
durften sowie anfangs zwei Belgier<br />
und später ein Franzose.<br />
Zu Moritz, dem Franzosen, entwickelte<br />
sich eine freundschaftliche<br />
Beziehung, die auch nach Kriegsende<br />
Bestand hatte. Das war nicht<br />
selbstverständlich, denn eigentlich<br />
waren Freundschafts- u nd Liebesbeziehungen<br />
zu den Gefangenen<br />
strengstens untersagt und Zuwiderhandlungen<br />
wurden schwer geahndet.<br />
Diese schmerzliche Erfahrung musste<br />
auch der Zivil-Pole machen, der<br />
heimlich eine Freundin in Averfleth<br />
hatte. Eines Abends lauerten ihm 3<br />
Männer aus der Gemeinde - als<br />
Wachmänner vom Krieg freigestellt,<br />
um innerhalb der Gemeinde nach<br />
dem Rechten zu sehen - hinter der<br />
Scheune auf und verprügelten ih n.<br />
So harmonisch das Verhältnis vielfach<br />
war, nicht überall erging es den<br />
Gefangenen gut. Hermann Beimgraben<br />
erinnerte sich, dass ein Gefangener<br />
in Dammfleth erschossen<br />
wurde, nur weil er sich mit einer<br />
polnischen Arbeiterin geneckt hatte.<br />
In einer anderen Gemeinde hatten<br />
Soldaten einen ,feindlichen' Piloten,<br />
noch am Fa llschirm hängend,<br />
erschossen, weil die Leute erbost<br />
darüber waren, dass die Alliierten<br />
alles zerbombt hatten. Deshalb<br />
wurden nach Beendigung des Krieges<br />
die einstigen Gefangenen in der<br />
Schule in Hackeboe gesammelt und<br />
möglichst schnell aus diesem Gebiet<br />
herausgeschafft, um eventuelle Vergeltungsanschläge<br />
zu verhindern.<br />
So wendete sich das Blatt. Die<br />
einstigen ,Herrschenden' waren nun<br />
die Besiegten. Viele deutsche Soldaten<br />
wurden in die Gefangenenlager<br />
Amerikas, Englands, Frankreichs<br />
und der Sowjetunion transportiert,<br />
um dort zu arbeiten. Auch in der<br />
Gemeinde Neuendorf mussten sich<br />
viele Familien gedulden, bis ihre<br />
Ehemänner, Väter und Söhne aus<br />
der Gefangenschaft zurückkehrten.<br />
Stellvertretend berichten Richard<br />
Meiforth und Klaus Rehder von<br />
ihrer Zeit in sowjetischer bzw.<br />
französischer Gefangenschaft.
'~~<br />
. ~f.~G:5G1i.l:t\N.G~.~ ~ .. P~P .. .Z~~N ~~~M!;.q ..................................................................................................................................... \~.<br />
Of'lag 83<br />
Verwltg.<br />
Tag der Auszahlung~~! •• ~~::.<br />
RM.-Auszahlungsliste<br />
~uer Lt. GUCClAROLI,Carmelo;Nr 30257<br />
F~pfangsbestaetigung<br />
entl. am 9•11.44 Arb.Amt Elmeh<br />
lt<br />
Otto Pranzenburg Achterhorn<br />
Richard Meiforth in sowjetischer<br />
Gefangenschaft<br />
Richard Meiforth, seit 1940 Soldat,<br />
war lange Zeit vor Leningrad stationiert<br />
gewesen. Estländer und Letten<br />
hatten sie damals begeistert empfangen,<br />
da diese zuvor sehr unter der<br />
sowjetischen Besetzung gelitten<br />
hatten. Doch seit 1944 befand sich<br />
seine Division auf dem Rückzug.<br />
Als sie im Oktober 1944 die ,Düna'<br />
bei Riga überquert hatten, wurden<br />
alle Brücken gesprengt, um den<br />
sowjetischen Truppen ein weiteres<br />
Vordringen zumindest zu erschweren.<br />
Hitler hatte sie darauf eingeschworen,<br />
im Kurland die Stellung<br />
zu halten, um die sowjetischen<br />
Truppen am Einmarsch in Ostpreußen<br />
zu hindern.<br />
Nach einer langen Urlaubssperre<br />
bekamen vor allem Heiratswillige<br />
im März 1945 noch einmal Urlaub.<br />
Richard Meiforth, der sich während<br />
des letzten Urlaubs im Jahr 1943<br />
verlobt hatte, trat seinen 10-tägigen<br />
Heimaturlaub zusammen mit<br />
10.000 anderen Soldaten an. Auf<br />
einem Frachter wurden sie von<br />
Libau nach Danzig gebracht. In<br />
Danzig angekommen, erreichte sie<br />
jedoch die Nachricht, dass die<br />
sowjetischen Truppen bis Danzig<br />
vorgedrungen seien, wodurch Ostpreußen<br />
vom restlichen Deutschland<br />
abgeschnitten war. Deshalb<br />
kehrte Richard Meiforth zu seiner<br />
Division im Kurland zurück, wo sie<br />
bis Kriegsende die Stellung hielten.<br />
Nach Unterzeichnung der Kapitulation<br />
am 8. Mai 1945 geriet Richard<br />
Meiforth in sowjetische Gefangenschaft.<br />
Er kam ins Gefangenenlager<br />
in Riga und musste im Hafen<br />
Schiffe be- und entladen. Im Sommer<br />
1945 erging es ihnen den<br />
Umständen entsprechend gut, zu<br />
der Zeit wurden sie noch von den<br />
Amerikanern mit Lebensmitteln<br />
versorgt. Als sich jedoch die Spannungen<br />
zwischen den Amerikanern<br />
und der Sowjetunion verschärften,<br />
verschlechterte sich die Ernährungssituation<br />
dramatisch. Meist<br />
Abb. 47: Carmelo<br />
Gucciaroli, ein<br />
italienischer<br />
Gefangener,<br />
musste während<br />
des 2. Weltkrieges<br />
als Hilfskraft auf<br />
dem Bauernhof<br />
von Familie<br />
Beimgraben in<br />
Averjleth arbeiten.<br />
Für die geleistete<br />
Arbeit erhielt er<br />
am 19. Februar<br />
1945 764,30<br />
Reichsmark.
( ,il ~<br />
.W .................................... ........ ....... ....... ..... ..... ........ ................... ...................... ... .. ~.~!i~.~.Gm:~~.G.J.' .... f. .. P~.P. .. ZWA.!~Y.~M~f.ff .<br />
Abb. 48: Einen<br />
Wehrpass erhielten<br />
alle wehrfähigen<br />
Männer bis zur<br />
Vollendung des 60.<br />
Lebensjahres.<br />
Hierin wurden<br />
neben den persönlichen<br />
Daten wie<br />
Name, Anschrift<br />
und Geburtsdatum<br />
alle Daten, die<br />
den aktiven Wehrdienst<br />
betrafen wie<br />
beispielsweise<br />
Kriegsbeorderungen,<br />
Übungen und<br />
dergleichen<br />
notiert.<br />
gab es Erbsensuppe, die ohne Einlagen<br />
hauptsächlich aus Wasser<br />
bestand. Geschlafen haben sie sommers<br />
wie winters auf den kalten<br />
Betonfußböden. Ausgemergelt und<br />
für die winterlichen Temperaturen<br />
nicht entsprechend gekleidet, überlebten<br />
viele seiner Kameraden diese<br />
Zeit nicht.<br />
Daheim quälte seine Familie und<br />
seine Verlobte, Käthe Feldhusen,<br />
lange Zeit die bange Frage, ob er<br />
noch am Leben sei. Erst im September<br />
1946 erhielten sie ein Lebenszeichen.<br />
Richard Meiforth war es<br />
gelungen, einem finnischen Seemann<br />
einen Brief an seine Familie<br />
mitzugeben, den dieser im Kieler<br />
Hafen mit der Bitte abgab, ihn<br />
weiterzuleiten. Ab 1947 durften sie<br />
dann offiziell einmal im Monat eine<br />
Karte mit maximal 25 Wörtern nach<br />
Hause schreiben. Auf einer gleichen<br />
Karte konnte ihm seine Familie mit<br />
gerade mal 25 Worten antworten,<br />
ebenfalls nur einmal im Monat. Am<br />
25. Oktober 1948 kehrte er dann aus<br />
der russischen Gefangenschaft<br />
zurück und konnte im darauffolgendem<br />
Jahr mit vierjähriger Verspätung<br />
endlich heiraten.<br />
Im Nachhinein ist er sich sicher,<br />
dass er nicht nach Russland zurückgekehrt<br />
wäre, wenn er damals, im<br />
März 1945, bis nach Hause durchgekommen<br />
wäre. Den meisten Soldaten<br />
war wohl seit der Niederlage<br />
bei Stalingrad Anfang des Jahres<br />
1943 bewusst, dass Deutschland<br />
den Krieg verlieren würde. Nur dass<br />
es noch so lange dauern würde,<br />
damit hatten sie nicht gerechnet.<br />
Schon gar nicht hätten sie diese<br />
Gedanken laut äußern dürfen, weil<br />
man sie sonst vor das Kriegsgericht<br />
gestellt hätte, was einer Exekution<br />
gleichkam. Sogar wenige Wochen<br />
vor Kriegsende gab es noch Unteroffiziere,<br />
die entsprechende Äußerungen<br />
ahnden wollten.<br />
Klaus Rehder in französischer<br />
Gefangenschaft<br />
Ähnliches berichtet Klaus Rehder<br />
aus Wilster, ehemals Averfleth, der<br />
als Soldat in einer Eingreiftruppe<br />
gedient hatte. Soldaten, die noch<br />
während des Rückzuges ihre Waffen<br />
von sich warfen, um sich den Alliierten<br />
zu ergeben, wurden sogleich<br />
auf dem Schlachtfeld als Deserteure<br />
verurteilt und erhängt. Diese rüde<br />
Praxis der Hinrichtung erlebte Klaus
.~H\G.$.~!;'.1.'t~.~.G!;'.~!;' .. F~Q .. Z.W.ru~~~.(\@.~.IT ...................................................................................................................................... W..<br />
Rehder schon 1942 in seiner Kaserne<br />
in Bremen. Er war als 18-jähriger<br />
gerade einberufen worden und mit<br />
ihm zusammen viele andere junge<br />
Männer aus Schleswig-Holstein und<br />
Ostfriesland. Am Morgen des 24.<br />
Dezember 1942 wurde ein Kamerad<br />
hingerichtet, weil er Fahnenflucht<br />
begangen hatte. Dazu hatte man ein<br />
Kommando von 10 Mann zusammengestellt<br />
und bereits geladene<br />
Gewehre ausgehändigt. Die<br />
Hälfte diese Gewehre war mit Platzpatronen<br />
und die andere Hälfte mit<br />
scharfer Munition geladen. Die<br />
Soldaten wussten nicht, welche<br />
Gewehre mit scharfer Munition<br />
geladen waren. Dies hatte zweierlei<br />
Gründe: Zum einen soll ten die<br />
Soldaten von dem Schuldgefühl<br />
entlastet werden, einen Kameraden<br />
erschossen zu haben und zum<br />
anderen wurden die Soldaten so<br />
gezwungen, auch wirklich auf den<br />
Verweigerer und nicht absichtlich<br />
daneben zu schießen. Denn wäre<br />
das Kommando nicht ,erfolgreich'<br />
gewesen, d. h. der Verweigerer wäre<br />
nach Ausführung des Erschießungsbefehls<br />
nicht tödlich getroffen, hätte<br />
man diese Soldaten als nächstes zur<br />
Verantwortung gezogen.<br />
Klaus Rehder wurde noch vor<br />
Kriegsende von den Amerikanern in<br />
Gefangenschaft genommen, später<br />
aber den Franzosen überstellt. Dort<br />
arbeitete er als Köhler. Anfangs<br />
wurden sie dort sehr schlecht<br />
behandelt. Sie bekamen wenig zu<br />
essen und einige seiner Kameraden<br />
wurden ohne Angabe von Gründen<br />
zusammengeschlagen. Als dies ein<br />
älterer Aufseher erfuhr - er war in<br />
deutscher Gefangenschaft gewesen<br />
und dort gut behandelt worden-,<br />
setzte er sich dafür ein, dass man<br />
die deutschen Soldaten ebenfalls<br />
gut behandelte. Später erkrankte<br />
Klaus Rehder schwer, so dass er in<br />
ein Lazarett verlegt werden musste.<br />
Als das Lazarett geräumt wurde,<br />
wurde er entlassen und so konnte er<br />
bereits Ende Juli 1946 nach Hause<br />
zurückkehren.<br />
Abb. 49: Sobald<br />
die wehtfähigen<br />
Männer als Soldaten<br />
eingesetzt<br />
wurden, mussten<br />
sie zur Legitimation<br />
immer das<br />
Soldbuch in der<br />
Rocktasche bei<br />
sich fUhren.
~~ ~ ~J ENTNAZIHZIER!JNG VON HANS-MAX R EESE lf.-\CKioBOE<br />
.~~ .................................................................................................................................................................................................................. .<br />
in fünf Kategorien eingestuft:<br />
Hauptschuldige, Belastete (Aktivisten),<br />
Minderbelastete, Mitläufer und<br />
Entlastete. Den in die drei ersten<br />
Kategorien Eingestuften drohten<br />
Strafen von der Einweisung in ein<br />
Arbeitslager (bis zu zehn Jahren)<br />
über Berufsverbot, Amtsverlust oder<br />
Pensionsverlust bis zur Aberkennung<br />
des aktiven und passiven<br />
Wahlrechts; für Mitläufer waren<br />
Geldbußen vorgesehen. Die oft<br />
wi llkürlich erscheinenden Entscheidungen<br />
der Spruchkammern riefen<br />
Unmut in der Bevölkerung hervor,<br />
auch bei erklärten Nazigegnern. Mit<br />
Beginn des Kalten Krieges wurde<br />
die Entnazifizierung eingestellt und<br />
1949 sind in allen Ländern der<br />
Bundesrepublik Entnazifierungs<br />
Schlussgesetze erlassen worden.<br />
Abb. 50: Gustav<br />
Tobias aus Hinter<br />
Neuendorf war<br />
einer der letzten<br />
Heimkehrer, deren<br />
Rückkehr Bundeskanzler<br />
Adenauer<br />
1955 bei seinem<br />
Besuch in Moskau<br />
erwirkt hatte.<br />
Über ein Jahrzehnt<br />
war er in<br />
sowjetischer<br />
Gefangenschaft<br />
gewesen, davon<br />
hatte er 7 Jahre<br />
mit Typhus und<br />
Malaria im Lazarett<br />
verbracht. Die<br />
Fotografie zeigt<br />
ihn bei seiner<br />
Ankunft am Hamburger<br />
Hauptbahnhof<br />
zusammen mit<br />
seiner Tochter<br />
Erika, die er<br />
zuletzt als 4-<br />
jährige gesehen<br />
hatte.<br />
ENTNAZIFIZIERUNG<br />
voN IIANs-MAx<br />
........ ~~~·~·'·· .. ~~.~.~9.~ ....... ..<br />
Die sogenannte ,Entnazifizierung'<br />
war von den alliierten Siegermächten<br />
auf der Konferenz von Potsdam<br />
(1 7. Juli bis 2. August 1945)<br />
beschlossen und im Potsdamer<br />
Abkommen festgelegt worden.<br />
Durch sie sollte die Umgestaltung<br />
des politischen Lebens auf demokratischer<br />
Grundlage eingeleilet<br />
werden. Dazu wurde die NSDAP<br />
aufgelöst und die Anhänger des<br />
Nationalsozialismus wurden aus<br />
allen öffentlichen und halböffentlichen<br />
Ämtern sowie aus<br />
verantwortlichen Posten der Privatwirtschaft<br />
entfernt. Mit Deutschen<br />
besetzte Spruchkammern und Berufungskammern<br />
wickelten die Entnazifizierungsverfahren<br />
gerichtsförmig<br />
ab. Die Betroffenen mussten einen<br />
Fragebogen, der 131 Fragen enthielt,<br />
beantworten. Daraufhin wurden sie<br />
In sei.ner Funktion als NSDAP<br />
Ortsgruppenleiter Neuendorfs seit<br />
1931 war Hans Max Reese am 22.<br />
August 1945 inhaftiert worden .<br />
Zunächst befand er sich im Internierungslager<br />
in Glückstadt, später<br />
wurde er nach Neumünster verlegt<br />
und zum Schluss war er in einem<br />
Internierungslager in der Nähe von<br />
Paderborn (Eselheide)<br />
untergebracht. Sein Entnazifizierungsverfahren<br />
wurde vor der<br />
Spruchkammer in Bielefeld verhandelt.<br />
Dort musste er zu verschiedenen<br />
Punkten Stellung beziehen,<br />
beispielsweise hinsichtlich seiner<br />
Kenntnis über die 'Germanisierung'<br />
in den besetzen Gebieten sowie<br />
über die Behandlung von Juden,<br />
Fremdarbeitern, Kriegsgefangenen<br />
und feindlichen Piloten. Zu seiner<br />
Entlastung durfte er verschiedene<br />
Personen aus der Gemeinde benennen,<br />
die in einer Eidesstattlichen<br />
Erklärung die Richtigkeit seiner<br />
Aussagen bestätigen. Im folgenden<br />
ein paar Auszüge:
f;:\l.;\ ..\tt. !: !!.!f; I~.\ ..:-.~!.. ~ .~1.~ . JL\~5.7M.,\~ .. ~~g, .. ~\~;~~;npr ........................................................................................................ ~.<br />
1. Schumachermeister Julius Halmschlag<br />
aus Hackeboe (seil1935<br />
NSV): ,.Er hol mich politisch nicht<br />
im geringsten zu beeinflussen versucht.<br />
Er war überhaupt kein fanatischer<br />
Pg. [Parteigenosse] Die<br />
Kriegsgef und Fremdarb., die bei<br />
Herrn Rcese beschäftigt waren, ...<br />
waren sehr zufrieden mit Behandlung,<br />
Verpflegung u.s.w . ... In der<br />
Gemeinde war Herr Reese allgemein<br />
beliebt, auch bei Parleigegnern ...<br />
Der Vater des Herrn Reese war viele<br />
fahre Bürgermeister. Auf seinen Sohn<br />
ist offenbar die Begabung, ein öffentliches<br />
Amt zu führen, übergegangen.<br />
So erklärt sich, dass man ihn zum<br />
Ortsgruppenleiter bestimmt hat."<br />
(16.6.1947)<br />
2. Bauer Johannes Karslens aus<br />
Hackeboe (seil 1931 Mitglied in der<br />
NSDAP und NSKOV [NS-Kriegsopferversorgung]:<br />
,.Nach meiner Überzeugung<br />
ist Herr Reese nur aus<br />
wirtschaftlichen Gründen der<br />
NSDAP beigetreten, weil er von<br />
dieser Partei eine Rettung der Landwirtschaft<br />
aus ihrer schweren Krise<br />
erhoffte. Sehr viele Bauern gingen<br />
aus diesen Gründen zur NSDAP"<br />
(16.6.1947)<br />
3. Arbeiter Johannes Schwardt aus<br />
Hackeboe (DAF, Deutsche Arbeitsfront<br />
NSKOV): ,.Herr Reese hat nie<br />
auf mich einen Druck ausgeübt, der<br />
NSDAP beizutreten. [Die Kriegsgefangenen<br />
auf dem Hof des Herrn<br />
Reese] konnten sich in ihrer Freizeit<br />
frei bewegen . ... Es ist m. W niemand<br />
aus der Gemeinde angezeigt<br />
worden oder in politische Haft<br />
gebracht worden. Er hielt nur wenige<br />
Versammlungen ab. In dieser Beziehung<br />
tat er nur das, was von oben<br />
befohlen war. Er hat dabei nur wenig<br />
gesprochen. Die Reden hielt<br />
meistens der Lehrer Fronzenburg<br />
[Lehrer an der Schule in Vorder<br />
Neuendorf, 1934-1945]." (16.6.1947)<br />
4. Amtsvorsteher Richard Brandt<br />
aus Goldbogen: ,.Die ausländischen<br />
Zivilarbeiter haben mir vor der<br />
Kapitulation wiederholt ihre Sorgen<br />
und Nöte vorgetragen. Dabei sind<br />
nie Klagen über Herrn Reese laut<br />
geworden. Es sind in der Gemeinde<br />
Neuend01f keine feindlichen Flieger<br />
notgelandet oder abgesprungen."<br />
(16.6.1947)<br />
5. Bürgermeister Johannes Balls (ein<br />
Jahr Mitglied der NSDAP, 1932<br />
Parteiaustritl): ,.Nach der Kapitulation<br />
haben hier im Schulhaus mehrere<br />
Hochzeiten stattgefunden. Die<br />
Fremdarbeiter haben zu dieser Feier<br />
die Arbeitgeber eingeladen. Diese<br />
nahmen auch daran teil. Schon<br />
diese Tatsache beweist das beste<br />
Einvernehmen zwischen Kriegsgefangenen<br />
und Einheimischen."<br />
(16.6.1947)<br />
6. Schlosser Johannes Sötje aus<br />
Hackeboe (zwangsweise DAF): ,.Von<br />
Letzteren [Einwohner, die nicht der<br />
Partei angehörten] haben mir einige<br />
erklärt, dass sie, falls Herr Reese<br />
wieder zur Wahl gestellt würde, ihm<br />
wieder ihre Stimme geben würden."<br />
(16.6.1947)<br />
Aufgrund der Beweislage wurde<br />
Hans Max Reese am 14. November<br />
1947 zu einer Gefängnisstrafe von 5<br />
Monaten verurteilt, die er jedoch<br />
mit seinem Aufenthalt in den verschiedenen<br />
Internierungslagern<br />
bereits verbüßt hatte.
.UJ) .................. ...... ........ ................... ............... ................................................................. ................................. ............. f!J'.C ! .f.'f!:! .~ M !;.<br />
Abb. 51: Hans<br />
Max Reese zusammen<br />
mit seiner<br />
Frau Emma im<br />
Jahre 1962.<br />
FLÜCHTLINGE<br />
Bei den ersten Flüchtlingen, die in<br />
der Gemeinde Neuendorf einquartiert<br />
wurden, handelte es sich um<br />
Einwohner Hamburgs. Englische<br />
Flieger hatten bei einem Großangriff<br />
in der Nacht vom 24. auf den 25.<br />
Juli 1943 und in der darauffolgenden<br />
Nacht die Hansestadt innerhalb<br />
weniger Stunden in Schutt und<br />
Asche gebombt. Am 27. Juli 1943<br />
trafen um 10 Uhr abends die ersten<br />
Bombengeschädigten ein. An den<br />
folgenden Tagen verstärkte sich der<br />
Zustrom, so dass schon bald sämtliche<br />
Quartiere in der Gemeinde<br />
belegt waren. Als sich die Lage den<br />
Umständen entsprechend wieder<br />
beruhigt hatte, kehrten sie nach
. f!,('.~'rn .. ~.~0.!; ........................................................................................................................................................................................ ::za.<br />
Harnburg zurück.<br />
Gegen Kriegsende begann dann der<br />
Flüchtlingsstrom aus den ehemaligen<br />
deutschen Ostgebieten, der die<br />
Einwohnerzahlen Neuendorfs innerhalb<br />
kürzester Zeit verdoppelte und<br />
die westlichen Besatzungsmächte<br />
hinsichtlich Versorgung und Unterbringung<br />
vor fast unlösbare Aufgaben<br />
stellte. Ehrenamtliche<br />
Flüchtlingsbetreuer nahmen sich<br />
dieser Neuankömmlinge an und<br />
kümmerten sich um deren Unterbringung<br />
und Versorgung.<br />
Im März 1945 trafen die ersten<br />
Flüchtlingsfamilien in Neuendorf<br />
ein. Stellvertretend für all jene<br />
berichtete Irmgard Patzies aus<br />
Vorder-Neuendorf über die Erlebnisse<br />
während ihrer Flucht.<br />
Irmgard und Ewald Patzies stammen<br />
aus Kussen. Einst ein 700-Seelen<br />
Dorf im Grenzkreis Schlossberg in<br />
Ostpreußen, heute nahezu unbewohnt.<br />
Dort besaßen sie einen<br />
kleinen Hof von 18 Hektar Land mit<br />
ein paar Kühen, Schweinen und<br />
zwei Arbeitspferden.<br />
1941 hatten sie geheiratet. Das<br />
GI ück währte jedoch nicht lange,<br />
denn schon bald wurde Ewald<br />
Patzies einberufen. Derweil bewirtschaftele<br />
seine Frau den Hof allein.<br />
Bis zum August 1944 blieb Ostpreußen<br />
weitgehend vom 2. Weltkrieg<br />
verschont. Im Oktober drangen die<br />
Sowjets jedoch bis zur Grenze vor.<br />
Des Nachts war der Himmel vom<br />
nahen Kanonenfeuer hell erleuchtet<br />
und Familie Patzies musste zum<br />
ersten Mal fliehen. Den Wagen mit<br />
dem Nötigsten beladen, flüchtete<br />
Irmgard Patzies mit ihren zwei<br />
Söhnen Karl (2 1 /z Jahre) und Klaus<br />
(9 Monate) in den Kreis Wehlau, wo<br />
sie in Grünhain bei einem Gutsherrn<br />
Unterschlupf fanden. Dort<br />
lebten sie knapp 3 Monate. Ewald<br />
Patzies, der im Krieg seinen rechten<br />
Arm verloren hatte, ließ sich aus<br />
dem Lazarett entlassen und kam zu<br />
ihnen nach Grünhain. Hin und<br />
wieder fuhren sie heim, um von<br />
ihren Wintervorräten Futter für die<br />
Pferde zu holen. Doch noch innerhalb<br />
dieser drei Monate zerstörten<br />
Bomben das Anwesen in Kussen.<br />
Am 20. Januar 1945 befahl dann der<br />
Kreisbauernführer, Grünhain zu<br />
verlassen, um nach Westen zu fliehen.<br />
Da die sowjetischen Truppen<br />
sie bereits eingekreist hatten, konnten<br />
sie nur entlang der Küste entkommen.<br />
Bei Königsberg mussten<br />
Abb. 52: Der Hof<br />
von Familie<br />
Patzies in Kussen<br />
(ehemals Ostpreußen)<br />
vor<br />
seiner Zerstörung<br />
Ende 1944.
.~ ........................................................................................................................................................................................ f! ,~)Q.\'.I:!J::-!~~f.<br />
Die Volkszählung<br />
vom l . II.l946<br />
ergab for Neuendorf<br />
eine Einwohnerzahl<br />
von 1.387<br />
Personen, davon<br />
waren 644 Personen,<br />
also knapp<br />
die Hälfie Flüchtlinge<br />
und Ausgebombte.69<br />
sie das ,Frische Haff' überqueren.<br />
Zum Glück war das Eis dick genug,<br />
um sie samt Pferd und Wagen zu<br />
tragen, dennoch war die Überquerung<br />
des Haffs riskant, da sie statt<br />
einer einzigen riesigen Eisfläche,<br />
viele kleine Eisschollen überqueren<br />
mussten. Auf der anderen Seite ging<br />
es entlang der Ostseeküste weiter.<br />
Ganze Dörfer, Städte und Landkreise<br />
befanden sich auf der Flucht vor<br />
der sowjetischen Armee und zogen<br />
gen Westen. Zigtausende Menschen<br />
passierten Tag für Tag die Orte. Die<br />
,Trecks' wurden den so genannten<br />
,Verpflegungs-Stationen' vorher<br />
angekündigt, damit genügend<br />
Schlafplätze, Lebensmittel und<br />
Futter für die Pferde zur Verfügung<br />
standen. In den Orten angekommen,<br />
wurden ihnen Unterkünfte zugewiesen.<br />
Meist schliefen sie bei einem<br />
Bauern im Stall zwischen den Kälbern<br />
und Schafen. Einer musste<br />
jedoch immer beim Wagen bleiben,<br />
um auf die Pferde aufzupassen.<br />
Natürlich blieben unter diesen<br />
Umständen Krankheiten nicht aus<br />
und sehr viele Menschen, vor allem<br />
Alte, Kranke und Kleinkinder fielen<br />
den Seuchen zum Opfer. Unzählige<br />
Tote säumten den Weg; zurückgelassen<br />
ohne Begräbnis, da der Boden<br />
tief gefroren war. So trafen sie nach<br />
zwei Monaten vollkommen entkräftet<br />
und verlaust, ansonsten aber<br />
gesund in Itzehoe ein. Dort wurden<br />
sie vom Deutschen Roten Kreuz in<br />
Empfang genommen und zunächst<br />
entlaust. Am 24. März 1945 wurden<br />
sie der Familie Wilde in Averfleth<br />
zugewiesen, wo es ihnen sehr gut<br />
erging. Mit ihren zwei Kindern<br />
waren sie in der Vordiele untergebracht.<br />
Da der Familie Wilde selbst<br />
nur 2 Räume zur Verfügung standen,<br />
blieben sie die einzige Flüchtlingsfamilie<br />
auf diesem Hof. Schnell<br />
wurden sie in die Dorfgemeinschaft<br />
integriert. Ewald Patzies arbeitete<br />
bei den Bauern vor Ort und Irmgard<br />
Patzies half gelegentlich der Familie<br />
Asmus, als diese noch die Gaststätte<br />
,Zum Dückerstieg' betrieb. Nach 10<br />
Jahren kauften sie sich vom mühsam<br />
Ersparten ein altes Haus in<br />
Vorder-Neuendorf. Zu dem Zeitpunkt<br />
lebten dort noch 28 andere<br />
Flüchtlinge, doch nach und nach<br />
siedelten diese um und so konnten<br />
sie bald ihr neues Zuhause herrichten.<br />
So wie bei Familie Wilde in Averfleth<br />
wurden die Flüchtlinge in<br />
allen zur Verfügung stehenden<br />
Quartieren untergebracht. Teilweise<br />
in Ställen, öffentlichen Gebäuden<br />
und sonstigen Räumen, die sich<br />
dafür eigneten oder auch weniger<br />
eigneten, lebten die Alteingesessenen<br />
und Neuzugezogenen eng beieinander.<br />
In den kleinsten Kammern<br />
fanden ganze Familien Platz. Es gab<br />
weder Wohn-, noch Schlaf- oder<br />
Kinderzimmer. Lediglich die Anzahl<br />
der Räume diente als Auswahlkriterium,<br />
wenn es darum ging, weitere<br />
Flüchtlingsfamilien auf den Höfen<br />
unterzubringen. In einer Volkszählung<br />
von 1946 wurde neben der<br />
Einwohnerzahl auch die Wahnraumsituation<br />
erfasst. In der<br />
Gemeinde Neuendorf wohnten zu<br />
der Zeit durchschnittlich 2,3 Personen<br />
in jedem Raum. Damit lag<br />
Neuendorf über dem Kreisdurchschnitt<br />
von 1,7 Personen je verfügbarem<br />
Wohnraum. Ein Schulaufsatz<br />
aus dem Jahr 1956 gibt beispielhaft<br />
einen Einblick in die Wohnsituation<br />
der Nachkriegsjahre:<br />
"Im April1945 wurde Frau Kemka<br />
aus Ostpreußen mit zwei Kindern bei<br />
Nikolaus Meiforth aus Averfleth im<br />
Altenteil einquartiert. Als dann im<br />
Herbst 1945 Herr und Frau Uhlmann<br />
ebenfa lls mit zwei Kindern
.f!,~'.Q.~I!:~.~Y.~ .............. ......................................................................................................................................................................... .?J..~.<br />
9..~.rn.:~_i _l1.~.~- : ..... .. .. L.J.~.{ ..... l. .~ ...... C:.tJ::.?:.k. ..<br />
District:<br />
Kreis Steinburg<br />
•<br />
Buchdruckerei .E...m...u....F r---e...e ._.••..___<br />
Jbehoe, Lindenstraße 1<br />
Fernruf 2686<br />
' ·".<br />
~.Wi;~,?;;;,,,<br />
Vorläufiger<br />
Ausweis<br />
Preliminary<br />
Identity Certificate<br />
Nr. ~---<br />
-·<br />
~~~<br />
__ ,, :~ ?lA(d7
.!t~J ................................................................. ............................................. ....................... .............. .............................. f! ,Üf:! .O.'!:! .~G.!'; .<br />
irgendwo untergebracht werden<br />
mußten, bekamen sie eine Stube im<br />
Altenteil zugewiesen. Vorher hatten<br />
sie in einem Kuhschauer gewohnt;<br />
wenn man es wohnen nennen kann.<br />
Im Dezember 1945 kam Herr Hansen<br />
mit seiner Frau aus Thüringen.<br />
Sie wurden für kurze Zeit notdürftig<br />
in der Knechtkammer untergebracht.<br />
Im Dezember zogen ein alter, fast<br />
blinder Mann mit seiner Frau, seiner<br />
Tochter, seinem Schwiegersohn und<br />
Enkel bei Meiforth ein. Sie hießen<br />
Trowinluk. Acht Tage wohnten sie<br />
dort. Sie schliefen auf dem Flur auf<br />
einem Strohlager. Als im März 1946<br />
Kar] Liske mit seiner Frau kam, war<br />
das Haus schon besetzt. Sie mußten<br />
daher auf der Diele schlafen. Im<br />
VVI'nter, als es dann z u kalt wurde,<br />
mußten sie ein fahr lang mit einem<br />
Quartier im Pferdestall vorlieb nehmen.<br />
Die Wände hatten sie mit Stroh<br />
dichtgestopft So hatten sie es wenigstens<br />
warm. Im Mai 1946 wurde<br />
Familie Vollmer aus Pommern mit<br />
fünf Personen auf dem Meiforthschen<br />
Hof untergebracht. Etwas<br />
später auch Frau Ebert mit drei<br />
Kindern aus Pommern und Frau<br />
Maleyka aus Pommern. Sie wohnten<br />
im Altenteil. Im Mai 1948 kamen<br />
Herr Kemka und Herr Maleyka aus<br />
der Gefangenschaft. Kurze Zeit<br />
wohnte auch noch Frau Häusler mit<br />
ihrer Schwester und Herrn Dieckhoff<br />
bei Meiforth. Alle Zimmer waren<br />
besetzt."<br />
So war es ein ständiges Kommen<br />
und Gehen. Für die meisten Flüchtlingsfamilien<br />
war Neuendorf nur<br />
eine Zwischenstation, bis sie im<br />
Ruhrgebiet oder in anderen großen<br />
Städten Arbeit und Unterkunft<br />
fanden. Anfang/Mitte der 50er Jahre<br />
entspannte sich die Wohnsituation<br />
zusehends und langsam kehrte man<br />
zu den normalen Verhältnissen<br />
zurück.<br />
VON HAMSTER<br />
FAHRTEN UND<br />
EINHEITSSCHWEINEN<br />
Neben der Unterbringung hatte die<br />
Ernährung und Versorgung oberste<br />
Priorität. Schon während des Krieges<br />
waren viele Dinge nicht vorrätig<br />
oder schwer zu beschaffen. Im<br />
Winter gab es weder Kohlen noch<br />
Briketts zum Heizen, es fehlte an<br />
Kleidung bzw. Stoffen zum Nähen,<br />
selten konnte man Seife oder dergleichen<br />
kaufen und Schokolade<br />
und Orangen hatten viele Kinder<br />
noch nie gekostet. In den Wintermonaten<br />
konnten einige Kinder<br />
nicht am Schulunterricht teilnehmen,<br />
weil sie keine Schuhe hatten.<br />
Die ersten langen Hosen gab es<br />
sowieso erst zur eigenen Konfirmation.<br />
Bis dahin trugen die Jungen<br />
handgestrickte Strümpfe, die mit<br />
Strumpfbändern festgemacht wurden.<br />
Da es an Knöpfen mangelte,<br />
verwendete man stattdessen Pfennige,<br />
mit denen man die wollenen<br />
Socken am Strumpfhalter befestigte.<br />
Hermann Beimgraben erinnerte<br />
sich, wie seine Mutter aus einer<br />
,Hakenkreuz-Fahne' einen Rock und<br />
eine Bluse nähte. Seife wurde aus<br />
verendeten Tieren hergestellt, Sirup<br />
wurde aus Zuckerrüben gekocht<br />
und die Milch wurde zu Butler<br />
geschlagen, was eigentlich strengstens<br />
verboten war. Denn grundsätzlich<br />
waren die Bauern dazu<br />
verpflichtet, sämtliche Erzeugnisse,<br />
sei es Milch, Fleisch, Getreide oder<br />
andere Feldfrüchte, abzuliefern.<br />
Dass es bei den Bauern trotzdem<br />
häufiger als anderswo eine Portion<br />
Fleisch gab, lag u. a. am ,Einheitsschwein'.<br />
Die meisten Bauern ,vereinbarten'<br />
nämlich mit dem<br />
Fleischbeschauer ein Einheitsgewicht<br />
von 90 Kilogramm. Zumin-
. Y9.~ ... tl~ .. ~~~·IT.~N:!~TP~ ... ~ f~.P. .. ~~.~1J~.l.T.~~~~W,!;g'S1iN ................................................................................................................. .?J~.<br />
dest wurde dieses Gewicht offiziell<br />
angegeben, auch wenn das Schwein<br />
in Wirklichkeit 200 Kilogramm wog.<br />
So hatten die Bauern wesentlich<br />
mehr Fleisch zur Verfügung als<br />
ihnen eigentlich zustand und der<br />
Fleischbeschauer erhielt für sein<br />
,Entgegenkommen' das eine oder<br />
andere Bratenstück.<br />
Infolge der nationalsozialistischen<br />
Kriegswirtschaft, die den Konsum<br />
der Bevölkerung im Interesse der<br />
schwerindustriellen Produktion<br />
beschränkt hatte, waren riesige<br />
Geldvorräte entstanden, denen nur<br />
ein minimales Warenangebot gegenüber<br />
stand. Aufgrund dieses<br />
Ungleichgewichtes kam es zur<br />
Ausbildung eines üppig blühenden<br />
Schwarzmarktes. Gegen viel Geld<br />
oder im Tauschhandel Ware gegen<br />
Ware konnte man nahezu alles<br />
beschaffen. Für ein wenig Butter<br />
erhielt man auf dem Sch warzmarkt<br />
die wichtigsten Dinge des täglichen<br />
Bedarfs und darüber hinaus sogar<br />
einige Luxusartikel jener Zeit, wozu<br />
auf jeden Fall auch Kinderspielzeug<br />
zählte. Eine große Rolle spielte<br />
dabei auch die so genannte Zigarettenwährung.<br />
Dies führte dazu, dass<br />
viele Bauern heimlich Tabak inmitten<br />
der Getreidefelder anbauten.<br />
Da die Not in den Städten noch<br />
größer war als auf dem Land, kamen<br />
die Städter zu Tausenden mit den<br />
Zügen hierher gefahren, um bei den<br />
Bauern Taschenuhren und andere<br />
Kostbarkeiten gegen Lebensmittel<br />
einzutauschen. Die Züge waren<br />
derart überfüllt, dass die Leute<br />
teilweise oben auf den Dächern<br />
saßen oder sich von außen an den<br />
Türen festhielten. Diese sogenannten<br />
,Hamsterfahrten' endeten abrupt<br />
mit der Währungsreform am 20.<br />
Juni 1948, da parallel die Bewirtschaftung<br />
der Güter und die Preisbindung<br />
aufgehoben wurde. "Über<br />
Nacht wurde nun plötzlich in den<br />
Geschäften alles, was bisher gesetzwidrig<br />
zurückgehalten worden war,<br />
angeboten" 63 , mit der Folge, dass der<br />
Schwarzmarkt von einem Tag auf<br />
den anderen verschwunden war. Bei<br />
der Währungsumstellung musste<br />
jede Person 60 Reichsmark einzahlen<br />
und bekam dafür ein sogenanntes<br />
Kopfgeld von 40 Deutschen<br />
Mark, im August noch einmal 20<br />
DM. Die Löhne und Gehälter, Pensionen,<br />
Renten, Mieten und Pachtzinsen<br />
wurden im Verhältnis 1:1<br />
umgestellt, die meisten anderen<br />
Verbindlichkeiten 10:1. Der Währungsschnitt<br />
traf die Besitzer von<br />
Sparguthaben, die im Verhältnis<br />
100:6,5 abgewertet wurden<br />
Abb. 54: Erst<br />
diese Fahrradbenutzungskarte<br />
legitimierte zum<br />
Besitz eines Fahrrades<br />
in den<br />
ersten Nachkriegsjahren.<br />
(S.)<br />
Der BUrgermelster<br />
als Ortspolizeibehörde<br />
~
.~ ................................................................................................................. YQ;~ .. tli~~.t1Tr..~fM!~.n; .~ .. ~ !N!?. . ~.l.~ .I. ! "'.U~~~.l. !.~:~ .t~.t;,~.<br />
3. Woche<br />
26. 11. - 2. 12. 19 .. 5<br />
4. Woche<br />
3.-9. 12.19 .. 5<br />
2. Woche<br />
19.-25..11. 19-45<br />
1. Woche<br />
12. -18.11.1945<br />
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M82 II.LMt<br />
t.a. ...<br />
Abb. 55: Zu jener<br />
Zeit gab es die<br />
Lebensmittel nur<br />
rationiert auf<br />
Karte.<br />
...<br />
,.,<br />
-,.,, ,.,, ,.,, ,.,, Slg<br />
......<br />
Slg Slg ,.,, Slg ,.,,<br />
- 12<br />
·- -<br />
82 82<br />
·- 82 12<br />
- - ...... - -<br />
Slg S II<br />
82 12 82 82 82<br />
Slg !illg !lllg Slg Slg<br />
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Slg ,.,, ,.,,<br />
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-,.,.<br />
- - -<br />
12 82 82 82 82<br />
Slg !Dg Slg !Dg ,.,,<br />
.... ....<br />
••<br />
u 12 a:t<br />
·~<br />
begünstigt. 64<br />
besonders hart. Demgegenüber<br />
wurden die Besitzer von Sachwerten<br />
wie Grund und Boden, Häusern,<br />
Produktionsbetrieben und Lagern<br />
.....<br />
82 -··<br />
·-<br />
82<br />
Slg<br />
82<br />
BROT GAB ES NUR AUF<br />
KARTE<br />
Die Militärregierungen der Besatzungszonen<br />
hatten das System der<br />
Konsumgüterbewirtschaftung übernommen<br />
und in Teilbereichen bis<br />
Anfang der 50er Jahre aufrechterhalten.<br />
Mittels Berechtigungskarten<br />
sollte eine gerechtere Verteilung der<br />
wenigen Güter innerhalb der Bevölkerung<br />
gewährleistet werden, um<br />
zumindest die Grundversorgung<br />
sicherzustellen. Doch trotz alliierter
- ~~.QJ . 0. ;\~ . I~ .. 0.r.~. ~~w:.K~J~ ............................................................... ................................................ ................ ........................!J(}.<br />
Personalkarte<br />
für<br />
Vor- und Zuname ........H....a....a.... k. ... e ...l... b .... e .. r ... a ....... lr1a4& ........... .................<br />
wohnhalt in. ..... - ... ~_01~.~-~~~~--~/~.~~~~-~ .................................... straße Nr. . .. ...... _<br />
Beruf ........ ll.f1ch.tl1DC .................................. geb2..9 .• ~0 .• 00 .... in...................................... ..................<br />
Stellung im Haushalt ........ B«Rabal•aTorat.o4<br />
................................................................................................................................<br />
(H•ua!Wt.mpvontmd. Ebofna. Kind, H•uun~remllte UJW,)<br />
ll
:l}f o'<br />
.~~ ........................................................................................................................................................ ß.!!-9I.Y.·~ .. f.f? .. ~.! m.,~J!f. .~'J~T~.<br />
den Einwohner ermächtigte, sich<br />
Schuhe zu kaufen. Gleichzeitig<br />
notierte der Bürgermeister dies auf<br />
der Personalkarte, um einen Überblick<br />
zu haben, wie oft Schuhe und<br />
dergleichen beantragt wurden.<br />
Allerdings war diese Berechtigungskarte<br />
noch keine Garantie dafür,<br />
auch wirklich neue Schuhe kaufen<br />
zu können, da es zu jener Zeit fast<br />
nichts gab. So musste man oft in<br />
mehreren Geschäften nachfragen,<br />
bis man Erfolg hatte.<br />
Ähnlich verhielt es sich bei den<br />
Lebensmitteln. Jeden Monat wurden<br />
an alle Einwohner Berechtigungskarten<br />
für Nahrungsmittel ausgegeben.<br />
Dabei wurde nach Status<br />
unterschieden. So wurden beispielsweise<br />
werdenden Müttern andere<br />
Rationen zugestanden als etwa<br />
Selbstversorgern. Auf den entsprechenden<br />
Abschnitt erhielt man<br />
dann beim Kaufmann die vorgeschriebene<br />
Menge des Nährmittels.<br />
Für die Woche vom 25 .11. bis 30.11.1946 waren für die<br />
Schulspeisung folgende Portionen vorgesehen:<br />
---<br />
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.S.( ! .l~.·-"·5.l~m.~.~ ! ~.0 ............................................... .......................................... ............................................................................................ ..t.~ .<br />
nen ober bezahlt werden müssen,<br />
können jeweils einige Kinder aus<br />
den anderen Gruppen an der Schulspeisung<br />
teilnehmen. Besonders bei<br />
Bauernkindern ist das Essen begehrt.<br />
Diese zahlen freiwillig mehr als die<br />
anderen. " 66<br />
Leider ist in den Schulchroniken<br />
nicht verzeichnet, wann die Schulspeisung<br />
eingestellt wurde. Noch<br />
Ende 1949 sprachen sich die Eltern<br />
der Schule Vorder-Neuendorf für<br />
eine Fortführung der Schulspeisung<br />
aus. 6 - Es hatte sich jedoch gezeigt,<br />
dass ein Teil der Eltern nicht in der<br />
Lage war, das Geld für die Speisung<br />
aufzubringen und dem Gemeinderat<br />
bereitete die Finanzierung derselben<br />
Schwierigkeiten.<br />
Zum Vergleich in der Gemeinde<br />
Brokdorf wurde die Schulspeisung<br />
nach den Sommerferien 1950 eingestellt,<br />
zum Teil aus denselben Gründen.68<br />
WIR GEDENKEN DER GEFALLENEN<br />
SOLDATEN DES 2. WELTKRIEGES<br />
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Wm GEDENKEN DER GEFALLENEN<br />
SOLDATEN DES 2. WELTKRIEGES<br />
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Achterhörn<br />
Vorder-Neuendorf<br />
Hinter-Neuendorf<br />
13.5.09-3.8.44<br />
26.12.13 -19.4.44<br />
20.8.03 -8.3.48<br />
5.5.15 -26.4.45<br />
16.12.06-24.9.39<br />
16.2.09-3.4.44<br />
22.9.07 -25.3.45<br />
25.5.09-29.5.42<br />
20.7.12-16.8.44<br />
13.2.06 -11.4.45<br />
16.4.14-20.10.43<br />
30 .3.13-16.7.44<br />
18.8.12 -12.4 .44<br />
24.2.08-2.11.44<br />
26.6.21-4.1.44<br />
15.2.19-2 7.10.44<br />
29.8.04-4.9.45<br />
29.4.13 -13.8.43<br />
10.9.95 -Nov. 45<br />
1.12.16 -28.8.43<br />
1.2.15 -15.1.41<br />
22.4.14-26.1.45<br />
22.4.08 -9.3.43<br />
11.3.07 -18.3.46<br />
30.9.19-2 4.11.44<br />
1.7.15 -24.2.42<br />
10.7.14-5.4.42<br />
26.10.12 -29.1.42<br />
21.10.19-14.7.44<br />
21.4.20-13.8 .41<br />
10.1.12 -6.9.39<br />
Die Vermissten<br />
tl~ 'BY'etne+-" 3.6.1911<br />
Otto-'B~~ 30.3.1906<br />
Pete.Y CCLr"~ 21.9.1921<br />
M~f~ 5.4 .1908<br />
tl~f~ 29.8.1904<br />
K~Vohr-VII 25.9.1899<br />
]of-Jl--F~ 13.5.1908<br />
G~F~ 23.1.1913<br />
C)tt()- FLori.a.+'ll 3.2.1892<br />
KIA.rl'G~ 16.4.1927<br />
tlCM'\4r' G Yi.pp 11.10.1912<br />
Otto- tlahrv 1.4.1920<br />
tle.i-n.Yidlt tleU~t 3. 7.1910<br />
A lfyed-tloyel'" 19.9.1919<br />
fc:lw:urci-tl~ 22.7.1907<br />
Pete.Y J IM'\{f€' 21.5.1921<br />
Otto-K~ 8.7.1910<br />
tlef'"&ert' L~ 4.3.1923<br />
tlCM'\4r' Lw:N: 17.12.191 9<br />
Gel'"hcwci- Mc;w.,ß 2.7. 1908<br />
'R~ MCLr't~ 13.2.1920<br />
Waltl:w Mohr- 18.5.1925<br />
tlef'"&ert' MCI.fthe, 29.9.1922<br />
A~N~ 13.11.1919<br />
s~ oi»Wy 6.5.1892<br />
tlCM'\4r'OUop 26.6.1914<br />
J ofv. PiotYowMW 5.7.1893<br />
FYU:~'R~ 2 1.10.1897<br />
FYU:~v. cl< Swnp 1.1.1915<br />
Wah< Schtnidt' 3.9.1924<br />
Waltl:w Schtnidt' 20.6.1916<br />
Ni,chl;. Schr-ödev 13.3.1922<br />
tlei'"~'R~ 18.3.1912<br />
tlei'"YI'II. s chr-ödev 17.7.1 913<br />
fy-~ Schr-ödev 6.10.1915<br />
Ecl
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..<br />
EIN UBERBLICK<br />
Ähnlich und doch ganz anders stellt<br />
sich die Landwirtschaft von einst<br />
im Vergleich zu heute dar. Auch<br />
wenn sich die anfallenden Arbeiten<br />
weiterhin an den Jahreszeiten und<br />
am Wetter orientieren, so sind die<br />
einzelnen Handgriffe und Arbeitsabläufe<br />
andere geworden. Die nachfolgenden<br />
Berichte von Richard<br />
Meiforth und Hermann Beimgraben,<br />
beide aus Averfleth sowie Thorsten<br />
Beins aus Hackeboe geben einen<br />
anschaulichen Abriss der Landwirtschaft<br />
im letzten Jahrhundert.<br />
Richard Meiforth schildert die ZOer<br />
und 30er Jahre, Hermann Beimgraben<br />
zeichnet den Einzug der Technik<br />
nach und Thorsten Beins<br />
erläutert die anfallenden Arbeiten<br />
in einem heutigen Betrieb. Doch<br />
zunächst ein allgemeiner Überblick<br />
über den Strukturwandel in der<br />
Land wirtschaft;7°<br />
Abb. 58: Anzahl<br />
der landwirtschaftlichen<br />
Vollerwerbsbetriebe<br />
in<br />
den 50er Jahren<br />
im Vergleich zu<br />
heute.
.ID~ ........................... ... .... .............. ................... ... ........ ... .... ............. .............. ........ .. ......... .... M.~P.\Y~~I~.Q.I"\f!: .. t.'~~ . :W.~'\P.U· .<br />
Seit der Kolonisation der Marsch<br />
wurde auf den kultivierten Ländereien<br />
Landwirtschaft betrieben.<br />
Diente sie anfangs zur Selbstversorgung<br />
der Bewohner, fand schon im<br />
Mittelalter eine Differenzierung in<br />
Acker- und Grünlandwirtschaft<br />
statt. In der Wilstermarsch setzte<br />
sich die Grünlandwirtschaft mit<br />
Viehhaltung durch, da der zwar<br />
fruchtbare, jedoch überwiegend<br />
schwere Marschboden für die<br />
Ackernutzung vielfach ungeeignet<br />
war. Verbunden mit der zweiten<br />
Einwanderungswelle niederländischer<br />
Kolonisten im späten<br />
16. Jahrhundert entwickelte sich die<br />
Milchviehwirtschaft zu einem<br />
eigenständigen landwirtschaftlichen<br />
Produktionszweig.<br />
Bereits im 19. Jahrhundert setzte<br />
dann der sogenannte ,S trukturwandel<br />
in der Landwirtschaft' ein.<br />
Erste Anzeichen waren der Rückgang<br />
der bäuerlichen Eigenversorgung<br />
und damit einhergehend der<br />
Anstieg des ländlichen Gewerbehandwerks.<br />
So wurden beispielsweise<br />
gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />
eigenständige Landbäckereien<br />
und -Schlachtereien<br />
sowie Mühlenbetriebe neu gegründet.<br />
Die Auswirkungen der Industrialisierung<br />
durch Abwanderung der<br />
Arbeitskräfte wurden ab 1880 spürbar.<br />
Die eigentlichen Veränderungen<br />
machten sich allerdings erst mit der<br />
Technisierung und Mechanisierung<br />
seit den 50er und 60er Jahren<br />
bemerkbar. Deren Folgen können an<br />
dieser Stelle nur stark verkürzt<br />
dargestellt werden.<br />
Ein Indikator für den strukturellen<br />
Wandel ist die Zahl der Beschäftigten<br />
in der Landwirtschaft, die seit<br />
Ende des 19. Jahrhunderts rückläufig<br />
ist. 71 Dieser Trend verstärkte sich<br />
in den 50er/60er Jahren und hält bis<br />
heute hin an. Dabei zeichnen sich<br />
verschiedene Phasen ab. Zunächst<br />
führte die zunehmende Technisierung<br />
zu einer Freisetzung von<br />
Arbeitskräften. Dies waren anfangs<br />
die weniger gebundenen Arbeitskräfte<br />
wie beispielsweise Tagelöhner,<br />
die zu den industriellen<br />
Arbeitsplätzen abwanderten. Schon<br />
bald reichten jedoch die verbliebenen<br />
Arbeitskräfte nicht mehr aus,<br />
um die anfallenden Arbeiten zu<br />
erledigen, deshalb musste in weitere<br />
Maschinen investiert werden, um<br />
diese fehlenden Arbeitskräfte zu<br />
ersetzen. Es fand ein Wechsel von<br />
einer arbeits- zu einer kapitalintensiven<br />
Wirtschaftsweise statt, der<br />
vielfach in die Verschuldung der<br />
Betriebe mündete.<br />
In einer nächsten Phase ergriffen<br />
auch vermehrt Familienmitglieder<br />
Berufe außerhalb der Landwirtschaft,<br />
weil sie dort bessere<br />
Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten<br />
sahen. Aufgrund<br />
verschlechterter wirtschaftlicher<br />
Existenzbedingungen gegenüber<br />
größeren Betriebseinheiten gaben<br />
zudem Besitzer kleinerer Höfe den<br />
landwirtschaftlichen Betrieb auf.<br />
Die agrarpolitischen Zielsetzungen<br />
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
boten ihnen keine<br />
Zukunftsperspektive, entweder<br />
,Wachsen oder Weichen'. Gleichzeitig<br />
verlor die Landwirtschaft bei<br />
steigenden Lebensansprüchen in<br />
Bezug auf Einkommen und Freizeit<br />
(gemessen an außerlandwirtschaftlichen<br />
Berufen) an Attraktivität.<br />
Derzeit erfolgt die Reduzierung<br />
landwirtschaftlicher Arbeitsplätze<br />
in der Regel über sogenannte ,auslaufende<br />
Betriebe', das heißt, es<br />
findet sich kein Hofnachfolger, der<br />
bereit wäre den Betrieb weiterzuführen.
. ~:\~!?.~'.J.!q'!?q.J.~rr . ~,~! .. .W.~\~.P..~ ! , ....................................... ................................................................................................................ ?~.<br />
Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten<br />
in der Wilstermarsch ergab<br />
sich eine Spezialisierung auf Milchviehhaltung<br />
und Rinderzucht Die<br />
Technisierung bezieht sich heute<br />
verstärkt auf Rationalisierung der<br />
Arbeitsabläufe, um bei gleichem<br />
Arbeits- und Zeiteinsatz die Produktivität<br />
noch zu steigen. Die neueste<br />
technische Errungenschaft ist der<br />
Computer. Ob nun bei der Fütterung<br />
in Form von elektronischen<br />
Fütterungsanlagen, in sogenannten<br />
,Bordcomputern' zur Bedienung der<br />
Maschinen, die bislang mechanisch<br />
funktionierten, über Melkroboter bis<br />
hin zur Finanz-Buchhaltung, der<br />
Computer erleichtert in vielen<br />
Bereichen bestimmte Arbeitsvorgänge.<br />
Produktivitätszunahme und staatliche<br />
Hilfen mündeten jedoch in eine<br />
EU-weite Überschussproduktion.<br />
Die Folgen waren sinkende Preise,<br />
die wiederum eine Produktionssteigerung<br />
hervorriefen, um die geringeren<br />
Erlöse über die Menge<br />
aufzufangen. Der sogenannte<br />
,Butterberg' ist ein beliebtes Schlagwort,<br />
um die Folgen einer subventionsgestützten<br />
Produktion über den<br />
Bedarf hinaus zu beschreiben.<br />
Bereits Ende der 60er/Anfang der<br />
70er Jahre wurde über Abschlachtprämien<br />
für Milchkühe versucht,<br />
dieser Problematik Herr zu werden,<br />
jedoch mit wenig Erfolg. Seit 1984<br />
wird über die Milchquotenregelung<br />
eine mengenmäßige Beschränkung<br />
der Milchproduktion erwirkt, die<br />
jedoch bei fallendem Milchpreis die<br />
wirtschaftliche Lage vieler Betriebe<br />
dramatisch verschlechterte. Die<br />
jüngste Verordnung (Jahr 2000)<br />
sieht den Handel dieser Milchquoten<br />
über eine zentrale Verkaufsstelle<br />
zu bestimmten Terminen vor.<br />
Dieses Modell wird jedoch mit<br />
gewisser Sorge erwartet, da die<br />
Landwirte einen weiteren Anstieg<br />
des Preises für Milchquoten<br />
befürchten, den dann nur noch<br />
Großbetriebe über Massenproduktion<br />
mit all ihren Nachteilen erwirt-<br />
Abb. 59: In den<br />
40er/50er Jahren<br />
waren nur wenige<br />
landwirtschaftliche<br />
Betriebe ausschließlich<br />
auf<br />
Milchwirtschaft<br />
spezialisiert. Auf<br />
den meisten Höfen<br />
hielt man zusätzlich<br />
noch Hühner<br />
und Schweine.<br />
Hier hütet Jürgen<br />
Franzenburg aus<br />
Achterhörn Anfang<br />
der 50er<br />
Jahre Ferkel.
.~} ........................................................................................................................................................ ~~.~Q\~J.!U!:i.P.!M'J..J.~.~ . .W~.\~QP ..<br />
eine Umstrukturierung der Agrarpolitik<br />
münden wird.<br />
Eine Prognose für die Zukunft anzustellen<br />
sehe ich mich außerstande,<br />
jedoch ist mit einem weiteren Rückgang<br />
landwirtschaftlicher Belriebe<br />
zu rechnen. Damit bleibt für die<br />
Betroffenen lediglich zu hoffen ,<br />
dass sich ihnen genügend Allernativen<br />
zur Sicherung des Lebensunterhaltes<br />
bieten.<br />
A bb. 60: Die groben<br />
Erdklumpen<br />
auf dem Ackerland<br />
wurden mit einer<br />
Ringelwalze<br />
zerkleinert (1952).<br />
schaften können. Ab dem Jahr 2006<br />
soll die Milchkontingentierung<br />
vollständig abgeschafft werden,<br />
obwohl zur Zeit nach wie vor die<br />
Überproduktion innerhalb der Europäischen<br />
Union bei 20 Prozent<br />
liegt. 72<br />
Aber nicht nur bei der Milchwirtschaft<br />
mussten die Landwirte Einbußen<br />
hinnehmen. Erhebliche<br />
Preisverluste erlitten die Bauern<br />
auch bei der Rindfleischvermarktung.<br />
Neben dem, ebenfalls durch<br />
Überproduktion hervorgerufenen ,<br />
Preisverfall, sorgt seit kurzem die<br />
Rinderkrankheit BSE für Aufsehe n.<br />
Der Absatz für Rindfleisch ist stark<br />
zurückgegangen , weil bislang nicht<br />
endgültig geklärt werden konnte, ob<br />
die Erreger auf den Menschen übertragbar<br />
und damit für die töd lich<br />
verlaufende neue Varian te der<br />
,Creu lzfeld t-Jakob-Krankheit' verantwortlich<br />
sind. Parallel entbrannte<br />
eine Diskussion über die artgerechte<br />
Tierhaltung, die langfris tig wohl in<br />
RICHARD MEIFORTH,<br />
AVERFLETH<br />
Es ist notwendig der Nachwelt und<br />
späteren Generalionen zu berichten<br />
wie sich die Landw irtschaft im 20.<br />
Jahrhundert gewandelt hat. Ich bin<br />
am 14.3.1918 geboren und möchte<br />
vom Leben und Arbeiten - soweit<br />
ich mich zurück erinnern kann -<br />
berichten. Es ist die Zeit in den<br />
zwanziger und dreißiger Jahre n.<br />
Meine Eltern hatten einen Belrieb<br />
mit 31 1 /2 Hektar Eigenland, wovon
. ~.\J\l?.'~:1.~:r~
.ill,B. ....................................................... ....................................................... k\~. !?.W.! .. !U~f!!.-~rr . !N . J.?f~ .. 7.9m~ .. ~!.~!?. . 3.9.P~J ,~. !!.~r.~.<br />
Als Thomasmehl<br />
wurde ein Phosphatdünger<br />
bezeichnet, der bei<br />
der Stahlerzeugung<br />
abfiel.<br />
dehafer brauchte keinen Kunstdünger,<br />
da in der Weide genug ,Kraft'<br />
steckte. Bei einem trockenen Sommer<br />
konnte man 30 bis 35 Doppelzentner<br />
ernten. War der Sommer<br />
jedoch verregnet, gab es Lagerkorn,<br />
da der Halm in die Höhe schoss -<br />
,kurz spritzen' gab es noch nichtund<br />
wenig Korn ausbildete.<br />
War das Korn in der Erde, wurde<br />
mit der Weidearbeit begonnen.<br />
Zunächst wurden die Maulwurfshügel<br />
und Kuhfladen abgeschleppt.<br />
Anschließend wurde Dünger<br />
gestreut. Auf den Weiden verwendete<br />
man ,Kainit' und ,Thomasmehl '.<br />
Die Sorten wurden zu Hause auf der<br />
Scheunendiele gemischt und auf<br />
einen Kastenwagen geladen, um<br />
anschließend von zwei Pferden zur<br />
Weide gezogen zu werden. Zwei<br />
Mann waren damit beschäftigt, den<br />
Dünger aus Mulden oder Eimern zu<br />
streuen, welche von einer drillen<br />
Person auf dem Wagen vollgeschaufelt<br />
wurden. Hinterher fuhr deroder<br />
diejenige etwa 20 Meter weiter<br />
vor. Pro Hektar benötigte man ungefähr<br />
15 Zentner Düngemittel. Auf<br />
den Weiden wurde in der Regel kein<br />
Stickstoff gestreut, weil hier im<br />
Sommer lediglich zwei Großvieheinheiten<br />
nebst ein paar Kälbern<br />
liefen. Später wurde ,Kainit', der<br />
nur 11-15 Prozent Kali enthielt,<br />
durch 40-prozentigen Kali ersetzt.<br />
Auf die Wiesen, sprich Heuland -<br />
die Silagetechnik kam erst später<br />
auf- wurde im allgemeinen Mist<br />
aufgebracht. Unsere Heuwiesen<br />
lagen zirka 1 Kilometer vom Hof<br />
entfernt, in Kuskoppermoor. Vor<br />
April konnten wir jedoch keinen<br />
Mist rausfahren, weil der Moorweg<br />
vorher nicht abgetrocknet war.<br />
Wenn es dann soweit war, fuhren<br />
wir mit 3 Gespannen (d. h. mit 6<br />
Pferden). Der Tagelöhner musste mit<br />
der Forke den Dung aufladen. Der<br />
Mistwagen hatte ein voll es Seilenbrett<br />
und auf der anderen Seile ein<br />
30 Zentimeter hohes Seitenbrett<br />
Sobald man auf dem Feld war,<br />
wurde das schmale Brett hochgezogen,<br />
damit man den Mist mit einem<br />
Haken runterziehen konnte. Auf<br />
einem Fuder waren 6 kleine ,Hümpel'.<br />
Alle 10 Meter wurde ein Haufen<br />
runtergeholL So schafften wir<br />
zirka 30 Fuder am Tag und benötigten<br />
annähernd eine Woche, um den<br />
gesamten Mist rauszufahren. Ebenso<br />
lange brauchten wir dann, um<br />
die ,Hümpel' mit der Forke auseinander<br />
zu streuen. Auf dem Heu land,<br />
wo kein Mist ausgebracht wurde,<br />
streute man ein Kunstdüngergemisch<br />
mit prozentualen Phosphor-,<br />
Kali- und Stickstoffanteilen.<br />
Zum Abschluss der Frühjahrsarbeiten<br />
wurden die Rüben gepflan zt.<br />
Anfang Mai wurden sämtliche Tiere<br />
auf die Weiden gelassen. Waren die<br />
Kühe erst einmal draußen, wurden<br />
sie des nachts auch nicht wieder<br />
reingeholt Deshalb konnte sogleich<br />
damit begonnen werden den Kuhstall<br />
auszumisten und einzuweichen.<br />
Dazu wurde ein Eimer mit<br />
Wasser gefüllt und mit einer Dose<br />
jede Wand und jeder Balken nass<br />
gegossen. Das machte man an 2<br />
Tagen, anschließend wurde<br />
geschruppt. Vier Mann brauchten<br />
etwa einen Tag.<br />
Ebenfalls im Mai wurden Disteln<br />
und Duwock [Schachtelhalm] aus<br />
dem Korn gezogen. Die Disteln<br />
wurden gestochen. Dazu hatte man<br />
einen Stock von ungefähr 1,5 Meter<br />
Länge, an dem unten ein Stecheisen<br />
befestigt war.<br />
Ferner wurde Busch geschlagen, um<br />
im Sommer den Herd anheizen zu<br />
können.
. ~:\~!?.~·J.I,q~
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-~~ ................................................................................ ............................... Y~ N!?.W.!.~J."~(, !_,~n .. !N .. !?.f~ .. ~.9.fR .. ! J.t~\!?..3.9.m~ JNI.l~f,~.<br />
Abb. 63: Als<br />
kleiner Bub machte<br />
sich Horst<br />
Reese in den 40er<br />
Jahren mit der<br />
Funktionsweise<br />
eines Göpels<br />
vertraut. Über<br />
diese alte Drehvorrichtung<br />
konnten<br />
4 Pferde<br />
beispielsweise eine<br />
Dreschmaschine<br />
antreiben.<br />
Färse ist die<br />
Bezeichnung fiir<br />
ein geschlechtsreifes<br />
weibliches<br />
Rind vor dem<br />
ersten Kalben.<br />
Angetrieben wurde die Dreschmaschine<br />
von einem Göpel, der vor der<br />
großen Tür stand. Der Göpel hatte<br />
einen 3 Meter langen Arm, vor den<br />
2 Pferde gespannt wurden, die<br />
während der Dreschzeit (zirka 2<br />
Stunden) immer im Kreis liefen.<br />
Einer von uns Jungen musste die<br />
Pferde antreiben. Der Göpel hatte<br />
mit einer Gelenkwelle Verbindung<br />
mit der Dreschmaschine. Das Korn<br />
wurde über eine Staubmühle gereinigt.<br />
Ein Mann schaufelte das ungereinigte<br />
Korn in ein Schüttelwerk,<br />
um die Spreu vom eigentlichen<br />
Korn zu trennen. Ein weiterer Mann<br />
musste ständig den Schwengel<br />
drehen, um das Schüttelwerk in<br />
Gang zu halten.<br />
In den dreißiger Jahren beauftragte<br />
man einen Lohndrescher. Nach dem<br />
Krieg, bis in die fünfziger Jahre,<br />
hatten wir selbst eine Dreschmaschine<br />
(eine ,Dechenreiter').<br />
1953 haben wir dann das ganze<br />
Ackerland zu Weiden angesät. Die<br />
Gründe hierfür sind vielfältiger<br />
Natur. Aufgrund der Bodenqualität<br />
eigneten sich die Flächen oftmals<br />
von vornherein nicht für die Ackernutzung.<br />
Dennoch benötigte man<br />
diese Flächen, insbesondere während<br />
des Krieges, zur Selbstversorgung<br />
sowie Lebens- und Futtermittelproduktion.<br />
In der Nachkriegszeit<br />
erfolgte, wie auf vielen<br />
anderen Betrieben auch, eine Ausrichtung<br />
auf Milchwirtschaft. Die<br />
fehlenden Futtermittel wurden<br />
zugekauft<br />
War das Korn in die Scheune eingefahren,<br />
wurde mit dem Pflügen<br />
begonnen. Die Stoppelfelder wurden<br />
mit einem Doppelscharpflug,<br />
der von 2 Pferden gezogen wurde,<br />
ganz flach umgepflügt. Dann wurde<br />
geeggt und noch mal geeggt, um die<br />
,Quecke' (eine Graspflanze) aus dem<br />
Acker herauszubekommen. Bei<br />
trockenem Wetter wurde die Quecke<br />
mit einer Forke zusammengetragen<br />
und verbrannt. Das zweite Pflügen<br />
wurde ebenfalls mit dem Doppelscharpflug<br />
gemacht, nur etwas tiefer<br />
und erneut wurde anschließend<br />
geeggt. Bis zum Saatpflügen wurde<br />
das Land nun liegen gelassen.<br />
Anfang Oktober wurde dann mit<br />
dem Tiefpflügen begonnen. Wir<br />
hatten einen schweren ,Eberhard<br />
Pflug'. Zum Tiefpflügen hatten wir<br />
3 Pferde in der Breite vor den Pflug<br />
gespannt. Der Mann, der den Pflug<br />
führte, hatte die Leine der 3 Pferde<br />
über die Schulter gelegt. Das rechte<br />
Pferd lief immer in der Furche.<br />
Wollte der Pflüger einen Hektar am<br />
Tag schaffen, musste er schon früh<br />
morgens um 6 Uhr mit den Pferden<br />
die Hofstelle verlassen. Anschließend<br />
wurde Weizen, Gerste und<br />
Roggen gesät. War die Wintersaat in<br />
der Erde, mussten wir noch einen<br />
Hektar Runkel- und Steckrüben<br />
aufnehmen. In das Rübenland<br />
wurde hinterher gern Weizen gesät.<br />
Mittlerweile kamen wir an den<br />
November ran und das Vieh wurde<br />
aufgestallt Zuvor waren draußen<br />
auf der Weide noch die Kühe, die<br />
im Januar und Februar kalben sollten,<br />
trocken gemolken worden.<br />
Deswegen hatten wir im Winter nur<br />
wenig Milch. In den zwanziger<br />
Jahren hatten wir im Herbst noch<br />
keine Färsen, in den dreißiger Jahren<br />
hatten wir immerhin schon 2<br />
bis 3 Färsen. In dieser Zeit besaßen<br />
wir 12-14 Kühe. Deren Anzahl<br />
schrumpfte jedoch während des<br />
Krieges auf 6-8 Kühe zusammen, da<br />
kaum Weideland zur Verfügung<br />
stand. Ein Großteil der Flächen<br />
wurde ackerbaulich genutzt. Nach<br />
Kriegsende stockten wir den Kuhbestand<br />
kontinuierlich auf, so dass wir
. '~)(i\<br />
. J;,.:\~J?.~~-~:r~~ti-'\U.~~-.P.I:;-I .. :?.Q.f!~ .. r~Q . .3.9.f.~JM:IJlf.~ ............................................................................................................... ~.<br />
Abb. 64:Zum<br />
Tiefpflügen spannte<br />
man drei Pferde<br />
in der Breite<br />
nebeneinander vor<br />
den Pflug. Hier<br />
sehen wir Wa/ter<br />
Hermann Schliiter<br />
aus Achterhörn.<br />
bis zur Betriebsaufgabe 1976 etwa<br />
30 Kühe molken. Neben den Kühen<br />
hielten wir 7-8 Ochsen, 6 Mutterschafe<br />
und 8-10 Sauen, deren Ferkel<br />
wir nach 6-8 Wochen<br />
verkauften. Für die Arbeit hatten<br />
wir 4 Arbeitspferde und daneben 2<br />
Zuchtstuten mit Fohlen, allesamt<br />
,Holsteiner'.<br />
Die Kühe wurden mit 2 Stricken um<br />
die Hörner links und rechts am<br />
Pfeiler angebunden (Stallreppels).<br />
Eigentlich wurden sie sogar 3 mal<br />
angebunden und zwar zusätzlich<br />
am Schwanz. Dazu wurde am<br />
Schwanzende eine dünne Leine<br />
eingeflochten, die oben unter der<br />
Decke an einer langen Schnur, die<br />
durch den ganzen Stall verlief,<br />
festgeknotet war. Das wurde<br />
gemacht, damit einem die Kühe<br />
beim Melken nicht mit dem<br />
Schwanz ins Gesicht schlagen<br />
konnten.<br />
In der Zeit von Anfang Dezember<br />
bis Mitte Februar wurde nur alle<br />
zwei Tage Milch an die Molkerei<br />
geliefert. Es lohnte sich jedoch<br />
kaum für die Molkerei, diese wenige<br />
Milch zu verarbeiten. Wir lieferten<br />
an die Privatmolkerei Ramm in<br />
Nortorf. Jeweils im November<br />
wurde die Milchanfuhr verdungen.<br />
Da diese Vergabe öffentlich war,<br />
wurde eine Versammlung angesetzt,<br />
die der Meierist leitete. Die Anfuhrkosten<br />
lagen zwischen 1 /z und 1<br />
Pfennig je einen Liter Milch. Wegen<br />
der wenigen Milch im Winter musste<br />
der Fahrer in diesen Monaten fast<br />
umsonst fahren. Im Sommer hatte<br />
unser Milchwagenfahrer für die<br />
Strecke im Dorf 12 Lieferanten, die<br />
in der Nachkriegszeit je Tour<br />
zusammen zirka 2000 Liter ablieferten.<br />
Reich konnte damit keiner<br />
werden. Viele kleinere Betriebe<br />
fuhren ihre Milch auch selbst zur<br />
Meierei. Der Milchpreis lag um die<br />
20 Pfennig je Liter. Es wurde nach<br />
Litern gezahlt. Die Abstufung nach<br />
Fettgehalt gab es damals noch nicht.<br />
Ende 1929 gab es die Weltwirtschaftskrise<br />
mit all ihren Auswirkungen,<br />
weswegen es die<br />
Landwirtschaft in den folgenden<br />
Jahren sehr schwer hatte. Für die<br />
1 1 /z-jährigen Ochsen, die ein Gewicht<br />
von zirka 4-5 Zentner hatten,<br />
bekam der Bauer 16 Pfennig das<br />
Pfund. Jede Woche kam der<br />
Schlachter mit einem großen Roll-<br />
1936 wurde der<br />
Milchkontrollverein<br />
gegründet. Die<br />
Kühe gaben im<br />
Jahr durchschnittlich<br />
etwa 3.000<br />
Liter Milch.
.~n.......... ... ............. ...... .. ......... ... ........ .... ... .. ....... ..... .......... M!~.P.w.~~n-~~.~\~."n ..!N..P.~.~ .. ;?.9m~..<br />
! J.~ !?...3.Q !!~JM um~ .<br />
wagen und holte die kleinen, 8 Tage<br />
alten Kälber für 3 Mark das Tier ab.<br />
Viele Betriebe waren total verschuldet<br />
und der Gerichtsvollzieher kam<br />
auf etlichen Höfen. Besser wurde es<br />
erst 1933.<br />
Anhand unseres Betriebes in Averfleth<br />
möchte ich den durch Einzug<br />
der Technik hervorgerufenen Wandel<br />
in der Landwirtschaft beschreiben.<br />
Wir glauben, dass Holländer im<br />
12. und 13. Jahrhundert eine Neuaufteilung<br />
der Flur in der Wilstermarsch<br />
vornahmen. Zumindest alle<br />
Höfe der ,Alten Seite', nördlich von<br />
Wilster, waren gleich groß. Alle Höfe<br />
an der Wilster-Au hatten so um die<br />
30 Hektar Land, bei minderwertigerem<br />
Land etwas mehr, bei voll ackerfähigem<br />
Boden etwas weniger. Die<br />
heutigen Besitzverhältnisse sind<br />
durch Teilung oder Zukauf entstanden.<br />
Der Hof meines Vaters war<br />
29,8 Hektar groß. 1907 hatte mein<br />
Großvater beim Bau der Entwässerung<br />
3,5 Hektar abgegeben. Der<br />
Einheitswert unseres Betriebes<br />
Abb. 65: 1895 ließ<br />
Nikolaus Huus die<br />
Privatmolkerei in<br />
Sachsenbande<br />
errichten. Sämtliche<br />
Bauern aus<br />
Hinter-Neuendorf,<br />
Achterhörn und<br />
Stadtmoor, vereinzelt<br />
sogar aus<br />
Vorder-Neuendorf,<br />
Hackeboe, Goldbogen<br />
und Averjleth<br />
lieferten ihre<br />
Milch dort an.<br />
1925 gründeten<br />
die Bauern eine<br />
eigene Meiereigenossenschafi.<br />
HERM. ßEIMGRABEN,<br />
AVERFLETH<br />
betrug 1.640,00 DM je Hektar. Das<br />
entsprach in etwa dem Durchschnittswert<br />
der Wilstermarsch. Die<br />
Bodenqualität schwankt sehr stark,<br />
von Moor oder Dark bei geringer<br />
Marschauflage mit 50 Bodenpunkten,<br />
bis zu schwerem, manchmal<br />
tonigen Boden an der Wilster-Au mit<br />
70-75 Bodenpunkten, davon ist 1/3<br />
gut ackerfähig, 1/3 bedingt ackerfähig<br />
und der Rest ist absolutes Grünland.<br />
Vor Beginn des 2. Weltkrieges<br />
wurden noch 2/3 der Flächen gepflügt.<br />
10 Hektar waren mil Getreide<br />
wie Weizen, Hafer, Hafer-Bohnen<br />
Gemenge und Sommergerste<br />
bestellt. Auf 7 Hektar wurde Gemüse
. J..,..\)!?.~".I.~I5Q .I.t.\!:T. ! .~ . .P.I~ .. ~.Q.fR .. t'.~!?. . .3 .Qf:.~J~!.I.!~f.~ ................................................................................................................ 0:il.<br />
angebaut (Rotkohl, Weißkohl, Wirsingkohl,<br />
Blumenkohl, Kohlrabi,<br />
Zwiebeln, Möhren, zeitweilig sogar<br />
0,1 Hektar Rhabarber). Außerdem<br />
hatten wir 3 Hektar Runkel- oder<br />
Steckrüben. Arbeitskräfte waren<br />
immer genug vorhanden, ein Tagelöhner,<br />
ein junger Mann (Knecht<br />
genannt) sowie zwei Pflichtjahrmädchen.<br />
Ich war das Älteste von<br />
fünf Kindern. Sobald wir von der<br />
Schule nach Hause kamen, wurde<br />
gegessen und anschließend mussten<br />
wir aufs Feld. Kinderarbeit war<br />
damals allgemein üblich. 10-12<br />
Kühe wurden mit der Hand gemolken.<br />
Das Jungvieh weidete während<br />
der Sommermonate auf zugepachteten<br />
Flächen. Wenn die Rüben gesäubert<br />
und die Kohlpflanzen gesetzt<br />
waren, wurden gegen Ende<br />
Juni/Anfang Juli etwa 4-5 Hektar<br />
geheut. Der ,zweite Schnitt' war<br />
dementsprechend spät und wurde<br />
zu Sauerfutter verarbeitet.<br />
Dazu wurde das Gras bei nassem<br />
Weller gemäht, zusammen geschwadet<br />
und mit Forken von Hand auf<br />
Kastenwagen geladen. Das war<br />
schwere und schmutzige Arbeit und<br />
zum Schutz trugen die Helfer Gummibekleidung.<br />
Zu Haus wurde von<br />
Hand in sogenannte ,Reichsnährstandspötte'<br />
abgeladen. Das waren<br />
runde Betonsilos mit 25 m 3 Volumen.<br />
Der Silo ragte einen Meter aus<br />
dem Boden. Zum Befüllen wurde<br />
jedoch zusätzlich noch ein Holzaufsatz<br />
von zwei Meter Höhe darüber<br />
gestellt. Ein bis zwei Mann mussten<br />
abstaken, ein weiterer verteilte im<br />
Silo und wir Kinder mussten das<br />
Gras festtreten. Jede Schicht wurde<br />
mit einer Gießkanne verdünnter<br />
Säure übergossen. Wenn der Silo<br />
gefüllt war, wurde er mit Papiertüten,<br />
meist gebrauchte Düngersäcke,<br />
abgedeckt und mit Erde beschwert.<br />
Nach etwa einer Woche war das<br />
Gras in dem Betonsilo zusammengesackt,<br />
so dass der Aufsatz auf den<br />
nächsten Silo gestellt werden konnte.<br />
Nun begann die ganze Schinderei<br />
von vorn. Das so gewonnene<br />
Abb. 66: Helene<br />
und Johannes<br />
Junge aus Hackeboe<br />
molken die<br />
Kühe 1907 noch<br />
von Hand auf der<br />
Weide.
.~~............................................................................................................... W.. !?.W.!.~H;'i~.!!M::r . !-N..P..I,'.N<br />
.. 7.9.t~ .V~ D. . 3.9.!i.~ JMI.~J::,~ .<br />
Abb. 67: Wilhelm<br />
Schippmann aus<br />
Hackeboe beim<br />
Mähen in den 5 Oer<br />
Jahren.<br />
Abb. 68 (rechts):<br />
In mühevoller<br />
Handarbeit wurde<br />
das angetrocknete<br />
Gras in 'Hiimpel '<br />
gesetzt, damit es<br />
besser trocknen<br />
konnte. Bei dieser<br />
Arbeit wurden<br />
Heinrich Haack<br />
und Johannes<br />
Rehder 1960<br />
fotografiert.<br />
Futter wurde im Winter an die Kühe<br />
verfüttert. Wegen der langen Befüllung<br />
roch es stark nach Essigsäure,<br />
manchmal auch nach Buttersäure.<br />
In geringen Gaben wurde es von<br />
den Kühen trotzdem gut angenommen.<br />
Die Heuernte war ebenso arbeitsaufwenig.<br />
Zuerst wurden mit der Sense<br />
die Ecken angernäht Dann wurde<br />
mit dem Grasmäher, von zwei Pferden<br />
gezogen, das Vorgewende gemäht.<br />
Damit das Mähmesser nicht<br />
festlief, musste der erste und letzte<br />
Schwaden mit einer hölzernen Heuharke<br />
ausgeharkt werden. Gleichermaßen<br />
wurde jede Grüppenkante<br />
aufgeharkt, zumeist von uns Kindern.<br />
Das war gerade bei warmem<br />
Wetter eine furchtbar öde Arbeit,<br />
die bei langen Feldstücken gar kei n<br />
Ende nehmen wollte. Zu große<br />
Haufen, welche durch die Mähmaschine<br />
zusammen geschoben waren,<br />
mussten mit der Forke durchgeschüttelt<br />
und verteilt werden. Das<br />
Gras wurde nach ein bis zwei Tagen<br />
gewendet, je nach Wetterlage mehrfach.<br />
Dazu gab es eine Maschine,<br />
die auch schwaden konnte, beides<br />
aber nicht sehr gut. Anschließend<br />
wurde das Heu in ,Hümpel' gesetzt<br />
und musste acht Tage stehen.<br />
Zwischenzeitlich wurden die ,Hümpel'<br />
umgedreht, damit das Heu von<br />
unten trocknen konnte. Wenn es<br />
inzwischen viel geregnet hatte,<br />
musste alles von Hand auseinandergeworfen<br />
und unter Umsländen<br />
noch gekehrt werden. Wenn das<br />
Wetter es zuließ, konnte mit dem<br />
Einfahren begonnen werden.<br />
Die Kastenwagen wurden mit dem<br />
sogenannten ,Götelgeschirr' ausgerüstet.<br />
Da sich die plattdeutschen<br />
Fa chausdrücke nur schwer übersetzen<br />
lassen, möchte ich mich im
. J".:\,~!?.~'lli'J!iQ .IAf.I .. !.~ . .P..f~ .. ~.Q.m~ .. ~!.~ Q . .3Q,~;:.~JN~~.~ ..................................................................................... .......................... ~~.
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Abb. 69:Zum<br />
Schluss musste der<br />
Aufstaker das Heu<br />
hoch hinaufreichen.<br />
Hier am Au<br />
Deich in<br />
Achterhörn war<br />
der Bauer Waller<br />
Hermann Schlüter<br />
fiirs Laden verantwortlich.<br />
He/ga<br />
Meier aus Wilster<br />
musste nachharken.<br />
folgenden ihrer bedienen. Vorn am<br />
Wagen wurde der ,Vörrep' angebracht,<br />
der war etwas kürzer als der<br />
,Achterrep'. Hinten an der rechten<br />
Seite befand sich an einem kürzeren<br />
Strick die ,Ok', eine Astgabel oder<br />
später eine hölzerne Rolle. Meistens<br />
mussten zwei kräftige Männer aufstaken.<br />
Auf jede Ecke wurde ein<br />
Haufen gesetzt und anschließend<br />
ein Haufen in die Mitte plaziert, der<br />
das Ganze zusammenhielt. Der<br />
Lader, oftmals der Bauer selber oder<br />
eine Frau, verteilte das Heu auf dem<br />
Wagen und drückte es fest. Es lag in<br />
seiner Verantwortung, dass das<br />
Fuder gerade war und keine Ecke<br />
abrutschte oder gar der Wagen<br />
umkippte. Eine so gelegte Schicht<br />
bezeichnet man als eine Lech<br />
(Lage). Nach vier Lagen war der<br />
Wagen vollgeladen. Dann wurde der<br />
,Götelbaum' gesetzt, der während<br />
des Ladens am ,Achterrep' hinterher<br />
schleppte. Es war ein besonderes<br />
Vergnügen für die kleineren Kinder<br />
auf dem ,Götelbaum' zu reiten. Wir<br />
Größeren mussten mit der Handharke<br />
nachharken, was weniger beliebt<br />
war. Der Lader stand etwa in der<br />
Mitte des Wagens und hob den<br />
Baum hinten möglichst hoch, so<br />
dass er vorne einigermaßen in der<br />
Mitte schräg nach unten ragte. Einer<br />
der Aufstaker kletterte hinter den<br />
Pferden auf die Deichsel und schlug<br />
den ,Vörrep', der an beiden Enden<br />
am Wagen befestigt war, je nach<br />
Länge mehrfach um den ,Götelbaum'.<br />
Daraufhin kroch der Lader<br />
nach hinten und drückte den Baum<br />
runter. Danach warf der zweite<br />
Aufstaker den ,Achterrep' doppelt<br />
über den Baum und hakte die<br />
Schlinge in die ,Ok' bzw. Rolle.<br />
Anschließend zogen beide Männer<br />
kräftig daran und befestigten den<br />
Strick, an dem dann der Lader vom<br />
Wagen rutschte.<br />
Beim Abladen konnte die große<br />
Forke des Heuaufzugs den Wagen in<br />
vier bis fünf Haufen entleeren,<br />
während zwei Personen das Heu<br />
oben auf dem Boden verteilten. Das
.Tq . !!.~.t.~.!P~.! .;~~.~ .. ~ ! ~.!? .. R.\T!Q~.·c\.t,.t.~.W.!B ! r.!G .. E~ .. P..m~ .. k\ ... !?.W.!.~~~:~f..! !.~!:T .............. ................................................................... :ki.<br />
Abladen und Verte'ilen geschah<br />
meist frühmorgens, wenn der Tau<br />
noch lag. Nachmittags in der Sonne<br />
wurden alle Wagen wieder vollgeladen.<br />
Zur Ernte des Getreides hatten wir<br />
einen Mähbinder, auch Selbstbinder<br />
genannt. Jedes Stück musste angernäht<br />
werden. Das machte der Tagelöhner<br />
im Allgemeinen mit Sichel<br />
und Mahdhaken. Er legte das<br />
Getreide gleich in Garben zurecht,<br />
Abb. 70 (oben):<br />
Heuernte bei Farn.<br />
Meiforth in Stadtmoor.<br />
Abb. 71 (unten):<br />
Der Selbstbinder<br />
wurde zur Getreideernte<br />
eingesetzt.
.~f3..................................... .... .................................I!;(.I. ! .~!.~.I.!;!~.~ l~~--V~.t:? .. ß.~I!9.~ .. ~!,!1?!.f1~.q~.G ..!.~ .P.I.'.~ -.4~P~J~T~(.I. !t\!:.J: .<br />
Abb. 72 (oben):<br />
Jeweils 8-10 Garben<br />
wurden in Hocken<br />
zusammengestellt.<br />
Abb. 73 (unten):<br />
/953 bekam Fam.<br />
Reese einen FAHR<br />
Trecker mit 17 PS.<br />
die dann mit einem Seil aus Getreide<br />
zu Garben gebunden wurden.<br />
Bei stehendem Getreide wurde es<br />
zuweilen auch mit der Sense augemäht,<br />
wobei der oder die Binder/-in<br />
sich die Garben selbst zurechtlegen<br />
musste. Sobald ein Stück gemäht<br />
war, wurde sogleich ,aufgehackt'.<br />
Dazu wurden 8 bis 10 Garben mit<br />
den Ähren nach oben zusammengestellt.<br />
Sofern es das Wetter zuließ, wurde
.T! . ~ ..! .'.~ -~-~.!r!:.t.L~~-~ .. I ..:').!?.. R.·H!~.~~---'-·''·'5.!P~.\ !,~G.. L ... m~ ~-- J".~\!?.~J~'.I.'~~g~f:T .................................................................................. 9.?i.<br />
nach acht bis vierzehn Tagen gedroschen.<br />
12 bis 14 Männer zogen mit<br />
dem Lohndresch er von Hof zu Hof.<br />
Da gab es Sackträger, Strohträger, 2<br />
Einleger, Maschinenmeister, Pressmeister,<br />
Kaffdübel, Garbenzuwerfer<br />
und Strohpacker. Alle mussten auf<br />
dem Hof beköstigt werden. Das<br />
Fu lterkorn wurde in 75 bis 100 kg<br />
Säcke auf den Boden getragen und<br />
im Winter für das Vieh geschrotet.<br />
Der Weizen wurde an der Diele<br />
Abb. 74 II. 75:<br />
in den JOer Jahren<br />
: ogen die Lohndrescher<br />
von Hof :u Hof Mit<br />
einem Elektmmotor<br />
w11rde die Dreschmaschine<br />
iiber Treibriemen<br />
angetrieben.
.~~~ ................................................................................. 'ff1(~!.~ !~H ~ !H !~.~ .. ~'.~ P. . .ß.'\'U9.N!;\!,!!?m~.\ l ~Ji .. !;;.: . .P..~.~ .. b~~P.~:!~I~~J~~.I.'.<br />
aufgestapelt und verkauft. Das Stroh<br />
wurde verfüttert oder zum Einstreuen<br />
des Viehs und der Schweine<br />
verwendet. Das Kaff (Spreu) wurde<br />
auf der Hili über den Ställen rechts<br />
und links von der Diele gelagert.<br />
Beim Füttern wurde es den zerkleinerten<br />
Rüben beigemengt. Fu tiermittel<br />
wurden selten zugekauft<br />
Während des 2. Weltkrieges und<br />
danach gab es oh nehin nichts.<br />
Mit der Währungsreform 1948<br />
änderten sich die Verhältnisse in<br />
der Landwirtschaft jedoch grundlegend.<br />
Arbeitskräfte waren nicht<br />
mehr im Überfluss vorhanden. Viele<br />
Flüchtlinge aus dem Osten zogen<br />
nach und nach ins Ruhrgebiet oder<br />
nach Süddeutschland. Zögernd<br />
setzte die Mechanisierung ein. 1952<br />
kamen die ersten Ackerschlepper<br />
mit angebauten Messerbalken,<br />
jedoch ohne Kraftheberanlage. In<br />
dieser Zeit ließ sich ein Lohnunternehmer<br />
aus Beidenfleth auf dem<br />
Fink'schen Hof in Averfleth den<br />
ersten Mähdrescher in der Wilstermarsch<br />
vorführen. Es war ein<br />
gebrauchter ,Masy Harris' mit<br />
1,6 Meter Schnittbreite. Auf dem<br />
Feld hatten sich so viele Neugierige<br />
eingefunden, dass mehr Getreide<br />
zertreten als gedroschen wurde. Die<br />
älteren Bauern schüttelten angesichts<br />
der Vorführung nur mit dem<br />
Kopf und vertraten die Ansicht,<br />
dass sich diese Maschine nie durchsetzen<br />
würde. Vom Mähbinder<br />
kannte man, dass das Getreide grün<br />
geschnitten wurde und in der<br />
Hocke reifte. Deshalb war man viel<br />
zu früh angefangen und hatte wohl<br />
30% Fe uchtigkeit.<br />
Mein Vater kaufte 1957 einen FAHR<br />
Schlepper mit 24 PS. Ein Jahr später<br />
ließ er bei Meister Stelzer in Wilster<br />
einen Anhänger mit Gummirädern<br />
bauen. Die Geräte für den Pferdezug<br />
wurden zunächst weiter verwendet.<br />
Als mein Vater 1963 starb, übernahmen<br />
meine Frau und ich den Hof in<br />
Averfleth und den Bauernhof meiner<br />
Frau in Achterhörn, zusammen<br />
ca. 5 5 Hektar. Die Belastung war<br />
sehr hoch, zweimal Altenteil und<br />
jede Menge Schulden. Als ehemaliger<br />
Schüler der Landwirtschaftsschule<br />
ltzehoe hatte ich noch guten<br />
Kontakt zu den Lehrern. Die haben<br />
uns in dieser Situation wirklich gut<br />
beraten. Der gesamte Betrieb wurde<br />
auf Grünland umgestellt. Wir machten<br />
nur noch Heu für die Tiere. Alle<br />
anderen Fu tiermittel wurden zugekauft.<br />
Gleichzeitig spezialisierten<br />
wir uns auf Milchviehwirtschaft<br />
Ein neuer Anbindestall in zwei<br />
langen Reihen mit befahrbarem<br />
Futtertisch in der Mitte bot<br />
zunächst für 45 Kühe und 56 Stück<br />
Jungvieh Platz. Die vorhandene<br />
Eimermelkanl age wurde verkauft,<br />
stattdessen wurde eine Absauganlage<br />
installiert. Außerdem wurde<br />
eine Schubstangenentmistung eingebaut.<br />
Die folgende Zeit war allerdings<br />
sehr hart, besonders für meine Frau.<br />
Wir hatten vier kleine Kinder, sollten<br />
die Arbeit aber theoretisch<br />
allei n schaffen. Die Technik ließ uns<br />
zunächst jedoch völlig im Stich. Die<br />
Melkanlage funktionierte nicht und<br />
die Entmistung versagte perma nent.<br />
Für die langen Reihen waren die<br />
Antriebe viel zu schwach . Zahlreiche<br />
Euterentzündungen bei den<br />
Kühen waren eine der Folgen. Ständig<br />
mussten wir die Technik nachrüsten.<br />
Im Grunde experimentierten<br />
die Firmen auf unsere Kosten.<br />
So war das wirtschaftliche Ergebnis<br />
anfangs äußerst mager. Bei Milchpreisen<br />
von 0,33 DM bis 0,35 DM<br />
und Kraftfutterp reisen von<br />
48-50 DM je Doppelzentner blieb
.If:~.,! .t~I~.!f:~.l .,~~ ..... ~ .0P .. R.~I!9!".'.·.\!:!.~.m~.l i~f. .. !.~ .. !?.f~ .. Y~i~\!?.W.!.~:I:~9!!.\f:1 .................................................................................. 9.t>.<br />
l<br />
am Ende nicht viel übrig. Zwar<br />
nahmen die Schulden auf dem<br />
Darlehenskonto kontinuierlich ab.<br />
Dafür kamen wir aber auf dem<br />
laufenden Konto immer weiter in<br />
die ,roten Zahlen', was im Endeffekt<br />
natürlich viel teurer war, da die<br />
Kreditzinsen hier wesentlich höher<br />
lagen. Manches Mal waren wir kurz<br />
davor, die Landwirtschaft aufzugeben.<br />
Ab 1968/69 wurde es jedoch<br />
langsam besser. Die Feldwirtschaft<br />
hatte sich wesentlich vereinfacht.<br />
Es gab bereits Kreiselmäher, Kreiselheuer,<br />
Kreiselschwader, außerdem<br />
Lohnunternehmer mit Hochdruckpressen;<br />
dadurch verkürzte sich die<br />
Heuernte enorm. Bagger übernahmen<br />
die Grabenräumung, so entfiel<br />
bei unseren vielen Gräben die zeitintensive<br />
Handarbeit. Die Milch<br />
und Fleischpreise stiegen jedes Jahr<br />
weiter an, so dass wir den Betrieb<br />
langsam sanieren konnten.<br />
Aber es gab auch nasse Jahre, in<br />
denen viel Heu verregnete.<br />
Besonders ärgerlich war es dann,<br />
wenn man keine Ballenpresse<br />
bekommen konnte, weil der Lohnunternehmer<br />
überlastel war. Deshalb<br />
kauften wir uns 1972 eine<br />
eigene Presse und 1974 einen Ballenauflader.<br />
Von da an beschränkte<br />
sich die Handarbeit auf daheim,<br />
wenn beim Abladen die Ballen aufs<br />
Förderband gelegt werden mussten.<br />
1974 konnten wir 31 Hektar<br />
zu pachten (Hof Fink in Averfleth)<br />
und bewirtschafteten nun schon<br />
86 Hektar. Zusätzlich bauten wir<br />
uns mit der Bullenmast ein zweites<br />
Standbein auf. Als 1976 der Hof<br />
Fink bei einem Großfeuer völlig<br />
zerstört wurde, errichtete der Eigentümer<br />
hierfür in Absprache eine<br />
Halle und ein Laufstall mit Spaltenboden<br />
für 80 Stück Jungvieh. Diese<br />
Abb. 76: Kerstin<br />
Engel und Siegher!<br />
Hein auf<br />
einem Deutz (30<br />
PS) in den 60er<br />
Jahren. Im Hintergrund<br />
sind Dreibock-Reuter<br />
zu<br />
sehen. Hierauf<br />
wurde in feuchten<br />
Sommern das Heu<br />
getrocknet.
.ß®®..................... ..... ........ ............. ................. ...... .J)l~M~.W.~.IJ~.G.. P-NP. .. lM:H9.l"!!.M1~.W.~Y.NG ..!N.PA'.<br />
.R. .4l"!!P.:w.mT.$.~MM.:I .<br />
Abb. 77: Ein 170<br />
PS starker Vorfohrschlepper<br />
mit<br />
einem 5-Schaarpjlug.<br />
Nach ca. 30<br />
Jahren wurde<br />
diese Weide erstmals<br />
wieder<br />
umgepflügt.<br />
Haltungsform war enorm arbeitssparend<br />
und zugleich für die Tiergesundheit<br />
äußerst förderlich, weil die<br />
Tiere mehr Bewegung hatten. Durch<br />
die natürliche Abnutzung auf dem<br />
harten Boden sank beispielsweise<br />
die Zahl der Klauenkrankheiten.<br />
Nach diesen positiven Erfahrungen<br />
wurden nach und nach alle Ställe<br />
auf dem Hof umgerüstet, 1979 der<br />
Jungviehstall und 1985-87 der Kuhstall.<br />
1980 wurde ein Kurzschnittladewagen<br />
gekauft und die<br />
Futterernte auf Silage umgestellt.<br />
Wir waren dadurch wesentlich<br />
schlagkräftiger und konnten<br />
17 Hektar dazupachten. 1982 hatte<br />
unser ältester Sohn und Hofnachfolger<br />
die landwirtschaftliche Ausbildung<br />
mit der Meisterprüfung<br />
abgeschlossen. Dadurch konnten<br />
wir unseren Betrieb als Lehrbetrieb<br />
anerkennen lassen und einen Auszubildenden<br />
einstellen. In dieser<br />
Zeit waren die Erzeugerpreise sehr<br />
gut. Die Erlöse aus Milch und<br />
Fleisch etwa gleich hoch. Die<br />
Milchviehherde war auf gut 90<br />
Kühe angewachsen.<br />
1984 kam jedoch die Milchquotenregelung<br />
und alles wurde anders.<br />
Wir durften nur noch 80 % der<br />
ursprünglichen Milchmenge abliefern.<br />
Bei einem Kuhbestand von<br />
über 80 Kühen gab es auch keinerlei<br />
Härtefallregelung mehr. Infolgedessen<br />
mussten wir etliche Kühe verkaufen<br />
und hatten plötzlich viel zu<br />
viel Fläche. Aus den langfristigen<br />
Pachtverträgen konnte man nicht so<br />
einfach aussteigen. Also wurden<br />
frühere Ackerstandorte neu drainiert,<br />
umgepflügt und mit Weizen<br />
angesät bzw. neuerdings auch Futtermais<br />
angebaut.<br />
1987 konnten wir auf der Geest<br />
Uulianka) einen weiteren Betrieb<br />
mit 20 Hektar Land und ca. 100.000<br />
Liter Milchquote dazupachten, wo<br />
wir über Winter ca. 120 Weidebul-
.J)~~.lliRl-!N~.Y.~.P. .. RAT.!9.!'1.·:\IJ~.lli~l-!N~ . ~--P..~~ .. J..~.Wlli:I:~~-~-·············· · ·· · ······ ·· ······················ · ····· · ···· ·· ···· · · · ········a®fi.<br />
Abb. 78 u. 79: Im<br />
Sommer laufen die<br />
gut I 00 Milchkühe<br />
von Henning<br />
Rehder draußen<br />
auf der Weide.<br />
Zum Melken<br />
müssen sie zweimal<br />
täglich reingeholt<br />
werden.<br />
len bis zur Schlachtreife mit Maissilage<br />
weitermästen. Der Mais hierfür<br />
stammt von den eigenen<br />
Flächen. Durch die zeitliche Verschiebung<br />
des Bullenverkaufs in<br />
den Winter bis ins zeitige Frühjahr<br />
und die Verbesserung der Fleischqualität<br />
durch die Endmast mit<br />
Maissilage, konnten wir eine Zeit<br />
lang erheblich höhere Verkaufserlöse<br />
als gewöhnlich erzielen.<br />
Dennoch, bei Einführung der Milchquotenregelung<br />
versprachen die<br />
Politiker stabile Milchpreise, doch<br />
das Gegenteil trat ein. Der Milchpreis<br />
sank beständig, gleichzeitig<br />
fielen die Fleischpreise. Kostete ein<br />
Bulle 1978 geschlachtet, kalt gewogen<br />
noch 8,40 DM je Kilogramm,<br />
erhielt man 1996 für die gleiche<br />
Qualität gerade mal 4,60 DM. Während<br />
der Preisverfall beim Fleisch<br />
teilweise durch die staatlichen<br />
Subventionen (Rinderprämie) ausgeglichen<br />
werden konnte, versucht<br />
man bei der Milch durch optimierte<br />
Fütterung die Milchleistung je Kuh<br />
zu erhöhen, um effektiv die Kosten<br />
zu senken. Zu den gesunkenen<br />
Milchpreisen kommen jedoch noch<br />
die hohen Kosten durch Pacht bzw.<br />
Kauf von Milchquote hinzu. Erst in<br />
letzter Zeit haben sich die Preise<br />
durch den schwachen EURO etwas<br />
stabilisiert. Das kann sich aber<br />
schnell wieder ändern.<br />
Beim Schreiben dieser Zeilen ist<br />
mir bewusst geworden, wie schwierig<br />
die Lage der Landwirtschaft in<br />
unserer Gemeinde ist. Die wenigen<br />
Betriebe, die übrig geblieben sind,<br />
können kaum mehr Flächen aufnehmen.<br />
Flächen mit Milchquote gibt<br />
es sowieso nicht mehr zu pachten.<br />
Ackerfähige Flächen, die durchaus<br />
vorhanden sind, sind jedoch nicht<br />
prämienberechtigt und drainiert,<br />
wodurch ihre Beackerung unrentabel<br />
wird. Für eine extensive Viehhaltung<br />
(Mutterkühe) sind die<br />
Flächen momentan viel zu teuer.<br />
Wenn die Entwicklung so weitergeht<br />
wie bisher, müssten die Betriebe<br />
eigentlich weiter wachsen, um<br />
die ständig steigenden Unkosten<br />
aufzufangen, aber wie?
.~..w:l21. .. ............... ............................... .................................. J.'; !.~.J.'~'-l ~ .. !.~ .. !?.f~ .. J...A~.!?.~Y. !.~I~~.tlt~!:X..~~ ~ !~ .J.M!~.1~"\~ 1 ~!;~.!?.'l\: !~,'iP!;.<br />
Dieser Bericht ist<br />
als Ergänzung zu<br />
den Ausfohrungen<br />
von Richard<br />
Meiforth und<br />
Hermann Beimgraben<br />
zu sehen.<br />
Gerade in der<br />
Gegenüberstellung<br />
zu der Beschreibung<br />
von Richard<br />
Meiforth wird der<br />
Wandel in der<br />
Landwirtschaft<br />
innerhalb des<br />
letzten Jahrhunderts<br />
sehr<br />
anschaulich.<br />
THORSTEN HEINS,<br />
IIACKEBOE<br />
Anband von Tagebuchaufzeichnungen<br />
möchte ich am Beispiel unseres<br />
Betriebes die Arbeiten in der heutigen<br />
Landwirtschaft im Jahresverlauf<br />
darstellen.<br />
Ich bin am 20.4.1963 geboren und<br />
bewirtschafte einen 80 Hektar großen<br />
landwirtschaftlichen Betrieb in<br />
Hackeboe. Seit meiner landwirtschaftlichen<br />
Lehre 1978 bin ich<br />
ausschließlich in der Landwirtschaft<br />
tätig.<br />
Wir sind vielleicht nicht der modernste<br />
und ganz sicher nicht der<br />
größte Bauernhof im Gemeindegebiet,<br />
aber eben doch ein typischer<br />
Wilstermarschbetrieb, mit<br />
ausschließlich Grünland, Milchviehhaltung,<br />
Jungviehaufzucht und<br />
Bullenmast Als reiner Familienbetrieb<br />
bewirtschafte ich den Hof<br />
zusammen mit meiner Frau und<br />
meinem Vater. Unsere beiden Töchter<br />
(8 und 11 Jahre) bekommen<br />
auch schon mal Aufgaben zugeteilt,<br />
die ihnen Spaß machen.<br />
Ich möchte das Arbeitsjahr im Januar<br />
beginnen. Zu dieser Jahreszeit ist<br />
der größte Teil des Tages damit<br />
ausgefüllt, die Tiere (insgesamt ca.<br />
250 Stück) zu versorgen, sprich<br />
Füttern, Ausmisten sowie die allgemeine<br />
Betreuung und Pflege.<br />
Die übrige Zeit wird intensiv für<br />
Büroarbeit und Beratungsgespräche<br />
genutzt. Da heutzutage immer weniger<br />
Menschen Kenntnis und Beziehung<br />
zur Landwirtschaft haben,<br />
möchte ich für Außenstehende kurz<br />
erläutern, wie stark die Landwirtschaft<br />
heutzutage aufzeichnungspflichtig<br />
ist: Bestandsregister,<br />
Flächennachweise, Besatzdichte<br />
(Anzahl der Rinder pro Hektar<br />
Fläche), Nährstoffbilanzen, Düngepläne<br />
usw. Anband dieser Aufzeichnungen<br />
haben wir Zugang zu Tierund<br />
Flächenprämien (staatliche<br />
Subventionen). Diese Gelder dienen<br />
weniger uns zum Überleben, sondern<br />
viel mehr - und das ist sicherlich<br />
nur wenigen bewusst - dem<br />
Verbraucher, damit dieser seine<br />
Nahrungsmittel billig, d. h. weit<br />
unter dem eigentlichen Wert ei n<br />
kaufen kann. So steht ihm noch<br />
genügend Geld für andere Konsumgüter<br />
zur Verfügung.<br />
Für die betriebliche Weiterentwicklung<br />
nehmen wir die Beratungsleistung<br />
der Landwirtschaftskammer,<br />
hier insbesondere die sogenannte<br />
Rinderspezialberatung in Anspruch.<br />
Gemeinsam mit dem Berater werden<br />
Betrieb und Betriebsabläufe<br />
durchleuchtet, um nach Möglich keiten<br />
zu suchen, die Wirtschaftlichkeit<br />
zu verbessern und dabei<br />
gleichzeitig den Tieren ein Höchstmaß<br />
an Komfort und Wohlbefinden<br />
zu ermöglichen. So werden regelmäßig<br />
Futterpläne erstellt. Alle drei<br />
Jahre werden Bodenproben gezogen<br />
und ausgewertet. Anband der Auswertung<br />
wird ein Düngeplan<br />
erstellt. Die Düngermenge ergibt<br />
sich aus der Ermittlung des Nährstoffdefizits.<br />
Jede Nutzung beansprucht<br />
den Boden unterschiedlich<br />
stark. So benötigt eine Weide, auf<br />
der den ganzen Sommer Tiere laufen,<br />
erheblich niedrigere Nährstoffzufuhren<br />
als eine Wiese, die<br />
dreimal jährlich abgeerntet wird.<br />
Damit kein Mangel an Nährstoffen<br />
entsteht, wird anband des Düngeplanes<br />
die bedarfsgerechte Nährstoffzufuhr<br />
differenziert für jede<br />
Fläche ermittelt.<br />
So beginnen wir im zeitigen Frühjahr<br />
mit der organischen Düngung<br />
(Gülle, Festmist). Möglichst Ende<br />
Januar geht es bei ausreichend
.,;;!N.J.~~ .. !+~ . .P.J,l.~ .. 4.~.w.mr~~.J#.ff .. ?;w..J.~~.r.MJ.$.~~.P..~NP.~ ...................................................................................... a®!t.<br />
gefrorenem Boden mit dem Ausbringen<br />
von Festmist los. Pro Tag<br />
werden ca. 80-100 Tonnen ausgefahren,<br />
3-4 Tage benötigt ein Mann für<br />
den Dung von 150 Rindern.<br />
Im März - der Boden muss bereits<br />
ausreichend abgetrocknet sein -<br />
wird dann mit der Gülledüngung<br />
begonnen. Die Gülle wird über<br />
Winter in großen Stahlbetongüllebehältern<br />
gelagert. Hierin wird die<br />
Gülle mit einem Rührwerk aufgerührt,<br />
um eine gleichmäßige Konsistenz<br />
zu erhalten. Das Ausbringen<br />
geschieht mit einem selbstansaugenden<br />
Gülletankwagen, der die<br />
Gülle aus dem Behälter einsaugt<br />
und sie dann auf dem Feld über<br />
einen Verteiler gleichmäßig ausbringt.<br />
Diese Arbeit wird ebenfalls<br />
nur von einer Person erledigt. In<br />
nur drei bis vier Tagen können circa<br />
800-1000 m 3 Gülle bei entsprechend<br />
langen Arbeitstagen (Scheinwerfer<br />
mit enormer Helligkeit am Schlepper<br />
und Wagen machen Nachtarbeit<br />
möglich) ausgebracht werden.<br />
Da man nach vorheriger Berechnung<br />
weiß, wie viel organischer<br />
Dünger anfällt und ausgebracht<br />
werden muss, wissen wir auch,<br />
welche Menge des Nährstoffbedarfs<br />
hierdurch abgedeckt ist. Die dann<br />
noch bestehende Differenz muss<br />
mit Kunstdünger ausgeglichen werden.<br />
In der Regel reichen hier auf<br />
den Weiden 1,5 Doppelzentner<br />
Kalkamonsalpeter (Ein-Nährstoffdünger<br />
mit 27 Prozent Stickstoffanteil).<br />
Bei Bedarf wird im August auf<br />
den Weiden noch mal nachgestreut,<br />
um bis zum Ende der Weidesaison<br />
genügend Gras zu haben. Auf den<br />
Wiesen benötigen wir dagegen<br />
schon 2,5 Doppelzentner gleichen<br />
Düngers nach jedem Grünlandschnitt,<br />
also ca. alle 6-8 Wochen,<br />
jedoch höchstens dreimal im Jahr.<br />
Der Kunstdünger wird per LKW frei<br />
Hof geliefert, abgekippt, dann mit<br />
dem hydraulischen Frontlader in<br />
den Düngerstreuer geladen (Fassungsvermögen<br />
1,5 Tonnen) und auf<br />
dem Feld verteilt. Jährlich benötigen<br />
wir etwa 50 Tonnen Kunstdünger.<br />
Sind diese Frühjahrsarbeiten erledigt,<br />
wird zeitgleich (sobald die<br />
Witterung es zulässt) zu den<br />
genannten Arbeiten mit dem<br />
Abschleppen der Wiesen und Weiden<br />
begonnen. Dies geschieht mit<br />
einer 6 Meter breiten, hydraulisch<br />
klappbaren Wiesenegge und dient<br />
Abb. 80: Heutzutage<br />
werden<br />
riesige Schlepper<br />
und Anhäger mit<br />
hohen Aufsätzen<br />
bei der Maisernte<br />
eingesetzt.
.ß®~ ............. ... .. ............. .. ........... .............................. ........ ~~N. J.M:U!-.. ~N.Jm l.t.~.~.P..~~I~~.~IT.PJ.~. JN:m.T.~Y.~~N.P.m::.~P.~.<br />
Abb. 81: Mit der<br />
Kehrmaschine<br />
werden die Schwaden<br />
auseinander<br />
geworfen.<br />
zur Einebnung der Maulwurfshügel<br />
und Belüftung der Grasnarbe, d. h.<br />
alte, tote Gräser werden ausgerissen,<br />
damit die Grasnarbe Platz zum<br />
Wachsen hat. Anschließend werden<br />
die Weiden eingezäunt und mit<br />
Elektrodraht versehen.<br />
Ende April/ Anfang Mai ist es dann<br />
soweit, die Tiere können ausgetrieben<br />
werden. Die Jungtiere kommen<br />
auf die Weide und bleiben den<br />
ganzen Sommer draußen, ebenso<br />
die Bullen. Die kleinsten Kälber<br />
bleiben vorerst im Stall, können<br />
aber auch schon mal am Tage draußen<br />
laufen. Nachts werden sie<br />
jedoch wieder reingeholt<br />
Bei den Kühen ist zum Weideaustrieb<br />
ein gutes ,Management' erforderlich.<br />
In den ersten Tagen dürfen<br />
sie nur stundenweise auf die Weide,<br />
um eine möglichst schonende Futterumstellung,<br />
d. ' h. von Winter- auf<br />
Sommerfütterung, zu erreichen.<br />
Damit wird vermieden, dass die<br />
Kühe irrfolge eines Überhangs an<br />
leicht verdaulichen Proteinen aus<br />
dem frischen Gras Verdauungsprobleme<br />
bekommen und somit krank<br />
werden. Parallel wird den Kühen<br />
den ganzen Sommer beim Melken<br />
Silage zugefüttert, um eine möglichst<br />
hohe Milchleistung zu erzielen.<br />
Eine gesunde Kuh produziert<br />
heute ca. 6.500-7.000 kg Milch pro<br />
Jahr. Angestrebt wird eine Menge<br />
von 8.000-10.000 kg, um auch in<br />
Zukunft Milch wirtschaftlich produzieren<br />
zu können.<br />
Sind alle Tiere draußen, müssen wir<br />
die Erntemaschinen für den ersten<br />
Schnitt klarmachen, um den optimalen<br />
Erntezeitpunkt der Gräser<br />
nicht zu verpassen. Dieser ist<br />
gekommen, wenn die Hauptbestandsgräser<br />
Ähren schieben, d. h.<br />
kurz vor der Blüte stehen. In dieser<br />
Phase haben die Gräser die meisten<br />
Nährstoffe.<br />
Bei der Ernte hat sich die Silagetechnik<br />
durchgesetzt. Es wird nur<br />
noch ein kleiner Teil Heu für die<br />
jüngsten Kälber gemacht.<br />
Die Verfahren der Silageernte sind<br />
natürlich von Betrieb zu Betrieb<br />
unterschiedlich. Es kommen selbstladende<br />
Erntewagen oder Häcksler<br />
zum Einsatz, einige Betriebe vergeben<br />
die Arbeiten an einen Lohn-
.~~.J..W:~ .. ~~ .. P.Ji;~ .. ~.P:w.JK!:$.(tw.:J:' .. ?;!}.~.J..W:~T~!}.$J~.P.~ll ...................................................................................... a~.<br />
unternehmer, andere wie unser<br />
Betrieb erledigen die Erntearbeiten<br />
mit dem eigenen Maschinenpark.<br />
Stundenweise wird eine Aushilfe<br />
eingestellt.<br />
Der Ablauf ist folgender: Mit zwei<br />
Schleppern, jeweils mit einem<br />
Mähwerk ausgerüstet, wird gemäht.<br />
Die Stundenleistung beträgt ca. 4<br />
Hektar in der Stunde, der dritte<br />
Schlepper beginnt etwas zeitversetzt<br />
mit dem Kehren des frisch gemähten<br />
Grases, um so den Trocknungsvorgang<br />
zu beschleunigen.<br />
20-24 Stunden nach dem Mähen<br />
wird das Gras mit einem Schwader<br />
Abb. 82 u. 83:<br />
Vor 70 bis 80 Jahren<br />
galt dieser Grasmäher<br />
noch als fortschrittlich;<br />
heute wird<br />
mit 2 Kreiselmähern<br />
zugleich gemäht.
.ß®®............... ................................. .............. .. .......... ........ ;I;;~N. J.N:H~ .. ~N ...P..P~.. J...~.P~~J.:~~.~ .. ~~~ - J.~~.T.-t\Q~~~'P.w.J;NP.~.<br />
Abb. 85: Dieser<br />
84 m lange und<br />
3 m hohe Silo von<br />
Henning Rehder<br />
ist die Ernte von<br />
85 ha Grünland<br />
im Mai 1999. Das<br />
Futter reicht für<br />
120 Milchkühe<br />
über den gesamten<br />
Winter.<br />
Abb. 84 (vorherige<br />
Seite):Oft reicht<br />
die Kraft eines<br />
Schleppers zum<br />
Schluss nicht mehr<br />
aus, um auf die<br />
hohen Silohaufen<br />
zu fahren. Dann<br />
wird ein weiterer<br />
Trecker vorgespannt,<br />
der hilft<br />
den Silagewagen<br />
hochzuziehen.<br />
zu gleichmäßigen Schwaden<br />
zusammengezogen und sogleich<br />
beginnen wir mit dem Einfahren<br />
mittels eines selbstladenden Erntewagens.<br />
Gleichzeitig zerschneidet<br />
dieser das Gras auf eine Länge von<br />
5-7 Zentimeter. Zuhause wird alles<br />
schichtweise auf einen großen<br />
Haufen gefahren und mit einem<br />
schweren Schlepper fest gewalzt.<br />
Abschließend wird der Silo mit<br />
Folie abgedeckt und rundum luftdicht<br />
mit Sand verfüllt. Zum<br />
Beschweren werden auf dem gesamten<br />
Silo alte PKW-Reifen verteilt,<br />
eine echte Knochenarbeit. Im Jahr<br />
2000 benötigten wir für den ersten<br />
Schnitt (45 Hektar) gut 4 Tage.<br />
Hinterher wird auf den abgeernteten<br />
Feldern Gülle ausgebracht und<br />
Kunstdünger gestreut.<br />
Jetzt ist es auch an der Zeit, die<br />
kleinen Kälber auf die Weide zu<br />
lassen. Da diese noch keine Gefahren<br />
und Freiheit kennen, sind sie<br />
vorsichtig auf ihr Weideleben (der<br />
Stromdraht muss erst erkannt werden)<br />
vorzubereiten. Den übrigen<br />
Tieren werden 10 Hektar der abgeernteten<br />
Flächen des ersten Schnitts<br />
anteilig zugewiesen.<br />
Die Zeit zwischen dem ersten und<br />
zweiten Schnitt ist in der Regel<br />
immer etwas ruhiger, so dass auch<br />
Landwirte heutzutage gern mal in<br />
Urlaub fahren. Eine Vertretung lässt<br />
sich gut organisieren, ist allerdings<br />
nicht ganz billig. Wenn man Glück<br />
hat, können die dringlich erforderlichen<br />
Arbeiten wie Melken, Füttern,<br />
Tiere zählen usw. von den<br />
Altenteilern (in der Regel die Eltern<br />
und Vorbesitzer des Hofes) übernommen<br />
werden. Ansonsten muss<br />
man einen Betriebshelfer buchen,<br />
der vom Maschinenring Steinburg<br />
gegen Bezahlung gestellt wird.<br />
Je nach Witterung ist etwa 6-8<br />
Wochen nach dem ersten Schnitt<br />
der zweite Schnitt auf den Wiesen<br />
fällig. Der Ablauf ist der gleiche wie<br />
beim ersten Schnitt und braucht<br />
deshalb nicht noch mal beschrieben<br />
werden.<br />
Bei gutem Wetter ist Anfang August<br />
das Getreide reif. Da wir selbst kein<br />
Getreide anbauen, müssen wir<br />
Stroh hinzukaufen. Dies benötigen<br />
wir im Winter als Einstreu für die<br />
Kälberboxen und Festmiststände<br />
sowie als Ergänzungsfutter zur<br />
Silage für die Jungtiere. Etwa die<br />
Hälfte des benötigten Strohs holen
, J.;!.\.J.
.ß:0..ß .. ................ ............... ... ................ .. ........ .. .. ... .. .. ~!.~ . J.~\!.!~ .. !.~.. !?I!~.. t-A ~. !?)~. !.t.f.I.'~~-:.! !!~ !:T.. ~~ ~~- J. ,\!.! ~T\ !.. ~!~ ~-!?)U;~D.J; .<br />
BSE ist die Abkürzungfiir<br />
'bovine<br />
spongiforme<br />
Enzephalopathie'<br />
auch Rinderwahnsinn<br />
genannt.<br />
Hierbei handelt es<br />
sich um eine<br />
schwammartige<br />
Wucherung im<br />
Gehirn eines<br />
erkrankten Rindes,<br />
die durch sogenannte<br />
Prionen<br />
ausgelöst wird. Es<br />
gibt gesunde und<br />
bösartige Prionen.<br />
Kommen bösartige<br />
mit gutartigen in<br />
Kontakt, können<br />
diese die Eigenschaft<br />
ändern und<br />
ebenfalls bösartig<br />
werden.<br />
Abb. 87: Waschmaschine,<br />
Waschbalge,<br />
Rüjfe/brett,<br />
Wäscherolle und<br />
die an der Wand<br />
hängenden Bügelbretter<br />
in der<br />
gesäuberten<br />
Waschküche.<br />
Grüppenfräse bzw. einer Grabenschaufel<br />
erledigt. Immerhin gilt es<br />
ca. 40-50 Kilometer Gräben zu<br />
unterhalten.<br />
Hiermit möchte ich den Jahresüberblick<br />
beenden. Selbstverständlich<br />
unterscheiden sich die Jahre immer<br />
ein klein wenig voneinander. Allein<br />
schon durch die Witterung verschieben<br />
und gestalten sich die Arbeiten<br />
jedes Jahr anders. Aber das ist vielleicht<br />
auch gerade das Interessante<br />
an der Landwirtschaft, die mit der<br />
Natur im Einklang leben und arbeiten<br />
muss.<br />
Ich habe versucht, den Ablauf eines<br />
Jahres in unserem landwirtschaftlichen<br />
Betrieb darzustellen. Dabei<br />
stellte ich fest, dass der Beruf ,Landwirt'<br />
eine echte Herausforderung<br />
darstellt: Wenig Freizeit, nicht<br />
immer vorhandene Akzeptanz in<br />
der Bevölkerung und immer höher<br />
werdende Ansprüche von Seiten<br />
der Politik und der Verbraucher an<br />
den Unternehmer Landwirt. Ich<br />
hoffe, es ist mir gelungen, auch<br />
Nicht-Eingeweihten einen Einblick<br />
zu verschaffen.<br />
BSE - Aus aktuellem Anlass<br />
Das Thema BSE ist zur Zeit in aller<br />
Munde. Die hier ansässigen Milchund<br />
Fleischbetriebe sind gleichermaßen<br />
von der BSE-Krise betroffen,<br />
auch wenn bisher im Gemeindegebiet<br />
glücklicherweise noch kein<br />
BSE-Fall aufgetreten ist. Die nachfolgenden<br />
Ausführungen von Johannes<br />
Rehder können das Thema nur<br />
streifen, dennoch ist es Wunsch der<br />
Gemeinde, hier Anknüpfpunkte zu<br />
schaffen, für den Fall, dass die<br />
Chronik in einigen Jahrzehnten<br />
fortgeschrieben wird:<br />
Am 24. November 2000 wurden<br />
erstmals BSE-Erreger in der Fleischprobe<br />
einer deutschen Kuh ,zufällig'<br />
entdeckt. Denn nach dem Zufallsprinzip<br />
waren bei der Schlachterei<br />
Basche in Itzehoe Proben von geschlachteten<br />
Rindern entnommen<br />
und auf diesen Erreger untersucht<br />
worden. Unter diesen Proben<br />
befand sich auch das Fleisch der<br />
fün fjährigen Kuh eines landwirtschaftlichen<br />
Betriebes im Kreis<br />
Rendsburg-Eckernförde.<br />
Die Meldung schlug ein wie eine<br />
Bombe, galt Deutschland bis dato<br />
als BSE-frei. Fortan überschlugen<br />
sich die Ereignisse. Im Alleingang<br />
ordnete die Bundesregierung sofortige<br />
Schnelltests für alle geschlachteten<br />
Rinder an, die das Alter von<br />
30 Monaten überschritten hatten.<br />
Mittlerweile werden alle geschlachteten<br />
Rinder getestet, die älter als<br />
24 Monate sind. Bei jüngeren Tieren<br />
konnten die Erreger bislang nicht<br />
nachgewiesen werden. Bis 1.3.2001<br />
sind im gesamten Bundesgebiet<br />
bereits 44 BSE-Fälle aufgetreten.<br />
Man befürchtet jedoch, dass dies<br />
nur die Spitze des Eisbergs ist.
. W:~5.( .l.!P. :~.~ . .F~ .. P.'-'. . 5.Q.!\~.1Q~H~~,~ ---·········· · · ·· ····································· · ·············· · ··· · ············· · ··· · ···················· ............................... J.00.<br />
WASCHDAG IN DE<br />
.................. ?. .Q~~ . .J9.~.~~ ............... ..<br />
Von Käthe Meiforth, Averfleth<br />
So gau as dat hüüttodaags is,<br />
Waschmaschien an, vörher sorteern<br />
op 30-40/60/90 Graad, so weer dat bi<br />
uns anfangs nich. Nu is dat so: Rin<br />
in de Waschmaschien, rut ut de<br />
Waschmaschien, rin in den Dröger,<br />
rut ut den Dröger un denn treckst<br />
dat Tüüg wedder an.<br />
Vöör unse Tiet fung dal siinndaagavends<br />
an. Ik weet, wenn mien<br />
Modder vertellen de un se weer<br />
sogoor 'n beten fünsch dorop. Sünndaagavend<br />
na'n Melken keem de<br />
Köökschen bi ehr in Laden, hüüt<br />
seggt m an ,Dien stmädchen' (giff dat<br />
sowieso nich mehr) . - ji weet ja noch<br />
oll, dat juun Oma een ,Tante-Emma<br />
Laden' harr, wi seggt dar op'n Dörp<br />
ja ,Höker' to; na un nu wieda. -<br />
Denn kernen de Deerns, breden een<br />
grotes, blaues Dook, so 80 x 80 op'n<br />
Ladendisch ut, un denn woor inköfft:<br />
1 Pak ,Persil', dat geev dat dormaals<br />
ok al, weer aver blot 1 Pund Waschpulver<br />
binnen, 1 Pak ,Henko', dat<br />
Paket weer noch lütter, 1 Pak ,Sil',<br />
dat weer noch lütter, denn noch<br />
,Blaupapier' un ,Hoffmannsstärke',<br />
dat mit de wille Kalt, giff dat hiiüt ok<br />
noch. Denn woor dat blaue Dook<br />
över Krüüz tosaambunnen, un Oma<br />
m üss dat in't Book anschrieben,<br />
denn Geld kregen de Kökschen nich<br />
mit. Oft woor denn noch een Kann<br />
vull Petroleum mitnahmen, wegen<br />
den Waschketel, de viflicht nich<br />
brennen wull, wie] wi scheven Wind<br />
harrn. De Petroleumtank stünn<br />
glieks üm de Eck achterde Döö1: Dat<br />
weet ji villicht noch. Weer so ähnlich<br />
, als wenn du nu för een Moped<br />
tanken wullt. Dal weer de eerste<br />
Deel, Oma fre u sik bannig siinndaags<br />
so um de Avendbrottiet mit<br />
stinkige Petroleumhannen!!!!!!!<br />
Anfangs passeer dat Waschen noch<br />
in Kohstall, blang dat Regenbassin.<br />
Later as wi Köök un Waschköök mit<br />
een grooten Waschgropen baut<br />
harrn, woor dat ja al'n beten beter.<br />
Dat Regenbassin weer ganz wichtig,<br />
wuschen woor bloot in Regenwater,<br />
uns Grundwafer is so iesenhalig, dar<br />
kreegs överhaupt keen Schuum vun<br />
dat Sepenpulver. Wuschen woor ja<br />
ok bloot oll dree Weken, aver denn<br />
gung de ganze Week dar överhin.<br />
Wedder to Huus, woor dat Tüüg in<br />
de opstellten Zinkwanns, Plaslikwanns<br />
geev dat jo noch nich, sorteert,<br />
Water rop un Henko rinschüdd,<br />
dat weer een Inweekmiddel. Maandagmorgen<br />
gung dat denn richtig<br />
los: Waschgrapen anböt, wat mitünner<br />
recht swoor wee1; wenn wi den<br />
richtigen Wind nich harrn. Wäsch ut<br />
dat Henkowater, utwringen, de<br />
Schiet harr sik över Nacht so richtig<br />
löst. Rin in Grapen, Persil rop, un<br />
koken loten. Af un an um röhren mit<br />
een grooten holten Wäscheknüppel.<br />
Later ut de Sepenloog rutnehm un<br />
denn gung dat Rüffeln los, op dat<br />
Waschbrett, dat se nu blot noch to'n<br />
Musik maken brukt. Later kregen wi<br />
so'n Stamper. Denn stampen wi de<br />
Wäsch al in Gropen. De woor dahldrückt<br />
in de Wäsch un wedder<br />
hoochhalt. Denn spölt dat Sepenwater<br />
so richtig dörch de Wäsch dörch.<br />
Noch later kregen wi een hölten<br />
Waschmaschien. De harr een<br />
Schwingel ande Siel, den müssen wi<br />
so een halve Stunn hin un her<br />
bewegen, de weer mit een Kammrad<br />
ünner de Maschien verbunnen, de<br />
sett wedder een holten Kriiüz in de<br />
Maschien in Gang un de Wäsch<br />
woor dordörch hin und her bewegt.<br />
Dat weer ganz fortschrittlich un<br />
Arbeitserleichterung.<br />
Un nu gung dal Spölen los. Eerst<br />
Etwa alle drei<br />
Wochen gehörte<br />
der sogenannte<br />
Waschtag zu den<br />
schwersten<br />
Arbeitstagen in<br />
der Hauswirtschaft.<br />
Dem eigentlichen<br />
Waschen ging das<br />
Einweichen der<br />
Wäsche in Zinkwannen<br />
voraus.<br />
Am nächsten<br />
Morgen wurde die<br />
Wäsche gekocht,<br />
wobei dem Waschwasser<br />
eine<br />
bestimmte Menge<br />
von Waschmittel<br />
zugesetzt wurde.<br />
Durch Reiben auf<br />
dem Rüffelbrett<br />
sollten die<br />
Schmutzteile<br />
endgültig gelöst<br />
werden. In späterer<br />
Zeit wurden<br />
diese Arbeiten mit<br />
Hilfe von Waschmaschinen<br />
erleichtert.
,{~~ .D ............................................................................................................................. ............... Wt~P.!I.:?;\~i .. !N.P'f. .. 5.Q.m~. JQ! .I.~g_;;,: .<br />
Im nächsten<br />
Arbeitsgang wurde<br />
die Wäsche dreimal<br />
mit klarem<br />
Wasser durchgespült,<br />
ausgewrungen<br />
und an der<br />
Wäscheleine zum<br />
Trocknen aufgehängt.<br />
Zum<br />
Abschluss wurde<br />
die Wäsche nach<br />
dem Trocknen mit<br />
dem Bügeleisen<br />
geglättet und bei<br />
Bedarf ausgebessert.<br />
73<br />
utwringen, rin in de eerste Wann mit<br />
schier Water, immer op un daal,<br />
utwringen, in de tweete Wann mit<br />
frisch Water, ümmer op un daal un<br />
utwringen. Denn in de drütte Wann<br />
noch maal datsülve. Dat Tüüg, wat<br />
recht schöön witt warm schull, woor<br />
noch in Silwater ]eggt oder in een<br />
Wann mit Blaupapier. Blaupapier<br />
weem Papierstücke, bickbeerenblau,<br />
so 8 x 1 0 cm groot, de warm in een<br />
Wann mit Woter ]eggt un de Wäsche<br />
woor för een halve Stunn dorrin<br />
packt. Wenn allens wedder utwrungen<br />
west, keem dat in denn Wäschekor/<br />
ut Peddigrohr oder Weiden, un<br />
denn gung't na buten. In Appelhoff<br />
weer de Wäschelien krüüz un quer<br />
spannt, un wenn de Sünn schien,<br />
mit een lütten beten Wind, denn<br />
weer dat herrlich.<br />
In twüschen woor in de Sepenloog<br />
vun de witte Wäsch de Buntwäsch<br />
rinpackt. Stück Holt nabött un de<br />
nafolgende Wascharbeit weer desülve<br />
as vörhin. Denn keem noch de<br />
Arbeitsbüxen un Jacken in de<br />
gebrukte Loog, de sehg würklich nich<br />
mehr schöön ut. Mit de Monschesterbüxen<br />
woor denn rutgohn op de<br />
Opbohnbrüch, de Büxen hinleggt un<br />
denn mit den Leuwagen (oder<br />
Schrubber, dat is beler to verstahn)<br />
de letzte Kohschiet rünnerböst. Wenn<br />
denn allens an de Lien bummeln de,<br />
weer man froh. De Waschköök woor<br />
schrubbt un oll de Dören opreten,<br />
darmit dat denn ok gau dröögt. Dat<br />
weer de Waschdag. To Meddag geev<br />
dat mehrst dicken Ries oder Avenkater,<br />
wat ja eenfach weer.<br />
Annem Dag gung dat wieder. De<br />
Stärkewäsche, Oberhemden u.s.w.<br />
dat goode Tüüg jedenfalls woor,<br />
anfuchten, reckt un oprullt. Un denn<br />
gung dat Plätten los. Wi harm jo al<br />
een elektrisches Bögeliesen, unse<br />
Mudder un Tanten harm noch een<br />
Holtkohleniesen. Holtkohl kunnst<br />
bi'n Höker köpen, ji warm woll<br />
,Grillkohle' dorto seggen. De woor<br />
in't Plättiesen doon, Stück Brikettgloot<br />
mit rin un denn na buten, hin<br />
un her swenkt, darmit dar Tag rin<br />
keem un glönig warm de. Wenn<br />
allens plätt un schier weer, gung dal<br />
neegsten Dag an Tüüg heel moken.<br />
Ünnerbüxen stoppen, Bettlaken<br />
flicken, Knööp anneihen u.s. w.<br />
Abb. 88: Bäckerei<br />
Otto Nagel, zuvor<br />
J. Heesch, in<br />
Vorder-Neuendorf<br />
mit integriertem<br />
Kolonialwarenladen.<br />
lfßlill<br />
~lli<br />
~<br />
~7
I I \~P~ .E~~~~.. ~ ..:'i!.?<br />
.. G.r.~. f~Wm~T.~. ! ~.J;IJ . P.J;,~ .. ~! .. TI-.~ .. Z!ir!: ................................................................................................... J.J(!.<br />
HANDWERKS- UND<br />
G EWERBEBETRIEBE<br />
D ER ALTEN Z EIT<br />
Ein Strukturwandel fand nicht nur<br />
in der Landwirtschaft, sondern auch<br />
bei den örtlichen Handwerksbetrieben<br />
statt. Entlang Hackeboe beispielsweise<br />
gab es in den 30er/40er<br />
Jahren noch eine Vielzahl von<br />
Handwerks- und Gewerbebetrieben.<br />
Angefangen bei den Zimmereibetrieben<br />
Lau und Schuard, wovon<br />
sich die Zimmerei Schuard auf<br />
Mühlenbau spezialisiert hatte.<br />
Weiter mit der Gärtnerei Möller,<br />
dem ,Fa hrradflicker' Abraham und<br />
dem Schuhmacher Julius Halmschlag,<br />
in dessen Haus 1931 eine<br />
Nebenstelle des Wilsteraner Postamtes<br />
eingerichtet wurde, die seine<br />
Schwiegertochter bis 1966 weiterführte.<br />
Am anderen Ende von<br />
Hackeboe befand sich die Malerwerkstatt<br />
der Fa milie Oehlers.<br />
Bevor sie dieses Haus (Hackeboe 43)<br />
1923 erworben hatte, betrieb Johannes<br />
Maaß hier eine Weberei sowie<br />
einen 'Steh-Bierausschank'. Als auf<br />
der Wilster-Au noch reger Verkehr<br />
herrschte, konnten die Schiffer dort<br />
ihren Durst löschen . An derselben<br />
Stelle soll dem Hörensagen nach<br />
einst eine hölzerne Kapelle gestanden<br />
haben. Abschließend befand<br />
sich in Hackeboe bis vor kurzem<br />
noch der Malerbetrieb der Familie<br />
Haack, die gleichzeitig einen Kolonialwarenladen<br />
führte. Einen<br />
solchen Laden hatte einst auch<br />
Bäcker Otto Nagel aus Vorder<br />
Neuendorf. Neben dessen Bäckerei<br />
gab es dort noch zwei Schuster.<br />
Einer davon, Otto Göttsche, arbeitete<br />
gleichzeitig als Reetdachdecker.<br />
Noch im Alter von 86 Jahren fertigte<br />
dieser das Reetdach für die Schautafel<br />
an der Tiefsten Landstelle.<br />
Das Schuhmacherhandwerk war<br />
allgemein gut vertreten in der Gemeinde<br />
Neuendorf. Neben den<br />
Schusterwerkstätten in Hackeboe<br />
und Vorder-Neuendorf gab es noch<br />
den Schuster Feldmann in Averfleth,<br />
den Schuster Rogkensack in<br />
Abb. 89: Der alte<br />
Zimmermeister<br />
Markus Schuard<br />
(rechts) mit seinen<br />
Gesellen beim<br />
Wiederaufbau des<br />
Schippmannhofes<br />
in Hackeboe 1915.<br />
Um die Jahrhundertwende<br />
gab es<br />
einen weitereren<br />
Schuster in Hackeboe.<br />
Claus Heutmann<br />
war lange<br />
Jahre in der<br />
Gemeindevertretung<br />
aktiv und von<br />
1906 bis 1921<br />
Gemeindevorstehet:
.~ ?J. :1. ...... ................ .... ...... ........ .................................. ... ......... ... .. ......... ... ~!&~9)~! ~~-~~-~,;~ .. SI~~-~~~ .. ~.Ur .. !?. ~;\ .. ~9.m~. J :\~!IW;~ .<br />
··································································································································································· ·········································<br />
... · · ..<br />
L~bVNcwer Fei4 G~ 74<br />
Wcwvtop 'mtG~ ~~{~.Mt,<br />
de.ttt.ntwcwr-t ~olvlfl'"~~<br />
V~V G r~O"WI/ wcu--Y"t b4t.et" x:hcwe.t'll.<br />
V~V G~ wcu--Y"t t:YClktee-t-t,<br />
W'll d.e"G~ ~~<br />
Nw k.ee.m- , Wuppe.V op' Y11 Börv uv 5chw~<br />
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D.ampfmühle Ave.rfleth<br />
Achterhörn sowie den Schuhmacher<br />
Jacob Groth in Hinter<br />
Neuendorf.<br />
Ebenfalls in Hinter-Neuendorf<br />
befand sich die Poststelle der Familie<br />
Fink. Der ,Handelshof' wird in<br />
der Kombination Gaststätte und<br />
Viehhandel bereits in der dritten<br />
Generation betrieben. Ein paar<br />
Häuser weiter befand sich die Stellmacherei<br />
von Peter Struve. Eine<br />
weitere Stellmacherei bestand zur<br />
Jahrhundertwende in Averfleth und<br />
arbeitete eng mit der benachbarten<br />
Abb. 90: Hierbei<br />
handelt es sich um<br />
die Kornmühle<br />
von Heinrich<br />
Stührk im Jahr<br />
1913 (Poststempel).<br />
Es ist anzunehmen,<br />
dass<br />
diese Mühle einst<br />
zur Grafschaft<br />
Rantzau gehörte.<br />
Info/ge der Einziehung<br />
allen Rantzauischen<br />
Besitzes, wurde<br />
die Mühle 1721<br />
königliches Eigentum<br />
und in eine<br />
Erbpachtmühle<br />
umgewandelt. Ein<br />
Kornmüller j ener<br />
Zeit war Peter<br />
Meyforth (1774-<br />
1836). Unter<br />
preußischer Herrschaft<br />
wurde die<br />
Zeitpacht aufgehoben.<br />
Bevor Heinrich<br />
Stührk die<br />
Mühle erwarb,<br />
hatte sie dem<br />
Müller Runge<br />
gehört. Dieser war<br />
nach Amerika ausgewandert.<br />
Mittels eines<br />
Motors wurde dort<br />
seit 1924 auch<br />
Strom erzeugt.<br />
Mitte der 30er<br />
Jahre wurde die<br />
lokale Stromerzeugung<br />
durch die<br />
220- Volt-Überlandleitung<br />
ersetzt. Einige<br />
Höfe in Achterhörn/Stadtmoorwurden<br />
erst zu<br />
dem Zeitpunkt an<br />
das Stromnetz<br />
angeschlossen und<br />
mit Elektrizität<br />
versorgt.
.ß:J. ~J ...................................... .......................... ............................... R~.N.~W.~~.JS!!~ .. ~ ! ;"'.~ .. GJW.l.'.~~.l.'.!~~I~ ! .f:Jm .. P..P~ .. :\I.T~;"~~ .. ZPr.<br />
Abb. 91: Diese<br />
alte Fotografie<br />
zeigt Peter Nagel<br />
bei der Arbeit<br />
zusammen mit<br />
seiner Frau in der<br />
Schus lerwerks Ia tl<br />
in Averfleth.<br />
Insgesamt fand<br />
eine Verschiebung<br />
vom produzierenden<br />
und verarbeitenden<br />
Gewerbe<br />
hin zum Dienstleistungsgewerbe<br />
statt.<br />
Von den 19 gemeldeten<br />
Gewerbebetrieben<br />
im<br />
Gemeindegebiet<br />
sind ca. 95% im<br />
Dienstleistungssektor<br />
tätig<br />
(Stand 20.3.2001).<br />
Schmiede zusammen. Ebenfalls in<br />
Averfleth gab es die Zimmerei Feldbusen,<br />
der ein kleiner Krämerladen<br />
angegliedert war. Eine andere Zimmerei<br />
nebst Sägemühle (Haack)<br />
stand seinerzeit an der Wilster-Au<br />
schräg gegenüber vom Duckunder.<br />
Heute kennzeichnet der alte Baumbestand<br />
den einstigen Standort.<br />
Bei dieser Auflistung alter Gewerbetreibender<br />
im Gemeindegebiet sollte<br />
das ,Allroundtalent' Peter Nagel<br />
nicht fehlen. Zur Jahrhundertwende<br />
in Averfleth wohnhaft, ist er, wenn<br />
auch nur noch dem Hörensagen<br />
nach, vornehmlich den Alteinwohnern<br />
Averfleths ein Begriff. Die<br />
Schusterwerkstatt und Gerberei<br />
hatte er bereits von seinem Vater<br />
übernommen. Mit seinem Schiff<br />
fuhr er Torf nach Harnburg und<br />
seine Frau betrieb einen Krämerladen.<br />
Nebenbei war Peter Nagel als<br />
Humanmediziner, Tierarzt und<br />
Barbier tätig. So half er den Leuten,<br />
wenn sie Warzen, Hühneraugen und<br />
andere Leiden hatten oder einen Rat<br />
benötigten. Jeden Sonntagmorgen<br />
saßen die Männer aus dem Dorf in<br />
seiner Stube, um sich rasieren oder<br />
die Haare schneiden zu lassen. 1909<br />
konnte er sein 50-jähriges Geschäftsjubiläum<br />
begehen. Um die<br />
Vielseitigkeit seines Könnens zu<br />
unterstreichen, möchte ich gern<br />
folgende Meldung aus der Wilsterschen<br />
Zeitung vom 9. Mai 1891<br />
wiedergeben: "Es ist ein Kalb mit<br />
zwei Köpfen und zwei Hälsen auf<br />
dem Hofe Peter Meiforth zur Welt<br />
gekommen. Leider ist es bei der<br />
schwierigen Geburt gestorben,<br />
ansonsten wäre es aber volllebensfähig<br />
gewesen. Der hiesige Schuhmacher<br />
Peter Nagel hat es sorgfällig<br />
ausgestopft und bei sich z u Hause<br />
aufgestellt."
. ~.f:!I~~1.P?.~ .......................... ................................................................................................................................................................ J.i!.e1.<br />
SCHMIEDE<br />
Schmied ist einer der ältesten<br />
Handwerksberufe, der den Germanen<br />
schon 500 Jahre vor der Zeitenwende<br />
bekannt war. Beim<br />
Schmiedevorgang wird Metall im<br />
offenen Feuer erhitzt, um es anschließend<br />
mit einer Vielzahl von<br />
Werkzeugen zu bearbeiten. Hierzu<br />
stehen dem Schmied neben dem<br />
Amboss als Arbeitsplattform verschiedene<br />
Hämmer, Zangen, Meißel<br />
und Messer in mannigfaltiger Ausführung<br />
zur Verfügung.<br />
Die örtlichen Schmieden (Averfleth<br />
und Dückerstieg) fertigten in der<br />
Regel die Arbeitsgeräte zur Bewirtschaftung<br />
der Felder, gleichzeitig<br />
aber auch Werkzeuge, Klingen<br />
sowie Eisenreifen und -beschläge<br />
für die Kastenwagen. Das ,Fo hlenbrennen'-"<br />
zähl te ebenso zu ihren<br />
Aufgaben wie das Beschlagen der<br />
Pferde. Im Winter ging der Schmied<br />
von Hof zu Hof, um den jungen<br />
Pferde die Hufe zu beschneiden.<br />
Hufeisen bekamen sie erst im Alter<br />
von 3-4 Jahren. Kurz nach dem<br />
Krieg, als Eisen schwer zu beschaffen<br />
war, hat man die Hufeisen aus<br />
alten Maschinengewehrläufen gefertigt.<br />
In der alten Ziegelei in Nortorf<br />
befand sich damals ein Waffendepot<br />
Es wurden die unterschiedlichsten<br />
Hufeisen gefertigt, auch<br />
geschlossene. Um im Winter die<br />
Rutschfestigkeit zu erhöhen, konnte<br />
man Eisnägel in die Eisen schlagen<br />
bzw. Stollen reinschrauben.<br />
Auch das Schärfen von Pflugscharren<br />
und Beilkeilen fiel in den Aufgabeobereich<br />
dieser Schmieden. Der<br />
Schleifstein in Averfleth musste<br />
damals noch von Hand betrieben<br />
werden. In der Schmiede beim<br />
Dückerstieg gab es glücklicherweise<br />
schon einen Motor, der über Treibriemen<br />
mit mehreren Arbeitsmaschinen<br />
verbunden war (Transmission)<br />
.<br />
Mit zunehmender Technisierung in<br />
der Landwirtschaft wandelten sich<br />
die Anforderungen an den Schmiedebetrieb.<br />
Viele traditionelle Arbeiten<br />
verschwanden aus dem<br />
Abb. 92: Die<br />
Schmiede beim<br />
Dückerstieg im<br />
Jahr 1920. in der<br />
Mitte steht der<br />
Schmied Markus<br />
Ho/let; links sein<br />
Nachfolger Willy<br />
Johannsen.<br />
Johannes Holler,<br />
Sohn von Markus<br />
Holler, betrieb<br />
nebenan ein<br />
Elektrogeschäfl.<br />
Deshalb wurden in<br />
der Schmiede auch<br />
schon frühzeitig<br />
verschiedene<br />
Maschinen über<br />
Transmission<br />
angetrieben. Im<br />
Hintergrund ist<br />
ein Windrad zu<br />
erkennen, durch<br />
welches die Transmiss<br />
ion mittels<br />
einer Welle in<br />
Drehung versetzt<br />
wurde.
.ßJ :~ ................. .......................................................................................... ....................... ..................................................... S.P. !~Hm?.!i.<br />
Schmiede (1963)<br />
1963-1992 Reinhard Holm<br />
1992-1994 Raiffeisen HaGe<br />
seit 1994 Horst Dohrn<br />
··-...<br />
, ·-----..._<br />
, chlcrf .. ·-·----...<br />
------------------~~:.rn ..__ ·--------------..._<br />
·- ··-.......··<br />
·•···········...............<br />
Bauernhof mit Schmiede (1848)<br />
1848-1877 Christian Haack<br />
1877-1909 Lorenz Nagel<br />
··................... ....... ····•··•· ...<br />
Abb. 93: Die<br />
Dorfschmiede in<br />
Averjleth mit<br />
ihrem jeweiligen<br />
Besitzer und<br />
Standort.<br />
Weil das alte<br />
Bauernhaus mit<br />
Reet gedeckt war,<br />
war das Gebäude<br />
durch das offene<br />
Feuer der Esse<br />
gefährdet. Deshalb<br />
zog Lorenz Nagel<br />
in die gegenüberliegende<br />
Stellmacherei.<br />
Diese war<br />
j edoch nicht sehr<br />
groß, weshalb sie<br />
um einen Schuppen<br />
und ein<br />
Beschlagschauer<br />
vergrößert wurde.<br />
Nebenbei betrieb<br />
Lorenz Nagel eine<br />
Kohlenhandlung<br />
und hielt Schweine.<br />
Arbeitsalltag, andere, neue Aufgaben<br />
kamen hinzu. Der Landmaschinenhandel<br />
und deren Reparatur<br />
gewann an Bedeutung. Anfangs<br />
wurden die Maschinen noch in<br />
Einzelteilen zerlegt mit der Bahn<br />
angeliefert und in der Schmiede<br />
endmontiert Peter Marler aus Hackeboe<br />
erinnert sich, dass schon zu<br />
seiner Lehrzeit (1944-46) von den<br />
sechs Lehrlingen pro Lehrjahr<br />
jeweils drei zum Landmaschinenmechaniker<br />
ausgebildet wurden. Er<br />
hatte beim Schmied Willy Johannsen<br />
auf dem Dückerstieg gelernt.<br />
Zuvor hatte er da bereits ein Jahr als<br />
Laufjunge gearbeitet. Insgesamt<br />
waren dort 18 Mann beschäftigt,<br />
davon 12 Lehrlinge, bei freier Kost.<br />
Im Verhältnis dazu war die Schmie-<br />
vor1909<br />
1909-1924<br />
Stellmacherei<br />
Lorenz Nagel<br />
Franz Mede<br />
Emil Meiforth<br />
Timm<br />
1933-1962 Johannes Holm<br />
1962-1963 Reinhard Holm<br />
de in Averfleth recht klein. Anfangs<br />
arbeitete Johannes Holm gar allein.<br />
Deshalb musste seine Frau den<br />
schweren Blasebalg bedienen. Erst<br />
später kamen Gesellen und Lehrlinge<br />
hinzu. Einer dieser ehemaligen<br />
Lehrlinge, Peter Steen, ist der<br />
Schmiede in Averfleth treu geblieben<br />
und arbeitet dort nun schon<br />
über 40 Jahre.<br />
1962 übernahm Reinhard Holm den<br />
väterlichen Betrieb und siedelte<br />
bereits ein Jahr später in die neu<br />
errichtete Schmiede auf der gegenüberliegenden<br />
Straßenseite um.<br />
Neben dem ,normalen' Schmiedebetrieb<br />
handelte er mit Landmaschinen,<br />
Fahrrädern, Propangas,<br />
Treibstoff, Motorrädern, Fahrzeugen
. ~.~J1~!.1J !?.!; .. , ... ......... ........................................................................................................................................................................... 1:ü.tl<br />
und Flüssiggasgeräten. Als Reinhard<br />
Holm nach schwerer Krankheit<br />
starb, verpachtete seine Frau Inge<br />
den Betrieb zunächst an die Raiffeisen<br />
HaGe, welche d ie Werkstatt in<br />
gleicher Weise fortführte. In diesen<br />
2 Jahren leitete bereits Horst Dohrn<br />
den Betrieb, jedoch noch als Angestellter<br />
der Raiffeisen HaGe. Erst<br />
Ende 1994 wagte er den Schritt in<br />
die Selbstständigkeit und pachtete<br />
die Werkstatt direkt von Inge Holm.<br />
Horst Dohrn lernte ebenso wie einst<br />
Peter Marler beim Schmied auf dem<br />
Dückerstieg. Jedoch genoss er die<br />
Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker.<br />
Die Gesellenjahre verbrachte<br />
er bei Carstens in<br />
Schenefeld. Anschließend machte<br />
er seinen Meister und arbeitete bis<br />
1992 bei Laskowski in Elbersbüttel<br />
(kurz vor Meldorf) .<br />
Somit ist Peter Steen der einzige<br />
gelernte Schmied im Betrieb von<br />
Horst Dohrn. Die anderen drei Mitarbeiter<br />
sind auch Landmaschinenmechaniker,<br />
bzw. einer von ihnen<br />
hatte Maschinenbauer gelernt und<br />
sich als Quereinsteiger im Rahmen<br />
einer Umschulungsmaßnahme auf<br />
Melktechnik spezialisiert.<br />
Vor diesem Hintergrund ist die<br />
Bezeichnung ,Schmiede' irreführend,<br />
auch wenn sie im Volksmund<br />
traditionell weiterhin gebräuchlich<br />
ist. Zwar gibt es immer noch das<br />
gute alte Schmiedefeuer, einst<br />
Mittelpunkt einer jeden Schmiede,<br />
jedoch findet man es heute meist<br />
irgendwo im Hintergrund und nur<br />
selten wird es noch entfacht. Es<br />
verlor mit Erfindung des elektrischen<br />
Lichtbogenschweißens an<br />
Bedeutung. Da viele Landwirte<br />
selbst schweißen können, machen<br />
sie in der Regel die kleineren Reparaturen<br />
selbst.<br />
Der Kundenkreis beschränkt sich<br />
hauptsächlich auf die Landwirtschaft<br />
, deshalb sind die Arbeitsfelder<br />
überwiegend in diesem Bereich<br />
angesiedelt. So reicht das Arbeitsspektrum<br />
von der Installation und<br />
Wartung der Melk- und Fütterungstechnik<br />
bis hin zum Verkauf aller<br />
landwirtschaftlichen Maschinen,<br />
seien es Schlepper, Heumaschinen<br />
oder dergleichen.<br />
Doch mit zunehmenden maschinellen<br />
Feinheiten werden die Reparaturen<br />
immer aufwendiger. Dieses<br />
Spezialwissen ist durch eine einfache<br />
Lehre nicht mehr zu vermitteln,<br />
da die Ausbildung mit den<br />
technischen Neuerungen kaum<br />
Schritt halten kann. Deshalb nutzen<br />
sie die jährlich stattfindenden Schu-<br />
Abb. 94: Ein<br />
Amboss steht auch<br />
heute noch in der<br />
Schmiede in<br />
Averjleth. Im<br />
Hintergrund<br />
befindet sich die<br />
Feuerstelle.<br />
Ein Stellmacher<br />
fertigte die Holzarbeiten<br />
fiir Fuhrwerke<br />
und<br />
Ackergeräte an.<br />
Bei der Herstellung<br />
der Holzräder<br />
arbeiteten<br />
Schmied und<br />
Stellmacher eng<br />
zusammen.
.ß i!..:E3 ................................................. ............... .............................................................. ...................................................... ... ~~:1.! ;~!.1. E!?.f: .<br />
Abb. 95: Werkstatt<br />
von Horst Dohrn<br />
in Averjleth. In der<br />
Mitte ist Horst<br />
Dohrn gerade<br />
dabei, einen alten<br />
Trecker zu reparieren.<br />
Iungen (meist im Januar und Februar)<br />
zur Fortbildung. Diese Schulungen<br />
werden von den Vertriebspartnern,<br />
von denen Horst Dohrn<br />
die jeweiligen Maschinen bezieht,<br />
durchgeführt. Beispielsweise verkauft<br />
er Schlepper der italienischen<br />
Firma ,Landini'. Diese Schleppermarke<br />
ist neu in dieser Gegend und<br />
steht in Konkurrenz zu den bisher<br />
üblichen Marken ,Deutz' und<br />
,Fendt'. Bei den Heumaschinen<br />
arbeitet er dagegen mit der Firma<br />
,Pöttinger' zusammen und so hat er<br />
für jeden Betriebszweig einen anderen<br />
Vertragspartner. Der Verkauf der<br />
Maschinen ist neben dem normalen<br />
Werkstattbetrieb ein wichtiges<br />
Standbein.<br />
Früher wurden die<br />
Lebens- und<br />
Genussmi/lei noch<br />
mit dem Sammelbegriff<br />
'Kolonialwaren<br />
umschrieben. ln<br />
seiner ursprünglichen<br />
Bedeutung<br />
waren damit die<br />
Waren aus Übersee<br />
gemeint.<br />
KOLONIALWARENLADEN<br />
HEINZ IIAACK<br />
Im späten Mittelalter ging der Handel<br />
noch von den Städten aus. Von<br />
dort wurden die umliegenden Gebiete<br />
versorgt. Seit dem 16. und 17.<br />
Jahrhundert siedelten sich die Höker<br />
und Krämer auch in den Dörfern an.<br />
Beim Höker konnte man die wichtigsten<br />
Lebensmittel wie Brot, Butter,<br />
Käse, Speck und Mehl, später auch<br />
Bier und Branntwein kaufen.<br />
Die Krämer hatten zusätzlich noch<br />
Tee, Zucker, Sirup, Seife, Öl und<br />
Gewürze im Angebot.<br />
Einen solchen Krämerladen belrieben<br />
Margareta und Joachim Kloppenburg<br />
in Hackeboe. Das Haus<br />
(Hackeboe 40) erwarben sie von<br />
Cornelius Finck. 1910 eröffneten sie<br />
das Geschäft. Von 1937 bis 1962<br />
führte deren Tochter, Marlha Haack<br />
(geb. Kloppenburg), den Laden weiter,<br />
bis sie ihn am 1.9.1962 an ihren<br />
Sohn, Heinz Haack, übergab.<br />
Heinz Haack hatte seiner Mutter<br />
schon als Kind im Laden ausgeholfen.<br />
Von 1951 bis 1954 absolvierte er<br />
im Gemischtwarenladen ,Hermann
.Km,o~~~~~.'!~~4\Q,~.~ .. H.fi!~;? .. tl.~.~~ ................................................................................................................................... J .:l~.<br />
Kloppenburg' in Wilster die Ausbildung<br />
zum Kaufmannsgehilfen.<br />
Danach wechselte er zum Tabakwarenhändler<br />
Simonsen. Einige Zeit<br />
später ging dieser Betrieb in den<br />
Besitz der Firma Gyllensvärd aus<br />
llzehoe über, wo Heinz Haack bis<br />
zu seiner Pensionierung im Außend<br />
ienst tätig war. Parallel betrieb er<br />
gemeinsam mit seiner Frau den<br />
kleinen Kaufmannsladen im Nebenerwerb.<br />
Schon früher konnten die<br />
meisten ländlichen Höker- und<br />
Krämerläden nur in Kombination<br />
mit anderen Erwerbszweigen existieren.<br />
Um die Jahrhundertwende<br />
beispielsweise führte die Familie<br />
Heeckt/Egge parallel zur Gastwirtschaft<br />
einen kleinen Laden nebenher.<br />
Ebenso waren an die Zimmerei<br />
Feldbusen in Averfleth und Bäckerei<br />
Nagel in Vorder-Neuendorf kleine<br />
Krämerläden angegliedert.<br />
Heinz Haacks Kundschaft stammte<br />
aus der Umgebung und obwohl die<br />
ganze Woche geöffnet war, kamen<br />
die meisten Kunden Sonnabends.<br />
Die männliche Kundschaft nutzte<br />
die Gelegenheit häufig für einen Abstecher<br />
in die nahegelegene Gaststätte<br />
,Zum Dückerstieg'. Auf dem<br />
Hinweg gaben sie ihre Bestellung<br />
ab, um selbige auf dem Rückweg in<br />
Empfang zunehmen. Andere breiteten<br />
auf der Ladentheke ein Tragetuch<br />
aus, worauf d ie gewünschten<br />
Waren angeordnet wurden.<br />
Anschließend wurden die vier<br />
Ecken des Tragetuchs über kreuz<br />
miteinander verbunden; so konnten<br />
die Einkäufe auch mit dem Fahrrad<br />
bequem nach Hause transportiert<br />
werden.<br />
Die meisten ihrer Kunden konnten<br />
anschreiben lassen. Dazu hatte jeder<br />
ein eigenes Notizheftchen, das sogenannte<br />
Kontobuch, in dem die<br />
Einkäufe notiert und einmal im<br />
Monat abgerechnet und beglichen<br />
wurden.<br />
Gelegentlich dauerte es eine Weile<br />
bis man an der Reihe war, weil die<br />
Abb. 96: Der<br />
Kaufmannsladen<br />
der Familie Haack<br />
in den 30er Jahren.
.~2. !J..................................................... ... ............................ ................. ......................... KQ!Q;'i.t ...\I~~;~,~!.,~.!?I~.. H.U.~;? .. ~~),~.~ .<br />
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.~.\~.\g.~ !.~\! ,~.A.l.W~!N>..~.l'! . .tlPN?,. Jf.,.\MJ~ ................................................................................................................................... :J. .~.<br />
,Tanle-Emma-Läden' wie dieser<br />
jedoch Konkurrenz. Die großen<br />
Supermarktketten umgingen die<br />
Großhändler, indem sie als Großabnehmer<br />
direkt mit den Herstellerfirmen<br />
verhandelten. Dies führte dazu,<br />
dass die Produkte in den Supermärkten<br />
teilweise billiger angeboten<br />
werden konnten als von den Großhändlern.<br />
Es setzte ein Verdrängungsprozess<br />
ein, bei dem neben<br />
den vielen kleinen ,Tante-Emma<br />
Läden' auch Großhändler im Konkurrenzkampf<br />
mit den Supermärkten<br />
unterlegen waren. Die Folge<br />
war, dass es für die verbliebenen<br />
kleinen Krämerläden immer schwieriger<br />
wurde, die benötigten ,Kleinstmengen'<br />
zu bestellen. Deshalb<br />
gliederlen sie sich in der Regel<br />
bestimmten Supermarktketten an,<br />
von denen später aber auch Mindestabnahmen<br />
vorgeschrieben wurden,<br />
die meist in keinem Verhältnis<br />
zum eigenen Absatz standen. Dies<br />
war einer der Gründe, warum Heinz<br />
Haack 1987 endgültig den Laden<br />
aufgab.<br />
Bis dahin hatte ihm vor allem die<br />
alte Stammkundschaft die Treue<br />
gehalten, zumal gerade die älteren<br />
Kunden gern den Zustellservice von<br />
Heinz Haack in Anspruch nahmen.<br />
Deren Zahl wurde im Lauf der Jahre<br />
jedoch immer kleiner und jüngere<br />
Generationen bevorzugten die<br />
Selbstbedienungsläden. Anderseits<br />
kamen neue Kundengruppen hinzu.<br />
Die Motorradclubs aus Hackeboe<br />
und Neuendorf machten rege<br />
Gebrauch von der Möglichkeit, auch<br />
außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten<br />
bei ihm an die Tür<br />
zu klopfen, um sich mit den ,fetenrelevanten'<br />
Artikeln einzudecken.<br />
Als Dankeschön und Anerkennung<br />
für diese unkonventionelle Handhabung<br />
schenkten sie ihm zum<br />
Abschied einen Zinnteller.<br />
MALERMEISTER<br />
IIAACK<br />
Mit Hans Haack stellte vor gut zwei<br />
Jahren einer der letzten verbliebenen<br />
Handwerksbetriebe der Gemeinde<br />
Neuendorf seine Arbeit ein, um<br />
sich zur Ruhe zu setzen. Gleichzeitig<br />
endete damit ein Familienbetrieb,<br />
der immerhin 113 Jahre über drei<br />
Generationen in Hackeboe tätig war.<br />
1885 machte sich sein Großvater<br />
(Hans-Joachim Haack), aus Averfleth<br />
kommend, hier selbstständig.<br />
Gelernt hatte er damals bei Hinrich<br />
Maaß in Achterhörn. Als er 1885<br />
seinen Meister gemacht und das<br />
Haus in Hackeboe (Hackeboe 34)<br />
gebaut hatte, gründete er den Malereibetrieb.<br />
1935 wurde er zum 50-<br />
jährigen Jubiläum mit dem<br />
Ehrenmeistertitel ausgezeichnet.<br />
Zwei Jahre später übergab er den<br />
Betrieb an seinen Sohn August<br />
Haack. Insgesamt hatten vier seiner<br />
sechs Söhne den Malerberuf ergrif-<br />
Abb. 98: Malermeister<br />
Hans<br />
Haack Mitte der<br />
50er Jahre auf<br />
dem Wegzum<br />
nächsten Kunden.<br />
Zur damaligen<br />
Zeit beschränkte<br />
sich der Kundenkreis<br />
auf die<br />
nähere Umgebung,<br />
denn alle Kunden<br />
mussten mit dem<br />
Fahrrad zu erreichen<br />
sein. Erst mit<br />
dem ersten Wagen<br />
wurde der Kundenkreis<br />
weitläufiger<br />
und es kamen<br />
Kunden aus dem<br />
Raum Jtzehoe,<br />
Lägerdorf und<br />
Hohenwestedt<br />
hinzu.
.ß?2.~....... ............................................ .................................................................................... ............ ... ..... M:~!.,~.~.~.1. !: !.~. ! :!; !~.. J.l ..' \L~<br />
Abb. 99: Die alte<br />
Malerwerkstall<br />
von Hans-Joachim<br />
Haack in Hackeboe.<br />
Eng arbeitete<br />
er mit der Zimmerei<br />
und Stellmacherei<br />
Schuard<br />
zusammen. Gerade<br />
befindet sich<br />
ein Kastenwagen<br />
in Arbeit.<br />
fen. Zwei von ihnen, Markus und<br />
Eduard Haack, arbeiteten im väterlichen<br />
Betrieb; auch nachdem ihr<br />
Bruder August die Firma 1937 übernommen<br />
hatte. Da August Haack<br />
mit seiner Familie im Haus seiner<br />
Schwiegereltern (Hackeboe 40)<br />
lebte, zog der Betrieb bei Übergabe<br />
kurzerhand ein paar Häuser weiter.<br />
1944 ist August Haack in Frankreich<br />
gefallen und so führten seine<br />
Frau und sein Bruder Eduard den<br />
Betrieb notdürftig weiter, bis Sohn<br />
Hans 1946 seine Lehre bei Malermeister<br />
Nicolaus Wischmann in<br />
Wilster beendet hatte. In den ersten<br />
Berufsjahren fand er in seinem<br />
Onkel Eduard eine hilfreiche Stütze<br />
und anfangs arbeitete auch noch<br />
sein Bruder Uwe in der Firma mit.<br />
1950 kaufte Hans Haack das<br />
benachbarte Haus von der Erbengemeinschaft<br />
des Fahrradhändlers<br />
Abraham und zog samt Malerwerkstatt<br />
dahin um. Ein Jahr später,<br />
1951, bestand er die Meisterprüfung.<br />
Seitdem hat sich einiges verändert.<br />
Bei seinem Großvater arbeiteten<br />
wohl an die drei Gesellen, ebenso<br />
bei seinem Vater und später auch<br />
bei ihm. Die Arbeiten waren vielseitig.<br />
Angefangen bei den Lackierarbeiten,<br />
beispielsweise wurden d ie<br />
Kutschen der Bauern lackiert und<br />
verziert, weiter über Schriftenmalerei,<br />
auf die sich sein Onkel Markus<br />
sehr gut verstand, bis hin zu Glaserarbeiten<br />
jeglicher Art. In diesem<br />
Bereich gab es viel zu tu n, da zu der<br />
Zeit die ersten doppeltverglasten<br />
Fe nster eingesetzt wurden. Hinzu<br />
traten die klassischen Malerarbeilen<br />
wie Tapezieren, Decken, Fenster,<br />
Türen und Heizkörpe r streichen<br />
sowie Teppichböden verlegen. Da<br />
anfangs noch jedes Zimmer einzeln<br />
geheizt werde musste, waren einige<br />
Malerarbeilen insofern wilteru ngs-
.A.~ l ~:\t t~. l,\ .N~.; __ P~.I~.~-~~.l.!.Ii..!.l.! . .W.I.\ ~5TP~ ......................................................... ................ .. ......................................................... J!.~.<br />
nahm August<br />
Haack 1929 an<br />
der Ausmalung<br />
der Kirche zu<br />
Wilster teil. Eine<br />
Generation später,<br />
1964, war sein<br />
Sohn Hans Haack<br />
-
.ß?l~J .... ... ... ................................ ................................................... ......... ... ........... .................................... Mi~!J~~~~Pi~IP~ .. HAt~q~ .<br />
Abb. 102: Der alte<br />
Lafrenzhof. später<br />
die Marschentöpferei<br />
in Averfleth.<br />
abhängig, als dass in ungeheizten<br />
Räumen, in der Regel Schlafräume<br />
und Treppenhäuser, in der kalten<br />
Jahreszeit nicht renoviert werden<br />
konnte. Durch die Zentralheizung<br />
gilt diese Einschränkung mittlerweile<br />
jedoch nicht mehr.<br />
Mitte der 50er Jahre wurde der<br />
Kundenkreis weitläufiger. Bis dahin<br />
hatte er alle Kunden noch mit dem<br />
Fahrrad erreichen können (Neuendorf,<br />
Sachsenbande, Nortorf, Vaalermoor).<br />
Bald darauf kaufte er den<br />
ersten Wagen und wurde dadurch<br />
flexibler. Es kam Kundschaft aus<br />
dem Raum Itzehoe, Hohenwestedt<br />
und Lägerdorf hinzu. Dabei blieb es<br />
hauptsächlich bei Privatkunden. An<br />
öffentlichen Ausschreibungen hat er<br />
sich selten beteiligt. Deshalb machte<br />
sich vermutlich der aufkommende<br />
,Heimhandwerkerboom' der 80er<br />
Jahre besonders bemerkbar und<br />
schlug sich in sinkenden Auftragszahlen<br />
nieder. Viele seiner ehemaligen<br />
Kunden legten nun selbst Hand<br />
an. Das breite Angebot in Baumärkten,<br />
Literatur und Heimwerker<br />
Zeitschriften machte es dem<br />
Privatmann leicht, die typischen<br />
Malerarbeiten wie Tapezieren oder<br />
Wände streichen selbst auszuführen.<br />
Die Farbe dazu gab es schließlich<br />
schon fix und fertig angemischt<br />
in Fachgeschäften zu kaufen. Die<br />
gestiegenen Löhne verstärkten diesen<br />
Trend. Viele Privatpersonen<br />
konnten oder wollten sich einen<br />
,teuren' Maler nicht mehr leisten. In<br />
der Folge musste Hans Haack seine<br />
Angestellten entlassen. Die letzten<br />
Jahre seines Berufslebens arbeitete<br />
er allein bzw. in Kooperation mit<br />
einem anderen, ebenfalls selbstständigen<br />
Malermeister. Zumal sich<br />
schon damals abzeichnete, dass<br />
seine Kinder den Betrieb nicht<br />
weiterführen würden. Dennoch<br />
arbeitete er bis zu seinem 68.<br />
Lebensjahr in dem Beruf weiter, der<br />
ihm, wie er betont, immer sehr viel<br />
Freude gemacht hat.
.MAwi~~~I9.r.f.~~~ ................................................................................................................................................... ..... ............... d.J..~.<br />
Abb. 103: Die neu<br />
errichtete Marschentöpferei,<br />
nachdem 1995 ein<br />
Großfeuer das alte<br />
Gebäude komplett<br />
zerstört hatte.<br />
~SCHENTÖPFEREI<br />
Die zuvor beschriebenen Handwerks-<br />
und Gewerbebetriebe arbeiten<br />
vorwiegend für die Bewohner<br />
vor Ort; anders bei der Marschentöpferei.<br />
Als Familie Jordy vor gut<br />
20 Jahren in die Wilstermarsch zog,<br />
wollte sie die Töpferware zwar<br />
hauptsächlich in Averfleth produzieren,<br />
der Verkauf sollte aber,<br />
neben der normalen Laufkundschaft,<br />
vorwiegend in den touristisch<br />
stärker frequentierten Orten an<br />
der Nordseeküste und in Harnburg<br />
stattfinden. Zusätzlich wurde<br />
jeweils im Dezember ein Werkstattfest<br />
veranstaltet.<br />
Ursprünglich kommen sowohl Frau<br />
Erkel Gnauck-Jordy als auch Herr<br />
Alfred Jordy aus ganz anderen<br />
Berufszweigen. Erkel Gnauck-Jordy,<br />
auf der Insel Sylt geboren, hatte<br />
Zahnarzthelferin gelernt, bevor sie<br />
an die Hochschule für Bildende<br />
Künste in Berlin ging. Nach abgeschlossenem<br />
Studium machte sie<br />
sich 1971 mit einer eigenen Werkstatt<br />
in Berlin selbstständig. Zu der<br />
Zeit begann Alfred Jordy sein Volkswirtschaftsstudium.<br />
Ende der 70er Jahre beschlossen sie<br />
,aufs Land' zu ziehen und suchten<br />
nach einem geeigrreten Objekt. Mit<br />
dem alten ,Lafrenzhof', dir\')kt an<br />
der Wilster-Au gelegen, fanden sie<br />
einen Resthof, der ihren Vorstellungen<br />
am nächsten kam. Als sie das<br />
Bauernhaus besichtigten, war das<br />
Grundstück unter den Schneeverwehungen<br />
der Schneekatastrophe<br />
von 1978/79 begraben. Trotzdem<br />
kauften sie die Hofanlage und<br />
begannen im Sommer 1979 mit den<br />
Umbauarbeiten und zogen zu<br />
Weihnachten 1979 ein. Bereits ein<br />
Jahr später veranstalteten sie das<br />
erste Werkstattfest 1985 eröffneten<br />
sie den ersten Verkaufsladen in<br />
Friedrichskoog. Weitere Läden<br />
folgten in Büsum, St. Peter-Ording,<br />
Westerland und Hamburg. Unglücklicherweise<br />
ist 1995 der alte Hof bis<br />
auf die Grundmauern niedergebrannt.<br />
Deshalb lebten sie für ein<br />
Jahr in Dwerfeld (Gemeinde Nortorf).<br />
Doch schon ein Jahr später<br />
konnte die Werkstatt in Averfleth<br />
neu eröffnet werden.
;} '~) ~<br />
.~e . !) ........................................................................................................................... ............................................ MM1'!(..J. !.J;:.:~c:rü.J.'.!~~~! .<br />
Abb. 104: Unten<br />
im Brennofen<br />
wartet das Töpfergut<br />
aufden zweiten<br />
Brennvorgang<br />
Heute (im Jahr 2001) steht das neu<br />
errichtete Reetdachhaus-ein<br />
Schmuckstück- zum Verkauf. Familie<br />
Jordy hat sich entschieden auf<br />
die Insel Sylt zurückzukehren, um<br />
dort im kleineren Rahmen in Munkmarsch<br />
am Wattenmeer die Töpferei<br />
weiterzuführen und nur noch den<br />
Westerländer Laden zu betreiben. In<br />
den letzten Jahren waren die Verkaufszahlen<br />
rückläufig, weshalb die<br />
anderen Geschäfte nach und nach<br />
aufgegeben wurden, zuletzt in Harnburg<br />
und St. Peter-Ording.<br />
Zwischenzeitlich waren in der<br />
Hochphase bis zu 12 Mitarbeiter<br />
fes t angestellt gewesen.<br />
Als eingetragener Handwerksbetrieb<br />
bildeten sie seit 1986 auch Lehrlinge<br />
aus. Im Jahr 2000 befanden sich<br />
noch zwei Lehrlinge in der Ausbildung.<br />
Der Lehrberuf nennt sich<br />
Keramiker mit Schwerpunkt auf<br />
Scheibentöpferei.<br />
Ihre Produktpalette umfasst neben<br />
freigedrehtem Steinzeuggeschirr,<br />
modellierten Einzelstücken und<br />
Gartenkeramik auch handbemalte<br />
Wandfliesen und exklusive keramische<br />
Schmuckurnen. Als Ausgangsmaterial<br />
verwenden sie Ton aus<br />
dem Westerwald. Die Fertigung<br />
erfolgt ausschließlich in Handarbeit<br />
und mit Hilfe einer Töpferscheibe,<br />
die in Rotation versetzt wird. Auf<br />
di eser Töpferscheibe entstehen<br />
beispielsweise Becher, Krüge, Teller<br />
und Tassen. Anschließend werden<br />
noch die Henkel und dergleichen<br />
von Hand anmodelliert und dann<br />
bei 900°C für 8-10 Stunden gebrannt.<br />
Nach einer Abkühlphase<br />
von etwa 24 Stunden werden die<br />
Gegenstände glasiert. Dazu wird ein<br />
steiniges Pulver mit Wasser und<br />
Farbgebern vermischt. Um<br />
beispielsweise einen Blauton zu<br />
erhalten, verwendet man Kobalt,<br />
Kupfer ergibt einen Grünton und<br />
durch Beimengung von Eisenoxid<br />
erhält man Brauntöne. Das Glasieren,<br />
d. h. das Aufbringen der Glasur,<br />
erfolgt durch Tauchen, Gießen oder<br />
Spritzen, je nachdem welchen<br />
künstlerischen Effekt man erzielen<br />
möchte. Beim anschließenden<br />
Brennvorgang bei 1.180°C verbindet<br />
sich das Gemisch zu einer wasserundurchlässigen<br />
Schicht und<br />
bekommt seine leicht glänzende<br />
Farbe. Die Marschentöpferei hat<br />
sechs Farbtöne im Sortiment, was<br />
für einen Handwerksbetrieb dieser<br />
Größenordnung beachtlich ist.
. J:i ,~! . ~t.~(H~J.,f. .~~!.~fTI .................................................................................................................................................................... J..'W..<br />
BAUMSCHULE SCHÜIT<br />
Zwar zählen Baumschulen steuerrechtlich<br />
nicht zum Gewerbe, da die<br />
Baumschule Schütt aber in der ansonsten<br />
landwirtschaftlich geprägten<br />
Gemeinde eine Sonderform<br />
darstellt, soll sie an dieser Stelle<br />
kurz vorgestellt werden.<br />
Ende der 50er Jahre beherbergte die<br />
Gemeinde euendorf kurzfristig<br />
zwei Gärtnereien gleichzeitig. Die<br />
Baumschule von Karl-Otto Schütt in<br />
Vorder-Neuendorf befand sich gerade<br />
in der Aufbauphase, während die<br />
Gärtnerei Möller aus Hackeboe<br />
allmählich den Betrieb einstellte.<br />
Gärtner Emil Möller baute hauptsächlich<br />
Gemüse an, welches er auf<br />
den Wochenmärkten verkaufte. Ein<br />
Feld befand sich neben der Landstelle<br />
des Tagelöhners Hermann<br />
Schütt. In den Ferien half ihm dessen<br />
Sohn Karl-Otto Schütt beim<br />
Tabak- und Tomatenpflanzen pikieren.<br />
Sein Interesse für den Gartenbau<br />
war geweckt. 1948 begann er seine<br />
Gärtnerausbildung bei einer Baumschule<br />
in Elmshorn. 1957 machte er<br />
die Meisterprüfung. Zwischendurch<br />
war er 1 1 /z Jahre am Bodensee tätig.<br />
Eigentlich hatte er als Meister in<br />
einem anderen Betrieb arbeiten<br />
wollen, entschied sich dann aber<br />
zusammen mit seiner Frau eine<br />
eigene Baumschule zu gründen.<br />
Damals standen ihnen 3 Hektar<br />
Land zur Verfügung.<br />
In den 80er Jahre erweiterten sie ihr<br />
Sortiment um historische Rosen.<br />
Mittlerweile führen sie 300 Rosen<br />
im Sortiment, wovon 250 den alten<br />
Sorten zuzurechnen sind. Diese<br />
verschicken sie sogar deutschlandweit<br />
im Versandservice.<br />
Inzwischen haben sie die Baumschule<br />
an ihre Tochter und deren<br />
Mann übergeben, helfen aber noch<br />
voll mit. Zusammen mit 3 Festangestellten<br />
und 3 Saisonkräften bewältigen<br />
sie die anfallenden Arbeiten,<br />
die sich grob in Vermehrung,<br />
POanz-, Pflege- und Bodenarbeiten<br />
untergliedern lassen. Bis beispielsweise<br />
Rosen ,verkaufsreif' sind, ist<br />
ein Vorlauf von zwei Jahren nötig.<br />
Im Frühjahr wird gepflanzt, im<br />
Sommer veredelt, im zweiten Frühjahr<br />
abgesetzt, d. h. der Wildwuchs<br />
wird rausgeschnitten, um die Pflan-<br />
Abb. 105: Elfriede<br />
Reese hielt die<br />
Gärtnerei Emil<br />
Möller aus Hackeboe<br />
in einer Halbjahresarbeit<br />
for<br />
die Schule in<br />
dieser Zeichnung<br />
f est.<br />
A bb. I 06: Baumschule<br />
Schütt beim<br />
Rosenveredeln im<br />
Jahr 1976.
.~® ........... ........ ...... ..................... ........... ... ................ .................................................................................. ß.~Y.M~!;:.W.W .. S.~ID.i.TI.<br />
Abb. 107: Der<br />
Schaugarten der<br />
Baumschule<br />
Schütt. Hier<br />
können sich ihre<br />
Kunden Anregungen<br />
für die<br />
Gestaltung im<br />
eigenen Garten<br />
holen.<br />
ze im Herbst verkaufen zu können.<br />
Bei Sträuchern dauert diese Phase<br />
sogar 3 bis 4 Jahre.<br />
Neben den Rosen haben sie eine<br />
große Auswahl an selbst gezogenen<br />
Gehölzen und einigen Stauden.<br />
Durch die vielen verschiedenen<br />
Sorten, Arten und Größen gibt es<br />
schätzungsweise 5.000 bis 6.000<br />
Artikel im Angebot. Lediglich Obstbäume<br />
fehlen im Sortiment, da sich<br />
der hiesige Boden für deren Kultur<br />
nicht eignet. Bei Bedarf werden<br />
Obstbäume hinzugekauft<br />
Einmal im Jahr, wenn die Rosen<br />
gegen Ende Juni blühen, veranstaltet<br />
Familie Schütt einen Tag der<br />
offenen Tür, zu dem alle Kunden<br />
und ,Rosenfreunde' aus ganz Norddeutschland<br />
geladen werden.<br />
VIEHHANDEL<br />
ßEHRENS<br />
1930 hat Julius Behrens mit dem<br />
Viehhandel begonnen. Er und seine<br />
Frau Tine hatten zuvor einen kleinen<br />
Bauernhof in Poßfeld. Und weil<br />
Julius Behrens genug von Pferden<br />
und Rindern verstand, begann er<br />
damit zu handeln. Er betrieb sowohl<br />
den Nutzviehhandel - d. h. er kaufte<br />
einem Bauern die Tiere ab, um<br />
sie einem anderen Bauern wieder<br />
zu verkaufen - als auch den<br />
SchlachtviehhandeL Dazu ging er<br />
von Hof zu Hof und feilschte um<br />
die Preise. Der obligatorische Handschlag<br />
besiegelte das Geschäft, auch<br />
heute noch. Wenn der Handel<br />
geschlossen war, wurde das<br />
Schlachtvieh zum Handelshof<br />
getrieben. Nach dem 2. Weltkrieg<br />
weitete sein Sohn Thies den Viehhandel<br />
aus. Der erste Viehtransporter<br />
wurde angeschafft. 1965 wurde
.YW!.I.!.IA\!?I!-, .. ß.m.r.~.~!! .................................................................................................................................................................. :J..':M).<br />
der Belrieb auf Thies übertragen.<br />
Als Thies Behrens 2 Jahre später<br />
starb, musste dessen Sohn Hans<br />
Max den Betrieb im Aller von 18<br />
Jahren weiterführen.<br />
Schon als kleiner Junge wollte<br />
Hans-Max Bebrens Viehhändler<br />
werden. Oft begleitele er seinen<br />
Vater und Großvater, wenn sie zu<br />
den Bauern fuhren, um Vieh zu<br />
kaufen. Sein Vater war jedoch der<br />
Ansicht, dass dieser Beruf keine<br />
Zukunft hälle und riet seinem<br />
Sohn, etwas ,vernünftiges' zu erlernen.<br />
Deshalb machte Hans-Max die<br />
Elektrikerausbildung. Als sein Vater<br />
starb, stand er kurz vor der Gesellenprüfung.<br />
Nachdem er die Lehre<br />
beendet hatte, setzte er d ie Arbeit<br />
sein es Vaters fort. 1975 wurde der<br />
Belrieb offiziell auf ihn überschrieben.<br />
Di e Tiere kauft er nach wie vor bei<br />
den Bauern der Wilstermarsch. Das<br />
Hauptgeschäft macht er im Herbst,<br />
wenn die Futterbullen verkauft<br />
werden. Sein Großvater machte<br />
früher den größten Umsatz mit<br />
Ochsen. Ochsen werden heutzutage<br />
jedoch kaum noch gemästet. Seine<br />
Abnehmer sind Privatschlachtereien<br />
aus Schleswig-Holstein, Harnburg<br />
und Niedersachsen, für die er teilweise<br />
auch im Auftrag (Kommission)<br />
Tiere kauft.<br />
Mittlerweile betreibt Hans-Max<br />
Bebrens das Geschäft schon über 30<br />
Jahre. Innerhalb dieser Zeit hat sich<br />
einiges verändert. Früher wurde in<br />
der Regel nach Lebendgewicht<br />
gezahlt. Dazu brachten die Bauern<br />
ihre Tiere zum Handelshof, wo sich<br />
ei ne Viehwaage befindet. Dort wurden<br />
die Tiere gewogen und gleich<br />
bezahlt. Anschließend frühstückten<br />
die Bauern in der Gaststube und<br />
blieben häufig beim ,Klönschnack'<br />
sitzen. "Keen Tiet, keen Tiet'', heißt<br />
es hingegen heulzutage von den<br />
Abb. 108: Julius<br />
Behrens mit seiner<br />
'Tonngig' in den<br />
50er Jahren.<br />
Hiermit fuhr er<br />
von Hof zu Hof,<br />
um mit den Bauern<br />
Handel zu<br />
treiben.
.~J. . fJ. ............................................................................................................................................................... .Y.H~ !!.\!,\~.P.P , .. ß.t! .t.g_t.:.~~<br />
Abb. I 09: Bereits<br />
Anfang der 50er<br />
Jahre erwarb<br />
Thies Behrens<br />
einen 'Hanomag'<br />
Kiein/astef: Dieses<br />
Fahrzeug hatte<br />
noch seine Macken.<br />
Wenn er<br />
morgens nicht<br />
anspringen wollte,<br />
machten sie mit<br />
Papier Feuer<br />
unter dem Mot01;<br />
damit er schneller<br />
warm wurde.<br />
1974 kaujie Hans<br />
Max Behrens den<br />
ersten größeren<br />
LKW mit Anhänget:<br />
Dieses Bild<br />
stammt aus dem<br />
Jahre /987.<br />
Junglandwirten und der Klönschnack<br />
fiel weg. Zudem erfordert<br />
die heute übliche Abrechnungsweise<br />
nach Schlachtgewicht kein<br />
vorheriges Wiegen. Das Rindfleisch<br />
wird in Handelklassen eingestuft,<br />
deren Preisfestsetzung der Schlachter<br />
vornimmt. Die Preise können<br />
aber auch nach wie vor mündlich<br />
vereinbart werden. Dann werden<br />
die Rinder nur nach dem Schlachtgewicht<br />
und nicht nach Handelsklassen<br />
bezahlt. Die Preise liegen<br />
zur Zeit für Kuhfleisch bei etwa<br />
2 DM je Kilogramm Lebendgewicht<br />
und 3 DM für Bullenfleisch. (Stand:<br />
Herbst 2000) 1976 bekam man noch<br />
2,70 DM je Kilogramm Kuhfleisch<br />
und 3,80 DM für Bullenfleisch. 76<br />
Durch den BSE-Skandal in den 90er<br />
Jahren hat sich der Arbeitsaufwand<br />
enorm erhöht. Zum Schutz der<br />
Verbraucher müssen die Händler<br />
und Landwirte seildem für jedes<br />
Rind im ,Rinderpass' einen lückenlosen<br />
,Lebenslauf' nachweisen.<br />
Doch trotz der Veränderungen hat<br />
sich die einstige Befürchtung von<br />
Thies Behrens, dass dieser Beruf<br />
ke ine Zukunft hätte, erfreulicherweise<br />
nicht bewahrheitet.<br />
.G.,,~r~ . !~. ! :~O. ! , ~.f.t: .. "Z~ .. ~, .. tJA~P~.~ ~5.~!Q~.·: .................................................................................................................................. :J. .~.<br />
erstand Julius Behrens den Betrieb<br />
und benannte ihn um. Aufgrund<br />
seiner Nebentätigkeit als Viehhändler<br />
wählte er die Bezeichnung ,Zum<br />
Handelshof'. Welcher Name wäre<br />
treffender oder besser geeignet<br />
gewesen?!<br />
Seil nunmehr 70 Jahren befindet<br />
sich die Gastwi rtschaft im Besitz<br />
der Fa milie Behrens. Die Gaststätte<br />
war und ist immer noch Treffpunkt<br />
und Veranstaltungsort vieler Vereine<br />
und Genossenschaften Neuendorfs<br />
und angrenzender Orte. Schon<br />
Gustav Karstens hatte in der Sachsenbander<br />
Chronik über den Handelshof<br />
berichtet, weil beide<br />
Gemeinden größtenteils den selben<br />
Verbänden angehören.<br />
Julius und Tine Behrens waren<br />
noch ,hauptberufliche' Krüger. Den<br />
Viehhandel belrieben sie nur im<br />
Nebenerwerb. Hans-Max Bebrens<br />
entsinnt sich, dass früher die Gaststube<br />
gleichzeitig das Wohnzimmer<br />
darstellte. Abends kamen die jungen<br />
Männer aus dem Dorf, um hier<br />
Karten zu spielen. So gegen 10 Uhr<br />
abends stand Julius Bebrens jedoch<br />
in der Regel auf, aß einen Apfel und<br />
erinnerte mit dem immer gleichen<br />
Satz: "Jungs, kiekt mal na de<br />
Klock...", daran, dass es nun wohl<br />
langsa m an der Zeit wäre, nach<br />
Haus zu gehen.<br />
Als Thies und Berta Bebrens 196 5<br />
den Handelshof übernahmen, bauten<br />
sie zu nächst einmal um. Da<br />
Thies Bebrens den Viehhandel<br />
intensivierte, gaben sie den Saalbetrieb<br />
auf. Der Saal war eigentlich<br />
die Durchfahrt gewesen, in der die<br />
Pferde der Gäste ausgespannt und<br />
anschließend vom Hausknecht versorgt<br />
wurden. Bei Festlichkeiten<br />
wurde hier jedoch der Saal ausgelegt.<br />
Dazu legte man die Durchfahrt<br />
mit den sonst an der Seite gelagerten<br />
Fußbodenbrettern aus.<br />
Hans-Max und Marita Bebrens<br />
führen die Gaststätte seit 1980. Seitdem<br />
haben sich die gesetzlichen<br />
Auflagen für den Gaststättenbetrieb<br />
deutlich verschärft. Da Marita Behrens<br />
die Mahlzeiten lediglich in<br />
ihrer ,normalen' Küche zubereitet,<br />
darf sie ihren Gästen nur kleine<br />
Gerichte anbieten.<br />
Abb. 11 0: Auf<br />
dieser Postkarte<br />
wurde noch die<br />
alte Gastwirtschaft<br />
'Zur Post ' von<br />
Henning Egge im<br />
Jahre /905 f estgehalten.<br />
Links ist<br />
deutlich die<br />
Durchfahrt zu<br />
sehen, in welcher<br />
zahlreiche Festivitäten<br />
abgehalten<br />
wurden.
.~J..1 ............................................................... .................... ............. .............................. G!\~J}~.m:r:'i9HF.':!:.".~.\ i~! .. JJ.\.~!?.! : !r~! .l9!:::.<br />
Abb. II/: Knapp<br />
100 Jahre später<br />
befindet sich hier<br />
immer noch eine<br />
Gastwirtschaft, in<br />
der der Gemeinderat<br />
tagt oder<br />
Jahreshauptversammlungen<br />
der<br />
Vereine und Verbände<br />
stattfinden.<br />
Früher wurden hier noch rauschende<br />
Feste abgehalten. Berta Behrens<br />
berichtete von ,Kaffeebällen', die im<br />
Herbst die Ballsaison eröffneten.<br />
Diese Kaffeebälle waren öffentlich<br />
und immer sehr gut besucht. Siebegannen<br />
schon am frühen Nachmittag<br />
mit Kaffee und Kuchen, die<br />
Männer spielten Karten und die<br />
Frauen tauschten die neuesten<br />
Neuigkeiten aus. Gegen Abend gab<br />
es etwas Warmes zu essen, meist<br />
Beefsteak, und anschließend spielten<br />
die Musiker zum Tanz. Im weiteren<br />
Verlauf des Winterhalbjahres<br />
folgten die Festlichkeiten der Vereine<br />
und Genossenschaften wie beispielsweise<br />
der Feuerwehrball, der<br />
Ringreiterball oder die Maskeraden.<br />
Hochzeiten und Familienfeiern<br />
wurden damals in der Regel noch<br />
Zuhause gefeiert.<br />
Neben den Bällen wurden hier<br />
sämtliche Zusammenkünfte der<br />
Verbände und Genossenschaften<br />
abgehalten sowie Kartenspielwellkämpfe<br />
veranstaltet. Auch heule<br />
noch finden hier regelmäßig die<br />
Versammlungen und Sitzungen der<br />
Vereine statt: Angefangen bei den<br />
Gemeinderatssitzungen, weiter über<br />
die Versammlungen der Feuerwehr<br />
und des Sielverbandes, Treffen der<br />
Jagdgenossenschaft oder des Ortsverbandes<br />
des Deutschen Roten<br />
Kreuzes bis hin zu den Kinderfesten,<br />
die hier ausgerichtet werden.<br />
Daneben gibt es noch den Frauenstammtisch,<br />
der sich monatlich<br />
trifft sowie das jährliche Sparklubessen.<br />
Einmal im Monat findet hier<br />
der Seniorennachmittag bei Kaffee<br />
und Kuchen und Kartenspielen<br />
slall. Hinzu kommt der sonntägliche<br />
Frühschoppen, bei dem Doppelkopf<br />
und Skat gespielt wird. Berei ts um<br />
8.20 Uhr finden sich die ersten<br />
Kartenspieler ein und bis zur Mittagszeit<br />
wechseln schon mal ein<br />
paar Mark den Besitzer.<br />
So ist hier jede Woche was los und<br />
Hans-Max und Marila Bebrens<br />
haben viel Spaß dabei. Im stillen<br />
hoffen sie natürlich, dass eine ihrer<br />
drei Töchter die Gaststätte später<br />
einmal weiterführen wird. Für die<br />
Dorfgemeinschaft und den Dorfzusammenhall<br />
in Neuendorf wäre es<br />
wünschenswert, da der Gemeinde<br />
sonst ein zentraler Treffpunkt fehlt.
.RM 1 ~$.~.J.U.,~.P.-!I\ 1 ;'1.G .. ~.J;;! .. f.t~~-!UJ . .MJ! .mWn~, . .A~1'.~f.P,OI!l ................................................................................................. ll~.<br />
DAT SLACHTFEST TO<br />
WIEHNACHTEN 77<br />
Von Käthe Meiforth, Averßeth<br />
So wie hüüttodaags dat Basteln un<br />
de Finsterbiller un dat Fletten un<br />
Stollen backen to Wiehnacht, to<br />
Advent höört, un dat Kassetten<br />
afspelen ok in de Adventstiel passt,<br />
so maken wi fröher in de Schummertief<br />
een Adventsstunn mit de Kinner.<br />
Egentlich will ik ganz wat anners<br />
vertellen, denn bi uns höör dat<br />
Swienslachten, dat Slachtfest in de<br />
Adventstiel dorto. Ahn Slachtfest<br />
keen Wiehnachten.<br />
Also Maandag wullen wi slachten.<br />
Twee schööne, witte, korthorige<br />
Swien harrn wi in'n Stall. Dat mit de<br />
twee Swien hett ok sien Bewandnis.<br />
Een wullen wi jo man slachten. Aver<br />
een Swien fritt nich goot, ward fuul<br />
op Freten. Bi twee Swien kummt de<br />
Fuddernied dorto, jeder will dat<br />
mehrste wegschnappen. Un denn<br />
mutt ik noch seggen: Geburtsdag<br />
mussen se hatt hebben, wat dat<br />
heet? Se mussen över een fahr oolt<br />
sien, denn weern se allerbest.<br />
De Slachter woor bestellt. Eerst weer<br />
dat noch de Vadder Detel Klingforth,<br />
Iater denn de Söhn, unsen Klaas.<br />
Paar Daag vör dat Slachtfest keem<br />
noch de Fleeschkieker. Eerst weer<br />
dat ]ohann Kracht, Iater denn Klaus<br />
Haß, beid ul Ackenboe. "Na Käthe,<br />
wüllt ji slachten?" "]o, Maandag<br />
geihl loos." "Denn mutt ik dat Swien<br />
noch eerst levend sehn. jo, Minsch,<br />
schöön Swien, denn könnt ji slachten,<br />
mit mien Genehmigung."<br />
Dags vör dat Slachtfest gung't an't<br />
Vörbereilen. Een Ammer Kartüffeln<br />
woor schellt, een groolen Putt vull<br />
Rotkohl mit Appeln woor kaakl.<br />
Zwiebeln al in vöruut puult, vun de<br />
Wurst maakl warm schull. Wekkglöös<br />
putz, de groote Waschgrapen<br />
woor mit Water vull maakl. Grooten<br />
Dutten Klobenholt un Brikett worrn<br />
dorblang leggt.<br />
Un denn weer Maandagmorgen. Een<br />
Stunn woor eher opstahn. Denn<br />
woor as eerstes de Waschgrapen<br />
anbött. Dat Schiet wull mehrst nich<br />
brennen. Gau oole Zeitung her,<br />
tosamen knuudelt, rin in de Schosteen<br />
un ansteken. Meist klappt dat<br />
denn. De Schosteen weer to koolt,<br />
weer jo ok Winter un mehrst verkehrten<br />
Wind. ]iddelig warn wi ok al,<br />
wehe, dat Water kaakl nich, wenn de<br />
Slachter keem. Denngau in den<br />
Stall, Jodern un melken. Kaiver<br />
harrn wi in de Tiet hööchstens een<br />
oder twee. De Kinner wecken, fardig<br />
maken, müssen de eersten doch al to<br />
School.<br />
Wenn wi denn bi 'n Kaffee seten,<br />
Jung dat in de Waschköök al an to<br />
dampen. Man, dat Water kaakl so<br />
dull, kunnst keen Hand vör Ogen<br />
sehn. Un denn keem Klaus, de<br />
Slachter ok al mit dat Moped<br />
dörch 'n Appelhoff. Rucksack op den<br />
Puckel, baven keken de Saag un de<br />
Steel vun dat groote Biel ut. Un denn<br />
güng'tloos! "Na fungs," seggt he to<br />
Peter un Klaus ]oachim, "wokeen<br />
will den Swanz fastholen ?" Dar<br />
harrn de beiden nixmit in Sinn. Ik<br />
grapsch mi gau een groote Kruuk un<br />
een Schöttel. Richard söcht sik een<br />
Sträng un denn güng't to'n Stall. De<br />
Sträng woor um een Achterbeen<br />
vun't Swien anbunnen, Swienstallklappen<br />
rulhaut un denn gung dat<br />
na buten. Op de Opbohnbrüch<br />
schull dat loosgahn. Dat Swien weer<br />
fuul un neeschierig. Överall müss he<br />
noch maal rinkieken. Buten woor he<br />
noch an de Sars vun de Köökendöör<br />
anbunnen. De Saak mit de groote<br />
Äxt övernehm Richard. Later woor jo<br />
Zur sogenannten<br />
Hausschlachtung,<br />
die ausschließlich<br />
in der kalten<br />
Jahreszeit erfolgte,<br />
wurde der 'Hausschlachter'<br />
zu<br />
einem bestimmten<br />
Schlachttag bestellt<br />
sowie der<br />
Fleischbeschauer<br />
benachrichtigt.
.!)J. ~J .................. ....................... ....................... ......... ... ...... .tlr.\~.. ~.~-~:!.!! .. M,!.OT.::'i.q_ .!~P.. f.,\ ,~!.!W~.. M.t.'.•.m~ :! :! '·'. A~ . ! ; ~.!~!J;·.t.'!.! .<br />
Nachdem das<br />
Schwein getötet<br />
worden wm; ließ<br />
man das Tier<br />
durch einen Kehlschnill<br />
ausbluten.<br />
Unter ständigem<br />
Rühren wird das<br />
abfließ ende Blut<br />
aufgefangen.<br />
Nach dem Abbluten<br />
wird das<br />
Schwein gebrüht,<br />
und anschließend<br />
werden die Borsten<br />
mit Borstenkratzer<br />
und<br />
Messer abgeschabt.<br />
Dabei wird<br />
das Schwein in<br />
Abständen mit<br />
heißem Wasser<br />
übergossen.<br />
Im Anschluss daran<br />
wird es an<br />
einer Leiter aufgehängt.<br />
Mit dem<br />
Medianschnitt<br />
wird die Bauchdecke<br />
geöffnet, um<br />
die Eingeweide<br />
herauszunehmen.<br />
Danach werden<br />
Wirbelsäule und<br />
Kopf mit einem<br />
Schlachterbeil<br />
gespalten.<br />
een Schussgerät benutzt. Dal Swien<br />
Ieegg foorts op de Siel, Klaas keem<br />
mit dat Meß un dreep dal ümmer<br />
ganz genau. Dat weer een Saak vun<br />
Sekunnen. Ik in de Huuk dorvö1; de<br />
Schöttel an den Hals vun dat Swien<br />
um dat Bloot optofangen. Wenn se<br />
vull weer, rin in de Kroog, mit de<br />
linke Hand dat Blool in de Kroog<br />
rögen, darmit dat nich gerinnt, mit<br />
de rechte Hand dat Bloot opfa ngen.<br />
Klaas pump mit een Vörbeen dat<br />
letzte dar noch rut. Ik harr mien<br />
Arbeit daan. Dat Bloot woor noch<br />
dörch een Seef goten. Later woor dat<br />
bruk to Swartsuur, Blootwurst un<br />
Grüttwurst.<br />
De Mannslüüd gungen an dal Schrapen.<br />
Richard müss ümmer in een 10<br />
Liter Ketel kakend Water slepen un<br />
Klaas weer an't schrapen. De Schrap<br />
weer een kegelförmiges, blankes<br />
Gerät, viilicht 20 cm hoch. Mit dat<br />
hitte Water worrn de Haar löst un<br />
mit de Schrap rünnermokt. Wenn de<br />
Kraam fertig weer, woor de Hillledder<br />
an de Siet vun dat Swien leggt<br />
un mit oll Mann woor dat Swien<br />
dorop packt. De Achterbeen worrn<br />
an de böverste Spross mit 'n Slräng<br />
anbunnen. Un dann güng dat oll<br />
Mann togliek; de Ledder woor an de<br />
Wand stellt, so dat dat Swien mit<br />
den Kopp na ünnen bummeln de.<br />
Denn törn de Slachter mit dal groole<br />
Mess den Buuk op. An de Eer stünn<br />
een groote Zinkwann, dar fullen<br />
denn de ganzen Lümp un Darm rin.<br />
fi kennt dat beteras ,Innereien'. De<br />
Pese/ woor extra ruttörnt. Wenn ji<br />
nich weet, wat Pese/ heet, laat ju dal<br />
vun Vadder verklaren. Also de Pese/,<br />
ründüm noch een beten Speck an,<br />
de woor in'n Boom hungen. Dat weer<br />
dormaals Vagelfudder för de lütten<br />
Piepmätze. lntwüschen woor noch<br />
een lütten Kööm wegkippt. Dat Hartschlag,<br />
an't Hart hung noch de Lung<br />
un de Schlund mit an, woor afspölt<br />
und keem mil'n Fleeschhaken an'l<br />
Schölle/reck. Un ok de Lever to'n<br />
utsacken. Nu keem de Darms ran .<br />
Klaas kTempelt dat eerste Enn iim,<br />
Richard goot mit een grooten Melkputt<br />
warm Water darin, un so woor<br />
de Darm umkTempelt un de letzte<br />
Swienschiet rutspöölt. Denn woor<br />
dat Swien an de Ledder noch mit<br />
dat groote Biel de Rüch opk/oppl un<br />
nu hungen dar twee Swienshälflen,<br />
so lecker un schier wie ul Marzipan.<br />
An jede Butensiel bummeln noch de<br />
Flomenstücken rut, darmit se beler<br />
dörchköhlen kunn. Glieks geev dal<br />
noch een ut Glas, un denn weer ok<br />
al Meddag. Gau wat eten, un denn<br />
gung dat Koortenspelen Iaos. Vörher<br />
warm de Gummislevel noch schier<br />
mokt, jack uttrocken un denn woor<br />
Schaapskopp dösch. Dat weer viflicht<br />
een Hallo.<br />
Mit Kaffeetiet heel ok dat Koortenspelen<br />
op. Gau'n Tass Kaffee drinken,<br />
paar Pepernööt dorto un denn<br />
weer Klaus ok al wedder an't Mess<br />
sliepen, mit den Scharpmoker, dal<br />
weer de Stahl mit'n Greep an. Sien<br />
lüttes Warktüüg, de verscheedenen<br />
Mess un de Stahl seten in den<br />
Köcher mit Ledder, den he mit een<br />
Gördei um Lief dregen de. Reine<br />
witte Schärt woor vörbunnen un<br />
denn ran an dat Swien. Toeerst<br />
worrn de veer Fööt afsneden un de<br />
Kopp, de weer jo ok in 2 Hälften<br />
mok worrn. Allens keem in de Zinkwanns,<br />
de ründüm bi Siel stahn<br />
deen. Wi Fruunslüüd harrn intwüschen<br />
denn de Flom en dörch de<br />
Wurstmaschien dreiht un utbraad.<br />
Dat Smolt woor in fettdichte Tüten<br />
goten. Wenn de Flüssigkeit stief weer,<br />
woorn de Tüten dicht maakt un na'n<br />
Keller bröcht. Wat noch bleef, dat<br />
weern de Grieben, de keem mank de<br />
Grüttwurst. Aver eerst woor noch gau<br />
een schöön Stück Swattbrool mit
~t~ .~ . ~~(.J. I !.. ~.( !.!I\..\F.m.'.!.. f.!\ •):I.!J...If ..M.m .t:q~J:!.! ,..<br />
i\Y.Ii.IM:!,f;:p !................................................................................................. J .::ki.<br />
Grieben un beten Soll wegneihl. 0,<br />
dat smeckt. De Darms harrn wi ok al<br />
in een oolen Iesenputt op flaues<br />
Füür sell mit een orntliche Handvu/1<br />
Soll ünnerrögl; afspöll un denn<br />
wedder vun vörn: Solt, afspölt, bit se<br />
schier weern. Klaus un Richard<br />
harrn de Swienshölften op'n Disch<br />
!eggt, gau noch een lütten Kööm un<br />
denn gung dal an'l Tohauen. jede<br />
Abb. 112: Zum<br />
Auskühlen blieb<br />
das Schwein an<br />
der frischen Lufi<br />
hängen.
a -::~,..<br />
.~~ . !;) ................................................................................................ JlM. ~~.~.QI!A.~J~T!}.::-i.
.W.I!J:,f! .. ,~t . N..:\G.m" .. ~.T..:\.!?.:O"!.U!!~I\J~I .......................................................................................................................................... ~":Ji}.<br />
WILHELM NAGEL,<br />
STADTMUSIKANT7 9<br />
Karsten Wilhelm Nagel, gebürtiger<br />
Averflether, wirkte als Dirigent,<br />
Chorleiter und Komponist über<br />
fünfzig Jahre in Wilster. Das von<br />
ihm geprägte und beispiellos rege<br />
Musikleben der Wilstermarsch in<br />
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
ist für uns heu te kaum mehr<br />
vorstellbar.<br />
Am 13. März 1870 erblickte WHhelm<br />
Nagel das Licht der Welt. Sein<br />
Vater war der den Averflethern<br />
wohl bekan nte Schuhmacher Peter<br />
Nagel. Nach dessen Willen sollte<br />
Wilhelm ein Handwerk erlernen.<br />
Deshalb begann er nach der Schulzeit<br />
und der Konfirmation eine<br />
Zimmermannslehre. Diese währte<br />
aber nur eine sehr kurze Zeit. WHhelm<br />
verunglückte und brach sich<br />
einen Arm. Danach half er im elterlichen<br />
Betrieb mit und widmete<br />
sich intensiv der Musik.<br />
Die Nagels beherrschten vielerlei<br />
Instrumente und haben oft am<br />
Abend musiziert. So wurde berei ts<br />
im Elternhaus seine Liebe zur<br />
Musik geweckt. Im Alter von etwa<br />
10 Jahren erhielt Wilhelm Nagel den<br />
ersten Klavierunterricht In dieser<br />
Zeit muss er auch das Geigenspiel<br />
erlernt haben, denn schon als Schüler<br />
komponierte er kleine Stücke für<br />
zwei Violinen. Mit 18 Jahren lief er<br />
regelmäßig quer durch die Marsch,<br />
um in der St. Margarethener Kapelle<br />
als Geiger und Trompeter mitzuspielen.<br />
Fünf Jahre später wechselte<br />
er dann ins "Profilager" über und<br />
spielte in der Stadtkapelle von<br />
Wilster, einem etwa zwölf Mann<br />
starken Ensemble von Berufsmusikern.<br />
Er spielte damals Geige, Klavier,<br />
Trompete und musste sich<br />
verpflichten, zusätzlich noch das<br />
Spielen der Klarinette und der<br />
Bratsche zu erlernen. Die Bratsche<br />
wurde später sein Lieblingsinstrument<br />
Um seinen Lebensunterhalt zu<br />
sichern, eröffnete er in Wilster ein<br />
Geschäft für Spiel- und Manufakturwaren,<br />
das dann von seiner Frau<br />
geführt wurde. 1919 wurde er zum<br />
Leiter der Stadtkapelle von Wilster<br />
ernannt. Unter seinem Dirigentenstab<br />
war zu allen Feierlichkeiten<br />
der Stadt aufzuspielen. Die neue<br />
Aufgabe motivierte ihn, sich darüber<br />
hinaus noch mehr in den Dienst<br />
der Musik zu stellen: Er organisierte<br />
beispielsweise große Konzerte.<br />
Besondere Aufmerksamkeit fanden<br />
u.a. seine sinfonischen Gedenkkonzerte<br />
für Franz Schubert (1928) und<br />
Abb. 114: Musiker<br />
und Komponist<br />
Wilhelm Nagel.<br />
Eine Gedenktafel<br />
am Standort des<br />
Geburtshauses<br />
Karsten Wilhelm<br />
Nagels in Averfleth,<br />
Nr. 12<br />
erinnert an dessen<br />
Leben und Wirken.
.ß.3..EJ ................................................... .......................................................... ............. ............ .W.!.t~!.m,.~~ .. N:\ 0.1iJ,, .. ~TM?I·~~! .. ~.~~.~\;\J.".<br />
Abb. 115: Wilhelm<br />
Nagel (stehend<br />
neben dem<br />
Schubert-Bild) mit<br />
dem Arbeitergesangverein<br />
Wilster<br />
und den Stadtkapellen<br />
Wilster und<br />
ltzehoe beim<br />
Schubert-Gedenkkonzert<br />
in Wilster<br />
im Jahre 1928.<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
(1929).<br />
Mit seinem unermüdlichen Schaffen<br />
konnte Wilhelm Nagel die<br />
Bevölkerung der Wilstermarsch für<br />
die Musik begeistern. So konstituierte<br />
sich beispielsweise in dieser<br />
Zeit ein Musikverein mit etwa 300<br />
Mitgliedern, der Nagel alljährlich<br />
mit der Durchführung von Konzertreihen<br />
betraute. Das Orchester<br />
setzte sich aus den Stadtkapellen<br />
Wilster und Itzehoe zusammen,<br />
etwa 20 bis 24 Musikern. Dazu<br />
kamen mitunter noch bekannte<br />
Solisten aus dem norddeutschen<br />
Raum. Die großen Konzerte fanden<br />
regelmäßig im Colosseum statt und<br />
wurden - trotz werktäglicher<br />
Abendtermine - von 500 bis 600<br />
Zuhörern besucht. Nagels Konzerte<br />
fanden auch in norddeutschen<br />
Zeitungen ein lobendes Echo.<br />
Neben sinfonischer Musik wurden<br />
den Bürgern auch regelmäßig Konzerte<br />
mit kleineren Besetzungen<br />
dargeboten wie Streichmusik und<br />
kammermusikalische Abende.<br />
Zudem spielte Nagel mit seinen<br />
Musikern häufig für wohltätige<br />
Zwecke. Im Sommer gab es Promenadenkonzerte<br />
im Bürgermeistergarten.<br />
Besonderen Wert legte Nagel<br />
auf erschwingliche Eintrittspreise,<br />
um alle Bevölkerungsschichten am<br />
Musikleben der Stadt teilhaben zu<br />
lassen. Regelmäßige Chorveranstaltungen<br />
standen außerdem auf dem<br />
Veranstaltungsplan. Im Laufe der<br />
Zeit leitete er alle fünf Chöre der<br />
Stadt. Besondere Erfolge hatte er<br />
mit dem Arbeitergesangverein WHster.<br />
Auch als Komponist war WHhelm<br />
Nagel mit Erfolg tätig. Stücke<br />
für die Stadtkapelle sowie für seine<br />
Gedenk-, Abonnements-, Chor- und<br />
Promenadenkonzerte komponierte<br />
er in beträchtlichem Umfang selber.
.W.~UU)l.M .. N.:\~f,J" .. ~IN?.IMY.~~~}~J ........................................................................................................................................... U.~.<br />
Neben dieser ,Gebrauchsmusik'<br />
schrieb er über 30 Sonaten sowie<br />
eine Vielzahl von Sonatinen, Trios,<br />
Duette bis hin zur Kirchenmusik.<br />
Auch Chorsätze und Liedvertonungen<br />
nach Gedichten von Chamisso,<br />
Liliencron und dem in Wilster<br />
geborenen Dichter Johann Meyer<br />
stammen aus seiner Feder.<br />
Nagel wollte seinen Mitbürgern<br />
,gute Musik' näher bringen, wie er<br />
immer wieder betonte. Er blieb<br />
seiner Kleinstadt treu und wurde<br />
deshalb über die Region hinaus nur<br />
wenig bekannt. Er fühlte sich als<br />
Autodidakt, und er war bescheiden.<br />
Zwar standen einige seiner Werke<br />
gelegentlich auf norddeutschen<br />
Konzertprogrammen, er blieb aber<br />
als Mensch und Musiker stets seiner<br />
engeren Heimat verbunden. Sein<br />
Name ist in keinem Musik-Lexikon<br />
zu finden (es gab etwa zur selben<br />
Zeit auch in Esslingen einen Musiker<br />
und Komponisten Wilhelm<br />
Nagel). Seine Kompositionen wurden<br />
nicht gedruckt. Im Stadtarchiv<br />
von Wilster ist lediglich ein einziger<br />
Notendruck zu finden, die ,Rheinsage',<br />
Komposition für Männerchor<br />
und Orchester nach einem Gedicht<br />
von Emanuel GeibeL Sie wurde<br />
1911 auf dem Bundessommerfest<br />
des Deutschen Sängerbundes in<br />
Harnburg uraufgeführt.<br />
Wilhelm Nagel starb am 6. Mai 1954<br />
in Wilster. Lange Zeit danach war es<br />
ruhig um ihn geworden. Es schien,<br />
als hätte man ,Onkel Wilhelm', wie<br />
man ihn liebevoll in der Stadt<br />
nannte, vergessen. Erst 1993 erhielt<br />
Nagel auf dem Friedhof in Wilster<br />
ein Ehrengrab, gestiftet von der<br />
Landesregierung, der Kirche und<br />
der Stadt. Auch eine Straße ist in<br />
Wilster nach ihm benannt worden.<br />
Später erhielt sein Geburtshaus eine<br />
Gedenktafel, nicht so das Haus<br />
Deichstraße 38, wo er über 50 Jahre<br />
als Musiker lebte. Ansonsten aber<br />
wurde es wieder ruhig um den<br />
großen Musiker der kleinen Stadt.<br />
Abb. 116: 'In der<br />
Marsch', von Prof<br />
Dr. h. c. Eberhard<br />
Rech/in.
.ß'~J .D ..... ............................... ........ ... ....................... ..... ................ ................................. P~9f ... Q~.· ... ~! .... r. •.. ~~~;.~' ·'·'\ .~. r. .. Rt(!.l !, !.~.<br />
Abb. 11 7- 120:<br />
Werke von Eberhard<br />
Rech/in:<br />
Unten:<br />
Ein Selbstporträt<br />
und zum Vergleich<br />
eine Fotografie.<br />
Nächste Seite oben:<br />
Kreidezeichnung<br />
einer Viehauktion<br />
unten:<br />
Dieses Gemälde<br />
erwarb die<br />
Gemeinde Neuendmj'und<br />
stellte es<br />
dem Amt Wilstermarsch<br />
als Leihgabe<br />
für eine<br />
Dauerausteilung<br />
zur Verfügung.<br />
PROF. DR. H. c.<br />
EBERHARD R.ECHLIN<br />
Ruhe und Abgeschiedenheit suchte<br />
er, als es Prof. Dr. h . c. Eberhard<br />
Rechlin 1977 nach Vorder-Neuendorf<br />
verschlug. Der Wahl-Schleswig<br />
Holsleiner verliebte sich in die<br />
urwüchsige Marsch, wo er die erforderliche<br />
Muße für sein freies und<br />
kreatives Schaffen fand . Auf seinem<br />
Hof schuf er ein Refugium für Pflanzen<br />
und Tiere, zu denen er seit<br />
frühester Kindheil eine tiefe Zuneigung<br />
empfand und deshalb in den<br />
Mittelpunkt seines künstlerischen<br />
Schaffens stellte.<br />
Am 29. Juli 1928 in Berlin geboren,<br />
verbrachte Eberhard Rechlin seine<br />
Kindheit und Jugend in dem elterliehen<br />
Forsthaus in Mecklenburg an<br />
der Müritz. Schon früh wurde seine<br />
künstlerische Begabung erkannt,<br />
doch der Zeit entsprechend lehnte<br />
sein Vater das Malen als Broterwerb<br />
entschieden ab.<br />
Nach seiner Heirat 1952 begann er<br />
ein Studium und arbeitete zur<br />
Sicherung des Lebensunterhaltes<br />
seiner 7-köpfigen Familie gleichzeitig<br />
als Eisengießer und Bergmann<br />
unter Tage. Nach dem Studium<br />
wurde er Beamter im öffentlichen<br />
Dienst. Nebenbei belegte er Kurse<br />
für Malerei und Grafik. 1970 gab er<br />
den sicheren Beamtenberuf jedoch<br />
zugunsten der Malerei auf und die<br />
zahlreichen internationalen Auszeichnungen<br />
rechtfertigten im<br />
Nachhinein diesen Schritt. 1986 ist<br />
er aufgrund seiner Qualifikation<br />
und in Würdigung seiner Arbeit von<br />
der Europäischen Akademie in<br />
Namur, Belgien, zum Professor<br />
ernannt worden. Am 29. November<br />
1990 verstarb Eberhard Rechlin im<br />
Alter von 62 Jahren. Dabei hatte er<br />
zuvor wiederholt den Wunsch geäußert,<br />
er möchte 100 Jahre alt werden,<br />
damit ihm genügend Zeit zur<br />
Verfügung stünde, wenigstens einen<br />
Bruchteil der zahlreichen Motive<br />
einzufangen, um sie in Öl , Aquarell,<br />
Tusche, Kreide, Feder oder Bleistift<br />
festzuhalten. Als Jagdmaler im Inund<br />
Ausland geschätzt, verstand es<br />
Rechlin, das Besondere, das Charakteristische<br />
des Wildtieres, der Landschaft<br />
und der Personen wiederzugeben.
. P.~.Qf, .. P.~.· .. B.· .. ~ •.. ~w;~ .. ~.Q~J.J!'S ................ ................. .................................................................................................... ~~.
.0022. ... ............ ... .. .. ........ ... .. ..... ...... ... ..................... .......... .. .. ............... .. .. ..... .......... ........... J.NJ.':.~m.J:rf.~ . .ff.9~WX:K\JNHY:l.~ .<br />
Abb. 121 (rechts):<br />
Gern wurden<br />
August Haaclcs<br />
künstlerischen<br />
Fertigkeiten auch<br />
für größere<br />
Gemälde in Anspruch<br />
genommen.<br />
Abb. 122 (unten):<br />
Diese Ansicht<br />
malte seinerzeit<br />
Markus Haack.<br />
Sie zeigt den<br />
einstigen Verlauf<br />
des Spritzenhausweges<br />
(heute G1K<br />
41) in Richtung<br />
Dückerstieg, bevor<br />
dessen Streckenführung<br />
beim<br />
Ausbau Ende der<br />
60er Jahre leicht<br />
verändert wurde.
. J.M",.ITI'.W.~.'!T . .tl.Q.I}.~Y.:K~.~~TIJ.':J.t ........ ........................................................................ ............................................................... a~.<br />
TALENTIERTE<br />
HOBBY-KÜNSUER<br />
Der bereits im Kapitel zum Handwerk<br />
und Gewerbe erwähnte Malermeister<br />
August Haack aus Hackeboe<br />
war nicht nur Maler im handwerklichen<br />
Sinn, sondern auch ein<br />
begabter Künstler. In seiner freien<br />
Zeit malte er viele Bilder und wendete<br />
dabei die verschiedensten<br />
Techniken an. Er fertigte sowohl Ölund<br />
Aquarellgemälde als auch<br />
Bleistift-, Kohle- und Federzeichnungen.<br />
Sein Bruder Markus war<br />
ebenso talentiert. Ihnen verdanken<br />
wir zahlreiche Ansichten der<br />
Gemeinde Neuendorf aus den<br />
20er/30er Jahren des 20. Jahrhunderts.<br />
Abb. 123 (links):<br />
August Haack in<br />
seiner der alten<br />
Werkstatt, Hackeboe<br />
34.<br />
Abb. 124 (unten):<br />
Max Tiedemann<br />
mit einem Selbstportrait<br />
(1975).<br />
Abb. 125 (ganz<br />
unten): Die Oberreihe<br />
in Vorder<br />
Neuendorf, gemalt<br />
von August Haack,<br />
1927.<br />
Diese 'Tradition' setzt heutzutage Max Tiedemann aus<br />
Averfleth fort, der sich gleichermaßen wie einst die<br />
Haack-Brüder das Malen selbst beigebracht hat. Mittlerweile<br />
zieren seine zahlreichen Bilder die Wände in der<br />
Nachbarschaft sowie im 'Handelshof'.
.~~ ................................... ............. ................... ............................................................................ T.,w.;:~:mnrn~ . .tl.mwx.:Kfl~~I!J.':..R.<br />
Abb. 126: Früher hatte fast jeder größere Hof eine eigene Schöpfmühle samt zugehörigem Entwässerungsgraben<br />
(August Haack, 1938).
.P.m. .I!.I.'.f.~.T.~.. t.:'\I~.Q.!!IT!Jf: .. ~.9.MM.T. . ~~.9.~.!i .. ~~~l.~ ..................................................................................................................... ll :~,kJ..<br />
DIE TIEFSTE LAND<br />
STELLE GANZ GROSS<br />
Die Tiefste Landstelle, was hat man<br />
sich eigentlich darunter vorzustellen?<br />
Assoziationen wie 'am Tiefpunkt<br />
sein' oder 'von hier geht's<br />
bergauf' waren beim Studium der<br />
Gästebücher der Tiefsten Landstelle<br />
Deutschlands immer wieder zu<br />
lesen. Die Wochenzeitung 'Die Zeit'<br />
hatte zu einem Bericht über die<br />
Tiefste Landstelle eine Fotomontage<br />
gefertigt, in der die Tiefste Landstelle<br />
als Loch in der Landschaft dargestellt<br />
wurde.<br />
Aber bei genauer Betrachtung vor<br />
Ort unterscheidet sie sich kaum von<br />
der Umgebung. Und dennoch ist die<br />
Tiefste Landstelle einmalig in<br />
Deutschland: 3,54 Meter unter dem<br />
Meeresspiegel, so tief liegt sonst<br />
kein Gefilde in der Bundesrepublik<br />
Gewusst haben dies die Neuendorfer<br />
schon immer. Altbürgermeister<br />
Meiforth sagte in einem Rund-<br />
.. . ....<br />
funkinterview für eine Sendung des<br />
NDR II: "An der Landstraße 135 ...<br />
ist die tiefste Stelle. Das ist nun<br />
überliefert von Vater und Großvater,<br />
es ist immer gesagt worden".<br />
Das hat die Gemeinde Neuendorf<br />
aber nicht weiter zum Handeln veranlasst,<br />
auch nicht, als ein gewiefter<br />
Fremdenverkehrsmanager den tiefsten<br />
Punkt Deutschlands in<br />
Freepsum in der Gemeinde Krummhörn/Ostfriesland<br />
mit 2,30 Meter<br />
unter Normalnull auswies, um<br />
diesen werbestrategisch für den<br />
Tourismus zu nutzen - sozusagen<br />
als Pendant zur höchsten Erhebung<br />
der Bundesrepublik (Zugspitze mit<br />
2962 Metern).<br />
Erst als vermehrt nachgefragt<br />
wurde, wo sich denn nun die Tiefste<br />
Landstelle genau befände,<br />
fasste die Gemeindevertretung am<br />
06. August 1986 den Beschluss,<br />
diese durch einen Hinweispfahl zu<br />
kennzeichnen.<br />
Viel ist seitdem geschehen, bis die<br />
Tiefste Landstelle groß raus kam ...<br />
Abb. 127: Fotomontage<br />
in der<br />
Wochenzeitung<br />
'Die Zeit' .<br />
Der Streit um den t·<br />
wiKh
.~l . f> ........................ ....... ....... ........ ........... ........... .. ................................................ .P..t.r ... II.f.!~S.1T .~~~.!?,5I!: ! . ! . !; .. ul;.~!.!'. .~.~.! .. , . ~~. l .<br />
Abb. 128: Lage<br />
des 'Streitpunktes'<br />
in Ostfriesland<br />
DIE TIEFSTE LAND<br />
STELLE LIEGT HIER!<br />
Nachdem der Stein ins Rollen gebracht<br />
worden war, wollte man sich<br />
die Einzigartigkeil dieser Stelle<br />
nicht durch Konkurrenz aus Ostfriesland<br />
nehmen lassen. Deshalb<br />
wurde die Fremdenverkehrsgesellschaft<br />
Krummhörn-Greetsiel in<br />
einem Brief gebeten, nicht weiter<br />
mit dem tiefsten Punkt zu werben,<br />
da sich besagte Stelle erwiesenermaßen<br />
in der Gemeinde Neuendorf<br />
b. Wilster befände.<br />
Die Antwort kam prompt und kann<br />
wohl als ein Beitrag der Ostfriesen<br />
zu ihrem sprichwörtlichen Humor<br />
angesehen werden. In Ermangelung<br />
fester Tatsachen definierten sie<br />
nämlich Anforderungen an den<br />
tiefsten Punkt, Anforderungen, die<br />
nur ihrem Punkt genügten:<br />
"Um die Definition des höchsten<br />
Punktes gibt es sich erlich keine<br />
Diskussionen.<br />
Bei dem tiefsten Punkt war von vornherein<br />
ersichtlich, daß es Auslegungsschwierigkeiten<br />
geben kann. ...<br />
An dem tiefsten Punkt in Freepsum<br />
wurden von Anfang an folgende<br />
Definitionen zugrunde gelegt, die bis<br />
heule nicht widerlegt wurden:<br />
1. Es muß sich um eine landwirtschaftlich<br />
genutzte Fläche handeln .<br />
2. Diese Fläche wird seit 200 fahren<br />
durchgehend landwirtschaftlich<br />
genutzt.<br />
3. Die landwirtschaftlich e Fläche<br />
umfaßt 115 ha.<br />
4. Die mittlere Geländelage beträgt<br />
2,0 m unter NN.<br />
... Es ist dah er verständlich, daß wir<br />
weiterhin und mit vollem Recht den<br />
Titel - Tiefster Punkt der BRD ist<br />
Freepsum mit 2,30 m unter Normalnull<br />
(NN} bzw. Meeresspiegel - führen<br />
werden .<br />
... sodaß wir Sie ... eigentlich bitten<br />
bzw. veranlassen müßten, Ihre Ausschilderung<br />
zukünftig z u unterlassen,<br />
um Mißverständnisse ... zu<br />
vermeiden."<br />
Da staunte selbst der Oberamtsrat<br />
des Amtes Wi lstermarsch, Kurt<br />
Reimers. "Warum muß ein Punkt 115<br />
Hektar groß sein? Ein Punkt ... ist ja<br />
weniger als ein IV·eis oder eine Fläche,<br />
ein Punkt ist ja wirklich ganz<br />
wenig."<br />
Die Gemeinde Neuendorf wollte es<br />
nun genau wissen und bat das<br />
Katasteramt Itzehoe sich der Sache<br />
anzunehmen und die Stelle zu<br />
vermessen. Die neuen Messungen<br />
ergaben, dass sich die Tiefste Landstelle<br />
3,539 Meter unter Normalnull<br />
befindet.<br />
Richard Meiforth, der damalige<br />
Bürgermeister, bemühte daraufhin<br />
den Bundesinnenminister um<br />
Schlichtung und 'Rechtsprechung'<br />
in der Angelegenheit. Dieser verwies<br />
darauf, dass das Vermessungswesen<br />
Landessache sei und somit in<br />
den Zuständigkeitsbereich des<br />
Innenministers des Landes Schleswig-Holstein<br />
falle. Dieser wiederum<br />
meinte zwar, auch er könne nichts<br />
machen, da "keine Wertungskriterien<br />
für die tiefste Stelle der Bundesrepublik<br />
Deutschland festgelegt worden<br />
sind", jedoch bestätigte er, dass "von<br />
Seiten der Vermessungs- und Katasterverwaltung<br />
des Landes Niedersachsen<br />
keine Bedenken dagegen
DIE TIEI'STE L\NDSTEllE LIEGT ßEilJNS! ·li 171<br />
..................... .... .............................. -.................................................................................................................. .............................................. ~.<br />
erhoben werden, daß der tiefste<br />
Punkt der Bundesrepublik in der<br />
Gemeinde Neu(en)dorf liegt."<br />
Aber selbst davon lassen sich die<br />
Ostfriesen nicht beeindrucken und<br />
werben wie eh und je mit ihrem<br />
'tiefsten' Punkt.<br />
Nach neuesten Meldungen plant die<br />
Gemeinde Krummhörn ihren tiefsten<br />
Punkt in einen Badesee zu<br />
verwandeln, die endgültige Entscheidung<br />
darüber stehe aber noch<br />
aus.<br />
Metern zum Fahrbahnrand einzuhallen<br />
sowie zur Aufstellung die<br />
Straßenmeisterei in Wilster hinzuzuziehen<br />
sei.<br />
Abb. 129: Die<br />
Tiefste Landstelle<br />
Deutschlands wird<br />
durch das Landesvermessungsamt<br />
Schleswig-Ho/<br />
stein am 3. September<br />
1987 neu<br />
vermessen. Das<br />
Ergebnis lautet<br />
3,539 m unter NN.<br />
GuT DING WILL<br />
WEILE HABEN<br />
Nachdem die Gemeindevertretung<br />
den Beschluss gefasst hatte, die<br />
Tiefste Landstelle durch einen Holzpfahl<br />
an der L 135 bei Kilometer 6,4<br />
zu kennzeichnen, wurden Vorschläge<br />
erarbeitet.<br />
Mit dem zuständigen Straßenbauamt<br />
in Itzehoe wurde ein Nutzungsvertrag<br />
vereinbart, der die Aufstellung<br />
des Hinweisschildes 'Tiefste Landstelle<br />
der Bundesrepublik' regelt.<br />
Darin ist unter anderem aufgeführt,<br />
dass ein Mindestabstand von 4,50<br />
Es ist nicht bekannt, warum sich<br />
die Gemeinde Neuendorf über diese<br />
Auflage hinwegsetzte, aber die<br />
Gemeinde errichtete den Hinweispfahl<br />
an einem Sonnabend ohne<br />
genannte Straßenmeisterei.<br />
Bei der Abnahme erzürnte dieses<br />
Vorgehen den Leitenden<br />
Regierungsbaudirektor des Straßenbauamtes<br />
Itzehoe derart, dass er mit<br />
der Kündigung des Nutzungsvertrages<br />
drohte, was ein Jahr später auch<br />
geschah. In einem Zeitungsartikel<br />
der Wochenzeitung 'Die Zeit' wird er<br />
gar mit den Worten zitiert: "Ich lasse<br />
mich doch nicht verarschen von der<br />
Gemeinde Neuendorf."<br />
Ihn ärgerte, dass die Straßenmeisterei<br />
Wilster zur Aufstellung nicht<br />
hinzugezogen sowie der Mindestabstand<br />
zum Fahrbahnrand nicht<br />
eingehalten wurde. Des Weiteren<br />
monierte er, dass anstaU der Fahnenbalterung<br />
mit der Beschriftung
.00®......................................................................... ...................... .................. ............. G:~$.IMTIING .. !?.Jl~.. l.'w.f.$.~ .. ~.1>.!?::!1;~.<br />
Abb. 130: Entwurf<br />
für den Hinweispfahl<br />
an der Tiefsten<br />
Landstelle.<br />
'Tiefste Landstelle der Bundesrepublik'<br />
... eine Holzplatte mit der<br />
Aufschrift 'Tiefste Landstelle der<br />
B. R. Deutschland' angebracht worden<br />
war. Zur Unterstützung und<br />
Bekräftigung seiner Beanstandung<br />
zog er einen Erlass des Landes<br />
heran, in dem die Verwendung der<br />
Abkürzung 'B. R.' für 'Bundesrepublik'<br />
ausdrücklich untersagt wird.<br />
Besagter Erlass war jedoch mittlerweile<br />
aufgehoben worden.<br />
Letztendlich saß das Straßenbauamt<br />
Landsfeile<br />
e &<br />
f t a<br />
'D<br />
dar .,aun<br />
desrapubllk<br />
,.<br />
aber am längeren Hebel und die<br />
Gemeinde musste den Hinweispfahl<br />
Anfang 1989 wieder herausreißen.<br />
Deshalb beschloss die Gemeinde<br />
den Hinweispfahl drei Meter<br />
zurückversetzt auf den Privatländereien<br />
von Albert Karstens aufzustellen<br />
und handelte einen<br />
entsprechenden Vertrag mit Karstens<br />
aus.<br />
Parallel wollte die Gemeindevertretung<br />
für die immer häufiger beobachteten<br />
Besucher der Tiefsten<br />
Landstelle Parkplätze, nebst Tisch<br />
und Bänke auf dem Straßenbankett<br />
errichten. Dazu musste die Gemeinde<br />
erneut einen Bewilligungsantrag<br />
beim Straßenbauamt in Itzehoe<br />
stellen. Dieses war jedoch inzwischen<br />
durch die bis dato gemachten<br />
Erfahrungen mit der Gemeinde<br />
Neuendorf vorsichtiger geworden.<br />
Es sprach seine Bedenken gegen<br />
diese Planung aus, da das Parken an<br />
Bundes- und Landesstraßen nicht<br />
erlaubt sei, regte aber in dem Zusammenhang<br />
die Einrichtung eines<br />
Rastplatzes an.<br />
So entstand im Herbst 1990 der<br />
erste Entwurf für den Parkplatz<br />
'Tiefste Landstelle'. Vorgesehen<br />
wurde er auf dem Nachbarflurstück<br />
mit Blick auf den eigentlichen tiefsten<br />
Punkt, welches 1991 von der<br />
Gemeinde gekauft wurde. Die<br />
Umsetzung dieses Entwurfes hätte<br />
aber den gesteckten Kostenrahmen<br />
der Gemeinde Neuendorf um ein<br />
vielfaches gesprengt, so dass die<br />
Gemeinde eine 'abgespeckte' Variante<br />
anstrebte.<br />
Im weiteren Planungsverlauf machte<br />
das Straßenbauamt darauf aufmerksam,<br />
dass die L 135 in diesem<br />
Bereich fortwährend - wegen des<br />
wenig tragfähigen Untergrundes -<br />
mit 7,5 Tonnen gewichtsbeschränkt<br />
sei und deshalb Reisebusse die
. G.~$.r~.~.-TI!~G .. P.~~ .. JJ.m:$.m~ .. u.l'IP.!?nuP.l ............ .................................................................................................................... aoo.<br />
Tiefste Landstelle nicht anfahren<br />
dürften. Eine Ausnahmeregelung,<br />
wie sie für Linienbusse gelte, würde<br />
es nicht geben, weil dadurch die<br />
geltende Gewichtsbeschränkung<br />
unzumutbar aufgeweicht würde.<br />
Wenn aber Busse die Tiefste Landstelle<br />
gar nicht erst anfahren dürfen,<br />
bedarf es auch keines Bus-Parkbzw.<br />
-Wendeplatzes. So wurde der<br />
Entwurf für den Parkplatz 'Tiefste<br />
Landstelle' abermals überarbeitet; es<br />
entstand die heutige Version.<br />
Nachträglich wurde doch noch eine<br />
Übereinkunft mit dem Straßenbauamt<br />
in Itzehoe getroffen, nach der<br />
die Tiefste Landstelle seit 1998<br />
durch Reisebusse angefahren werden<br />
darf. Jedoch gilt diese Regelung<br />
nur von Wilster Richtung Neuendorf,<br />
da das Straßenbauamt Dithmarschens<br />
weiterhin die<br />
Ausnahmegenehmigung verweigert,<br />
so dass eine Zufahrt über Burg nach<br />
wie vor nicht möglich ist.<br />
Nach diesem Hürdenlauf präsentiert<br />
sich die Tiefste Landstelle heute als<br />
'schöne kleine Anlage' -wie zahlreiche<br />
Besucher in das Gästebuch<br />
der Tiefsten Landstelle schreiben -<br />
die mit wenig Mitteln viel Information<br />
transportiert.<br />
Mittlerweile ist die Tiefste Landstelle<br />
mit Tischen uREl Sänken, einem<br />
Informationskasten, einem Artesischen<br />
Brunnen - der laut einer<br />
Untersuchung des Medizinaluntersuchungsamtes<br />
der Universität Kiel<br />
vom 14.7.1992 leider kein Trinkwasser<br />
führt-, einem Mast, der die<br />
bedeutensten Sturmfluten andeutet<br />
und dem erneut und hoffentlich<br />
zum letzten Mal umgesetzten Hinweisschild<br />
ausgestattet.<br />
Im Rahmen der Dorfentwicklung<br />
Wilstermarsch wurden Anregungen<br />
und Ideen andiskutiert, die Tiefste<br />
Landstelle noch attraktiver zu<br />
gestalten. Diese scheiterten aber an<br />
der Gemeindevertretung bzw. an der<br />
Genehmigungsbehörde, so dass sie<br />
wieder verworfen wurden. Resultate<br />
der Dorfentwicklung sind der 1999<br />
fertig gestellte Pavillon sowie eine<br />
mobile Toilette, die in den Sommermonaten<br />
dort platziert wird. Die<br />
zunehmende Beliebtheit der Tiefsten<br />
Landstelle hatte diese Maßnahme<br />
notwendig gemacht.<br />
Abb. 131: Die<br />
j eweiligen Standorte<br />
des Hinweispfahls.
.ß®.® .............................................................................................................................................................................................................. .<br />
,,,•'/'''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''"'''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''\..,,,,.,<br />
Wv hct.YYV etL v~ vO'rll 'o~fv~ hör-t;<br />
cwe.v cicLt- hett !M'W wt.ede,v !ifOY' Ylidv ~&t:<br />
SfV wt.ML- . YV Gc4t' heb-be.n;, We.v~ ~<br />
cicLt- hct.YYV wv !ifOY' Ylidv ~ ~ s~<br />
Urw S~4f'-tlo-4t-e,e,vv, cicLt" w~ etll;,<br />
f4,t" öve.vcUL- 0töörv, op j~ fc;dl;.<br />
Ave.v ~ WOYY'YV d0 O#r'eM>h'V Uoolv,<br />
.\€1 ~ ~ ~~ (,n; cict,t- gt"O'O't013ooiv.<br />
VfV O#r'eM>h'V poche-w op ehr-YV deep~0YV PIM'll
. G:-!i$.IMTI!NG:.P.!::~ .. J.H\f.H~N .. ~P.~ThW. .................................................................................................. ............... ............... dJ..~.<br />
Abb. 132: Erster<br />
Entwurf für den<br />
Parkplatz an der<br />
Tiefsten Landstelle.<br />
Dieser wurde<br />
jedoch abgelehnt,<br />
weil er den gesteckten<br />
Kostenrahmen<br />
um ein<br />
vielfaches überschritt.<br />
Abb. 133: Zweiter<br />
Entwurf des Parkplatzes<br />
an der<br />
Tiefsten Landstelle.<br />
Auch dieser<br />
Plan wurde überarbeitet,<br />
weil es<br />
zunächst hieß,<br />
dass Busse die<br />
Tiefste Landstelle<br />
nicht anfahren<br />
dürften.
.~~ .................................................................. .................................................................. ... .. .ff9.m:.f.m~J9Ji .. ~ . .J)~f~Th~ .. Sn;w.;.<br />
Abb. 134: Jubiläumseiche<br />
des<br />
Landfrauenvereins<br />
Wilstermarsch. Sie<br />
wurde anläßlich<br />
des 50-jährigen<br />
Bestehens 1986 an<br />
der Tiefsten Landstelle<br />
gepflanzt.<br />
HöHEPUNKTE AN<br />
TIEFSTER STELLE<br />
Jeder Besucher erlebt den 'tiefen<br />
Punkt' auf seine ganz persönliche<br />
Weise und Besucher kommen viele,<br />
allein über 1000 Besucher tragen<br />
sich pro Jahr in das Gästebuch der<br />
Tiefsten Landstelle ein.<br />
Vergessen werden sollten aber auch<br />
nicht die Feste, die an der Tiefsten<br />
Landstelle gefeiert wurden.<br />
Eigentlich hatte die Gemeinde Neuendorf<br />
bereits 1988, nachdem der<br />
Hinweispfahl zum ersten Mal<br />
errichtet wurde, die Tiefste Landstelle<br />
einweihen wollen. Aber durch<br />
die Auseinandersetzung mit dem<br />
Straßenbauamt war die Freude<br />
derart getrübt, dass die offizielle<br />
Einweihung auf unbestimmte Zeit<br />
verschoben wurde.<br />
Am 2. Juli 1992 war es dann endlich<br />
soweit, mit Freibier und zahlreichen<br />
Attraktionen wurde die<br />
Einweihung mit über 1000 Gästen<br />
gefeiert.<br />
Vor laufender Kamera - die Sendung<br />
'DAS! ' von N3 berichtete live vor<br />
Ort- stritten Bürgermeister Johannes<br />
Rehder und der Fremdenverkehrsmanager<br />
aus Ostfriesland um<br />
den tiefsten Punkt. Aber auch vor<br />
einem Millionenpublikum konnte<br />
keine Einigung gefunden werden.<br />
Nachdem die Einweihungsfeier so<br />
gut angekommen war, sollte das<br />
nächste Fest an der Tiefsten Landstelle<br />
nicht lange auf sich warten<br />
lassen.<br />
Diesmal erwartete man Gäste vom<br />
höchsten Punkt Deutschlands. Aus<br />
Grainau, dem Dorf am Fuße der<br />
Zugspitze, war eine Delegation<br />
geladen.<br />
Im Vorfeld spottete die Wilstersche<br />
Zeitung in ihrer Rubrik 'Hannes ut<br />
Wilster', ob die Gemeinde Neuendorf<br />
nach dem Streit mit Freepsum<br />
um den tiefsten Punkt Deutschlands<br />
nun einen "Disput über das höchstgelegen<br />
e Dorf Deutschland heraufbesch<br />
wören" wolle, schließlich werde<br />
Grainau vom Schwarzwalddorf<br />
Röchenschwand deutlich übertroffen<br />
und 1 im Guinness Buch der<br />
Rekorde für 1995 sei die Gemeinde<br />
Oberjoch bei Bindelang im Allgäu<br />
mit einer Höhe von 1150 Metern als<br />
höchstgelegene Ortschaft Deutschlands<br />
verzeichnet.<br />
Doch davon ließ sich die Gemeinde<br />
Neuendorf nicht beirren und richtete<br />
gemeinsam mit der Gemeinde<br />
Sachsenbande an einem Wochenende<br />
Anfang Juli 1995 ein tolles Fest<br />
aus, zu dem wieder weit über 1000<br />
Besucher erschienen. Diesmal konnte<br />
die NDR-Musikbox der 'Welle<br />
Nord' für eine Aufzeichnung gewonnen<br />
werden.
.H~>I-I_f:P.~ J-~-~Tf. .. t\~ .. T!""'f.~Jf:~.-~'ff:.IJ.f ........................................................................................................................................... U.~.<br />
Abb. 135: im Alter<br />
von 86 Jahren<br />
f ertigte der frühere<br />
Dachdecker<br />
Otto Göttsche aus<br />
Vorder-Neuendorf<br />
das Reetdach für<br />
die Schautafel an<br />
der Tiefsten Landstelle.<br />
Das dies nicht das letzte Fest an der<br />
Tiefsten Landstelle gewesen sein<br />
soll, machen Pläne deutlich, nach<br />
denen im Jahre 2002 erneut ein<br />
großes Fest- die Gemeinde feiert<br />
350-jähriges Jubiläum- gemeinsam<br />
mit der Gemeinde Sachsenbande<br />
stattfinden soll.<br />
Kurz nach der offiziellen Einweihung,<br />
hinterlegte die Gemeinde<br />
Neuendorf ein Gästebuch an der<br />
Tiefsten Landstelle.<br />
Die Resonanz ist groß, pro Jahr wird<br />
mindestens ein Büchlein gefüllt.<br />
Hierbei muss davon ausgegangen<br />
werden, dass die Zahl der Besucher<br />
weit höher liegt, da sich längst nicht<br />
jeder in das Buch einträgt.<br />
gesamte Bundesgebiet zu nennen,<br />
aber auch das europäische Ausland<br />
(Skandinavien, Südeuropa) sowie<br />
alle anderen Kontinente (Nordamerika,<br />
Südamerika, Afrika, Asien,<br />
Australien) sind vertreten.<br />
Aus allen Teilen der Welt kommen<br />
die Gäste auf der Durchreise zufällig<br />
oder gezielt vorbei, teils auf dem<br />
Motorrad oder als Gruppe mit dem<br />
Bus, viele mit dem Auto oder per<br />
Fahrrad. So mancher kommt wieder,<br />
weil hier die Sonnenuntergänge so<br />
schön sein sollen und alle sind sich<br />
einig, dass dies ein ganz besonderer<br />
Ort ist.<br />
Interessant ist auch zu erfahren, aus<br />
welchen Ecken die Besucher kommen.<br />
Da ist zum einen natürlich das
.ß®.~ ............. ................ .................. ............ ................. .............. .W. Al.!Wri~~~ . .QA'~. J),f!f.~IA'.~ . .JANP..~.T.~P,ri .. P..~W.$.Q:ITA~.Q~ .<br />
Übersicht über den Werdegang der Tiefsten Landstelle Deutschlands<br />
.......... ?:~.~-~~~~~ .............. ~r.~.~g~~---·· · · ·· · ····· · ·· · · ·· ······· · ··· ··· ·· · ······ ·· · ·· · · ····· ··· ·· · · · ··········· · ·············· · ···· · ·· ··· · ·········· ·· ················ · ············ · ······· · ···<br />
22.06.1984<br />
01.10.1984<br />
01.12.1984<br />
31.05.1986<br />
06.08.1986<br />
15.04.1987<br />
22.04.1987<br />
22.06.1987<br />
03.09.1987<br />
Herbst 1987<br />
10.05.1988<br />
11.11.1988<br />
17.01.1989<br />
22.09.1989<br />
13.12.1990<br />
04.11.1991<br />
02.07.1992<br />
30.06.1995<br />
23.07.1998<br />
23.07.1999<br />
Einweihung des tiefsten Punktes Deutschlands in Freepsum in der Gemeinde<br />
Krummhörn I Ostfriesland mit 2,30 Meter unter NN.<br />
In der ADAC Motorwelt wird auf den tiefsten Punkt Deutschlands hingewiesen;<br />
Herr Hermann-JosefThoben, damaliger Dezernent des Amtes für Land- und<br />
Wasserwirtschaft in Itzehoe liest als Abonnent den Artikel und bittet um die<br />
Korrektur des Irrtums.<br />
In ihrer Ausgabe von Dezember 1994 berichtigt die ADAC Motorwelt ihre Angaben<br />
bezüglich des tiefsten Punktes Deutschlands und beschreibt Ostfriesland<br />
im Vergleich zur Wilstermarsch als "mittleres Gebirge".<br />
Sendung von NDR II über die Tiefste Landstelle in Neuendorf b. W.<br />
Beschluss der Gemeindevertretung, die Tiefsten Landstelle mit einem Hinweispfahl<br />
zu kennzeichnen.<br />
Brief an die Fremdenverkehrsgesellschaft in Ostfriesland mit der Bitte, nicht<br />
mehr mit dem tiefsten Punkt Deutschlands zu werben.<br />
Im Antwortschreiben der F~mdenverkehrsgesellschaft wird die ei ene Definition<br />
vom tiefsten Punkt Deutschlands dargelegt.<br />
- '-r-<br />
Nutzungsvertrag ?J rAufstellungdes Hinweisschildes-mi em Straßenbauamt in<br />
Itzehoe.<br />
Der 'Tiefste Punkt' der Bundesrepublik Deutschland wird neu vermessen,<br />
Ergebnis: 3,539 Meter unter dem Meeresspiegel.<br />
Das Hinweisschild wird an einem Sonnabend durch die Gemeinde allein aufgestellt.<br />
Der Leiter des Straßenbauamtes aus Itzehoe moniert, dass zur Aufstellung des<br />
Hinweisschildes nicht die Straßenmeisterei Wilster benachrichtigt wurde, der<br />
Hinweispfahl nicht mehr dem Entwurf laut Nutzungsvertrag entspricht, die<br />
Beschriftung st tt 'Tiefste dstelle der Bun-desrepublik' nun 'Tiefste Landstelle<br />
der B. R. Deutschland' lautet sowie der vereinöarte Mindestabstand zum<br />
Fahrbahnrand nicht eingehalten wurde.<br />
Der Nutzungsvertrag wird von Seiten des Straßenbauamtes fristlos gekündigt.<br />
Gleichzeitig wird die Gemeinde aufgefordert, das Hintveisschild zu beseitigen<br />
Die Wilstersche ZeitUng berichtet, dass der Holzpfahl um drei Meter hinter den<br />
Straßengraben auf die Privatländereien des Herrn Albert Karsrens zurückgesetzt<br />
wird.<br />
Der Innenminister des nde Schleswig-Holstein bestätigt, dass von .Seiten des<br />
Vermessungsamtes des. Landes Niedersachsen keine Bedenken dagegen erhoben<br />
werden dass er riefst Punkt der Bundesrepublik in der Gemeinde Neuendorf<br />
lieg. --<br />
:rster Entwurf zur Gestaltung des Parkplatzes 'Tiefste Landstelle'.<br />
Der Bau- und Wegeaussdiuss der Gemein e 1'-{eue do f b.<br />
Kaufvertrag des Grundstü 'Tiefste Landstell '<br />
c::<br />
Offizielle Einweihung der Tiefsten Landstelle Deutschlands.<br />
Zeltfest an der Tiefsten Landstelle Deutschlands.<br />
Befristete Freigabe der L 135 für Reisebusse bis 18 Tonnen Gesamtgewicht<br />
durch das Straßenbauamt in Itzehoe.<br />
Richtfest für die Rasthütte an der Tiefsten Landstelle.
SCHUI.GESCHICHTE<br />
] 1 ~ [_~<br />
· · · · · · · · ·· ····· · ·· ·· · · · · · ··· ·· · · · · · · ·· · ··· · ········ · · · ·········· · · · · ········· · ·· · ·· · ···· · · · ·· ········ · · · · ·· · ·· · · · · · · ·· ·· · · · · · · · · · · ·· · · · · · · · · ··· · ·· · · · · · ·· · · ·· · ·· · ···· · ·· ······· · ··· ··· · ········· ·· ·· ·· · ·· · ····· ~ -~-<br />
SCHULGESCHICHTE<br />
Der Begriff Schule stammt von dem<br />
lateinischen Wort ,schola' ab und<br />
bedeutet soviel wie Unterrichtsstätte,<br />
Muße und Ruhe. Ausgehend von<br />
der Antike, in der es außer Hochschulen<br />
nur privaten Unterricht<br />
gegeben hat, begründete Karl der<br />
Große (800 n. Chr.) das öffentliche<br />
Schulwesen, indem er die Kirche<br />
beauftragte, Schulen zu gründen.<br />
Dabei handelte es sich in der Regel<br />
um Dom- und Klosterschulen. Die<br />
Hauptaufgabe dieser Schulen bestand<br />
zunächst darin, junge Leute<br />
zum Kirchdienst heranzubilden.<br />
Öffentliche Volksschulen, in denen<br />
sowohl Religionsunterricht als auch<br />
Unterricht in Lesen und Schreiben<br />
erteilt wurde, schuf erst die Reformation.<br />
1524 erließ Luther ein<br />
Sendschreiben an die Bürgermeister<br />
und Ratsherrn aller Städte deutschen<br />
Landes, dass sie christliche<br />
Schulen ausrichten sollen, um dem<br />
Volk das Wort Gottes zugänglich zu<br />
machen. 80<br />
Hierzulande wurde die Reformation<br />
1536 unter Christian III. - das Amt<br />
Steinburg unterstand damals dem<br />
König von Dänemark - durchgeführt.<br />
Wenig später (1544) erließ er<br />
eine Volksschulordnung, die sogar<br />
die weibliche Handarbeit als Unterrichtsgegenstand<br />
erwähnt. 81<br />
Diese Volksschulordnung galt<br />
zunächst jedoch nur für die Schulen<br />
in den Städten. Auf dem Lande<br />
sollte lediglich eine Stunde lang das<br />
gewöhnliche Evangelium des Sonntags<br />
gepredigt und der Katechismus<br />
gelehrt werden.<br />
Damals bestand noch keine Schulpflicht.<br />
Um die Kinder und Jugendlichen<br />
dennoch zum Schulbesuch<br />
zu ,zwingen', wurde seit 1646 die<br />
Zulassung zum Abendmahl an die<br />
bestandene Konfirmandenprüfung<br />
geknüpft. Diese Prüfung war öffentlich<br />
und vor versammelter Gemeinde<br />
wurde der kleine Katechismus<br />
mit Erklärungen abgefragt. In der<br />
Schulverordnung von 17 45 wird<br />
zum ersten Mal die Schulpflicht<br />
vom 6. Lebensjahr bis zur Konfirmation,<br />
d. h. bei den Jungen bis zum<br />
Abb. 136: Dergestalt<br />
soll einst die<br />
alte Schule in<br />
Achterhörn ausgesehen<br />
haben,<br />
bevor sie in der<br />
Nacht vom 17. auf<br />
den 18. September<br />
1916 abbrannte.<br />
Die Gemeinde<br />
Neuendorf beherbergte<br />
einst 4<br />
Schulen. Die<br />
Schule in Achterhörn<br />
brannte 1916<br />
ab und wurde auf<br />
Aebtissinwischer<br />
Gebiet verlegt.<br />
Des Weiteren<br />
bestanden j e eine<br />
Schule in Averjleth,<br />
Hackeboe<br />
und Vorder-Neuendorf<br />
Die Schulkinder<br />
aus<br />
Hinter-Neuendorf<br />
besuchten die<br />
Sachsenbander<br />
Schule.
.ß~@ ............................................... ............. .... ................ ............. ...... ....... .......... ............................................. ~.q:~~!.'-'G .t;:.!?.U~!qn:r;.<br />
Schülerzahlen der<br />
Schule in Aebtissinwisch98<br />
.. J.~.~ ...... t.\~~.~~ ..<br />
1874 69<br />
1910 69<br />
1920 53<br />
1924 36<br />
1930 24<br />
1946 78<br />
1947 83*<br />
1950 60<br />
1951 41<br />
1952 36<br />
1955 28<br />
1959 33<br />
1966 22<br />
1969 16<br />
In der Zeit von<br />
1939- 1945 waren<br />
die Kinder auf die<br />
Ecklaker und<br />
Sachsenbander<br />
Schule aufgeteilt<br />
worden.<br />
*) Von den 83<br />
Kindern im Jahre<br />
1947 kamen<br />
lediglich 20 Kinder<br />
von hier, die<br />
restlichen 63<br />
Schüler waren<br />
allesamt Kinder<br />
von Flüchtlingsfamilien.<br />
Der<br />
Unterricht wurde<br />
in zwei Schichten<br />
abgehalten.<br />
Von /949-1951<br />
war mit Lehrer<br />
Blöckereine 2.<br />
Lehrerstelle eingerichtet<br />
worden.<br />
vollendeten 16. und bei den Mädchen<br />
bis zum vollendeten 15.<br />
Lebensjahr gefordert. Jedoch bestand<br />
weiterhin die Möglichkeit der<br />
Befreiung vom Sommerunterricht<br />
und während der Ernte. Seit dem<br />
Schulerlass vom 31. Dezember 1747<br />
sollten dann überall besondere<br />
Schulhäuser gebaut werden, zu<br />
denen die Regierung wesentliche<br />
Mittel spendete. Träger der Schullasten<br />
sollten die Gemeinden sein,<br />
während der Staat und die Kirche<br />
die Beaufsichtigung übernahmen.<br />
Dies bedeutete in der Konsequenz,<br />
dass nur vom Propst geprüfte Lehrer<br />
eingestellt werden durften und jährliche<br />
Schulvisitationen durchgeführt<br />
werden sollten. Die meiste<br />
Zeit des Unterrichts sollte dem<br />
Religionsunterricht gewidmet werden,<br />
aber auch Lesen, Schreiben<br />
und Rechnen wurden unterrichtet.<br />
Der Bereich, den man später unter<br />
Realien (Naturkunde und -lehre)<br />
zusammenfasste, fehlte gänzlich.<br />
Außer Mittwoch- und Sonnabendnachmittag<br />
sollte täglich 6 Stunden<br />
unterrichtet werden, bei 6 Wochen<br />
Ferien im Jahr.<br />
Die Lehrer kamen aus den unterschiedlichsten<br />
Berufen (Schuster,<br />
Schneider, Knechte, Schreiber<br />
usw.). Sie gingen entweder bei<br />
älteren Lehrern in die ,Lehre' oder<br />
bildeten sich autodidaktisch aus,<br />
d. h. sie eigneten sich ihr Wissen<br />
selbst an. Die Berechtigung, ein<br />
Schulamt auszuüben, erwarben sie<br />
durch das Ablegen der Probstenprüfung.<br />
Dies änderte sich erst, als<br />
17 81 in Kiel und wenige Jahre<br />
später in Tondem (1788) die ersten<br />
Schullehrerseminare eröffnet wurden<br />
.82 Die Vorbildung für diese<br />
zweijährige Ausbildung erwarben<br />
die Seminaranwärter weiterhin<br />
durch eine schulpraktische Tätigkeit<br />
als Hilfslehrer, bzw. später<br />
besuchten sie für die Dauer von 3<br />
Jahren eine PräparandenanslalL Da<br />
Seminare in Kiel und Tondem<br />
anfangs gerade mal drei Dutzend<br />
Kandidaten pro Jahr entließen und<br />
weitere Seminare erst 40 Jahre<br />
später eingerichtet wurden, musste<br />
noch eine große Zahl der Lehrerstellen<br />
mit Autodidakten besetzt werden.<br />
83 Dies traf vor allen für die im<br />
allgemeinen schlechter bezahlten<br />
Posten bei den Landschulen zu.<br />
Abb. 137: Lehrer<br />
von Pein an der<br />
alten Achterhörner<br />
Schule im Jahre<br />
1890.
. ~.9:~!)-l~~.~mqrr.~ .......................................................................................................................................................................... aw..<br />
(o. R. v. 1.): Jürgen Franzenburg, Günter Benz, Jutta Dumke, Christa Springer.<br />
(2. R.): Friedhelm Klawitter, Lehrer Thomas, Marga Carstensen, Heimke Kraft,<br />
Annelene Kock, Günter Lohmann, Egon Laackmann, Peter Kock, Irmgard Jens,<br />
He/ga Lohmann.<br />
(3. R.): Elke Schellhorn, Monika Lau, Airnut Krumrey, He/ga Carstensen,<br />
Reinhard Jens, Irmgard Springer, Legand, Christa Lohmann, Günter Sattler.<br />
(4. R.): Jürgen Lohmann, Gerhard Schlüter, Reimer Schmidt, Dieter Klawitter,<br />
Helmut Dittmann, Klaus Franzenburg, H. G. Bader, Eggert Schmidt.<br />
Abb. 138: Die<br />
Fotografie stammt<br />
vermutlich aus<br />
dem Jahre 1953<br />
zur Verabschiedung<br />
von Lehrer<br />
Thomas.<br />
So stellt sich das Schulwesen des<br />
19. Jahrhunderts zumindest nach<br />
den Verordnungen sehr fortschrittlich<br />
dar. Das dies aber weit von der<br />
Realität abweicht, verdeutlicht die<br />
Beschreibung des Lehrerdaseins in<br />
den Landgemeinden damaliger Zeit:<br />
In der Hierarchie gleichgestellt mit<br />
einem Knecht, wenn nicht sogar<br />
niederen Ranges, hatten die Lehrer<br />
in der Regel keine festen Einkünfte.<br />
Sie wurden zum Herbst hin eingestellt<br />
und unterrichteten in den<br />
Wintermonaten die Kinder der<br />
Schulgemeinde. Dafür erhielten sie<br />
von den Eltern pro Kind ein gewisses<br />
Entgelt, den sogenannten Schulschilling.<br />
Die Höhe des Schulgeldes<br />
war nach der erbrachten Leistung<br />
gestaffelt. So ,kostete' der Religionsund<br />
Leseunterricht jeweils 1 Schilling<br />
wöchentlich. Wurde zusätzlich<br />
Schreiben unterrichtet, waren 1 1 /z<br />
Schilling zu begleichen. Ist zugleich<br />
Rechnen unterrichtet worden,<br />
erhöhte dies den Beitrag auf zwei<br />
Schilling pro Woche. 84 Da dieser<br />
Schulschilling aber nur beglichen<br />
werden musste, wenn das Kind<br />
auch tatsächlich am Unterricht teilnahm,<br />
waren die Einkünfte recht<br />
instabil. Hinzu kamen die Freistel-
.ß~®... .. ................. .......... ............................ .. ......... .. .... .. .. ....... ........... ... .. ....... .. .. .... ....................... ...... S.9~J.}1G.t;:.~~m~.lf.f.~ .<br />
Wenn Hausschlachtung<br />
war,<br />
ging ein gutes<br />
Stück Fleisch<br />
immer an den<br />
Dorjlehrer. Im<br />
Volksmund nannte<br />
man dieses Stück<br />
auch 'Schulmeisterstück'.<br />
Nach<br />
Aussage von Horst<br />
Reese handelte es<br />
sich dabei um das<br />
Kammstück<br />
(unterer Teil vom<br />
Nacken beim<br />
Rind).<br />
Abb. I 39: Nachdem<br />
die alte<br />
Schule in Achterhörn<br />
während des<br />
I. Weltkrieges abgebrannt<br />
war,<br />
wurden die Schüler<br />
6 Jahre lang in<br />
einem notdürftig<br />
hergerichteten<br />
Kuhstall unterrichtet.<br />
Zur Verbesserung<br />
der<br />
Unterrichtssituation<br />
erwarb der<br />
Gesamtschulverband<br />
eine ehemalige<br />
Gastwirtschaft<br />
in Aebtissinwisch<br />
(Dorfstraße 1) und<br />
baute sie entsprechend<br />
um.<br />
Als 1955 das neue<br />
Schulhaus fertiggestellt<br />
war, erwarb<br />
Johannes<br />
Looft das baufällige<br />
Gebäude fiir<br />
7.000DM<br />
lungen in den Sommermonaten, die<br />
schlimmstenfalls dazu führten, dass<br />
der Lehrer die Schule während<br />
dieser Zeit schließen musste, um<br />
seinen Lebensunterhalt als Handwerker<br />
oder Erntehelfer zu verdienen.<br />
Um die Schulausfälle aufgrund<br />
von Kälteperioden in den Wintermonaten<br />
möglichst gering zu halten,<br />
wurde den Lehrern ein Feuerungsgeld<br />
zugesichert, um das Schulzimmer<br />
beheizen zu können. Des<br />
Weiteren standen dem Lehrer Naturalleistungen<br />
wie etwa freies Wohnen<br />
im Schulhaus, Roggen-,<br />
Weizen-, Wurst- und Brotlieferungen<br />
sowie ein Kohlgarten und ein<br />
kleines Stück Land zur eigenen Bewirtschaftung<br />
zur Verfügung. Waren<br />
die Lehrer unverheiratet, so gingen<br />
sie mittags bei den Bauern abwechselnd<br />
zu Tisch. All diese Leistungen<br />
fielen je nach Beliebtheit des Lehrers<br />
unterschiedlich aus. Da es<br />
damals noch keinerlei soziale Absieherungen<br />
gab, arbeiteten die Lehrer,<br />
so lange es ihnen gesundheitlich<br />
möglich war. Danach waren<br />
sie auf die Mildtätigkeit der Gemeinde<br />
angewiesen. Pastor Höfer<br />
(1733-1748 Hauptpastor in Wilster)<br />
kommentiert in einem Bericht von<br />
1738, dass es kein Wunder sei, "daß<br />
kein tüchtiger Mann sich dazu<br />
bequemt, Schularbeit zu übernehmen."<br />
85 Dies änderte sich erst mit<br />
dem ,Schulregulativ für die Propstei<br />
Münsterdorf vom 9. März 1812',<br />
wonach "mit der Entrichtung des<br />
Schulschillings, dieses ,dämonischen<br />
Plagegeistes und Zerstörers des<br />
Lehrerglücks', ein für allemal gebrochen"<br />
86 und den Lehrern eine Daueranstellung<br />
mit festem Gehalt in<br />
Form von Bargeld und Naturalien<br />
zugesprochen wurde.<br />
Der Staat zeigte sich also mehr und<br />
mehr für das Schulwesen verantwortlich.<br />
Aber bis 1872 waren die<br />
Schulen immer noch der Kirche<br />
unterstellt. Auch nachdem die<br />
geistliche Schulaufsicht offiziell<br />
aufgehoben war, fanden die Schulprüfungen<br />
(zum Abschluss eines<br />
jeden Schuljahres) noch lange Zeit<br />
unter Anleitung des Pastors statt.<br />
Hierbei wurde unter Anwesenheit<br />
interessierter Eltern die Schulklasse<br />
in den verschiedenen Fächern abge-
.f?.9:U.J.gi"'.5.Q:UQP.1 ......................................................................................................................................................................... D..~.<br />
fragt, wobei auf Religion ein besonderes<br />
Schwergewicht lag. Da es<br />
damals noch keine Schulzeugnisse<br />
gab, wurden auf diese Weise die<br />
Lernfortschritte der einzelnen Schüler<br />
überprüft. Gleichzeitig konnte so<br />
das Lehrvermögen des Lehrers<br />
kontrolliert werden. Der Schulbesuch<br />
selbst endete in der Regel mit<br />
der Konfirmation.<br />
Mit dem Volkschulunterhaltungsgesetz<br />
vom 28. März 1906 wurden die<br />
bisherigen Schulgemeinden (Neuendorf,<br />
Hackeboe, Sachsenbande,<br />
Averfleth und Achterhörn) aufgelöst<br />
und deren Schullasten auf die politischen<br />
Gemeinden übertragen. Die<br />
betreffenden Gemeinden Neuendorf,<br />
Sachsenbande und Aebtissinwisch<br />
schlossen sich zum 1. April 1908 im<br />
Gesamtschulverband Neuendorf<br />
Sachsenbande-Aebtissinwisch<br />
zusammen, um gemeinsam der<br />
Unterhaltungspflicht nachzukommen.<br />
Für Gastschüler benachbarter<br />
Gemeinden wurde ein Fremdschulgeld<br />
in Höhe von 45 Mark je Kind<br />
erhoben.<br />
Während der beiden Weltkriege<br />
konnte der Unterricht zum Teil nur<br />
stark eingeschränkt abgehalten<br />
werden. Die männlichen Einwohner<br />
der Gemeinde, sowohl Lehrer als<br />
auch Väter und Brüder wurden zum<br />
Militärdienst einberufen. Kinder<br />
mussten die fehlenden Arbeitskräfte<br />
auf den Höfen ersetzen und kamen<br />
nur noch unregelmäßig zur Schule.<br />
Stellenweise mussten die Schulen<br />
in den Wintermonaten während<br />
besonders strenger Frostperioden<br />
geschlossen werden, weil nicht genügend<br />
Kohlen zum Heizen herbeigeschafft<br />
werden konnten. Einzelne<br />
Schulen wurden zeitweise geschlossen,<br />
weil keine Lehrkraft zur Verfügung<br />
stand. Benachbarte Schulen<br />
mussten zusätzliche Schulkinder<br />
aufnehmen. Fliegeralarm und Luftangriffe<br />
gegen Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges unterbrachen bisweilen<br />
den ohnehin unzureichenden<br />
Unterricht.<br />
Nach Kriegsende blieben auf Befehl<br />
der Militärregierung zunächst sämtliche<br />
Schulen geschlossen. Lehrer<br />
wurden auf ihre politische Einstellung<br />
und nationalistische Vergangenheit<br />
überprüft und aus dem<br />
Abb. 140: (Dorf<br />
straße 8) 1955<br />
war das neue<br />
Schulhaus der<br />
Schule Aebtissinwisch<br />
erst fertig<br />
gestellt worden<br />
und schon 15<br />
Jahre später<br />
wurde der Schulbetrieb<br />
for immer<br />
eingestellt. 1973<br />
erwarb der Architekt<br />
Heiko Sörensen<br />
aus Itzehoe<br />
das Schulgrundstückfor<br />
100.000<br />
DM 99 Heute ist<br />
in dem Gebäude<br />
eine Heil- und<br />
Sonderpädagogische<br />
Wohnstätte<br />
für Behinderte<br />
untergebracht.
.1li:§.@ .. ................................................................ .................................................................................. .................... S9:~!.J1G.Ii.~.Q:~!~Jn:!l.<br />
Abb. 141 : Knapp<br />
ein halbes Jahrhundert<br />
war<br />
Lehrer Herzberg<br />
an der Schule in<br />
Averjleth tätig,<br />
hier zusammen mit<br />
seinen Schülern im<br />
Jahre 1889.<br />
Schulbetrieb entlassen, Schulbücher<br />
mit nationalsozialistischen<br />
Inhalten durften nicht mehr benutzt<br />
werden. Doch schon im Herbst<br />
konnten viele Schulen ihren Betrieb<br />
wieder aufnehmen.<br />
Durch die Flüchtlingsströme der<br />
darauffolgenden Jahre mussten die<br />
Schulen zeitweilig die fünffache<br />
Schülerzahl verkraften. Die ständige<br />
Fluktuation - Flüchtlingskinder<br />
kamen und gingen - belastete die<br />
ohnehin schon katastrophale Unterrichtssituation<br />
zusätzlich. Es fehlte<br />
an allem: Schulmaterialien, Tische,<br />
Bänke, Räume und Lehrkräften. Um<br />
wenigstens einen halbwegs geregelten<br />
Unterricht zu gewährleisten,<br />
unterrichteten die Lehrer im 3-Tage<br />
Rhythmus bzw. im Schichtunterricht.<br />
Ältere Schüler übernahmen<br />
die Betreuung der Erst- und Zweitklässler.<br />
Die Situation entspannte sich erst<br />
allmählich nach der Währungsreform<br />
1948. Die wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse stabilisierten sich und<br />
nach und nach wanderten die<br />
Flüchtlingsfamilien in andere<br />
Gebiete Deutschlands ab. Die Schülerzahlen<br />
sanken bis Anfang der<br />
50er Jahre auf Vorkriegsstände. Die<br />
Schulmaterialien wie Schreibhefte<br />
und dergleichen waren wieder<br />
reichlich vorhanden. Der Unterricht<br />
fand wieder sechsstündig statt und<br />
die Unterrichtsfächer wurden vielfältiger.<br />
Seit 1948 ist Englisch ab<br />
dem 5. Schuljahr Pflichtfach und<br />
die Schulzeit wurde auf 9 Schuljahre<br />
ausgedehnt. Per Erlass des<br />
Kultusministers 87 wurde der Beginn<br />
des Schuljahres 1967/68 vom<br />
1. April auf den 1. August verlegt.<br />
Die Umstellung geschah über zwei<br />
Kurzschuljahre.<br />
Bereits Anfang der 60er Jahre wurde<br />
erstmals über den Zusammenschluss<br />
der Schulverbände diskutiert<br />
und in dem Zusammenhang<br />
über die Gründung eines Schulzentrums<br />
in Wilster nachgedacht. Während<br />
dies zu Beginn noch allgemein<br />
abgelehnt wurde, nahm der Plan<br />
Mitte bis Ende der 60er immer<br />
konkretere Formen an. Die Gemeinden<br />
Neuendorf, Sachsenbande,
.S.ql p!-:~~-~-~-q~~Q:tJ:~ ... ................................ ............................................... .. ... .. .. .... .......... .. ............. .. ................... ............................. ll (~ .<br />
Aebtissinwisch, Ecklak, Nortorf,<br />
Landscheide und Kudensee verständigten<br />
sich darauf, am Stadtrand<br />
von Wilster eine Dörfer-Gemeinschaftsschule<br />
zu errichten. Anfang<br />
der 70er Jahre war das Schulzentrum<br />
in Wilster mit Haupt- und<br />
Realschule fertig gestellt worden. Im<br />
Gegenzug wurden die bisherigen<br />
Volksschulen geschlossen. Im Sommer<br />
1970 stellten die einklassigen<br />
Dörfern der Wilstermarsch nach<br />
Wilster befördert.<br />
Nachdem alle Schulhäuser des<br />
Gesamtschulverbandes Neuendorf<br />
Sachsenbande-Aebtissinwisch<br />
veräußert waren, wurde der Gesamtschulverband<br />
zum 31. Dezember<br />
1973 aufgelöst. Seine Aufgaben<br />
hatte der Schulverband Wilstermarsch<br />
übernommen.<br />
Schulen Aebtissinwisch, Yarder<br />
Neuendarf und Sachsenbande ihren<br />
Schulbetrieb ein. Die 54 Kinder der<br />
drei vorgenannten Schulen gingen<br />
fortan in Wilster zur Schule. Die<br />
einklassige Schule in Averfleth<br />
folgte im Sommer 1972. Die Hackeboer<br />
Schule hatte bereits 1960 ihre<br />
Pforten geschlossen.<br />
Bis dahin hatten sich die Schulen<br />
quasi in der Nachbarschaft befunden<br />
und konnten zu Fuß bzw. mit<br />
dem Fahrrad erreicht werden, nun<br />
musste für den teilweise doch erheblich<br />
weiteren Schulweg ein<br />
Schülertransport organisiert werden.<br />
Seitdem werden die Schüler mit<br />
Schulbussen und öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
aus den entlegenen<br />
SCHULDISTRIKT<br />
AcHTERHÖRN 88<br />
Einst gingen die Kinder aus Aebtissinwisch,<br />
Achterhörn, Stadtmoor<br />
und Obersten Wehr in Achterhörn<br />
zur Schule. Auf dem Audeich stand<br />
ein altes Haus, in dem die Kinder<br />
unterrichtet wurden. 1840 wurde<br />
ein neues Schulgebäude errichtet. Es<br />
befand sich in direkter Nachbarschaft<br />
zum Bauernhaus der Familie<br />
Schlüter, heute Thiessen. Doch<br />
bereits zur Jahrhundertwende wies<br />
die Gebäudesubstanz erhebliche<br />
Mängel auf, so dass der damals<br />
zuständige Gesamtschulverband<br />
Neuendorf-Sachsenbande-Aebtissinwisch<br />
1910 den Neubau beantragte.<br />
Abb. 142: Lehrer<br />
Rieken trat ein<br />
schweres Erbe an,<br />
als er die Averflether<br />
Schule 1897<br />
von seinem im<br />
Dorf allseits<br />
beliebten Vorgänger,<br />
Lehrer Herzberg,<br />
übernahm,<br />
doch mit 32 Jahren<br />
verweilte er<br />
ebenfalls eine sehr<br />
lange Zeit in<br />
Averfleth. Hier<br />
zusammen mit<br />
seinen Schülerinnen<br />
und Schülern<br />
vor dem Schulgebäude<br />
zur Jahrhundertwende.
.ß®.~ ............. .. ..... .......... .. .. .......... ................... ............. .............................. ............ ... ........ .......... S.P:!!-. 1 WP~IW.~J.A.(.~!J.m~.!(~~iS.<br />
der nächsten drei Jahrzehnte wurden<br />
die Schülerinnen und Schüler<br />
aus Achterhörn und Aebtissinwisch<br />
dort unterrichtet. Doch auch dieses<br />
Gebäude verfiel zusehends. Auf<br />
Drängen des damaligen Lehrers<br />
Thomas wurde 1952 ein Schulneubau<br />
bewilligt und 1955 konnte die<br />
neue Schule (Aebtissinwisch, Dorfstraße<br />
8) eingeweiht werden. Irrfolge<br />
der Neuordnung des Schulwesens<br />
in der Wilstermarsch wurde diese<br />
im Sommer 1970 geschlossen.<br />
Abb. 143: Die<br />
Averjlether Schulklasse<br />
1927 mit<br />
Lehrer Rieken an<br />
der Wilster-Au.<br />
" Die Schulkinder<br />
der hiesigen<br />
einklassigen<br />
Schule sind seit<br />
einigen Tagen in<br />
den Ausstand<br />
getreten und<br />
weigern sich<br />
energisch, die<br />
Schule zu besuchen.<br />
Aus welchem<br />
Grunde diese<br />
Weigerung<br />
geschieht und ob<br />
dem dort amtierenden<br />
Lehrer eine<br />
Schuld zugesprochen<br />
werden kann,<br />
wird die nähere<br />
Untersuchung<br />
dieses modernen<br />
Streiks beweisen. "<br />
Zeitungsausschnitt<br />
vom 25. Oktober<br />
1921 inderAebtissinwischer<br />
Schulchronik. 100<br />
Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt.<br />
1916 brannte das Gebäude<br />
dann aufgrund eines schadhaften<br />
Schornsteins vollständig nieder. Es<br />
war die Zeit des Ersten Weltkriegs<br />
und der Unterricht war ohnehin<br />
schon sehr eingeschränkt. Obendrein<br />
stand die Schule Achterhörn<br />
nunmehr ohne Unterrichtsraum da.<br />
Auf Anordnung der Behörde gingen<br />
die Kinder aus Achterhörn fortan<br />
drei Tagen die Woche nach Sachsenbande<br />
zur Schule. Die verbliebenen<br />
Kinder wurden dreimal<br />
wöchentlich von Lehrer Christiansen<br />
aus Ecklak unterrichtet. Inzwischen<br />
wurde ein Kuhstall notdürftig<br />
zum Klassenzimmer umfunktioniert.<br />
Nach Kriegsende wurde dieses Provisorium<br />
weiter aufrechterhalten.<br />
Erst ein Streik der Schüler und ein<br />
Bittbrief der Eltern aus dem Jahre<br />
1921, in dem die unzumutbare<br />
Unterrichtssituation beschrieben<br />
wird, beendete diese kaum vorstellbaren<br />
Zustände. Der Schulverband<br />
erwarb den ehemalige Gasthof ,Zur<br />
Linde' in Aebtissinwisch (Dorfstraße<br />
1) und baute ihn den Schulerfordernissen<br />
entsprechend um. Innerhalb<br />
Lehrer der Schule Achterhörn/<br />
Aebtissinwisch.101<br />
Zeitraum Lehrer<br />
1874 Lehrer Westphalen<br />
1890-1904 Lehrer vo n Pein<br />
1904-1910 Lehrer Dusch<br />
1910-1915 Johann Brande<br />
1915-1919 Wilhelm Schwember<br />
1919-1921 Manin Reineke<br />
1921-1923 Lehrer F reese<br />
1923-1929 Lehrer Böttcher<br />
1929-1934 Walcer Käsmer<br />
1934-1939 H einrich Brütt<br />
1945-1946 Franz Spiegel<br />
1946-1949 Heinrich Brütt<br />
1949-1953 Lehrer Thomas<br />
1953-1970 Hans Kleinau<br />
..... .. .... ... .... .............. .. ........................ ... ...........
. ~.qJ~).UJ.~n:.~~.~P.II.~N . .P..~~.l~ .. ~.Q.~~R.JM.mJll'i ................... .................. .. ............. ........................................... ................................ lJ.(~}<br />
SCHULUNTERlUCHT IN<br />
......... P.~.~ .... ~. Q~~ .. J~.~~ ·········<br />
Schon früh morgens um 8 Uhr - in<br />
den Sommermonaten bereits um 7<br />
Uhr- begann der Schulunterricht<br />
mit Singen und Beten. Richard<br />
Meiforth, der von 1924 bis 1933 die<br />
Schule in Averfleth besuchte, hatte<br />
anfangs noch Ganztagsunterricht,<br />
d.h. morgens von 8 bis 11 Uhr und<br />
nachmittags von 13 bis 16 Uhr.<br />
Später ist dies auf Vormittagsunterricht<br />
abgewandelt worden (7 bis 12<br />
Uhr). Von montags bis samstags<br />
wurde an sechs Tagen in der Woche<br />
unterrichtet. Eine Schulstunde<br />
dauerte damals 60 Minuten und<br />
nicht wie heute 45 Minuten. Zwischen<br />
den Stunden war jeweils eine<br />
zehnminütige Pause. Die Frühstückspause<br />
um 9 Uhr war entsprechend<br />
länger. Ein Schuljahr war in<br />
Sommer- (April bis September) und<br />
Winterhalbjahr (Oktober bis März)<br />
untergliedert. Die Ferien orientierten<br />
sich am Arbeitsanfall in der<br />
Landwirtschaft. So gab es die Heuferien<br />
(2 Wochen Ende Juni), Sommerferien<br />
(3 bis 4 Wochen im<br />
August/September), Kartoffelferien<br />
(im Herbst), Weihnachtsferien (2<br />
Wochen) und zum Schulabschluss<br />
die Osterferien. Wenn auf dem Hof<br />
eine helfende Hand benötigt wurde,<br />
konnten die Eltern ihr Kind vom<br />
Unterricht freistellen lassen. Die<br />
Schulpflicht für Jungen betrug 9<br />
Jahre, für Mädchen lediglich 8<br />
Jahre. Die Schulentlassung ging einher<br />
mit der Konfirmation. Nur wenige<br />
Tage bevor die Jungen und<br />
Mädchen in Wilster konfirmiert<br />
wurden, erhielten sie ihr Entlassungszeugnis.<br />
Halbjahres- oder<br />
Versetzungszeugnisse wie sie heute<br />
üblich sind, gab es damals noch<br />
nicht. Die Leistungen der Schüler<br />
und des Lehrers wurden durch die<br />
jährlich stattfindende Schulprüfung<br />
kontrolliert. Zu dieser Schulprüfung<br />
waren alle Eltern eingeladen, um<br />
sich einen Überblick von dem zu<br />
verschaffen, was ihre Kinder im<br />
vergangenen Schuljahr gelernt<br />
hatten.<br />
Der Schulunterricht begann jeden<br />
Morgen zunächst mit einem Gebet<br />
und Gesang, wozu sich die Schüler<br />
von ihren Plätzen erhoben. Anschließend<br />
folgte in der ersten<br />
Stunde grundsätzlich Religionsunterricht.<br />
Weitere Fächer waren<br />
Deutsch, Rechnen, Erdkunde,<br />
Naturlehre (Physik), Naturkunde,<br />
Sport, Zeichnen und einmal die<br />
Woche Schönschreiben.<br />
"Der bauliche<br />
Zustand des alten<br />
Klassenzimmers<br />
ist nach dem<br />
letzten Winter<br />
noch (schneller)<br />
schlechter geworden.<br />
Während des<br />
Unterrichtsfiel ein<br />
etwa 112 qm<br />
großes Stück der<br />
Gipsdecke ab,<br />
ohne aber dabei<br />
ein Kind zu verletzen.<br />
ui02<br />
Hieran konnte sich<br />
noch Klaus Franzenburgaus<br />
Achterhörn erinnern:<br />
In der ersten<br />
Schulstunde, die<br />
Erstklässler waren<br />
noch nicht in der<br />
Schule, stürzte im<br />
Juni 1955 ein Teil<br />
der Zimmerdecke<br />
auf die Tische und<br />
Bänke in der<br />
ersten Reihe. Zu<br />
dem Zeitpunkt<br />
hatte man bereits<br />
mit dem Bau des<br />
neuen Schulgebäudes<br />
in Aebtissinwisch<br />
begonnen.<br />
Das Klassenzimmer<br />
musste<br />
geschlossen werden<br />
und bis zur<br />
Fertigstellung des<br />
neuen Schulgebäudes<br />
wurden die<br />
Schüler und Schülerinnen<br />
in der<br />
Lehrer-Dienstwohnung<br />
unterrichtet.<br />
Abb. 144: Schule<br />
Averfleth im Jahr<br />
1950 zusammen<br />
mit Lehrer Nestler.
lV.~cD ...... .............. .................... .. .. ................................ ........ .... ...... ... .. .... ............ S.qnJ,~ : ~Im~.J,w;;ur .. ~N.P.~iN .. ~Q~~J t\U.m!.rs .<br />
"Nach dem<br />
Bericht unserer<br />
Kommission über<br />
die Revision der<br />
Schule zu Averjleth<br />
ist dem<br />
Lehrer Herzberg<br />
wohl anzuerkennen,<br />
daß er mit<br />
vielem Eifer<br />
arbeitet, aber bei<br />
dem in vielen<br />
Stücken mangelhaften<br />
Leistungen<br />
der Schulkinder<br />
kann der Erfolg<br />
seiner Tätigkeit<br />
als völlig genügender<br />
nicht<br />
bezeichnet werden.<br />
Der Lehrer beschäftigt<br />
sich eingehend<br />
nur mit<br />
den fünf besten<br />
Mädchen der<br />
obersten Abteilung.<br />
" Schulprüfungsbericht<br />
vom<br />
14. Mai 1888. 103<br />
Abb. 145: Zum<br />
Abschied von der<br />
Averjlether Schule<br />
im Sommer 1972<br />
zusammen mit<br />
Lehrer Witt.<br />
Als einklassige Schule wurden die<br />
20 bis 40 Schüler unterschiedlicher<br />
Jahrgangsstufen zusammen in<br />
einem Raum von lediglich einem<br />
Lehrer unterrichtet. Diese Konstellation<br />
verlangte vom Lehrer Grundlagenwissen<br />
in allen Fächern, d. h.<br />
er musste alle Fächer, sei es Erdkunde,<br />
Rechnen, Biologie oder Deutsch<br />
unterrichten können. Da immer nur<br />
wenige Schüler (3-4) in einem Jahrgang<br />
waren, wurden diese in Unter-,<br />
Mittel- und Oberstufe zusammengefasst<br />
und gemeinsam unterrichtet.<br />
Daraus leitete sich ein Unterrichtszyklus<br />
von etwa 3 Jahren ab. Die<br />
Sitzplatzverteilung ergab sich aus<br />
der Jahrgangszugehörigkeit; die<br />
jüngsten Schüler saßen vorn in der<br />
ersten Reihe und die ältesten Schüler<br />
saßen in der letzenReihe hinten.<br />
Während sich der Lehrer mit einer<br />
Stufe beschäftigte, wurden den<br />
übrigen Schülern Stillaufgaben<br />
gestellt. Zum Teil mussten die älteren<br />
Schüler die jüngeren beaufsichtigen<br />
bzw. Schönschrift mit ihnen<br />
üben. Den Sportunterricht und die<br />
Pausen verbrachten jedoch alle<br />
Schüler wieder gemeinsam und<br />
spielten Völkerball.<br />
Aus DER ScHUL<br />
CHRONIK A VERFLETH<br />
Dieser Auszug aus der Schulchronik<br />
Averfleth entstand im Rahmen einer<br />
Heimatkundesarbeit des 9. Schuljahres<br />
unter der Anleitung des damaligen<br />
Lehrers Kurt Gerber.<br />
Demnach schlossen Geesche Thomsen<br />
und der Schulhauptmann Peter<br />
Egge 1743 einen ,Hauskaufkontrakt'.<br />
Schon zuvor war in den Elternhäusern<br />
der Schüler unterrichtet worden.<br />
Das Haus kostete 1010 lübische<br />
Mark. Zu diesem Kauf lieh<br />
sich Peter Egge 300 Mark von Pastor<br />
Höferaus Wilster und 25 Jahre<br />
später weitere 300 Mark von Max<br />
Rühmann aus Sachsenbande. Das<br />
Haus war etwa 7x7 Meter lang wie<br />
breit. Es hatte ein Strohdach. Zum<br />
Haus gehörten 1 1 /z Hektar Land. Der<br />
Klassenraum war 20 Quadratmeter<br />
groß. Im Haus waren des Weiteren<br />
eine Stube, eine Küche, Diele,<br />
Schulkorridor und zu beiden Seiten<br />
der Diele die Ställe untergebracht.<br />
Die Stube war vermietet. Deshalb<br />
musste der Lehrer im Klassenraum<br />
wohnen und in einem Alkoven
. S.~':!PP.~. AY.P~f!K.O~ ........................................................................................................................................................................ a(*1.<br />
(Bettnische) im Klassenzimmer<br />
schlafen.<br />
An einem Maitag rief der Hauptmann<br />
alle Eltern zusammen, um zu<br />
beratschlagen, was an dem Schulhaus<br />
gemacht werden sollte. Die<br />
Arbeiten mussten bis zum Bartholomäustag<br />
im Oktober fertiggestellt<br />
sein. 1842 wurde quer zum Hinterbau<br />
ein Anbau errichtet. Gleichzeitig<br />
wurde der gesamte Hinterbau<br />
umgebaut. Die Diele und auch alle<br />
Ställe wurden größer, die Küche<br />
wurde in den Hinterbau verlegt.<br />
1897 wurde auf dem Hof ein Stall<br />
gebaut. Er war hoch und so konnte<br />
auf dem Boden Futter für das Vieh<br />
untergebracht werden. zwei Kühe,<br />
ein Schwein und mehrere Hühner<br />
hatten darin Platz. Wenn die Schule<br />
Feuerung bekam, luden die Schuljungen<br />
den Torf auf der Diele ab.<br />
Neben der Küche war bis 1955 noch<br />
ein Torfschacht 1898 wurde das<br />
Reetdach vom Hinterbau abgerissen<br />
und mit Schiefer gedeckt. Auf dem<br />
Boden wurden zusätzlich zwei<br />
Stuben ausgebaut. Im Zuge der<br />
Umbaumaßnahmen wurde der<br />
ganze Hinterbau umgestaltet. Es<br />
waren eine große Stube, eine gewöhnliche<br />
Stube, eine Küche, ein<br />
Flur und ein Schulflur eingerichtet<br />
worden. Auf dem Hof neben dem<br />
Haus wurde eine Waschküche gebaut.<br />
Vor dem 2. Weltkrieg ist der<br />
Stall unter den Herbststürmen zusammengebrochen.<br />
Deshalb wurden<br />
an die Waschküche ein zweiter<br />
großer Stall und zugleich Kohlenschuppen<br />
mit Garage angebaut. Als<br />
die Schule 1972 geschlossen wurde,<br />
erwarb Familie Svoboda das Schulgrundstück<br />
für 60.000 DM und<br />
fntlnffungß3eugni~ ·<br />
'" ,_<br />
jitt<br />
;!Mithllo ) !o<br />
?/fud'A"~<br />
.fr~(0 ............... ............ ... ............. ........................... ............. ............................ ........... ................ .. ... ............... ~~.t!.~ ! P~ .. ft:,~~.~!'Jl9.f;.<br />
Abb. 147: Die<br />
Vorderansicht des<br />
Averflether Schulhauses<br />
mit Lehrer<br />
Riecken, ca. 1915.<br />
"Schoolprüfung.<br />
Schoolinspekter<br />
weer Hauptpastoor<br />
Dickhuus ut<br />
Wilster. De<br />
Schoolinspekter<br />
examenert mit de<br />
Kinner un Lehrer<br />
Herzberg lehnt sik<br />
an 1 Pullt und hör<br />
to. Na en Frag<br />
vun den Pastoor<br />
de unbeantwoort<br />
blifft, stellt sik de<br />
Lehrer vör den<br />
Pastor hin un<br />
seggt: " Herr<br />
Pastor, das wissen<br />
die Kinder nicht,<br />
das weiß ich auch<br />
nicht! " Darmit<br />
wull he seggn,<br />
wenn du Fragen<br />
stelln wullt, denn<br />
stell se so, dat se<br />
ok to beantwoortden<br />
sünd. " Von<br />
Wilhelm Nagel.<br />
SCHULE IIACKEBOE<br />
Mit dem ,Regulativ für die sämtlichen<br />
Landschulen der Propstei<br />
Münsterdorf vom 9. März 1812'<br />
wurde die Hackeboer Schule zur<br />
Distriktschule erklärt. Daraufhin<br />
wurde Klein Hackeboe - politisch<br />
zur Landgemeinde Landrecht gehörig-<br />
in die Schulgemeinde Hackeboe<br />
eingegliedert. Doch damit<br />
wurde der Raum der alten Schule<br />
zu klein, weshalb 1816 der Bau<br />
eines neuen Schulgebäudes<br />
beschlossen wurde. Zuvor befand<br />
sich die Schule in einer kleinen<br />
Kate von J. Becker, die bereits in<br />
einem Bericht des Pastors Höfer<br />
(1733-1748 Hauptpastor in Wilster)<br />
über die Landschulen des Kirchspiels<br />
Wilster erwähnt wird.<br />
Der Schuldistrikt umfasste Groß<br />
Hackeboe, Klein Hackeboe, Goldbogen<br />
und Hove. 1896 wurde der<br />
größte Teil von Klein Hackeboe in<br />
die Stadt Wilster eingemeindet<br />
(Neue Burger Straße) und somit<br />
wurden auch die Kinder aus diesem<br />
Ortsteil nach Wilster umgeschult.<br />
Aufgrund der geringen Schülerzahl<br />
hatte man die Schule bereits<br />
1958/59 aufgeben wollen. Jedoch<br />
auf Protest einiger Eltern ließ man<br />
die Schule ein weiteres Jahr bestehen.<br />
Dem damaligen Schullehrer<br />
Max Kiupel musste die Landesregierung<br />
extra ein weiteres Dienstjahr<br />
genehmigen, da er bereits im Frühjahr<br />
1959 das 65. Lebensjahr<br />
erreicht hatte und eigentlich in<br />
Lehrer der Schule Hackboe. 105<br />
Zeitraum<br />
-1865<br />
1865-1884<br />
1884-1886<br />
1886-1893<br />
1893-1898<br />
1899-1906<br />
1906-1936<br />
1936-1939<br />
1945-1946<br />
1946-1960<br />
1947-1952<br />
Lehrer<br />
Lehrer Peters<br />
Lehrer Voß<br />
Lehrer Möller<br />
Lehrer Holm<br />
Lehrer Wischmann<br />
Lehrer Nerdhardt (?)<br />
Lehrer Poppe<br />
LehrerSuhr<br />
W Thormählen<br />
Lehrer Sierk<br />
W Koopmann<br />
Lehrer Grünberg<br />
Lehrer Siemsen<br />
Frl. Gutenschwager<br />
Max Kiupel<br />
Margarete Saalfeldt
. ~.f:HrM~. J:h(-~.~9.~ ....................................................................................................................................................................... il.W .<br />
Abb. 148: Heutzutage<br />
bewohnt die<br />
Familie Svoboda<br />
das einstige Averjlether<br />
Schulhaus<br />
(Averjleth 9).<br />
Pension hätte gehen sollen. 1960<br />
wurde die Schule dann endgültig<br />
geschlossen. Die Schüler gingen<br />
fortan nach Wilster bzw. nach Vorder-Neuendorf<br />
zur Schule. Das<br />
Klassenzimmer wurde zur Wohnung<br />
umgebaut und vermietet. 1973<br />
wurde die Schule für 50.000 DM an<br />
Privat verkauft.<br />
PROTOKOLLBUCH DER<br />
SCHULKOMMUNE<br />
IIACKEBOE<br />
In der Sammlung von Horst Reese<br />
aus Hackeboe befindet sich ein altes<br />
Protokollbuch, in dem die Einnahmen<br />
und Ausgaben der Schulkommune<br />
Hackeboe in den Jahren 1812<br />
bis 1853 aufgelistet sind. Demnach<br />
Abb. 149: Die<br />
Schule Hackeboe<br />
im Jahre 1897<br />
zusammen mit<br />
Lehrer Sierk. Im<br />
Jahr 1898 beherbergte<br />
diese<br />
Schule 58 Schüler.
.i..Y._~ ~2. ........................ ................................. ....................... .. ... ...... .. .. ............... ......... .. .. ................. ... .. S.f-.I:t.U,f: .. !t. '.\f..!9.'.~0.f: .<br />
Einen Einblick in den Schulstoff zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermittelt ein Lehrbericht der einklassigen<br />
Schule Hackeboe. Exemplarisch wird die Schulwoche 11.-16. Mai 1914 dargestellt. 106<br />
Unterrichtsfächer Unterrichtete Stufen Unterrichtsstoff<br />
- ................................. ......... ............................. .......... .... .......... ....... .......... ....... ..... ............................................................. .........................<br />
Biblische Geschichte, Ober- und Jesu Reden von seinem Hingang zum Vater<br />
Kirchengeschichte Mittelstufe<br />
1-<br />
-<br />
-<br />
c::<br />
0<br />
:~<br />
v<br />
0:::<br />
....c::<br />
u<br />
V)<br />
...<br />
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V<br />
Q<br />
c::<br />
V<br />
~<br />
V<br />
0:::<br />
und Bibellesen Unterstufe<br />
--<br />
Himmelfahrt -- -- -- -- --<br />
Katechismus und Philipper 2, 5-11<br />
Bibelspruch<br />
Geistliche Lieder Oberstufe "Zum Himmel bist Du eingegangen" Strophe 3-4<br />
und Gebete<br />
Mittelstufe<br />
- - ---- -- - -<br />
__"Zum Himmel bist Du eil_!g~gangen " StroRhe 3<br />
Lesen Oberstufe "Ein Brand in der Steppe des Mississippi"<br />
Mittelstufe "Der kluge Richter"<br />
--<br />
Sprachlehre Oberstufe Wiederholung des Tätigkeitswortes<br />
Mittelstufe Satzgegenstand ist ein Din~ort _ _ ____ -<br />
Gelernt Oberstufe Fortsetzung von "Erlkönig"<br />
Mittelstufe Das Kind des Steuermanns "<br />
-- -<br />
Schriftliche Arbeit Ober- und Äu - eu Diktat<br />
Mittelsrufe<br />
--- - - - - -- -- - - -- - -<br />
Nach der deutschen Schreibschule<br />
--- -- - - ------ -- -- --<br />
Schönschreiben<br />
Rechnen Stufen I-VI I. Gewinn und Verlust<br />
II. Enthaltensein 1 / 2 von 8 und 6/7 von 25<br />
III. Fortsetzung Multiplizieren<br />
IV. Fortsetzung Malnehmen bis Tausend<br />
V. Wiederholung des Einmaleins<br />
_ __ VI. Zahlenraum von 1 bis 100, reine Zehne_r _<br />
Raumlehre Das Dreieck; Allgemeines _ _ _ _ _ _<br />
-<br />
Zeichnen Nicht erteilt<br />
--- -- - -<br />
Geschichte Ein Sendgrafenbericht (Bild)<br />
--<br />
Geographie Oberstufe Polirische Verhältnisse Nordamerikas<br />
Naturbeschreibung<br />
Naturlehre<br />
Gesang<br />
Turnen<br />
Weibliche<br />
Handarbeiten<br />
Mittelstufe<br />
Nicht erteilt<br />
Nur Mädchen<br />
Die Sonne und die Himmels~enden<br />
Der Weinstock<br />
Der Elektromagnetismus<br />
"0, daß ich rausend Zungen hätte"<br />
Stricken, Nähen, Stopfen, Flicken<br />
bezog der Lehrer- nebst Naturallieferungen-<br />
1812 bereits ein Jahresgehalt<br />
von 150 Mark lübisch. 90 Als<br />
Naturalien standen dem Lehrer<br />
jährlich 8 Fuder Torf, 10 Tonnen<br />
Weizen und 5 Tonnen Roggen zu.<br />
Die Kosten wurden über ein Umlagesystem<br />
von der Schulkommune<br />
getragen. Um das jährliche Gehalt<br />
zu begleichen, musste jedes Haus<br />
pro Quartal eine Abgabe von 1<br />
Mark, 2 Schillingen und 9 Pfennigen<br />
zahlen. Die sonstigen Ausgaben,<br />
zu denen sowohl die Bezahlung der<br />
Naturalien als auch die Instandhaltungskosten<br />
des Schulhauses zählten,<br />
wurden von den Landbesitzern<br />
unter den Schulinteressenten getragen.<br />
Dazu wurde der Wert ihrer<br />
Ländereien ermittelt und halbjährlich<br />
mit Zahlungen von 2 bis 6<br />
Schilling pro 100 Reichstaler<br />
geschätzter Wert der Ländereien<br />
belegt. Die Beträge für das Lehrerge-
.~{!:IU,~ .. tl,~qq~.JN~ ......................................... .............................. ................ ................................................................................. ~J/W,.<br />
halt waren Quartalsweise zu Johannis<br />
(24. Juni), Michaelis (29. September),<br />
Neujahr (1. Januar) und<br />
Ostern fällig. Die Abgaben der<br />
Landbesitzer waren im November<br />
und zu Pfingsten zu entrichten.<br />
Um den Neubau des Schulhauses<br />
im Jahre 1816 zu finanzieren, musste<br />
die Schulkommune einen Betrag<br />
in Höhe von 6200 Mark lübisch<br />
aufnehmen. Dazu wandte sie sich<br />
an vermögende Privatpersonen der<br />
Abb. 150 und 151:<br />
25-jähriges Ortsjubiläums<br />
des<br />
Lehrers Grünberg<br />
1931 im Diickerstieg.<br />
Nachfolger seit<br />
1936 Lehrer<br />
Siemsen (unten).
.ßY.® ......................................................... .............................. ...... .................. ............. .. ......... .......... ............ .... s.~.m ! P~ .. R:\~.~~.~9.f.<br />
Verzeichnis der Interessenten des Hackeboer Schuldistrikts:<br />
Landbesitzer Taxierter Wert Abgaben für das<br />
der Ländereien Schuljahr 1818/ 19<br />
in Reichstalern* in Mark lübisch*<br />
Johann Tiedemann 7. 162,5 31<br />
Johann Thumann 8.025,0 35<br />
dessen Nebenhof 4.050,0 18<br />
Johann Egge 7.950,0 35<br />
Hinrich Boll sen. 3.450,0 15<br />
Engel Meyforth 4.087,5 18<br />
Hinrich Boll jun. 3.987,5 17<br />
Jürgen Mohr 11.550,0 51<br />
Claus Poppe 6.700,0 29<br />
Margretha Bohden 3.287,5 14<br />
Andreas Thoms 7.150,0 31<br />
Peter Maaß 6.962,5 30<br />
Johann Egge 8.787,5 38<br />
Abel Boll 4.487,5 20<br />
Peter Schippmann 4. 537,5 20<br />
Siemen Koll 6.725,0 29<br />
Johann Sehröder 7.950,0 35<br />
Peter Egge für 2 Stellen 7.625,0 33<br />
Hinrich Schippmann 4.375,0 19<br />
Johann Junge 10.462,5 46<br />
Harder Schippmann 4.625,0 20<br />
Hinrich Schwark 275,0 1<br />
Johann Sühl 3.725,0 16<br />
Hinrich Holler 637,5 3<br />
Jürgen Ohrt 1.300,0 6<br />
Gerth Schmidt 3.800,0 17<br />
Peter Feil 8.137,5 36<br />
Hans Tiedemann 10.137,5 44<br />
4 Käthner bzw. nur Wohnhäuser: Johann Voß,<br />
Johann Schade, Johann Egge (Nebengebäude),<br />
Johann Junge (Nebengebäude)<br />
*) Ein Reichstaler entsprach 3 Mark lübisch.<br />
Während vielleicht manch anderer Lehrer an gleicher Stelle<br />
gejubelt hätte, beklagte Lehrer Kiupel (Schule Hackeboe) die<br />
geringe Schülerzahl (24 Schüler) im Jahr /954: " Die Arbeit in<br />
dieser kleinen Klasse ist nicht sehr angenehm, weil diese Schule<br />
durch den Abgang der vielen Kinder zur Mittelschule Wilster<br />
zur Hilftschule geworden ist. " I 07<br />
Umgebung. Gegen einen Wechsel<br />
zeichneten Jacob Garms aus Wilster<br />
2000 Mark lübisch, Joachim Kröger<br />
aus Wilster 1500 Mark und Johann<br />
Egge aus Groß-Hackeboe 2700<br />
Mark. Diese Wechsel wurden<br />
anfangs mit 4 Prozent jährlich verzinst.<br />
Erst im Jahre 1829 wurde<br />
begonnen, die Schulden in Raten<br />
abzutragen. Bis dahin hatten die<br />
Wechsel bereits mehrere Male den<br />
Besitzer gewechselt. Im Jahr 1854<br />
stand die Schulkommune bei Hartwig<br />
Ball von Landrecht mit 1000<br />
Mark in der Schuld.<br />
Schulausgaben der Schulkommune<br />
H ackeboe im Jahr 1835 .<br />
!.'-.~.~S.~~~.~ ........ ...... .......... .. ~.
.~,q,,~.J."!;,.tlt\f-19i.~9.~ ..................................................... .. ... ........................ ............................... ................ ...................................... ll../.1~1<br />
Abb. 152 u. 153: Ober- und Unterstufe der Hackeboer Schule im Jahre 1948. Hauptlehrer war zu der Zeit<br />
Max Kiupel. Er unterrichtete die Oberstufe, während Fr!. Margarete Saalfeldt derweil die Unterstufe<br />
betreute. Von 1947 bis 1952 war sie zu seiner Unterstützung als 2. Lehrkraft an der hiesigen Schule angestellt.<br />
Zu diesem Zwecke wurde 1949 ein zweiter Klassenraum eingerichtet. Während der Flüchtlingshochphase<br />
beherbergte die Hackeboer Schule im Jahre 1947 zeitweise ll8 Kinder.
.ß:Y:2 .. .. .... ........................................................... ................ ............ ............... ................................ .. S.~.m.1 ~J; .. ff.:\~.~-~m; .<br />
Abb. 154: In<br />
diesem alten<br />
Gebäude befand<br />
sich bereits im 18.<br />
Jahrhundert die<br />
erste Hackeboer<br />
Schule. Das Haus<br />
gehörte J. Becker<br />
und wurde 1705<br />
errichtet. Heute<br />
lebt hier die<br />
Familie Mohr..<br />
(Hackeboe 29).<br />
Abb. 155: Diese<br />
Ansicht zeigt die<br />
Hinterfront der<br />
Hackeboer Schule.<br />
Elfriede Reese<br />
erstellte dieses<br />
Bild 1960 im<br />
Rahmen einer<br />
Halbjahresarbeit<br />
für die Schule.<br />
Abb. 156: Die<br />
Vorderansicht der<br />
ehemaligen<br />
Hackeboer Schule.<br />
Heute bewohnt<br />
Familie Steflens<br />
das Anwesen<br />
(Hackeboe 17).
. S.q i r.'-'~ .. S. ;\(H~J:;~~ ~\~P.I.' ........................................................ .................... .. .. ............................................................................... ll.L~ .<br />
ScHULE<br />
SACHSENBANDE<br />
.............................. ........................ .............................<br />
1738 monierte Pastor Höfer (Hauptpastor<br />
in Wilster von 1733-1748) in<br />
einem Bericht über das Schulwesen<br />
im Kirchspiel Wilster, dass das<br />
Schulhaus in Sachsenbande "bald<br />
an dem einen, bald an dem anderen<br />
Orte des Dorfes und also nimmer<br />
beständig ge wesen" 91 sei. Dies sollte<br />
sich bald darauf ändern. 1745 verständigten<br />
sich 32 Interessenten aus<br />
Sachsenbande darauf, auf dem<br />
Grundstück von Marten Lafrenz ein<br />
Schulhaus zu errichten. In dem<br />
nachfolgend wiedergegebenen Wortlaut<br />
des ,Hauervertrages' von 1745<br />
sind die Bedingungen für die Überlassung<br />
des Grundstücks schriftlich<br />
fixiert worden. Demnach wurde<br />
Lafrenz für die Abtretung des<br />
Grundstücks (ca. 1.200 qm) auf die<br />
Dauer von 99 Jahren ein jährlicher<br />
Pachtzins in Höhe von 4 Mark<br />
lübisch zugesprochen:<br />
"Kun d und zu wissen sey hiemit<br />
jedermänniglich, daß am heute<br />
unten gesetzten dato da der Hochfürstl.<br />
H. Cammer-Assor und pro<br />
Lehrer in Sachsenbande 108<br />
...................................................... Zeitraum Lehrer ....................... .......<br />
um 1722 Peter Stockfleth<br />
1745 Lehrer Colls<br />
1793-1 796 Claus Schlüter<br />
1832-1844(?) Jürgen Sachau<br />
1844-1850(?) Lehrer Groth<br />
1850-1887 Martin Rehder<br />
1887-1896 Herrn. Klaus Looft<br />
1896 Friedr. Wilh. Kordt<br />
1896-1911 Herrn. C. Plähn<br />
1911-1913 Johannes Grabener<br />
1913-1915 Kar! Hintmann<br />
1916-1918 Wilhelm Schwember<br />
1918-1922 Kar! Hintmann<br />
1922-1925 Lehrer Wiesner<br />
1923-1923 Vertretung Altenburg<br />
1925-1928 Heinrich Rohweder<br />
1928-1929 Lehrer Rullow<br />
1929-1934 Lehrer Telschow<br />
1934-1937 Hans Brix<br />
1937-1937 Günther Ohl<br />
1937-1945 Paul Drewes<br />
1945-1948 Giesela Haase<br />
1946-1947 Helmut Riemke<br />
1947-1948 Hans Goedke<br />
1948-1953 Hans Kleinau<br />
1948-1950 Lehrer Rühlow<br />
1950-1961 Lehrer Großenbacher<br />
1961-1967 Erich Badtke<br />
1967-1970 Wolfgang B~er<br />
Schülerzahlen<br />
der Schule<br />
Hackeboe. 109<br />
..}~~.. .... ::\~.~~..<br />
1893 64<br />
1898 58<br />
1906 65<br />
1910 62<br />
1915 53<br />
1920 43<br />
1925 47<br />
1929 36<br />
1946 67<br />
1947 118<br />
1949 104<br />
1950 98<br />
1951 81<br />
1952 49<br />
1953 34<br />
1954 24<br />
1955 18<br />
1959 16<br />
Von 1939-/942<br />
gingen die Kinder<br />
in Rumjleth zur<br />
Schule und von<br />
1942 bis 1945<br />
nach Wilster, bz w.<br />
nach Vorder<br />
Neuendorf<br />
Der Unterricht<br />
wurde während<br />
der Nachkriegszeit<br />
in zwei Schichten,<br />
1947 sogar in 3<br />
Schichten abgehalten.<br />
Abb. 157: Martin<br />
Rehder, Sohn des<br />
Lehrers Rehder,<br />
war ein bekannter<br />
Kunstmaler. Er<br />
fertigte Auftragsarbeiten<br />
fiir verschiedene<br />
Kirchen<br />
der Umgebung.<br />
Dieses Bild zeigt<br />
Lehrer Rehder vor<br />
der Sachsenbander<br />
Schule im<br />
Jahr 1880.
.ßifcD .. .................. .......... ..... ......................... ............................. ... ................... ...................... ...... .. ....... ... S(H~!P:: .. S.i:\ (:.H.~.~.~~,\NP.!;.<br />
A bb. 158: Das<br />
Sachsenbander<br />
Schulhaus im<br />
Jahre 1918.<br />
Schülerzahlen der<br />
Schule Sachsenbande.110<br />
... J.~~r. ...... ~~~.~~ ..<br />
1929 66<br />
1930 55<br />
1941 30<br />
1944 60<br />
1946 146<br />
1947 145<br />
1949 120<br />
1951 102<br />
1953 52<br />
1961 31<br />
1965 31<br />
1968 20<br />
Von den 145<br />
Schulkindern im<br />
Jahre 1947 kamen<br />
94 Kinder aus<br />
Flüchtlingsfamilien.<br />
tempore ambt Schreiber Michgael<br />
Goldheck alhier gegenwärtig gewesen,<br />
in dessen gegenwartein<br />
unwiderruflicher Hauer Contract<br />
geschlossen und vollzogen worden<br />
zwischen den Ehr und Achtbahren<br />
Marten Lafrens mit der unter Hochfürstl.<br />
dH. furisdiction Sachsenbande<br />
einwohnerfolgender gestalt und<br />
also. Es verhäuert der Ehr und Achtbahre<br />
Marten Lafrens für sich und<br />
seinen Erben 28 Creutz Ruhten 7<br />
Fuß 1 Fingerbreit Landes . worauf<br />
daß Schulhauß Stehen soll an obbemelte<br />
Sachsenbander einwohner<br />
also daß sie ihm Jährlich sollen<br />
geben für jede Creutz Ruhte 2 ßl<br />
[Schilling lübisch] 3 Pf ist Jährlich<br />
4 Mi [Mark lübisch] in guten gangbohren<br />
Gelde, und zwahr 1744<br />
Maytag vor ein Halb fahr zum ersten<br />
mahl und so ferner alle fahr die 4<br />
Mi Grundhauer an wollgemelten<br />
Besitzer des Hoves oder deßen Erben<br />
richtig erlegen und zu Bezahlen<br />
Schuldig und gehalten Sein sollen<br />
und Wollen, auch sollen nach Land<br />
und Marschrecht die Interessenten<br />
den halben Graben mit dabey Behalten<br />
und zur Helfte mit Kleyen Laßen.<br />
Zu mehrer versicherung und Bekreftigung<br />
haben VVI'r Beyderseits Cantrahenten<br />
diesen hauer Contract voll<br />
wißentlich selbst Eigehändig unter<br />
geschrieben. So geschehen Sachsenbande<br />
d. 20. April Anno 1745. 'm<br />
Nachstehend die 32 Interessenten,<br />
deren Unterschriften der Amtsschreiber<br />
Michael Goldheck leistete,<br />
da die meisten Einwohner nicht mal<br />
ihren Namen schreiben konnten.<br />
"Paul Ahmling, Hinrich Albers,<br />
Clous Alpen, Hanß Carstens, Görß<br />
Dehpen, Peter Dohrn, Peter Dreyer,<br />
Clauß Evers, Henning Haße, Marx<br />
Hesche, Marx Hesche, fohann Holst,<br />
fohan Holst, Lehne Halsten, Clauß<br />
Huß, johann Kahn, Hanß Kröger,<br />
Marten Lafrens, Marten Lafrens,<br />
Marx Lamack, johan Lauw, facob<br />
Locht, Marx Loeft, Peter Peters,<br />
Clauß Peters, facob Schmilauw,<br />
fürgen Schött, Hartig Teckelnborg,<br />
Albert Vahlert, fürgen Viredt, Peter<br />
Welstermann, Clauß Witte" 93<br />
Diese Schule war zunächst jedoch<br />
nur für die Schüler aus Sachsenbande<br />
vorgesehen. Die Hinter-Neu-
.S.Q:~r1~..<br />
s. '~P:~$.~~~-~~~.Qr................................... ............................................. ............ ..................................................................... ll.7.le.<br />
Abb. 159: Heutzutage<br />
befindet sich<br />
das Sachsenbander<br />
Schulhaus<br />
(Schulweg 1)<br />
wieder im<br />
F amilienbes itz.<br />
Ein Vorfahre von<br />
Georg Bader hatte<br />
das Grundstück<br />
1844 an die Schulgemeinde<br />
verpachtet.<br />
1970 erwarb<br />
Georg Bader das<br />
Haus samt Grundstück<br />
zurück.<br />
endorfer mussten sich noch knapp<br />
50 Jahre gedulden, bis sie hier zur<br />
Schule gehen durften. Sachsenbande<br />
nahm nämlich Jahrhunderte lang<br />
eine Sonderstellung in der Wilstermarsch<br />
ein. Während die übrigen<br />
Dorfschaften dem Amt Steinburg<br />
unterstanden, gehörte Sachsenbande<br />
bis zur preußischen Zeit zum<br />
Amt Bordesholm. Für das Kirehund<br />
Schulwesen war hingegen die<br />
Kirche in Wilster zuständig, da<br />
Sachsenbande dem 'Kirchspiel<br />
Wilster Alte Seite' zugerechnet<br />
wurde. Im Jahr 1782 genehmigten<br />
die Visitatoren des Amtes Steinburg<br />
einen Vergleich der Sachsenbander<br />
mit den Neuendorfern wegen einer<br />
gemeinschaftlichen Schule ohne<br />
Wissen des Bordesholmer Amtshauses.<br />
Dagegen protestierten Letztgenannte,<br />
woraufhin sich ein<br />
mehrjähriger Schriftwechsel entspann<br />
mit dem Ergebnis, dass die<br />
Dorfschaft Sachsenbande 1791 mit<br />
der benachbarten Dorfschaft Hinter<br />
Neuendorf zu einem Schuldistrikt<br />
zusammengefasst wurde.<br />
1844 endete der alte 'Hauervertrag'<br />
und es wurde ein neuer, ähnlich<br />
gestalteter Vertrag mit dem damali-<br />
Abb. 160: Eine<br />
Sachsenbander<br />
Schulklasse Ende<br />
1920.
.ß tJ@ ........................ ............................... ............ ............................................................ ............... ............ ~QHi1.-.J:O .. Si\~.!I.~I~ .~ ·\NP.!~.<br />
Abb. I6I: Kinderfest<br />
in der Sachsenbander<br />
Schule<br />
im Jahre 1927.<br />
Eine Kapelle<br />
fo.hrte den Festumzug<br />
zur Gastwirtschaft<br />
an.<br />
In einer Gesamtelternversammlung<br />
der Schule Vorder<br />
Heuendarf am 2.<br />
Juni 1959 wurde<br />
das Züchtigungsrecht<br />
des Lehrers<br />
besprochen:<br />
"Allgemein war<br />
man der Ansicht,<br />
daß eine maßvolle<br />
körperliche Züchtigung<br />
zur Aufrechterhaltungder<br />
Schulzucht unerläßlich<br />
ist. " 111<br />
gen Besitzer Peter Henning Sehröder<br />
vereinbart. Gleichzeitig ist das<br />
heutzutage wiederum ehemalige<br />
Schulhaus neu gebaut worden.<br />
Dort, wo sich einst das alte Gebäude<br />
befand, wurde ein Schulgarten<br />
angelegt.<br />
Im Jahr 1929 wurden gut 150 junge<br />
Birken zu beiden Seiten der Schulauffahrt<br />
gepflanzt. Diese prächtige<br />
Birkenallee steht heute noch.<br />
Nachdem die Schule im Sommer<br />
1970 aufgelöst wurde, erwarb Georg<br />
Bader, ein Nachkomme des damaligen<br />
Besitzers Peter Henning Schröder,<br />
das Schulhaus samt<br />
Grundstück für 30.000 DM. 94<br />
" Das Kindervergnügen (die Kindergilde)<br />
fand am 13. u. 14. Juli (einem Dienstag<br />
und Mittwoch) statt. Am Dienstag hatten<br />
die Kinder bis I! Uhr Unterricht. Nachmittags<br />
um I3 Uhr begannen die Spiele.<br />
Es empfiehlt sich, da genügend Zeit<br />
vorhanden ist, den Anfang auf I4 Uhr zu<br />
legen. In der I. Abteilung (vom 5.-8. bzw.<br />
9. Schuljahr) hatten die Knaben Schieß<br />
en nach der Scheibe, die Mädchen<br />
Topfschlagen, in der 2. Abteilung die<br />
Knaben Ringstechen, die Mädchen<br />
Kegeln. In einem Nebenspiel mit geringwertigen<br />
Gewinnen, die gleich verteilt<br />
wurden, vergnügten sich die Kinder der<br />
I. Abteilung mit Dreiball-Lauf, in der 2.<br />
Abteilung die Knaben mit Sacklaufen, die<br />
Mädchen mit Eierlaufen<br />
Der Mittwochvormittag war schulfrei.<br />
Um 13 Uhr nachmittags wurden im<br />
Festzuge König und Königin der I.<br />
Abteilung zu Fuß abgeholt. Dann wurde<br />
in der Gastwirtschaft von Behrens<br />
getanzt. Die Kaffepause war von I5.30-<br />
I6.I5 Uhr, dieAbendbrotpause von I8-<br />
I9 Uhr. Es wurden Volkstänze und Lieder<br />
geboten. Zum Schluß erfolgte die<br />
Gewinnverteilung Die Feier war 21.30<br />
Uhr beende!." Lehrer Drewes, I93 7. 95
.K\i''.PJ!~f~~I .................................................................................................................................................. ... .. ................ ............... J:!.JU.<br />
Abb. 162: " Jedes<br />
Jahr hatten wir<br />
Kinderfest. Dann<br />
machten wir einen<br />
großen Umzug mit<br />
geschmückten<br />
Reifen. Tanz mit<br />
Kaffeetafel und<br />
Abendbrot war im<br />
Dückerstieg. "<br />
Kinderfest-Umzug<br />
der Hackeboer<br />
Schule 1952.<br />
Abb. 163: Kinderfest<br />
der Schule<br />
Averfleth im Jahre<br />
1965.
.ß:Jrf3.............. .. .... ... ........................... ............................................................................. .. .. .......... S.r.~H lP; ..Y9.~D.~~7.N!;~ l.JlNP..m~f:.<br />
Nachdem zu Beginn<br />
der 70er<br />
Jahre alle Schulen<br />
im Gemeindegebiet<br />
aufgelöst<br />
waren, stellte sich<br />
die Frage, wer die<br />
Organisation der<br />
allseits beliebten<br />
Kinderfeste übernehmen<br />
sollte. Bis<br />
dahin war deren<br />
Ausrichtung Auf<br />
gabe des Dorf<br />
schullehrers. Nun<br />
musste die Elternschaft<br />
selbst die<br />
Initiative ergreifen<br />
und veranstaltete<br />
die Feste in gewohnter<br />
Weise.<br />
Als die Anzahl der<br />
Schulkinder in den<br />
einzelnen Ortsteilen<br />
jedoch immer<br />
weiter zurückging,<br />
übernahm die<br />
Gemeinde die<br />
Planung des gemeindeweiten<br />
Kinderfestes zusammen<br />
mit der<br />
Gemeinde Sachsenbande.<br />
ENTWICKLUNG DER<br />
SCHULE VORDER<br />
<strong>NEUENDORF</strong>96<br />
Im 18. Jahrhundert bemängelt<br />
Pastor Höfer (1733-1748 Hauptpastor<br />
in Wilster) in seinem Bericht<br />
über die Landschulen des Kirchspiels<br />
Wilster den schlechten baulichen<br />
Zustand des Schulhauses in<br />
Vorder-Neuendorf. Zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts besaß die Schulgemeinde<br />
eine Schulkate mit einer<br />
kleinen Wohn- und Schulstube.<br />
Nachdem 1812 sämtliche Landschulen<br />
per Regulativ zu Distriktschulen<br />
ernannt worden,waren, sah sich die<br />
hiesige Schulgemeinde veranlasst,<br />
die bauliche Situation der Schule<br />
zu verbessern.<br />
1838 erwarb die Schulgemeinde<br />
eine Katenstelle und errichtete im<br />
darauffolgendem Jahr ein neues<br />
Schulgebäude mit Strohdach. In<br />
dem Gebäude befanden sich das 42<br />
Quadratmeter große Schulzimmer,<br />
Lehrer in Vorder-Neuendorfl' 2<br />
Zeitraum Lehrer<br />
························ ································ ················ ············<br />
vor 1806 Lehrer Ohlen<br />
vor 1806 Lehrer Holler<br />
1806-1836 Jasper Jens<br />
1836-1837 Lehrer Helließen<br />
1837-1843 Lehrer Horns<br />
1844-1851 Marius Helließen<br />
1852-1886 Lehrer Ehlers<br />
1886-1886 LehrerSuhr<br />
1886-1890 Klaus Schlüter<br />
1891-1903 Lehrer Hahn<br />
1897 Vertretung Hagge<br />
1902-1903 Lehrer Voß<br />
1903-1904 Lehrer Lembke<br />
1904 Lehrer Struve<br />
1904-1908 Lehrer Saggau<br />
1908-1912 Lehrer Peters<br />
1912-1915 Lehrer Brodersen<br />
1915-1919 Lehrer Rüllmann<br />
1919-1934 Johannes Koopmann<br />
1934-1934 Christian Brodersen<br />
1934-1945 Lehrer Framenburg<br />
1945-1968 Hans-). Schlünz<br />
1968-1970 ~gfried Zabel<br />
1947-1951 Otto Lüdtke<br />
Abb. 164: Im<br />
August 1949<br />
unternahm die 1.<br />
Klasse (5.-9.<br />
Jahrgang) der<br />
Schule Vorder<br />
Neuendorf eine<br />
Radfahrt nach<br />
Friedrichskoog,<br />
mit Übernachtung<br />
bei einem Bauern.<br />
in St. Michaelisdann<br />
zwang ein<br />
defektes Fahrrad<br />
zu einer Zwangspause.
-~ '7J(i\<br />
.S.Q·W.'-'l-l.Y9.~!?.f~.:Nm.J.l-l~P9. ~.f ................................................................................................................... ................................. ~.4t.~ .<br />
~4m~4m ----~----4m --~<br />
\0<br />
"
.ß®.®............. .. ........................................... ........................... ................ ......................... ............... fKm!Pi .. Y9. ~.t.:!P.~~N!i~ ! f:~P9.\~f:.<br />
Abb. 166: Die<br />
Hinteransicht der<br />
Schule Vorder<br />
Heuendarf<br />
Abb. 167: Obwohl<br />
man die Schule<br />
Vorder-Neuendorf<br />
bereits im Sommer<br />
1970 geschlossen<br />
hatte, wurde sie<br />
erst im Frühjahr<br />
1973 an Hans<br />
Wilhelm Bornmüller<br />
für 65.000 DM<br />
verkauji. Der<br />
Schätzwert hatte<br />
lediglich 28.000<br />
DM betragen. 11 5<br />
geschachtet. Die verrotteten Teile<br />
der Pfähle wurden abgeschnitten<br />
und bis 2 Meter tief wurde der<br />
Beton in die Erde gestampft und<br />
mittels Rundeisen verstärkt. Anfang<br />
September konnte der Unterricht<br />
wieder aufgenommen werden. Da<br />
die Handwerker bei diesen Bauarbeiten<br />
unterhalb der kalkulierten<br />
Summe blieben, konnten noch<br />
verschiedene Extraarbeiten erledigt<br />
werden.<br />
In den Jahrzehnten darauf erfolgten<br />
noch verschiedene Modernisierungsmaßnahmen<br />
wie beispielsweise<br />
der Einbau einer modernen<br />
Toilettenanlage in den 60er Jahren.<br />
1970 wurde die Schule geschlossen<br />
und drei Jahre später an den Hamburger<br />
Hans-Wilhelm Bornmüller<br />
verkauft. 97
.f~.f.'.NH,U~~f: . .f..~~l.f.'.~\\J;:.~.~ .. S.,V; m!f.N~.I\;"!PI~Nw.f:!'I.PQ.~f. ...... .. ................................................. .. .......................... ............. a.~.<br />
FREIWILLIGE<br />
FEUERWEHR<br />
SACHSENBANDE<br />
N EDENDORF<br />
Die Verwendung und Erzeugung des<br />
Feuers bildete einen der entscheidendsten<br />
Schritte der kulturellen<br />
Entwicklung des Menschen. Der<br />
antike Naturphilosoph Empedokles<br />
zählte das Feuer zu den vier Urstoffen<br />
(Erde, Feuer, Wasser, Luft), aus<br />
denen die Welt bestehen sollte.<br />
Aber so bedeutend die Nutzung des<br />
Feuers für die Entfaltung der<br />
Menschheit auch war, so barg es<br />
doch seit jeher Gefahren in sich<br />
durch seine Zerstörerische Kraft.<br />
Mit der Bekämpfung der ausgebrochenen<br />
Brände befasste man<br />
sich schon lange vor der Bildung<br />
freiwilliger Feuerwehren. Zwar<br />
wurde sich vielfach aufs Beten und<br />
Singen beschränkt- das Feuer galt<br />
früher als göttliche Macht. Da dies<br />
aber, wie zu erwarten, wenig erfolgreich<br />
war und die Menschen in<br />
Städten und Dörfern dicht beieinander<br />
wohnten, richteten die Feuersbrünste<br />
bei den damals hauptsächlich<br />
verwendeten Baumaterialien<br />
Holz, Stroh und Reet oft verheerende<br />
Schäden an. So auch am<br />
5. Mai 1842, als in Harnburg in<br />
einem Tabakspeicher ein Feuer ausbrach<br />
und bis zum 8. Mai 4220<br />
Wohnhäuser, Kirchen, Schulen,<br />
Amtsgebäude und Speicher vernichtete.116<br />
Man begann deshalb, nachdem<br />
Schleswig-Holstein preußisch geworden<br />
war, die Männer, die gesund<br />
und über 16 Jahre alt waren, in<br />
Brandwehren zusammenzufassen.<br />
Bei der jährlich stattfindenden<br />
Brandschau wurde jeder Haushalt<br />
überprüft, ob Feuerhaken, Feuerleiter,<br />
Feuerpatsche sowie Noteimer<br />
zur Verfügung stünden. Parallel<br />
hierzu wurden in ganz Deutschland<br />
die ersten freiwilligen Feuerwehren<br />
gegründet.<br />
In einem Polizeireglement von<br />
1875, betreffend das 'Lösch- und<br />
Rettungswesen in der Wilstermarsch',<br />
wurden Neuendorf und<br />
Sachsenbande zu einem Spritzendistrikt<br />
zusammengefasst. Hiernach<br />
waren die männlichen Einwohner<br />
von 18 bis 60 Jahren unter Führung<br />
des Gemeindevorstehers zur Hilfeleistung<br />
sowie zur Bereitstellung<br />
der zum Löschen eines Brandes erforderlichen<br />
Materialien an Kufen,<br />
Balken, Stangen usw. ohne Entschädigung,<br />
außer im Falle der Beschädigung,<br />
verpflichtet. Ebenso war<br />
jeder Pferdebesitzer gehalten, bei<br />
Abb. 168: Mannschaftsbild<br />
der<br />
Freiwilligen<br />
Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorfvon<br />
1991.
.ß®.:2........ ............ ... ............ ...... ... .. ... ....... .. ........ .. .... ........... .:fRf~Y~P ,~v! ;.J}:m~R~lmR.. ~.'~r.wm.~~.N~•.P.f~.Nf::qm~!P.9.~r. .<br />
..:···························· .. ····· ············································································:...<br />
Lee:be- Lü.d,-<br />
Ve; Wehr- w 90 J o.lw hü.t:<br />
~erlv~{ör cilll dh Fue-vwehrfnMA.A'II<br />
d.o- {,clv mV hi.e,v 1"\.& VÖYY\1 t'VfMMI\I<br />
Iclv weLlt mt/ hWr- tn Wort' I1'LOi; ~<br />
IA.-t'll j U: Y\1 poov 'Reetf ve..rte.Urv<br />
U Y\1 w v cic
. f.Rg'w_'~PG.~ ..f..JA!-!.t;:.~~Jm. R .. ~ t\~W'!~! .~~N~.P..,~: NP..J.~l'I.P..Q~f. ...................................................................................................:fl.®!}.<br />
1889 wurde in einer Polizeiverordnung<br />
vorgeschrieben, dass jede<br />
größere Gemeinde eine mit einer<br />
Spritze ausgerüstete Brandwehr<br />
haben müsse. Da die bisherigen Erfahrungen<br />
mit freiwilligen Feuerwehren<br />
auf dem Gebiet des<br />
Brandschutzes durchweg positiv<br />
waren, regten in jener Zeit viele<br />
Amtsvorsteher (damals gleichzeitig<br />
Polizeibehörde) die Gründung von<br />
freiwilligen Feuerwehren an. So<br />
auch der Amtsvorsteher des Amtes<br />
Aebtissinwisch, Henning Egge, als<br />
er am 19. Januar 1890 zu einer<br />
Versammlung zwecks Gründung<br />
einer freiwilligen Feuerwehr beim<br />
Gastwirt Joh. Heeckt in Neuendorf<br />
(heute Handelshof Behrens) einlud.<br />
31 der Anwesenden aus den Gemeinden<br />
Sachsenbande und Neuendorf<br />
- die bereits den gemeinsamen<br />
Spritzendistrikt bildeten - entschlossen<br />
sich, einer freiwilligen<br />
Feuerwehr als aktive Mitglieder beizutreten.<br />
Peter Schippmann wurde<br />
zum Hauptmann ernannt und der<br />
neu gewählte Vorstand wurde beauftragt,<br />
Statuten auszuarbeiten und<br />
der nächsten Versammlung vorzulegen.<br />
Auf der außerordentlichen<br />
Generalversammlung am 2. Februar<br />
:········································································· ······································:<br />
Wv wöift jw ~ jw Fue-vwehvw.d.t<br />
{ör Cf.Ll; c:i0- vecl..e,- T(,ed"<br />
c:i0-ji/ opfevt hclYt {ör ~ Cf.Ll;<br />
c:Wtw~hüt-wJ~<br />
Vo-v wöift wi/ vu~ ruv }i.eyl;<br />
bV M U#1v ~V~ bV SchrtcqJK- IM'tt Wie+'\t<br />
Ve-- Fue-vwehv c:i0- hoi.t' da;t Vörp I'\.O'C1v ~<br />
KtNWteY~to-~ ~~~CtA'\1<br />
iAtv
.ß@.~} ..... ................... .. ............... ... .. ...... ...... ............... .. .. .............. .f.~.~l.!WU,P.~!! .. f..~~.J.'!'\~Wm:~~ .. St~~;wm~'~'\N!?..!l7 N !i~ l. !i N!?.P.\W.<br />
Abb. 170:<br />
Zwecks Gründung einer freiwilligen Feuerwehr hatte der Amtsvorsteher Herr H. Egge eine Versammlung<br />
zum heutigen Tage nach dem Gastwirt J. Heeckt in Neuendorf berufen. Nach Verlesung des Normalstatuts<br />
für frw. Feuerwehren Schleswig-Holsteins meldeten sich 31 Gemeindemitglieder zum Beitritt.<br />
Bei der dann stattfindenden Vorstandswahl wurde Kamerad P Schippmann zum Hauptmann, Kamerad Looft<br />
zum stellvertretenden Hauptmann, Kamerad Thormählen zum Schrififührer u. Kassierer, Kamerad J. Blökkert<br />
zum Steigerführer, Kamerad Joh. Schlüter zu dessen Stellvertreter, Kamerad Schwardt zum Spritzenführer<br />
und Kamerad A. Harder zu dessen Stellvertreter gewählt. Als Spritzenmeister wurde Kamerad M Holler<br />
gewählt. Der Vorstand wird beauftragt, Statuten auszuarbeiten und der nächsten Versammlung vorzulegen.<br />
Diese Versammlungfindet am 2. Febr. nachmittags 14 Uhr beim Gastwirt Schuld!, Dückerstieg, statt.<br />
W Thormählen, Schriftführer<br />
P Schippmann, Hauptmann
. fRii.'':Y~~PG.~l .. f..~\ ~lli.~W.m n~ .. ~ t\q:! ~P~~N'I.P..~.:Nf:W\l'I.P..Q .I.W .... .............................................................................................. :i.L.~.<br />
durch Adolf Hitler wurden die<br />
Wehren umorganisiert. Es wurde ein<br />
neues Feuerlöschgesetz verabschiedet,<br />
nach dem die Feuerwehren<br />
Sachsenbande-Neuendorf und<br />
Ecklak-Aebtissinwisch ab dem<br />
1. Januar 1934 zur Amtswehr<br />
zusammengefasst wurden. Aufgrund<br />
des neuen Gesetzes mussten<br />
die über 60 Jahre alten Mitglieder<br />
aus dem aktiven Dienst ausscheiden.<br />
Davon betroffen war auch<br />
Hauptmann Nikolaus Mohr aus<br />
Hinter-Neuendorf, der Wilhelm<br />
Schippmann zu seinem Nachfolger<br />
ernannte. Am 1. Januar 1939 wurde<br />
die Feuerwehr der Polizei angegliedert.<br />
Gleichzeitig wurden dem<br />
Wehrführer Hilfspolizeibefugnisse<br />
übertragen. Aufgrund einer neuen<br />
Feuerlöschsatzung erfolgte am<br />
7. Februar 1940 wiederum die Auflösung<br />
der Amtswehr.<br />
Nach Beendigung des Zweiten<br />
Weltkrieges war es Ziel der Besatzungsmächte,<br />
das politische Leben<br />
auf die demokratischen Grundlagen<br />
zurückzuführen. Dazu wurden die<br />
Nationalsozialisten aus den öffentlichen<br />
und halböffentlichen Ämtern<br />
entlassen. Aus diesem Grunde<br />
wurde auch die Entlassung des<br />
Brandeinsätze aus jüngster Z~ __________<br />
...... Datum ................. ................................................................................................ Brandeinsätze<br />
..........<br />
15.08.1976 Wilhelm Fink, Averfleth<br />
Sommer 1976 Flächenbrand in der Loit<br />
Sommer 1976 Neubau (Finkschen Hof), Averfleth<br />
09.04.1977 Wilhelm Kuhrt, Sachsenbande<br />
08.11.1977 Kar! Meinert, Hackeboe<br />
13.04.1978 Leerstehendes Bauernhaus, Sachsenbande<br />
11.03.1979 Rosa Feldmann, Hinter-Neuendorf<br />
26.12.1979 Walter Dehn, Sachsenbande<br />
27.11.1981 Heinz Carstens (früher Rose), Hackeboe<br />
11.01.1982 Heinz Heß, Sachsenbande<br />
01.11.1987 Familie Fürstenau, Hackeboe<br />
04.03.1991 Franz Haider, Sachsenbande<br />
28.09.1992 Peter Huusmann, Krützfleth<br />
18.01.1994 Pieper, Hinter-Neuendorf<br />
28.05.1994 Max Behrens, Vorder-Neuendorf<br />
09.08.1995 Marschentöpferei Jordy, Averfleth<br />
23.08.1995 Hugo Nagel, Vorder-Neuendorf<br />
21.11.1996 Heinz Heeckt, Hackeboe<br />
Wehrführers Wilhelm Schippmann<br />
durch die Militärregierung am<br />
12. Juli 1945 angeordnet. Zu seinem<br />
Nachfolger wurde Heinrich Heeckt<br />
aus Hackeboe bestimmt.<br />
Drei Jahre später stand die Wahl des<br />
Vorstandes der Ortswehr gemäß des<br />
neuen Feuerschutzgesetzes des<br />
Landes Schleswig-Holstein vom<br />
3. Februar 1948 an. Auf einfachen<br />
Da bereits an<br />
anderer Stelle von<br />
einigen Einsätzen<br />
berichtet wird,<br />
möchte ich mich<br />
hier auf die<br />
Brände neueren<br />
Datums beschränken,<br />
wohl wissend,<br />
dass viele<br />
Einsätze ungenannt<br />
bleiben.<br />
Abb. 1 71: Obwohl<br />
die herbeigerufene<br />
Feuerwehr<br />
schnell am Einsatzort<br />
(Familie<br />
Fürstenau in<br />
Hackeboe, Anfang<br />
November /987)<br />
erschienen war,<br />
konnte nur wenig<br />
gerettet werden.
.ß®.® .............................. ................. ................................ .................. f.~..!'JW.qJ,~G~ . .f..~~.tJ~W.tJ.J:~ .. ~.M;:M~"'·~·~P..~~N~~NP..Q~f. .<br />
Die Wehrführer seit Gründung der frw. Feuerwehr<br />
Dauer Wehrführer<br />
1890-1893 Peter Schippmann<br />
1893-1898 Hermann Schwardt<br />
1898-1931 Jürgen Blöcken, Hinter-Neuendorf<br />
1931-1934 Nikolaus Mohr, Hinter-Neuendorf<br />
1934-1945 Wilhelm Schippmann, Hackeboe<br />
1945-1948 Heinrich Heeckt, Hackeboe<br />
1948-1954 Wilhelm Schippmann, Hackeboe<br />
(1954-1959 Amtswehrführer)<br />
1954-1959 Hans Fischer, Achterhörn<br />
(1959-1976 Amtswehrführer<br />
1978 zum Ehrenamtswehrführer ernannt)<br />
1959-1983 Richard Meiforth, Averfleth<br />
(1986 zum Ehrenwehrführer ernannt)<br />
1983-1993 Hugo Nagel, Vorder-Neuendorf<br />
(1993 zum Ehrenwehrführer ernannt)<br />
seit 1993 Uwe Karstens, Sachsenbande<br />
Abb. 172 u.173:<br />
Die " alte" Garage<br />
in Averfleth<br />
und das heutige<br />
Gerätehaus auf<br />
dem Dückerstieg.<br />
Hugo Nagel und<br />
Martin Brandt<br />
stehen vor dem<br />
alten Löschgruppenfahrzeug,<br />
rechts befindet<br />
sich der ABC<br />
Wagen des Kreises<br />
Steinburg<br />
Vorschlag und bei geheimer Abstimmung<br />
wurde Wilhelm Schippmann<br />
erneut zum Wehrführer und Vorsitzenden<br />
gewählt. Heinrich Heeckt<br />
legte daraufhin sein Amt nieder und<br />
erklärte den sofortigen Austritt aus<br />
der Wehr.<br />
Nach diesen turbulenten Jahren<br />
standen zum Glück ruhigere Zeiten<br />
bevor. Die Feuerwehr wurde nicht<br />
mehr für politische Zwecke missbraucht<br />
und konnte sich wieder<br />
ihrer eigentlichen Aufgabe, dem<br />
Lösch- und Rettungswesen, widmen.<br />
1970 war auf einer Kreisfeuerwehrversammlung<br />
darüber beraten worden,<br />
die freiwilligen Feuerwehren<br />
aufzulösen und dafür in Wilster<br />
eine Berufsfeuerwehr einzurichten.<br />
Heinz Büchler, damaliger Bürgermeister<br />
der Gemeinde Sachsenbande,<br />
mahnte jedoch, dass man<br />
nicht alles aus den Dörfern nehmen<br />
könne. Also behielten wir unsere<br />
Feuerwehr.<br />
'<br />
Jierdutzend<br />
~ Feuerwehrkanaeraden<br />
Die Zahl der Mitglieder hat sich<br />
gleichbleibend entwickelt. Bei der<br />
Gründungsversammlung im Januar<br />
1890 erklärten 31 Anwesende ihren<br />
Eintritt. 1898/99 hatte die freiwillige<br />
Feuerwehr kurzfristig mit zahlreichen<br />
Austritten zu kämpfen, aber<br />
getreue Mitglieder sorgten für ein<br />
Weiterbestehen.<br />
Zur Zeit des Ersten Weltkrieges<br />
sank die Mitgliederzahl zeitweilig,<br />
weil Feuerwehrkameraden dem Ruf<br />
an die Front gefolgt waren, und<br />
einige von ihnen büßten bei Ausübung<br />
ihrer Vaterlandspflicht ihr<br />
Leben ein. Nach Beendigung des<br />
ersten Weltkrieges stieg die Zahl der<br />
Mitglieder jedoch wieder an.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurden abermals<br />
vielen Feuerwehrmänner<br />
eingezogen, und wieder hieß es, von<br />
gefallenen Kameraden für immer<br />
Abschied nehmen zu müssen.<br />
Mittlerweile hat sich die Mitgliederzahl<br />
bei Mitte bis Ende 40 eingependelt.<br />
1986 war die freiwillige
.f.~.~~Y.ll . .f..~.m::.~~trn .. ~~q~~~r.m~.P..J,';:Nll!-!.llNP..9.J..lJ ................................................................................................... ll.~.<br />
Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorf<br />
mit 56 aktiven Mitgliedern<br />
sogar die personell stärkste Wehr im<br />
Amts gebiet.<br />
Vom Noteimer<br />
zumLF 8/6<br />
Wie bereits erwähnt, hatte früher<br />
jeder Haushalt Feuerhaken, -leiter,<br />
-patsche und Noteimer bereitzuhalten.<br />
Des Weiteren standen der<br />
Brandwehr damals ein Spritzenhaus<br />
beim Dückerstieg sowie zwei Spritzen,<br />
eine mit Pferd, die anderen von<br />
Männern gezogen, zur Verfügung.<br />
Dieses Inventar wurde von der Freiwilligen<br />
Feuerwehr bei deren Gründung<br />
übernommen. 1943 wurde die<br />
Handdruckspritze durch eine Tragkraftspritze<br />
abgelöst. 1963 bekam<br />
die Wehr ihr erstes Löschfahrzeug.<br />
Dazu wurde eine Delegation von 25<br />
Mann extra zum Werk nach Wolfsburg<br />
entsandt, um dort ein Tragkraftspritzenfahrzeug<br />
zum Preis von<br />
9.600 DM zu erstehen. Zur Unterbringung<br />
für den VW-Bus diente<br />
vorläufig eine provisorische Garage<br />
in der Durchfahrt der Gastwirtschaft<br />
des Kameraden Prüß. Diese wurde<br />
jedoch noch im gleichen Jahr durch<br />
eine Garage auf dem Grundstück<br />
des Sielverbandes Sachsenbande<br />
Neuendorf in Averfleth ersetzt.<br />
1975 wurde ein neues Löschgruppenfahrzeug<br />
der Marke Mercedes<br />
Benz angeschafft. 1977 entstand<br />
dann das neue Feuerwehrgerätehaus<br />
auf dem Grundstück von<br />
Ernst-Otto Prüß. Viele Arbeiten<br />
beim Bau des neuen Gerätehauses<br />
konnten von den Feuerwehrkamera-<br />
Abb. 174: Feuerwehrmarsch<br />
auf<br />
Helgoland am<br />
5.9.1993.
.ß®.® .......... .............. ......... ........ .................... .. .............. ................. .f.~\ ! W.!!-:P~~ .. f..P, J.~RW.~tm .. ~.~~.mm.N~ .. :\~.P..~~.N~~ ~ m~:P..9.l:U '.<br />
Abb. 175:<br />
Schematische<br />
Darstellung der<br />
Feuerwehrausbildung.<br />
Atemschutzgeräteträger<br />
(20 Std.)<br />
Feuerwehranwärter<br />
~<br />
Sprechfunker<br />
(16 Std.)<br />
Maschinist<br />
(35 Std.)<br />
1<br />
Atemschutz-<br />
.. Truppführer Gerätewart<br />
g~;;t~~~;t (35 Std.) (35 Std.)<br />
l----------------------- --------- ------------------------ -------1<br />
Gruppenführer<br />
(70 Std.)<br />
Ausbildung auf Kreisebene<br />
Ausbildung auf Landesebene<br />
Wehrführer<br />
(16 Std.)<br />
den in Eigenleistung erbracht werden.<br />
Lediglich die Maurer-, Fugund<br />
Putzarbeiten wurden an die<br />
Firma Höhrmann in Vaalermoor<br />
vergeben.<br />
1993 erwarb die freiwillige Feuerwehr<br />
dann ihr derzeitiges Löschgruppenfahrzeug<br />
der Marke lveco<br />
Magirus für 250.000 DM. Das alte<br />
Löschfahrzeug konnte zu einem<br />
guten Preis an eine Wehr in Dithmarschen<br />
verkauft werden. Der<br />
gegenwärtige Feuerwehrwagen hat<br />
eine Pumpleistung von 800 Litern in<br />
der Minute und führt 600 Liter<br />
Löschwasser für den sofortigen<br />
Schnellangriff mit sich.<br />
I<br />
ch will<br />
Feuerwehrmann werden<br />
Die Ausbildung bei der Feuerwehr<br />
hat sich gewandelt. Noch bis zu den<br />
70er Jahren sah der allgemeine<br />
Werdegang eines Feuerwehrmannes<br />
wie folgt aus: 11 7<br />
In der Regel trat man, sobald man<br />
geheiratet hatte, in die freiwillige<br />
Feuerwehr ein. Dort wurde einem<br />
von den Kameraden gezeigt, was<br />
wann zu tun sei und im Laufe der<br />
Jahre eignete man sich das entsprechende<br />
Wissen an, den Rest<br />
besorgte die Erfahrung.<br />
Schon damals gab es Schulungen<br />
bei der Landesfeuerwehrschule in<br />
Harrisleefeld, aber dorthin ging man<br />
im allgemeinen nur, wenn man<br />
Wehrführer oder dergleichen werden<br />
wollte.
. f!w..!WH ,PG.~ . .f..q_r.J:'.R.W.J;;m~.5~\~J~.~-~\~~M'!!?.ll~.N!!~ ~ ll !'!!?.QR.f: .. ................................ .. ........ ..................... .. ............... ... ............... ll.®@..<br />
Heute dagegen absolviert der Feuerwehranwärter<br />
bereits im Probejahr<br />
eine 70stündige Grundausbildung<br />
auf Kreisebene. Nach weiteren zwei<br />
Jahren Praxis in der eigenen Wehr<br />
erreicht man den Rang eines Truppmannes.<br />
Es schließen sich die Stufen<br />
des Truppführers, Gruppenführers<br />
sowie Zugführers an. Den<br />
Abschluss bildet der Lehrgang zum<br />
Wehrführer. Wer möchte, kann sich<br />
freiwillig über Lehrgänge zum<br />
Atemschutzgeräteträger, Maschinisten<br />
oder Sprechfunker qualifizieren.<br />
Von den heute 48 aktiven Mitgliedern<br />
sind 10 Kameraden Maschinisten.<br />
5 Kameraden ließen sich<br />
zum Atemschutzgeräteträger ausbilden.<br />
Norbert Egge aus Hackeboe hat<br />
die Funktionen des Atemschutzgerätewartes<br />
und Funkbeauftragten<br />
inne. Reinhard Rönne aus Hackeboe<br />
ist der Gerätewart Drei Kameraden<br />
haben den Lehrgang zum Gruppenführer<br />
in Harrisleefeld absolviert.<br />
Die Spitze bilden Uwe Karstens aus<br />
Sachsenbande als Wehrführer sowie<br />
Thorsten Heins aus Hackeboe als<br />
sein Stellvertreter. Thorsten Heins<br />
ist zudem noch stellvertretender<br />
Amtswehrführer.<br />
Die nebenstehende Grafik gibt einen<br />
Überblick über Ausbildungsmöglichkeiten<br />
und c::l.eF.en Dauer bei der<br />
freiwilligen Feuerwehr.<br />
"Einer für alle, alle für einen!"<br />
Kameradschaft und Geselligkeit<br />
wird ganz groß geschrieben in der<br />
freiwilligen Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorf.<br />
Ein Resultat<br />
dieser Geselligkeit ist sicherlich die<br />
Feuerwehrmusikkapelle, die sich<br />
gleich zu Anfang gebildet hat. Weitere<br />
Hinweise sind die vielen Veranstaltungen<br />
außerhalb des eigent-<br />
Abb. 176: Boßelwettkampf<br />
mit den<br />
Nachbarwehren<br />
bei Frostwetter.<br />
Abb. 177: Einige<br />
wenige der zahlreichen<br />
Pokale,<br />
die die Feuerwehr<br />
bei ihren Wettkämpfen<br />
errungen<br />
hat.
.ß®.®. ............................ .. ............. .. .. ........................................... f.M~Jg~ . .f..~w.
.f.ll!».lJ!..w.ftt.mMf.ft~.~- -S.~m.~.~l'ffl&.w.kNf,J!ftN!?.9.~.......... ................................................................................................... ll.®.~.<br />
FEUERWEHRKAPELLE<br />
SACHSENBANDE<br />
N EDENDORF<br />
Von den weit über hundert freiwilligen<br />
Feuerwehren im Kreisgebiet hat<br />
gerade mal jede 10. Wehr einen<br />
eigenen Feuerwehrmusikzug und<br />
im Amt Wilstermarsch ist die Feuerwehrkapelle<br />
Sachsenbande-Neueudorf<br />
sogar einmalig. Dieser Superlativ<br />
ist noch zu steigern, denn die<br />
Feuerwehrkapelle zählt mit dem<br />
Musikzug der freiwilligen Feuerwehr<br />
Lägerdorf zu den ältesten des<br />
Kreises Steinburg. Leider ist für die<br />
Kapelle nie ein gesondertes Protokollbuch<br />
geführt worden, so dass<br />
die Daten auf Erzählungen beruhen.<br />
Dieser Beitrag stützt sich deshalb<br />
auf die Jubiläumsschrift des Kreisfeuerwehrverbaudes<br />
Steinburg, in<br />
der bereits über die Feuerwehrkapelle<br />
berichtet wurde. 11 8<br />
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />
vermehrt freiwillige Feuerwehren<br />
gegründet wurden, war es<br />
landesweit üblich nach Beendigung<br />
der Dienstübungen noch zu singen<br />
und zu musizieren. Was lag da<br />
näher, als eine eigene Feuerwehrkapelle<br />
ins Leben zu rufen? Während<br />
in der Jubiläumsschrift des<br />
Kreisfeuerwehrverbandes der 14.<br />
Mai 1892 als Gründungstag genannt<br />
wird, ist jedoch anzunehmen, dass<br />
sich die Kapelle bereits vor diesem<br />
Datum konstituiert hat. In einem<br />
Protokoll des Festausschusses der<br />
freiwilligen Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorf<br />
vom 14. Mai 1892<br />
wurde angefragt, ob "unsere Feuerwehrkapelle<br />
an den Festtagen gratis<br />
mitspielt ... ". Demnach kann davon<br />
ausgegangen werden, dass sich die<br />
Kapelle schon zu einem früheren<br />
Zeitpunkt - vermutlich annähernd<br />
zeitgleich mit der Gründung der<br />
freiwilligen Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorf<br />
gebildet hat.<br />
Lediglich in den beiden Weltkriegen<br />
(1914 bis 1918 und 1939 bis 1945)<br />
wird die lange Geschichte der<br />
Kapelle unterbrochen, da zu jener<br />
Zeit der gesamte Spielbetrieb ruhte.<br />
Die Geschicke der Feuerwehrkapelle<br />
liegen schon seit einem halben<br />
Jahrhundert (seit 1950) in den Händen<br />
von Hans Fischer aus Achter-<br />
Abb. 179: Die<br />
Feuerwehrkapelle<br />
im Juni 1993 (von<br />
links):<br />
Ralf Teschke,<br />
Georg Bader,<br />
Willi Basch,<br />
Angela Flett,<br />
Erwin Dunker,<br />
Heinz Heeckt,<br />
Hans Fischer,<br />
Jngo Balten,<br />
Alfred Hoyer,<br />
Hans Ramm,<br />
Arthur Kähne.
11 Cri\ ..,-<br />
.hr:~.. ~ ............. ... ........... ..... ....... .. ........ .................. .............. ....... ..... ... .f.f\V.m~W.miRKM~PJJ! .. St.\Q~i?~'·~~::\NP.. !; ~.N Ji~ ~ JiN!?.9.~ f: .<br />
Abb. 180: Aktuelles<br />
Gruppenbild<br />
der Feuerwehrkapelle<br />
im Herbst<br />
1999.<br />
hörn. Aus früherer Zeit ist nur überliefert,<br />
dass von 1925 bis 1939 der<br />
Musiker Johannes Horstmann aus<br />
Wilster als Leiter und Ausbilder der<br />
Musikkapelle tätig war. Zeitgleich<br />
mit Hans Fischer konnte Arthur<br />
Finck aus Hinter-Neuendorf als<br />
Dirigent und Ausbilder gewonnen<br />
werden. Als dieser nach zirka zehn<br />
Jahren zum Feuerwehrmusikzug<br />
Wacken wechselte, trat Paul Kahle<br />
aus Wilster in seine Fußstapfen.<br />
Nach etwa einem Jahrzehnt wurde<br />
Kahle von Willi Schäl aus Vaale abgelöst.<br />
Von 1989 bis 1998 machte<br />
sich Arthur Kähne aus Wacken in<br />
dieser Position verdient. Seitdem<br />
hat der Feuerwehrmusikzug keinen<br />
Ausbilder mehr, jedoch konnte<br />
Thorsten Ramm aus Flethsee in<br />
Ansätzen für diese Aufgabe gewonnen<br />
werden.<br />
Mit dem Feuerwehrmusikzug<br />
Wacken hat sich über die Jahre eine<br />
Art Spielkooperation herausgebildet.<br />
Man hilft sich bei schwacher<br />
Besetzung gegenseitig aus.<br />
Anlässe zum Musizieren gab es<br />
reichlich, auch wenn sich die Auftritteauf<br />
die nähere Umgebung<br />
beschränken. Ob es sich nun um<br />
Zusammenkünfte der eigenen Wehr<br />
handelte (Feuerwehrstiftungsfeste,<br />
Feuerwehrübungen, Feuerwehrversammlungen<br />
und Feuerwehrfestbälle),<br />
auf denen gegen Freibier fleißig<br />
gespielt wurde oder um andere Ereignisse,<br />
man ließ sich nie vergebens<br />
bitten. Gegen einen kleinen<br />
Obolus wurde auch regelmäßig zum<br />
Pfingstkonzert beim Gastwirt Bebrens<br />
in Hinter-Neuendorf, zu Geburtstagen,<br />
bei Hochzeiten, beim<br />
Rolandreiten, Geschäftseröffnungen,<br />
auf Beerdigungen und bei Tanzveranstaltungen<br />
musiziert.<br />
Das Repertoire ist mittlerweile recht<br />
umfangreich und reicht von flotter<br />
Marschmusik, über Walzermelodien<br />
bis hin zu schöner Tanzmusik.<br />
Die Instrumente und Noten sind<br />
allesamt Eigentum der freiwilligen<br />
Feuerwehr Sachsenbande-Neuendorf.<br />
Deren Unterhaltung sowie<br />
Kosten bei anfallenden Reparaturen<br />
werden von den Trägergemeinden<br />
übernommen.
.f.~!-JJ\R-Wll~~u.~ .. s.~~-ff.~.~-mw~v.~~ .N!::.I,.!J;®.QID: ............................................................................................................. ll.®.!t.<br />
Seit Anbeginn gehörten der Musikkapelle<br />
immer um die zehn Musiker<br />
an. Jedoch macht sich langsam eine<br />
Überalterung der Musiker bemerkbar.<br />
Das Alter der Mitglieder reicht<br />
vom jüngsten Teilnehmer mit 28<br />
Jahren bis zum ältesten Mitglieddem<br />
Leiter Hans Fischer- mit 87<br />
Jahren. Das Durchschnittsalter<br />
beträgt ca. 60 Jahre.<br />
Zu hoffen bleibt, dass sich doch<br />
noch Musikernachwuchs findet,<br />
damit die Geschichte der seit über<br />
einem Jahrhundert währenden<br />
Kapelle auch im nächsten Jahrtausend<br />
'weiterspielen' kann.<br />
GEMEINDEGILDE<br />
<strong>NEUENDORF</strong><br />
SACHSENBANDE<br />
(NOTGEMEINSCHAFT)<br />
Bei einem Brand im Gemeindegebiet<br />
kommen Feuerwehr und Notgemeinschaft<br />
meist parallel zum<br />
Einsatz. Während sich die Feuerwehr<br />
noch um die Bekämpfung der<br />
Flammen kümmert, beginnen schon<br />
die Arbeiten der Gemeindegilde. Es<br />
gilt das gerettete Material (Wohninventar<br />
und Erntevorräte) aus der<br />
Gefahrenzone zu schaffen und für<br />
die Unterbringung der Tiere Sorge<br />
zu tragen. So werden im Herbst und<br />
Winter leerstehende Ställe angemietet,<br />
um das Vieh dort unterzustellen.<br />
Die Mitglieder der Gilde haben<br />
sich zu dieser gegenseitigen Hilfeleistung<br />
im Brandfall und bei<br />
Sturmschaden verpflichtet.<br />
Der Gedanke ist nicht neu. Da es im<br />
Mittelalter noch keinerlei Feuerversicherung<br />
gab, war die Gefahr im<br />
Brandfall das gesamte Hab und Gut<br />
Abb. 181: Die<br />
Feuerwehrkapelle<br />
spielte in den<br />
50er Jahren<br />
anlässtich einer<br />
Maskerade in der<br />
Durchfahrt vom<br />
Handelshof
.ß ®..4J ... ........ .................................. .. .............. ... .. ............ .. ............ .............. .. G.J'M.PND.~;~u_pg , .N.qH~.J;'iPQ~f:S.~\q~.?J:J;'i.~.:\NP.!l .<br />
Brände, bei denen laut dem Protokollbuch<br />
der Gemeindegilde anschließend<br />
die Notgemeinschaft tätig wurde.<br />
J
. GJ\~! P.i'!Pg~RP. .J;: .. NP..J.m')~Q~ ~ S. !\~ t~ ~ !j~-~t\~'P. ~! ..................................................................................................................... J.l.@.~.<br />
Glücklich kann sich in einem<br />
solchen Fall der schätzen, der<br />
Unterstützung seitens der Gilde<br />
erfährt. Dies wissen nicht nur Landwirte<br />
zu schätzen. Da die Mitgliedschaft<br />
kostenlos ist, zählt die<br />
Gemeindegilde heute immerhin<br />
noch 90 Mitglieder. Mittlerweile<br />
dürfen neben den Eigentümern<br />
auch Pächter von Gebäuden im<br />
Gemeindegebiet Mitglied werden.<br />
der Gilde eingeschlossen waren.<br />
Zum ersten Ältermann wurde der<br />
Hofbesitzer Gustav Huusmann aus<br />
Krützfleth gewählt. Des Weiteren<br />
wurden ein Schriftführer sowie für<br />
jeden Bezirk (Achterhörn, Averfleth,<br />
Hackeboe, Vorder-Neuendorf, Hinter-Neuendorf<br />
und Sachsenhandel<br />
Vertrauensmänner ernannt.<br />
1961 wurde die Satzung der neuen<br />
Entwicklung angepasst. Da es nicht<br />
mehr üblich war, die Steine wiederzuverwenden,<br />
wurde die Auflage,<br />
die Steine zu reinigen, aus der<br />
Satzung gestrichen. Im Zuge der zunehmenden<br />
Mechanisierung durch<br />
Baumaschinen und Transportmittel<br />
waren ebenso die Hand- und Fahrdienste<br />
nicht mehr notwendig. Die<br />
Versicherungssumme berücksichtigt<br />
in der Regel, dass der Wiederaufbau<br />
komplett von Bauunternehmen<br />
durchgeführt wird. Nur für die Aufräumarbeiten<br />
werden diese Dienste<br />
noch im geringen Umfang und soweit<br />
erforderlich von der Gemeindegilde<br />
geleistet, so zum Beispiel<br />
wenn es darum geht, die Überbleibsel<br />
nach wiederverwertbaren Komponenten<br />
zu sortieren.<br />
Ein Brandfall, bei dem der Verlust<br />
von Haus und Hof zu beklagen ist,<br />
fordert viel Organisationstalent.<br />
PFERDE-V ER<br />
SICHERUNGSVEREIN120<br />
Feuer war nicht die einzige Gefahr,<br />
gegen die es sich zu versichern galt.<br />
Aus diesem Grund haben sich<br />
schon frühzeitig die verschiedenartigsten<br />
Versicherungen gebildet. Für<br />
die Schuldistrikte Aebtissinwisch,<br />
Averfleth, Ecklak, Kudensee, Landscheide,<br />
Neuendorf, Nortorf, Sachsenbande<br />
und Schotten gab es<br />
beispielsweise einen ,Pferde-Versicherungsverein',<br />
der am 24. Januar<br />
1887 gegründet wurde. Versicherungsgegenstand<br />
waren sämtliche<br />
Pferde der Vereinsmitglieder mit<br />
Ausnahme ihrer Deckhengste. Mitglied<br />
konnten alle ,unbescholtenen'<br />
und ,friedliebenden' Einwohner des<br />
Vereinsgebietes, aber auch Bewoh-<br />
Abb. 182: Internes<br />
Ringreiten<br />
Hinter-Neuendorf<br />
1924 oder 1926.
.ß®..® ................................................................................................. .............................................. P.f.~m?.~~Y.~~~.~tw.R'!-!NG.~Y.J::~!-N.<br />
Abb. 183: Umzug<br />
des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Neuendorf<br />
in<br />
den 50er Jahren.<br />
Abb. 184: Fahne<br />
des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Neuendorf<br />
ner der angrenzenden Distrikte<br />
werden. Der Zweck des Versicherungsvereins<br />
war die Zahlung eines<br />
vorher festgesetzten Geldbetrages<br />
für ,gefallene' Pferde, d. h. bei Pferden,<br />
die durch Krankheit, Blitzschlag,<br />
Ertrinken, Erhängen oder auf<br />
ähnlich unglückliche Weise den Tod<br />
gefunden hatten. Zur Festsetzung<br />
der Versicherungssumme wurden<br />
jeweils im Herbst und Frühjahr an<br />
zentralen Stellen Generalschauen<br />
durchgeführt, auf denen Taxatoren<br />
den aktuellen Wert des Pferdes<br />
schätzten. Auf der Grundlage dieses<br />
Gutachtens wurden die Beiträge erhoben,<br />
die je 100 Mark Taxationswert<br />
eine halbe Mark betrugen.<br />
Erschien ein Vereinsmitglied mit<br />
seinen Pferden nicht auf dem<br />
Schauplatz, kamen die Taxatoren zu<br />
ihm nach Haus. Hierfür musste jedoch<br />
ein Strafgeld von 5 Mark entrichtet<br />
werden. 5 Taxatoren bildeten<br />
zusammen mit dem Rechnungsführer<br />
den Vorstand des Versicherungsvereins.<br />
Der Rechnungsführer war<br />
auch gleichzeitig der Vorsitzende.<br />
Den ersten Vorsitz übernahm der<br />
Hofbesitzer Hartwig Tiedemann aus<br />
Brokreihe. Nach dem ersten Weltkrieg<br />
ruhte der Versicherungsverein,<br />
bis er schließlich auf der Generalversammlung<br />
vom 22. Oktober 1922
. P.!J!~PI ; ~YI~ I{~'-Q.!fii.~~ -' N0:~~!!.~!~!J~ ....... ........................................................................................................................................ 21.®.7}.<br />
Abb. 185:<br />
Protokollbuch jiir den Ringreiter= Verein "Sachsenbande= Neuendorf" neugegründet am Sonnabend den 18.<br />
April 1925. Motto: "Einigkeil macht stark. " Möge dies Wort allzeit Vorstand und Mitglieder beseelen und<br />
das gegenseitige Vertrauen stärken zum Segen des " Ringreiter= Vereins" und des gesamten deutschen Vaterlandes.<br />
Averfleth den 18. Apri/1925.<br />
Richard Meiforth, Vorsitzender.<br />
unter Anwesenheit von 31 Mitgliedern<br />
aufgelöst wurde. Das Restvermögen<br />
von 40.837 Mark wurde den<br />
Mitgliedern prozentual zurückerstattet.<br />
RINGREITEN<br />
Das Ringreiten gehört - oder besser<br />
,gehörte' - genauso zu unserer Gegend<br />
wie der Wind und das flache<br />
Land. Es war ein wesentlicher Bestandteil<br />
des kulturellen Lebens im<br />
ländlich geprägten norddeutschen<br />
Raum. Im Mittelalter war es vorwiegend<br />
bei den gesellschaftlich führenden<br />
Schichten beliebt, doch<br />
bereits im 17. Jahrhundert wurde es<br />
von den Bauern übernommen.<br />
Ringreiten ist ein Geschicklichkeits-
.ß®..® .. .... ........... .. .. ...................... ..................... ........... ................... ......................... ............ .... .. .................. ............. ß1-.~~ Rf:fl."~.~.<br />
wettkampf, bei dem ehemals die<br />
Wehrertüchtigung im Vordergrund<br />
stand, in den letzten hundert Jahren<br />
aber Traditionsbewusstsein und der<br />
gesellige Spaß eine immer größere<br />
Rolle einnahmen. Es sind vor allem<br />
ein gutes Auge, eine ruhige Hand,<br />
ein ,temperamentloses' Pferd und<br />
zum Schluss starke Nerven gefragt,<br />
wenn es darum geht vom galoppierenden<br />
Pferd aus einen Ring aus<br />
einer Klemmvorrichtung herauszustechen.<br />
Ursprünglich war in der Wilstermarsch<br />
das Rolandreiten sehr verbreitet.<br />
Ziel dieses Reiterspiels war<br />
es, eine auf einem Drehgestell montierte<br />
Holzpuppe durch Lanzenstoß<br />
gegen eine Hand der ausgebreiteten<br />
Holzarme in Rotation zu versetzen.<br />
Wer die meisten Körperdrehungen<br />
verursachte, wurde König. Jedoch<br />
musste man aufpassen, denn zu<br />
heftig ausgeführte Stöße verursachten<br />
Nackenschläge durch einen<br />
Aschenbeutel, der an der anderen<br />
Hand befestigt war. Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts verdrängten die torförmigen<br />
Ringbäume und Ringstecher,<br />
die in den Geest- und Moorsiedlungen<br />
gebräuchlich waren, die Rolandfiguren.<br />
An dieser letzteren Form des Ringreitens<br />
hat sich innerhalb des letzten<br />
Jahrhunderts nichts verändert,<br />
lediglich das Drumherum wandelte<br />
sich. Während in der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts die Reiterfeste<br />
mit Festumzügen durchs Dorf<br />
begannen und sich die Teilnahmeberechtigung<br />
auf die männliche<br />
Bevölkerung beschränkte, ist das<br />
Ringreiten heute offen für die gesamte<br />
Familie, egal ob Jung oder<br />
Alt, ob Mann oder Frau.<br />
Dingreiterverein<br />
llsachsenbande-Neuendorf<br />
In der Gemeinde Neuendorf gab es<br />
zwei Ringreitervereine, den Ringreiterverein<br />
Sachsenbande-N euendorf<br />
und den Ringreiterverein Duckunder.<br />
Von beiden Vereinen ist jedoch<br />
bis auf wenige Erinnerungen nicht<br />
viel übrig geblieben. Vom Ringreiterverein<br />
Sachsenbande-N euendorf<br />
konnte nach einigem Suchen das<br />
alte Protokollbuch wiedergefunden<br />
werden. Es reicht bis 1925 zurück.<br />
An einem Sonnabend, dem 18.<br />
April 1925, wird darin die Neugründung<br />
des Ringreitervereins ,Sachsenbande-Neuendorf'<br />
unter dem<br />
Motto "Einigkeit macht stark" protokolliert.<br />
Dieser Neugründung ging<br />
zehn Tage vorher die Auflösung des<br />
alten Vereins gleichen Namens<br />
voraus. Leider wurde nicht vermerkt,<br />
warum und wieso der alte<br />
Verein aufgelöst wurde, obwohl<br />
doch derselbe Verein wiedergegründet<br />
wurde. Unverständlich ist die<br />
Auflösung insbesondere vor dem<br />
Hintergrund, dass 1928, d. h. drei<br />
Jahre nach Auflösung bzw. Neugründung<br />
des Vereins, das 30-jährige<br />
Bestehen des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Neuendorf in Verbindung<br />
mit dem Ringreiterfest gefeiert<br />
wurde.<br />
Auch bei der Feststellung des Gründungsjahres<br />
gibt es Unstimmigkeiten.<br />
Ausgehend vom 30-jährigen<br />
Jubiläum im Jahre 1928 müsste der<br />
Verein demnach 1898 gegründet<br />
worden sein. Gustav Karstens<br />
berichtet dagegen in der Sachsenbander<br />
Chronik von einer Vereinsgründung<br />
beim Gastwirt Egge in<br />
Hinter-Neuendorf um die Jahrhundertwende,<br />
kurz nachdem am<br />
Himmelfahrtstag 1900 der Ringreiterverein<br />
Dückerstieg gebildet worden<br />
war. Leider gibt es keine Belege,
. RI.~~~.~~~n:.~ .............. ..................................................... ..... ............. ................................................................................................ il.®.ID..<br />
die den Sachverhalt klären könnten.<br />
Auf der Neugründungsversammlung<br />
erklärten 24 junge Männer ihren<br />
Beitritt. Richard Meiforth aus Averfleth<br />
wurde zum Vorsitzenden gewählt.<br />
Um Missverständnissen<br />
vorzubeugen, es handelt sich dabei<br />
nicht um den Altbürgermeister<br />
Meiforth aus Averfleth, da dieser zu<br />
dem Zeitpunkt gerade mal 7 Jahre<br />
alt war.<br />
Das erste Ringreiterfest fand am 14.<br />
Juni 1925 statt. Das Startgeld betrug<br />
damals für Mitglieder 2,00 Reichsmark<br />
und für Nicht-Mitglieder 3,50<br />
Reichsmark. Zur Volksbelustigung<br />
wurde für die Zuschauer Kegeln,<br />
Schießen, Topfschlagen, Ballwerfen,<br />
Damenkegeln und Weckerraten angeboten.<br />
Die Preise wurden vom<br />
Vorstand besorgt. Den Einnahmen<br />
von 460,50 Reichsmark standen<br />
Ausgaben von 395,00 Reichsmark<br />
gegenüber. Bereits ein Jahr später<br />
wurde das Vereinsgebiet auf Aebtissinwisch<br />
ausgedehnt. Da der Verein<br />
nicht bereit war ein Defizit in der<br />
Kasse des Verbandes (die Einnahmen<br />
beim Verbandsfest deckten<br />
nicht die Ausgaben) mitzufinanzieren,<br />
trat der neu gegründete Verein<br />
kurzerhand aus dem Ringreiterverband<br />
Wilstermarsch aus.<br />
1930 erhielt Markus Schuldtaus<br />
Hinter-Neuendorf ein Ehrendiplom,<br />
weil er drei Mal nacheinander die<br />
Königswürde errungen hatte. Das<br />
Vereinsleben war sehr rege, neben<br />
dem Ringreiten wurden auch Boßelturniere,<br />
Maskeraden und Festbälle<br />
ausgerichtet.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges<br />
pausierte der Ringreiterverein. Kurz<br />
nach dem Krieg waren dann die<br />
meisten jungen Männer zunächst<br />
Mitglied im Ringreiterverein<br />
Dückerstieg, bis am 9. April 1951<br />
im Handelshof eine Wiedergründungsversammlung<br />
des Ringreiter-<br />
' .<br />
•<br />
';\<br />
•<br />
lf ~:~<br />
vereins Sachsenbande-N euendorf<br />
stattfand. Hans Fischer aus Achterhörn,<br />
noch ein Ringreiter aus der<br />
Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg,<br />
wurde zum Vorsitzenden gewählt.<br />
Es wurde beschlossen, das Ringreiten<br />
in alter Tradition durchzuführen.<br />
Am 25. August 1957 fand beim<br />
Gastwirt Julius Behrens das bereits<br />
seit 1946 durchgeführte VergleichsringreHen<br />
zwischen den Verbänden<br />
Geest und Marsch statt. In diesem<br />
Wettkampf gelang es der Marsch<br />
wie im Vorjahr den Sieg zu erringen.<br />
In dieser Zeit erlebte das Ringreiten<br />
noch eine kurze Hochblüte.<br />
Nach Aussage von Klaus Franzenburg<br />
aus Achterhörn wird der Verein<br />
Sachsenbande-Neuendorf am<br />
30. April 1964 zum ersten Mal im<br />
Protokollbuch des Ringreitervereins<br />
Dückerstieg erwähnt.<br />
D ingreiterverein<br />
ftouckunder-Averfleth<br />
Obwohl das Vereinslokal des Ringreitervereins<br />
Duckunder-Averfleth<br />
in der Nachbargemeinde Nortorf<br />
lag, kamen viele Vereinsmitglieder<br />
aus der Gemeinde Neuendorf. Insgesamt<br />
war die Mitgliedschaft der<br />
Vereine weniger an kommunalen<br />
Grenzen denn an örtlicher Nähe<br />
Abb. 186: Kranzniederlegung<br />
am<br />
Ehrenmal in<br />
Hackeboe.
.~@@ ..................................... ........ .................... ........................................................... .. ...................... .............................. R~.~~~!m~"U.'N.<br />
Abb. 187: Verbands-Paka/ringreiten<br />
1955 auf<br />
dem Duckunder.<br />
Beim Pokalringreiten<br />
am 19. Juni<br />
1960 belegte der<br />
Ringreiterverein<br />
Duckunder mit<br />
81 Ringen den<br />
5. Platz.<br />
orientiert, d. h. man trat dem Verein<br />
bei, der am nächsten war. Leider<br />
sind jegliche Unterlagen über den<br />
Verein nach der Schließung des<br />
Vereinslokals 1974 (zu dem Zeitpunkt<br />
bestand der Verein schon<br />
lange nicht mehr) 'verschütt gegangen',<br />
so dass sich die Ausführungen<br />
auf Erzählungen stützen. Trotzdem<br />
hat sich Johannes Rehder als aktiver<br />
Reiter aus den fünfziger Jahren um<br />
die Aufarbeitung bemüht.<br />
Das letzte Ringreiten im Zweiten<br />
Weltkrieg fand 1940 statt. Da die<br />
Reitbrüderschaft Nortorf dasselbe<br />
Lokal nutzte, schlossen sich die<br />
Vereine in den Kriegsjahren zusammen<br />
und veranstalteten den letzten<br />
Festball im Januar 1941 gemeinsam.<br />
Nach Kriegsende trennten sich die<br />
beiden Vereine jedoch wieder. Im<br />
Mai 1946 wurde erstmals wieder<br />
ein Ringreiterfest durchgeführt. Zu<br />
der Zeit war Ernst-Albert Boll Vorsitzender.<br />
Als dieser 1947 heiratete,<br />
löste Henning Mehlert ihn ab.<br />
Anfang I Mitte der 50er Jahre übernahm<br />
dann der Landwirt Max Tiedemann<br />
vom Austrich den Vorsitz.<br />
Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte<br />
war die Ausrichtung des<br />
Pokalringreitens des Ringreiterverbandes<br />
Wilstermarsch am 5. Juni<br />
1955. Der Ringreiterverein Duckunder<br />
nahm zwar nur den 5. Platz ein,<br />
in der Mannschaftsbewertung (Haltung<br />
von Pferd und Reiter) belegte<br />
er aber den 1. Platz. Das Pokalringreiten<br />
fand auf dem ,Boddelboom'<br />
statt. Das normale Ringreiten wurde<br />
jedoch auf dem ,Ringriderstück'<br />
zwischen dem Gemüsegarten und<br />
der Straße beim Duckurrder abgehalten.<br />
R<br />
ingreiten<br />
in den<br />
50er Jahren<br />
Albert Karstens aus Sachsenbande<br />
und Johannes Sehröder aus Wilster<br />
erzählen von ihrer Ringreiterzeit in<br />
den fünfziger Jahren: Wenige<br />
Wochen vor dem Ringreiterfest wurden<br />
auf einer Versammlung der
-~-~~){.ur~.\'1 .................................................................. ................................................................................... ............................. ... ~@il.<br />
genaue Ablauf in allen Einzelheiten<br />
besprochen. Es wurden die Ehrendamen<br />
sowie Ehrenherren bestimmt<br />
und die Einsätze festgelegt. Anfang<br />
der fünfziger Jahre haben ausschließlich<br />
junge, unverheiratete<br />
Männer teilgenommen. Man trat in<br />
der Regel als Schulabgänger dem<br />
Ringreiterverein bei und blieb bis<br />
zur Heirat Mitglied. Sowieso war<br />
das Ringreiten vorwiegend etwas für<br />
die jungen Leute. Die Ehrendamen<br />
wurden aus den jungen, unverheirateten<br />
Mädchen der Gemeinde ausgewählt.<br />
Sie trugen zur Kennzeichnung<br />
eine Schärpe, bei den Reitern<br />
wurde auf einheitliche Kleidung<br />
(weiße Jacken und Mützen) und<br />
Pferdeschmuck Wert gelegt. Im<br />
Ringreiterverein N euendorf -Sachsenbande<br />
wurden sechs Ehrendamen<br />
gewählt, die mit der Betreuung<br />
der Spiele beauftragt waren. Zudem<br />
mussten sie einen Kranz über die<br />
Straße sowie Ehrenkränze für die<br />
Pferde binden. Die Ehrenherren<br />
waren für die Beaufsichtigung der<br />
Ringbäume und Schießstände zuständig.<br />
Eine Woche vor dem Fest<br />
besorgten Delegierte des Vorstandes<br />
die Geschenke und Ehrenpreise. Die<br />
Reiterspiele hatten stets die gleiche<br />
Reihenfolge. Begonnen wurde -<br />
jeweils sonn- bzw. feiertags -bereits<br />
Ende April in Vaalermoor, dann<br />
kamen Krummendiek (1. Mai),<br />
Dückerstieg (Himmelfahrt), Duckunder<br />
(3. Sonntag im Mai), Neuendorf<br />
und so weiter. Das Ringreiten selbst<br />
begann mit einem Festumzug zum<br />
Ehrenmal in Sachsenbande. Vorneweg<br />
gingen die Musiker, gefolgt vom<br />
Vorjahreskönig und den anderen<br />
Reitern. Den Abschluss bildeten die<br />
übrigen Dorfbewohner. Geritten<br />
wurde auf dem Schulweg bei der<br />
alten Schule in Sachsenbande, wo<br />
zwei Ringbäume hintereinander<br />
aufgestellt waren. Nach dem ersten<br />
Durchgang vom Handelshof aus,<br />
sammelten sich die Reiter auf dem<br />
Schulhof und im nächsten Durchgang<br />
ging es wieder zurück.<br />
König wurde, wer am Ende die<br />
meisten Ringe gestochen hatte. Bei<br />
Ringgleichheit gab es ein Stechen.<br />
Abb. 188: Die<br />
Ehrendamen beim<br />
geschlossenen<br />
Ringreiten des<br />
Ringreitervereins<br />
Sachsenbande<br />
NeuendOJ:f am<br />
15. August 1954.<br />
Beim vereinsinternen<br />
Ringreiten<br />
durften<br />
neben den unverheirateten<br />
auch<br />
bereits verheiratete<br />
Frauen<br />
Ehrendamen sein.
.~@.3 ........... ......... ....................... .. ......................... ............ ...................................................... ................................ .... R~.~~!!WI'U!,~.<br />
Waren dann alle Plätze ausgeritten,<br />
kam die Siegerehrung. Anfang der<br />
50er Jahre durfte nur einer aus dem<br />
eigenen Verein König werden, auch<br />
wenn ein Auswärtiger eindeutig<br />
besser gestochen hatte. So blieben<br />
die Hauptpreise im Verein. Der<br />
Zweitplatzierte und weitere Platzierungen<br />
konnten dagegen von auswärts<br />
kommen. Wenn ein Reiter<br />
während des Wettkampfes vom<br />
Pferd gefallen war, wurde er zum<br />
Trost zum Sandkönig gewählt. Im<br />
Anschluss an die Siegerehrung<br />
wurde der König nach Hause geleitet,<br />
wo er noch einen Köm ausgab.<br />
Doch was wäre ein König ohne<br />
Königin? In früheren Jahren wählte<br />
der König seine Königin noch<br />
selbst, indem er ihr eine Krone<br />
aufsetzte, doch in diesem Jahrhundert<br />
wurde die Königin durch Topfschlagen<br />
ermittelt. Dabei musste das<br />
Mädchen mit verbundenen Augen<br />
auf den Topf zulaufen und diesen<br />
mit einem Stock treffen. Pro Versuch<br />
hatte das Mädchen 3 Schläge.<br />
Diejenige mit der höchsten Topfzahl,<br />
d. h. die den Topf am häufigsten<br />
getroffen hatte, wurde zur<br />
Königin gekürt.<br />
Derweilen vergnügten sich die<br />
restlichen Zuschauer bei den zahlreichen<br />
Volksbelustigungen. Es gab<br />
zwei Schießstände, an denen auf<br />
Scheiben geschossen wurde, eine<br />
kleine Kegelbahn, Bohnenraten -<br />
wobei die Anzahl der Bohnen in<br />
einem kleinen Fass erraten werden<br />
musste - sowie Weckerraten. Hierbei<br />
wurde ein Wecker von Uhren-Mohr<br />
in Wilster gekauft, aufgezogen,<br />
verpackt und es musste geraten<br />
werden, zu welcher Uhrzeit der<br />
Wecker stehen geblieben ist.<br />
Abends wurde dann beim Ringreiterball<br />
im Handelshof getanzt. Dort<br />
fand auch die Preisverleihung statt.<br />
Die Tanzvergnügen dauerten meist<br />
bis in den nächsten Morgen. Gemäß<br />
einer Polizeiverordnung musste für<br />
Veranstaltungen dieser Art das Amt<br />
Wilster-Land eine Tanzerlaubnis<br />
erteilen, diese galt von 19.00 bis<br />
3.00 Uhr in der Früh.<br />
U<br />
nd<br />
":"as sonst noch<br />
passterte.<br />
Eine Geschichte, die von der guten<br />
Stimmung auf diesen Reiterfesten<br />
zeugt, wird bei passender Gelegenheit<br />
immer wieder gern von Hans<br />
Fischer zum Besten gegeben. 1936<br />
waren sowohl Hans Fischer als<br />
auch Willi Schmidt als Soldaten in<br />
Rendsburg stationiert. Das hielt sie<br />
aber nicht davon ab, am Ringreiten<br />
teilzunehmen und Willi Schmidt<br />
wurde sogar König. Beim anschließenden<br />
Fest haben sich die beiden<br />
daraufhin gehörig einen ,geballert'.<br />
Da sie am nächsten Morgen jedoch<br />
pünktlich wieder in Rendsburg antreten<br />
mussten, machten sie sich -<br />
,duun' wie sie waren - noch nachts<br />
mit dem Fahrrad auf den Weg. Als<br />
sie trotzdem mit Verspätung in<br />
Rendsburg eintrafen, zeigte ihr Vorgesetzter<br />
glücklicherweise Verständnis.<br />
Eine andere Geschichte fiel Alfred<br />
Klukas ein, als Johannes Rehder ihn<br />
im Zusammenhang mit dem RingreHerverein<br />
Duckunder befragte. Die<br />
Ehrenpreise wurden in der Regel<br />
von der Gastwirtin Frieda Stahl und<br />
dem jeweiligen Vorstand gemeinsam<br />
besorgt. Auf einer solchen Tour<br />
sollten sie einmal einen geräucherten<br />
Schinken von Fiete Herzog abholen.<br />
Da ihnen jedoch beim<br />
Anblick des Schinkens das Wasser<br />
im Munde zusammenlief, konnten<br />
sie sich nicht beherrschen und<br />
verspeisten ihn zur Hälfte.
. Ri.~G!ill !T~.~ ................ ................................................................... ................................................................... .. .............................. ~@~}.<br />
Reumütig erinnerte sich Richard<br />
Looft, selbst lange Jahre Schriftführer<br />
des Ringreitervereins Sachsenbande-Neuendorf,<br />
an ein nicht<br />
gerade als korrekt einzustufendes<br />
Verhalten des Vorstandes.<br />
Da das Wetter sich beim geschlossenen<br />
(vereinsinternen) Ringreiten im<br />
Sommer 1954 nicht von seiner<br />
besten Seite zeigte - es regnete ununterbrochen<br />
- war das Ringreiten<br />
entsprechend schlecht besucht. Aus<br />
diesem Grunde brachten die angebotenen<br />
Volksbelustigungen nicht<br />
die erwarteten Einnahmen, so dass<br />
sich der Vorstand gezwungen sah,<br />
"die Geschenke, welche mit Rückgaberecht<br />
gekauft waren, anders zu<br />
gruppieren und einzustufen." 121 Rein<br />
wirtschaftlich betrachtet, war das<br />
ein verständliches Vorgehen, welches<br />
aber bei bekannt werden für<br />
einige Tumulte sorgte, da sich so<br />
mancher Gast schon auf die vorher<br />
ausgestellten Preise gefreut hatte.<br />
Dingreiterverband<br />
.ftMarsch-Geest<br />
Die einzelnen Ringreitervereine der<br />
Wilstermarsch sind dem Ringreiterverhand<br />
Marsch-Geest angeschlossen.<br />
Dieser koordiniert die<br />
Reiterspiele der Vereine. Zudem<br />
organisiert er zum Abschluss der<br />
Saison alljährlich ein Verbandsringreiten<br />
auf dem Colosseumplatz in<br />
Wilster (das heute gleichzeitig mit<br />
dem Bauernmarkt stattfindet) als<br />
Einzelwettbewerb.<br />
Reihum wird außerdem von den<br />
einzelnen Vereinen das Pokalringreiten<br />
des Verbandes ausgerichtet.<br />
Jeder Verein stellt seine fünf besten<br />
Senioren und drei Junioren jeweils<br />
in einer Mannschaft zusammen und<br />
am Ende wird ermittelt, welcher<br />
Verein die beste Mannschaft hat.<br />
Früher, als es sowohl einen Marschverband<br />
als auch einen Geestverband<br />
gab, fand einmal im Jahr ein<br />
Vergleichsringreiten der Verbände<br />
Marsch und Geest gegeneinander<br />
statt. Dazu stellte jeder Verband erst<br />
Abb. 189: Die<br />
Musiker wurden<br />
in einer Karre<br />
kutschiert.
.f&®.~ .............................. .............. ................ ................ ................. ................................. .......................... ..... ................. .. ~.~~~.u;~.~-<br />
Abb. 190: Vorderund<br />
Rückseite des<br />
Wimpels in den<br />
Vereinsfarben<br />
bordeauxrot und<br />
schwarz.<br />
30, später nur noch 25 Reiter aus<br />
den einzelnen Vereinen zu einer<br />
Mannschaft zusammen, die dann<br />
gegeneinander antraten. Am 25.<br />
März 1971 erfolgte der Zusammenschluss<br />
der beiden Verbände.<br />
Zur Zeit sind 11 Vereine im Verband<br />
Mitglied, wobei der Kanal<br />
schon längst nicht mehr die Grenze<br />
darstellt, da zum Beispiel auch<br />
Hochdonn, Buchholz und Kuden<br />
Mitglied sind. Grund hierfür ist das<br />
Fehlen eines Verbandes auf Dithmarscher<br />
Gebiet und die weite<br />
Entfernung zu den nächsten aktiven<br />
Ringreitervereinen in Heide und<br />
Hemmingstedt.<br />
HSV<br />
,HSV', wer denkt da nicht automatisch<br />
an den Hamburger Sportverein?<br />
Doch was hat der Hamburger<br />
SV mit der Gemeinde Neuendorf zu<br />
tun? Bis auf die Abkürzung und<br />
Fußball eigentlich nichts. ,HSV' ist<br />
hier nämlich die Abkürzung für den<br />
,Sportverein Hinter-Neuendorf', der<br />
1965 ins Leben gerufen wurde. Den<br />
1. Vorsitz hatte Uwe Engel. Im darauffolgenden<br />
Jahr übernahm Martin<br />
Brandt das Amt und ab 1967<br />
war Erich Haase Vorsitzender. Gerhard<br />
Hollmer war Trainer. Der<br />
,Handelshof' in Hinter-Neuendorf<br />
wurde zum Vereinslokal auserkoren,<br />
da der Gastwirt Thies Behrens zur<br />
eingeschworenen Fangemeinde<br />
zählte. So manches Mal spendierte<br />
er einen ,Stiefel' Bier. Weitere Sponsoren<br />
waren die Halstenbrauerei<br />
Niederlassung Schulz und die<br />
Bavaria-Niederlassung Hinz in<br />
Wilster sowie der Kaufmann Erwin<br />
Motte aus Sachsenbande.<br />
Die Spieler kamen vorwiegend aus<br />
dem Einzugsgebiet der alten Sachsenbander<br />
Schule, ebenso waren<br />
aber auch Sportkameraden aus<br />
anderen Orten willkommen. Von<br />
den Beiträgen (anfangs 5 DM, später<br />
nur noch 3 DM monatlich) wurden<br />
Fußbälle, Pfeife, Spielführerbinde,<br />
Trikots, Wimpel und dergleichen<br />
angeschafft. Die Vereinsfarben<br />
waren bordeauxrot (Trikot) und<br />
schwarz (Stutzen und Hose).<br />
Der HSV war eine Freizeitmannschaft,<br />
die in der Regel Sonntagmorgen<br />
gegen verschiedene<br />
Hobbymannschaften spielte, wie<br />
zum Beispiel Betriebs- und Kneipenmannschaften<br />
aus Itzehoe oder<br />
andere Dorfmannschaften. Zu jener<br />
Zeit hatte fast jede Gemeinde eine<br />
eigene Fußballmannschaft. Einmal<br />
im Jahr wurde in Wacken ein Dorf-
.S.f.9.Iqy~ ~E.! N .. tl,.\'iTI\ Jl.N~.I,!~NPQ~f. .......................... ......................................... ........................................................................ ~@~.<br />
pokalturnier ausgetragen. Mit von<br />
der Partie waren die Spielgemeinschaften<br />
Dückerstieg, Ecklak, Flethsee,<br />
Kaaks und Nortorf. Mittags gab<br />
es Erbsensuppe vom ,Handelshof'<br />
und abends traf man sich in der<br />
Gaststätte ,Zum Dückerstieg'. Meist<br />
entschied die Dückerstieger Mannschaft<br />
diese Turniere für sich. Aus<br />
all diesen Dorfmannschaften hat<br />
sich letztendlich der FC Flethsee<br />
herausgebildet.<br />
Trainiert wurde nur unregelmäßig<br />
und wenn, dann musste der Verein<br />
Abb. 191: Einige<br />
aktive Spieler des<br />
Vereins (von links,<br />
stehend): Rudolf<br />
Schmidt, Ewald<br />
(Eie) Krämer,<br />
Reinhard<br />
Kneesch, Helmut<br />
Heesch, Lemcke<br />
hockend: Rolf<br />
Junge, Heinz<br />
Heesch, Erich<br />
Haase, Dieter<br />
Krämer, Detlef<br />
Feldmann.<br />
Abb. 192: Kurz<br />
vor Spielbeginn in<br />
Kaaks. Da es damals<br />
noch keine<br />
Umkleidekabinen<br />
gab, wurden<br />
kurzerhand die<br />
Autos als Umkleidekabine<br />
genutzt.<br />
Geduscht hat man<br />
sich anschließend<br />
zu Hause.
.~®.@ ....................... ........ ... ......... .................. .... ... .. ...... ............... ........ ... .............. ................ ~.r.~mJ.Y.r:~qN .. tl.I.NI~~~'I:JiYf:NP.Q~f..<br />
Abb. 193: In<br />
dieser Spielformation<br />
wurde so<br />
manches Spiel<br />
gewonnen.<br />
Abb.J94: Zur<br />
Faschingszeit<br />
wurde im Vereinslokal<br />
"Handelshof"<br />
Maskerade<br />
gefeiert.<br />
nach Wacken bzw. Kaaks ausweichen,<br />
da die Gemeinde Neuendorf<br />
keinen Sportplatz hatte. Genau über<br />
den Bolzplatz in Kaaks führte eine<br />
Stromleitung, die das Dorf mit Elektrizität<br />
versorgte. Das ein oder andere<br />
Mal verfing sich ein Hochball<br />
derart unglücklich in den Drähten,<br />
dass durch einen Kurzschluss kurzfristig<br />
die Stromversorgung in einigen<br />
Bereichen des Dorfes<br />
unterbrochen war.<br />
Kaum angefangen näherte sich die<br />
Karriere des Sportvereins Hinter<br />
Neuendorf bereits 1968 wieder dem<br />
Ende zu. Paradoxerweise wollte die<br />
Mannschaft zu dem Zeitpunkt<br />
eigentlich sogar an den Punktspielen<br />
auf Kreisebene teilnehmen.<br />
Jedoch benötigte sie hierfür einen<br />
eigenen Sportplatz. Einen entsprechenden<br />
Antrag lehnte die Gemeindevertretung<br />
allerdings ab, weil sie<br />
entweder die Mannschaft nicht so<br />
ganz ernst genommen hatte oder<br />
den Sportsfreunden bis auf Feiern<br />
nicht besonders viel zutraute. 1979,<br />
kurz vor Pfingsten, soll der Verein<br />
dann offiziell aufgelöst worden sein.<br />
Zusätzlich zum Fußballspielen<br />
verbrachten die Sportskollegen so<br />
manche Stunde gemeinsam bei<br />
anderen Unternehmungen. Ob bei<br />
Boßelturnieren oder Fußballfesten,<br />
Kegelabenden oder Vatertagstouren,<br />
der Spaß stand immer im Vordergrund.<br />
Reinhard Kneesch beschreibt<br />
den Sportgeist der Mannschaft<br />
folgendermaßen: "Vom Ergebnis her<br />
nicht immer die Besten, aber<br />
meistens die Lustigsten." So ließen<br />
sie sich zum Beispiel nicht davon<br />
abhalten, trotz hoher Schneedecke<br />
auf dem Sportplatz in Wacken ein<br />
Spiel auszutragen, obwohl die gegnerische<br />
Mannschaft bereits abgesagt<br />
hatte - getreu ihrem<br />
Vereinsmotto: ,immer bereit'.
.k\NP.!'~ \Jf.lW!\ ~.qN . .W.H~I~~MAW~.Q~ ... ................. ................................................................ ........... ..................................... ~@~.<br />
LANDFRAUENVEREIN<br />
<strong>WILSTER</strong>MARSCH 122<br />
Der Landfrauenverein Wilstermarsch<br />
ist mit seinen gut 400 Mitgliedern<br />
ein Ortsverein der größten<br />
Interessenvertretung für Frauen im<br />
ländlichen Raum innerhalb<br />
Deutschlands. Mehr als 550.000<br />
Mitglieder zählt der Deutsche Landfrauenverband.<br />
Weltweit sind 8,5<br />
Millionen Landfrauen aus 70 Ländern<br />
im Weltlandfrauenverband<br />
organisiert. 123<br />
Begonnen hatte alles vor gut 100<br />
Jahren in Ostpreußen, nahe der<br />
kleinen Stadt Rastenburg. Die Gutsbesitzerfrau<br />
Elisabet Boehm kämpfte<br />
für die Anerkennung der Bäuerin<br />
als Berufszweig und setzte sich für<br />
die Aus- und Fortbildung der Landfrauen<br />
ein. Zu ihrer Zeit, im ausgehenden<br />
19. Jahrhundert, fanden die<br />
Frauen lediglich als Ehefrauen ihrer<br />
Männer Anerkennung. Die Bedeutung<br />
und Leistung der Landfrau für<br />
die Land- und Volkswirtschaft wurden<br />
nicht erkannt und gewertet<br />
sowie der durch ihre Arbeit entstandene<br />
Ertrag in keiner Weise gemessen<br />
wurde. Um die Situation der<br />
Landfrauen zu verbessern, strebte<br />
Elisabet Boehm einen vereinsmäßigen<br />
Zusammenschluss städtischer<br />
Konsumentinnen und ländlicher<br />
Produzentinnen an. Am 2. Februar<br />
1898 gründeten 15 Frauen aus dem<br />
Kreis Rastenburg den ersten ,Landwirtschaftlichen<br />
Hausfrauenverein'<br />
in Deutschland. 1905 schlossen sich<br />
die damals bestehenden 14 Vereine<br />
zu einem Verband zusammen, mit<br />
dem Ziel, die erste landwirtschaftliche<br />
Haushaltungsschule für Frauen<br />
einzurichten.<br />
An der Westküste Schleswig-Holsteins<br />
entstanden derartige Vereine<br />
erst in den späten 20er Jahren des<br />
20. Jahrhunderts. Am 2. November<br />
1927 gründeten 29 aktive Landfrauen,<br />
allen voran Cäci Krey aus St.<br />
Margarethen, im damaligen ,Wilstermarschhaus'<br />
in Wilster den "Landwirtschaftlichen<br />
Hausfrauenverein<br />
für die Wilstermarsch".<br />
1934 wurden die landwirtschaftlichen<br />
Hausfrauenvereine als eigenständige<br />
Organisation aufgelöst und<br />
dem Reichsnährstand eingegliedert.<br />
Doch schon ein Jahr nach Beendigung<br />
des Zweiten Weltkrieges<br />
erweckte Cäci Krey den Landfrauenverein<br />
am 9. Mai 1946 zu neuem<br />
Leben. 1951 kam es zur Gründung<br />
Abb. 195: Darbietung<br />
der Hackeboer<br />
Landfrauen<br />
im Colosseum<br />
(1984).
.~@@ ............. ....... ........ ................. ...................................................................................... MN!?.f.MY§~!M'J ... .W~I~~$.~R.<br />
Abb. 196: Der<br />
Tanzkreis der<br />
Landfrauengruppe<br />
Wilstermarsch<br />
bei einer Veranstaltung<br />
im Colosseum<br />
im Jahre<br />
1984.<br />
der ,Kreisgemeinschaft für Landfrauen',<br />
die 1968 in ,Landfrauenkreisverein<br />
Steinburg' umbenannt<br />
wurde.<br />
Dieser Landfrauenverband hat sich<br />
zum Ziel gesetzt, seine Mitglieder<br />
durch Information und Weiterbildung<br />
auf beruflichen, sozialen,<br />
politischen, kulturellen und allgemeinbildenden<br />
Gebieten zu fördern.<br />
Er befasst sich mit allen Fragen, die<br />
für die Arbeit und das Leben im<br />
ländlichen Raum von Bedeutung<br />
sind. So haben die Steinburger<br />
Ortsvereine sehr viel für die Ausund<br />
Fortbildung der Landfrauen<br />
getan. In Seminaren, Kursen, Vortragsveranstaltungen<br />
und auf Reisen<br />
werden zeitgemäße Themen behandelt.<br />
In Zusammenarbeit mit der<br />
Landwirtschaftsschule Itzehoe<br />
haben mehrere Mitglieder in den<br />
letzten Jahren die Prüfung zur landwirtschaftlichen<br />
Hauswirtschafterin<br />
und Hauswirtschaftsmeisterin<br />
bestanden. Ebenso haben einige die<br />
Weiterbildung zur Altenpflegehelferin<br />
absolviert. Weitere Stichworte<br />
sind Urlaub auf dem Bauernhof,<br />
Direktvermarktung, Servicebörse<br />
und vieles mehr. Neben dem Lernund<br />
Bildungsangebot prägen zahlreiche<br />
gesellige Zusammenkünfte<br />
wie beispielsweise Ausflüge, Sommerfeste,<br />
Erntedank-und Weihnachtsfeiern<br />
das Vereinsleben.<br />
Der langjährigen Vorsitzenden Erna<br />
Gravert (1966 bis 1984) ist es zu<br />
verdanken, dass die im ausgehenden<br />
18. Jahrhundert so reichen und<br />
anmutigen Bauerntrachten der<br />
Wilstermarsch wieder zum Brauchtum<br />
gehören. Erna Gravert, Tochter<br />
der Gründerin Cäci Krey, konnte<br />
sich aus ihren Kindertagen noch an<br />
eine Trachten-Tanzgruppe erinnern.<br />
Mit unendlicher Mühe und großem<br />
persönlichen Einsatz wurden Trachten<br />
nach alten Vorlagen und erhaltenen<br />
Reststücken wieder hergestellt<br />
und nachgenäht Als wichtigste<br />
Vorbilder wurden eine vollständig<br />
erhaltene Wilstermarschtracht mit<br />
eingestickter Jahreszahl (1793) aus<br />
dem Altonaer Museum und eine<br />
noch ältere Trachten-Hochzeitspuppe<br />
von 1729 aus dem Glückstädter
. ~ANP.f&~~ ~.~:.~ym~.~lJN. :W. ~.~~I~m.MA~.~.Q~ .. .............................. .. ............................................................. ..................................... ~©.ID..<br />
Museum genommen. Es wurde<br />
gestickt, genäht und es wurden<br />
überlieferte Tänze einstudiert. Im<br />
März 1980 konnte der Landfrauenverein<br />
Wilstermarsch acht selbstgefertigte<br />
Wintertrachten nach<br />
historischem Vorbild vorstellen, im<br />
September waren acht Sommertrachten<br />
fertig. Mittlerweile sind<br />
auch Männer nach alten Vorlagen<br />
,benäht', schließlich brauchte man,<br />
wie es in den Marschen früher<br />
üblich war, Mittänzer.<br />
Abschließend bleibt nur noch zu<br />
sagen: die Gleichung Landfrau =<br />
Bäuerin stimmt nicht mehr. Die<br />
bäuerliche Situation ist eine andere.<br />
Wie auch schon im Kapitel zur<br />
Landwirtschaft dargestellt, sind nur<br />
noch ein geringer Prozentsatz aller<br />
Erwerbstätigen im Agrarsektor<br />
beschäftigt. Wo die Landfrau einst<br />
eingebunden war in den Familienbetrieb<br />
mit allen Rechten und<br />
Pflichten und einem differenzierten<br />
Wertgefüge, sind heute Nebenerwerb,<br />
Emanzipation, Verselbstständigung<br />
bis hin zum außerlandwirtschaftlichen<br />
Beruf das Gebot. Dies<br />
schlägt sich auch auf die Zusammensetzung<br />
der Mitglieder<br />
nieder. Lediglich ein Drittel der<br />
Mitglieder des Landfrauenverbandes<br />
sind noch Bäuerinnen. Diese Situation<br />
hat zu einem besseren Verständnis<br />
zwischen Stadt und Land<br />
geführt, nach dem Motto: Stadt und<br />
Land, Hand in Hand.<br />
197: Die Landjugendgruppe<br />
Wilster<br />
mit ihrer<br />
Tracht im Jahre<br />
1953.<br />
Die Gruppe wurde<br />
erstmals im<br />
Februar 1952<br />
gegründet und<br />
zählte anfangs<br />
nur 10 Mädchen.<br />
Doch schon bald<br />
traten auch einige<br />
Jungen der Landjugendgruppe<br />
bei.<br />
Hinsichtlich der<br />
Mitgliederzahlen<br />
herrschte ein<br />
ständiges Auf und<br />
Ab. 1978 musste<br />
die Gruppenarbeit<br />
sogar für einige<br />
Jahre eingestellt<br />
werden. 1981<br />
wurde die ,Landjugendgruppe<br />
Wilstermarsch'<br />
erneut gegründet.
.f& dJ..@ .......... ...... ................ ........ ..... .. .............. .. .. .. ........ ... ...... .... ..... ........................... .... ... ...... P.~,t;: .. N:~m:~~.P.Q~f.!l~.JM? P. .<br />
Abb. 198: Bei<br />
dieser Treibjagd<br />
1992 in Hackeboe/<br />
Vorder<br />
Neuendorf haben<br />
die Jäger insgesamt<br />
57 Hasen,<br />
eine Ente sowie<br />
zwei Möwen<br />
geschossen.<br />
Jeweils im<br />
Dezember veranstaltet<br />
die Jagdgemeinschaft<br />
2 bis 3<br />
Treibjagden.<br />
Hierzu ist es<br />
üblich Gastjäger<br />
aus den benachbarten<br />
Gemeinden<br />
einzuladen. Treiber,<br />
häufig die<br />
Jagdgenossen<br />
selbst, scheuchen<br />
das Wild, i. d. R.<br />
die Feldhasen auf,<br />
und treiben es zu<br />
den Schützen, die<br />
an den Flanken<br />
und der Front<br />
Stellung beziehen.<br />
DIE <strong>NEUENDORF</strong>ER<br />
.. .... .. .... .. ... .. .. ..J~~P... ... ........... .. .. .. .. ...<br />
Zusammengetragen von<br />
Gerd Rohwedder, Kleve<br />
(ehemals Vorder-Neuendorf)<br />
Hierzulande steht das Jagdrecht<br />
dem Eigentümer auf seinem Grund<br />
und Boden zu. Die Ausübung der<br />
Jagd ist jedoch nur unter Berücksichtigung<br />
von gesetzlichen Vorschriften<br />
möglich. Hierzu gehört<br />
beispielsweise die Beachtung bestimmter<br />
Jagd- und Schonzeiten<br />
sowie die Einhaltung von Jagdbezirks-Mindestgrößen.<br />
Das war nicht<br />
immer so. Vom späten Mittelalter<br />
bis in die frühe Neuzeit war die<br />
Jagd dem Landesherrn und einigen<br />
Adeligen vorbehalten. Mit der Märzrevolution<br />
1848 wurde dieses Privileg<br />
aufgehoben und die Jagd für<br />
jedermann freigegeben. Dies führte<br />
jedoch innerhalb kürzester Zeit zur<br />
Vernichtung der Wildbestände.<br />
Bereits 1850 wurde deshalb in<br />
Bayern und Preußen das sogenannte<br />
Reviersystem eingeführt, mit dem<br />
Ziel einer nachhaltigen Hege zur<br />
Erhaltung eines artenreichen und<br />
gesunden Wildbestandes. Der<br />
Grundstein für unser heutiges Jagdrecht<br />
war gelegt: die Jäger mussten<br />
sich zum waidgerechten Jagen<br />
verpflichten, der erforderliche Jagdschein<br />
wurde an eine Jagdprüfung<br />
geknüpft und die bereits erwähnten<br />
Schonzeiten sowie das Wildschadensrecht<br />
wurden gesetzlich geregelt.<br />
Mit dem Reichsjagdgesetz von<br />
1934 wurde dem Tier- und Naturschutz<br />
Vorrang vor der Jagdausübung<br />
eingeräumt. Dieser Richtungswechsel<br />
wird in der heutigen<br />
Gesetzgebung mit ,naturnaher Jagd'<br />
umschrieben. Im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
wurde der Abschussplan<br />
eingeführt. Hierauf vermerkt der<br />
Jäger den geschätzten Bestand des<br />
Rehwildes innerhalb seines Reviers<br />
und schlägt eine bestimmte Anzahl<br />
an Böcken, Ricken, Schmalrehe und<br />
Kitze (ca. ein Drittel des Bestandes)
.P.~ .. N.~ll.t;;~P.9.J:.l...f.~J:.l..JM~!?. ......................................... ................................................................... ................................................ ~aa.<br />
zum Abschuss vor. Daraufhin muss<br />
der Abschussplan von der Unteren<br />
Jagdbehörde des Kreises Steinburg<br />
genehmigt werden.<br />
Neuendorf ist ein reines Niederwildrevier<br />
mit einer Größe von<br />
1. 3 3 5 Hektar. Lange Zeit war das<br />
Revier in zwei Jagdbezirke unterteilt.<br />
Der Jagdbezirk I umfasste ungefähr<br />
850 Hektar und zwar die<br />
Gemarkung Hinter-Neuendorf mit<br />
Achterhörn, Averfleth und Stadtmoor.<br />
Den Jagdbezirklimit ungefähr<br />
500 Hektar bildeten Hove,<br />
Groß-Hackeboe und Vorder-Neuendorf.<br />
Der überwiegende Teil ist intensiv<br />
genutztes Grünland. In den<br />
letzten Jahren nimmt allerdings der<br />
Umbruch von Grünland in Ackerland<br />
zu, wo vorwiegend Getreide<br />
und Mais angebaut wird. Gerade in<br />
Zeiten, in denen weite Flächen des<br />
Grünlandes innerhalb weniger Tage<br />
gemäht und siliert werden, bieten<br />
die Ackerstandorte Deckung für das<br />
Niederwild. Des Weiteren bieten ca.<br />
4,5 Hektar Feldgehölze und Biotope,<br />
die in den vergangeneu Jahrzehnten<br />
von den Jägern geschaffen wurden,<br />
Rückzugsmöglichkeiten. Einzelne<br />
Jagdgenossen hatten die Flächen zu<br />
diesem Zweck für Aufpflanzungen<br />
gestiftet. Von den Niederwildarten<br />
ist im Revier das Rehwild mit zur<br />
Zeit ca. 30-35 Stück vertreten. Von<br />
denen müssen nach genehmigten<br />
Abschussplan jährlich 12-14 Stück<br />
Rehwild gestreckt werden. Weitere<br />
heimische Niederwildarten sind<br />
Feldhasen, Wildenten, seltener auch<br />
Wildgänse, Stockenten und Ringeltauben.<br />
Hingegen nicht bejagt werden<br />
Fasane und Rebhühner, da<br />
deren Bestand zu klein ist, um ihn<br />
waidgerecht zu bejagen. Als Raubwild<br />
kommen hier Fuchs, Steinmarder,<br />
Iltis und Wiesel sowie erstaunlicherweise<br />
auch Dachs vor. In den<br />
vergangenen 10 Jahren wurden 60<br />
Füchse und 5 Dachse erlegt. Die<br />
Zahl der erlegten Feldhasen ist stark<br />
rückläufig. Waren es in den 60er bis<br />
80er Jahren noch 150 Hasen Jahres-<br />
Abb. 199: Die<br />
Jagdgemeinschaft<br />
Neuendorf wurde<br />
1972 gebildet. Die<br />
ersten Mitglieder<br />
waren Otto und<br />
Ernst-Otto Prüß,<br />
Walter Reich/er,<br />
Gerd Rohwedder<br />
und Jürgen Voß.<br />
Im Jahr 2001<br />
setzt sich die<br />
Jagdgemeinschaft<br />
aus den oben<br />
abgebildeten<br />
Mitgliedern<br />
zusammen (v. 1.):<br />
Helmut Wilckens,<br />
Hermann Beimgraben,<br />
Ernst<br />
Otto Prüß, Andrea<br />
Quandt-Tiedemann,<br />
Jens<br />
Quandt-Tiedemann,<br />
Jürgen<br />
Voß, Norbert<br />
Nagel und Gerd<br />
Rohwedder.
.~ ll~ ............ ................ ................. ................................................. ................ ............... .......................... P.m .. NW-!';~P.9..l.w.l'$ ]~.GP..<br />
Abb. 200: Jäger<br />
und Jagdgenossen<br />
bei Biotop-Pflegearbeiten,<br />
Mitte<br />
der 90er Jahre<br />
(von links): Helmut<br />
Wilckens,<br />
Thorsten Beimgraben,<br />
Willy<br />
Holm, Norbert<br />
Nagel. Bei den<br />
Biotopen handelt<br />
es sich zum Teil<br />
um jagdbare<br />
Flächen, die<br />
Jagdgenossen<br />
stifteten, um<br />
Rückzugsräume<br />
fiir das Niederwild<br />
zu schaffen.<br />
GleichzeUg dienen<br />
sie als Nistund<br />
Brutplätze fiir<br />
die Vogelwelt.<br />
Hierzu wurden die<br />
Flächen mit heimischen<br />
Gehölzen<br />
bepflanzt.<br />
In den Jahren<br />
1954-1999 wurde<br />
mit der Jagdgenossenschaft<br />
immer die Mindes<br />
tpachtdauer<br />
von 9 Jahre<br />
vereinbart. Der<br />
Pachtpreis lag bei<br />
60 Pfennig je<br />
Hektar. Dieser<br />
Betrag ist angehoben<br />
worden.<br />
Zur Zeit beträgt<br />
der Pachtpreis<br />
eine Mark je<br />
Hektar und das<br />
Jagdrevier ist seit<br />
1999 erstmals fiir<br />
die Dauer von 30<br />
Jahren an die<br />
hiesige Jagdgemeinschaft<br />
verpachtet.<br />
strecke, sind es in den letzten Jahren<br />
nur noch 50 Hasen. Die Jäger<br />
machen zum Teil die intensivierte<br />
Landwirtschaft und die Unterschutzstellung<br />
aller Greif- und<br />
Rabenvögel - mit der Folge, dass<br />
deren Bestand in den letzten Jahren<br />
sehr stark zugenommen hat - für<br />
den Rückgang verantwortlich.<br />
Die Jagdgenossenschaft Neuendorf<br />
setzt sich aus den Landeigentümern<br />
jagdbarer Flächen im Gemeindegebiet<br />
zusammen. Jagdgenossenschaftsvorsteher<br />
waren immer die<br />
jeweiligen Bürgermeister, obwohl<br />
dies nicht zwingend vorgeschrieben<br />
ist. Von 1954 bis 1972 waren so<br />
wenig Jagdberechtigte in der Gemeinde<br />
Neuendorf, dass der Pächter<br />
und Gastwirt Otto Prüß sen. vom<br />
Dückerstieg sich mit den Jägern aus<br />
den benachbarten Gemeinden<br />
Ecklak, Aebtissinwisch und Sachsenbande<br />
zu einer großen J agdgemeinschaft<br />
zusammengeschlossen<br />
hatte. Seit 1972 befindet sich das<br />
Jagdrevier in der Hand ortsansässiger<br />
Jäger, die auch gleichzeitig Jagdgenossen<br />
sind. Der Pachtpreis beträgt<br />
derzeit eine Mark je Hektar.<br />
Während früher der Jagdvorsteher<br />
einmal jährlich von Haus zu Haus<br />
gegangen ist, um den anteiligen<br />
Pachtpreis an die Jagdgenossen auszuzahlen,<br />
verzichten die Genossen<br />
heutzutage in der Regel auf eine<br />
Auszahlung. Von dem Geld richten<br />
die Jagdgenossen alle 3 Jahre ein<br />
Jagdgenossenschaftsfest aus. Die<br />
gemeinsamen Treibjagden mit<br />
anschließendem Schüsseltreiben<br />
(gemütliches Beisammensein) sind<br />
ein besonderer Höhepunkt und<br />
festigen das gute Verhältnis zwischen<br />
den Jägern und Jagdgenossen.<br />
Zu dem Aufgabenbereich eines<br />
Jägers zählen neben dem Jagdbetrieb:<br />
die Biotoparbeiten (beispielsweise<br />
Anpflanzungen), Pflege der<br />
Jagdeinrichtungen (Hochsitz) sowie<br />
die Ausbildung von Jagdhunden.<br />
Sowohl die Jägerausbildung als<br />
auch die Ausbildung der Jagdhunde<br />
ist sehr anspruchsvoll. Zur Jägerausbildung<br />
gehören theoretische<br />
Grundlagen sowie beispielsweise<br />
Fähigkeiten im Fallenbau, Kenntnisse<br />
in der Verwertung des Wildes<br />
und die Ausbildung im Schießen.
.Pm..Nmm.~P.Q&.I~.JAGP. ......................... ................. .. .............. .................................................................................................. ~ll!}.<br />
Abb. 201 (oben) und Abb. 202 (unten):<br />
Diese Aufnahmen entstanden im Zusammenhang mit der letzten schweren Schneekatastrophe im Winter<br />
1978/ 79. Die Felder lagen unter einer hohen Schneedecke begraben. Die hier wild lebenden Tiere wie<br />
beispielsweise Rehe, Hasen und Enten konnten kein Futter finden. Lediglich eine Quelle in Hinter-Neuendorfwar<br />
noch nicht zugeforen. Dort versammelten sich tagtäglich 400-500 Enten. Diefreilebenden Tiere<br />
litten in dieser Zeit große Not.<br />
Diefinanzielle Unterstützung des Kreises Steinburg und des Amtes Wilstermarsch ermöglichte es den hiesigen<br />
Jägern, die Tiere während dieses langen Zeitraumes zu flittern. Dank an dieser Stelle den Männern, die<br />
die Mühe und Arbeit auf sich genommen hatten und zahlreiche Tiere vor den Hungertod retteten. Vor dem<br />
Hintergrund wird die Achtung der Jäger gegenüber dem freilebenden Geschöpf deutlich. Ein verantwortungsbewußter<br />
Jäger übernimmt in der Regellediglich die Funktion der fehlenden natürlichen Feinde, um<br />
innerhalb seines Reviers eine gesunde Population zu gewährleisten. Dazu gehört Engagement, die Pflege<br />
des Reviers und genaue Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort.
.~:Jlr~J .................................. ...... .. .. ............. ..................... ....................... ............. ......... ... ........... .......... .Q~ i ~iP,~.~ .. VN P. . t!IP~S.IJ !.~ .<br />
Q UELLEN UND<br />
LITERATUR<br />
I. ungedruckte Quellen<br />
Akten des Amtes Wilstermarsch<br />
Akten der Gemeinde Heuendorf b. Wilster<br />
Akten des Gemeinsamen Archivs des Kreises<br />
Steinburg und der Stadt ltzehoe<br />
Akten des Landesarchivs Schleswig-Holstein<br />
Akten des Stadtarchivs Wilster<br />
Beiträge zur Dorfchronik von Heuendorf aus drei<br />
Heimatkundearbeiten des 9. Schuljahres im<br />
Herbst 1956<br />
Gerber, Wolfram (1 990): " Wilhelm Nagel" I<br />
Manuskript, Karben<br />
Protokollbuch der Freiwilligen Feuerwehr<br />
Sachsenbande-Heuendorf<br />
Protokollbuch des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Heuendorf<br />
Reese, Elfriede (1960): " Mein Heimatdorf in Wort<br />
und Bild" I handschriftliche Schulhalbjahresarbeit,<br />
Wilster<br />
Sammlung Hermann Beimgraben, Averjleth<br />
Sammlung Horst Reese, Hackeboe<br />
Satzung des Deich- und Hauptsielverbandes<br />
Wilstermarsch, 1977<br />
Schrift zur Honigflether Bockmühle vom Denkmalamt<br />
des Kreises Steinburg<br />
Schulchronik Sachsenbande<br />
Schulchronik Vorder-Neuendorf<br />
Statistisches Landesamt Schleswig-Ho!stein<br />
II. gedruckte Quellen<br />
Die Bauernhöf e der Wilstermarsch mit ihren<br />
Familien. Zusammengestellt und bearbeitet von<br />
Otto Egge, Wilster, 1983<br />
Freiwillige Feuerwehr Wilster (Hrsg.) (1982) :<br />
"Kreisfeuerwehrtag in Wi!ster : 112 Jahre<br />
Freiwillige Feuerwehr Wilster", Wilster<br />
ltzehoer Nachrichten<br />
Kreisf euerwehrverband Steinburg (1993): " 100<br />
Jahre Kreisfeuerwehrverband Steinburg ",<br />
ltzehoe<br />
Verlag von Dietrich Reimer in Berlin<br />
Voß, Bernd (2000): " Die Auswirkungen der neuen<br />
Milchquotenregelung", in: AG Ländliche<br />
Entwicklung I Fachbereich Stadtplanung<br />
Landschaftsplanung der Gesamthochschule<br />
Kassel (Hrsg.): arbeitsergebnisse : Von<br />
Quotenbörsen und Milchwegen (Heft 48),<br />
Kassel, S. 20-25<br />
Wilstersche Zeitung<br />
Wochenzeitung 'Die Zeit '<br />
111. Literatur<br />
BRUHN, Annegret; SCHWAB, Martin (1999):<br />
" Wege zur Schule von heute : Schulalltag und<br />
Schulreform in Schleswig-Holstein um 1800",<br />
Neumünster<br />
DETLEFSEN, (S. D. F.) (1 891): " Die Geschichte<br />
der holsteinischen Elbmarschen " (2 Bde.) I<br />
(Neudruck Kiel1976)<br />
FELDTMANN, Waldtraut (1997): " Das neue<br />
Brokdorf' I Gemeinde Brokdorf (Hrsg.)<br />
Brokdorf<br />
GEORGS, R. (1914): " Das Rotbunte Holsteiner<br />
Rind" I Zuchtbezirkj/.ir die Elb- und Wilstermarsch,<br />
Verband , Rotbunte Holsteiner' (Hrsg.),<br />
Hannover<br />
HALFPAP, Martin (1989): "Siedlungen und<br />
Wirtschaft der holsteinischen Elbmarschen<br />
unterhalb Hamburgs unter historisch-genetischem<br />
Aspekt einschließlich der Betrachtung<br />
der heutigen Situation", in: Oberbeck, Gerhard<br />
(Hrsg.): Mitteilungen der Geografischen<br />
Gesellschaft in Harnburg (Bd. 79), Wiesbaden<br />
JENSEN, Wilhelm (1 924a): " Die Wilstermarsch",<br />
in: Kreisausschuß der Heimatbuch-Kommisson<br />
(Hrsg.): Heimatbuch des Kreises Steinburg<br />
(Bd. 2), Glückstadt , S. 11 7-161<br />
JENSEN, Wilhelm (1924b): " Die Wilstermarsch",<br />
in: Kreisausschuß der Heimatbuch-Kommisson<br />
(Hrsg.): Heimatbuch des Kreises Steinburg<br />
(Bd. 2), Glückstadt , S. 162-202<br />
KARSTENS, Gustav (1984): "Chronik der<br />
Gemeinde Sachsenbande" I (Gemeinde<br />
Sachsenbande (Hrsg.)), Wilster<br />
KÜRTZ, Jutta (1997): " Einheit in Vielfalt : 50<br />
Jahre Landjl-auenverband Schleswig-Holstein<br />
e. V ", Landfrauenverband Schleswig -Holstein<br />
e. V (Hrsg.), Kiel
. N.l.ß.!.J,.J ! !\G.~.~!\Q)\:Y.I,\!~ ................ ................................................................................................................................... ................. ~.ll..~.<br />
LAUR. Wolfgang (1992): ,. Historisches Ortsnamenlexikon<br />
von Sch/eswig-Holstein ·· I (2.,<br />
völlig veränderte und erweiterte Auflage),<br />
Neumünster<br />
MÜLLER, Helmut M. (1990): ,.Schlaglichter der<br />
deutschen Geschichte", Bundeszentrale für<br />
polirische Bildung (Hrsg.), (2. akrualisierre und<br />
erweiterte Auflage, durchgesehene Ausgabe<br />
1993). Bonn<br />
OLDEKOP, H. (1908) . .. Topografie des Herzogtums<br />
Hofsleins einschließlich Kreis Herzogtum<br />
Lauenburg, Fiirsrentum Liibeck, Enklaven (8)<br />
der freien und Hansesradt Liibeck, Enklaven<br />
(4) der freien und Hansestadt Hamburg" (2<br />
Bde.) I (Neudruck Kiel 1974)<br />
SCHRÖDER. Johannes von; BIERNATZKI, Herm.<br />
(1856): .. Topographie der Herzogthiimer<br />
Holstein ... " I (Zweite neu bearbeitete<br />
Auflage), 0/denburg (in Ho/stein)<br />
SCHÜBELER, Hors/ (1995): ,.Landwirtschaft in<br />
Schleswig- Ho/srein : Bilddokumente zur<br />
Agrargeschichte" I (Band 11 Hof- und Hauswirtschaft)<br />
Schleswig<br />
Die verschiedenen plattdeutschen Textbeiträge<br />
wurden von meiner einstigen<br />
Klassenlehrerin Frauke Looft aus Peissen<br />
Korrektur gelesen, wofür ich mich an<br />
dieser Stelle nochmals herzlich bedanken<br />
möchte. Für die Schreibweise wurde das<br />
Hochdeutsch - Plattdeutsche Wörterbuch<br />
von Günter und Johanna Harte (1997)<br />
zugrunde gelegt.<br />
ABBILDUNGSNACHWEIS<br />
Akten im Amt Wilstermarsch:<br />
Abb. 129, 130, 131, 132, 133<br />
Amt Wilsterrnarsch:<br />
Abb. 142, 157 (Schenkung von Klaus Rehder)<br />
Georg Bader, Sachsenbande:<br />
Abb. 183<br />
Hermann Beimgraben, Averfleth :<br />
Abb. 3 (Verlag Dietrich Reimer, Berlin) 9<br />
(Georgs, 1914), 47, 53, 54, 65 (Georgs, 1914),<br />
146, 149, 182<br />
Familie Behrens, Hinler-Neuend01/<br />
Abb. 108. 109, 110<br />
Aenne Böllcher-Schoss, Stad/moor:<br />
Abb. 20<br />
Waller Balls, Wilster:<br />
Abb. 36<br />
Johannes Brand!, 1/zehoe:<br />
Abb. 35, 40. 46<br />
Marlin Brand!, Wilster:<br />
Abb. 169, 173, 176, 178, 181<br />
'Die Zeit ' vom 10.7. 1987, S. 52:<br />
Abb. 127<br />
Die Bauernhöfe der Wilstermarsch:<br />
Abb. I<br />
Hans Fischer, Stad/moor:<br />
Abb. 179<br />
Klaus Franzenburg, Achterhörn:<br />
Abb. 59, 70, 83, 138<br />
Fremdenverkehrs GmbH Krummhörn-Gree/siel<br />
(Hrsg.). Ferien- und Kulturlandschaft Krummhörn,<br />
Ostfriesland (Kar/enausschnill):<br />
Abb. 128<br />
Gemeinde Neuendorf:<br />
Abb. 120 (ausgestellt im Ami Wilslermarsch)<br />
Wolfram Gerber, Karben:<br />
Abb. 114<br />
Hans Haack, Hackeboe:<br />
Abb. 7, 17. 42, 44, 96, 98, 100. /0/, /2/, 122.<br />
123, 125, 126,<br />
Heinz Haack, Hackeboe:<br />
Abb. 3/, 99, 166<br />
Familie Heins, Hackeboe:<br />
Abb. 25. 89. 152, 153, 162, 195, 196, 197<br />
Rudolf Horslmann, Poßfeld:<br />
Abb. 90. 91.113,147<br />
Familie Jordy, Sy/1:<br />
Abb. 103
.~:ß.(~ .............. .......................... .......................................................................................................... ............. MH .I~J?Jil".G.~i'0.9~W.t!~.<br />
Elfriede Jüttner, Schweiz:<br />
Abb. 19<br />
Albert Karstens, Sachsenbande:<br />
Abb. 21, 43<br />
Hans Joachim Karstens, Vorder-Neuendo1f<br />
Abb. 28, 161, 186<br />
Familie Helmut Karstens, Wi/ster:<br />
Abb. 60<br />
K!eymann, 1983:<br />
Abb. II 7, 119<br />
Reinhard Kneesch, ltzehoe:<br />
Abb. 160, 191, 192, 194<br />
Familie Kramhöft, Hackeboe:<br />
Abb. 12, 14<br />
Kreisarchiv Steinburg StS/StA !tz., Bilderarchiv:<br />
Abb. 22 (x 7), 66 (x 300), 102 (x 10488), !58 (r<br />
10484)<br />
Kreisarchiv Steinburg StS/StA ltz., 1:<br />
Abb. 136<br />
Landes vermessungsamt Schleswig-Holstein, mit<br />
Genehmigung vom 14.12.2000 1-562.6 S 492100<br />
Abb. 24, 29<br />
Richard Looft, Aebtissinwisch:<br />
Abb. 188, 189<br />
Familie Mahlstedt, Hove:<br />
Abb. 32<br />
Familie Peter Marler, Hackeboe:<br />
Abb. 151<br />
Hauke Mehlert, Ecklak:<br />
Abb. 163<br />
Familie Richard Meiforth, Ave1jleth:<br />
Abb. 6, 38, 61 , 62, 143<br />
Familie Otto Nagel, Vorder-Neuendorf<br />
Abb. 88<br />
1rmgard Patzies, Vorder-Neuendorf<br />
Abb. 52<br />
I/se Peters, Ave1jleth:<br />
Abb. 144, 145<br />
Protokollbuch der Freiwilligen Feuerwehr<br />
Sachsenbande-Heuendorf<br />
Abb. 170<br />
Protokollbuch des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Neuendorf"<br />
Abb. 185<br />
Edith Rech/in, Wilster:<br />
Abb. 116, 118<br />
Horst Reese, Hackeboe:<br />
Abb. 8, 15, 33, 34, 41, 51. 55, 56, 63, 67, 73,<br />
74, 75, 76, 86, 92, 105, !50, 154, !55<br />
RegionNord, ltzehoe:<br />
Abb. 2, 23<br />
Johannes Rehder, Ave1jleth:<br />
Abb. 27, 30, 39, 57, 68, 71, 72, 77, 78, 79, 80,<br />
8 1, 82, 84, 85, 168, 174, 180, 187<br />
Klaus Rehder, Wilster:<br />
Abb. 48, 49, 97<br />
Anke Rohwedder, ltzehoe:<br />
A bb. I 0, 11, 13, 45, 58 (nach einer Zusammenstellung<br />
von Hermann Beimgraben und<br />
Johannes Rehder), 93 (nach Angaben von<br />
Klaus Rehder), 94, 95, 104, 107, 111, 134,<br />
/39, 140, 148, !56, !59, 165 (laut Schulchronik<br />
Vorder-Neuendorj), 167, 172, 175,<br />
177, 184, 190, 193 (nach Angaben von<br />
Reinhard Kneesch)<br />
Gerd Rohwedder, Kleve:<br />
Abb. 16, 198, 199, 200, 201, 202<br />
Familie Karl-Otto Schütt, Vorder-Neuendo1j"<br />
Abb. 106<br />
Schübe/er, 1995:<br />
Abb. 87, II 2<br />
Schulchronik Vorder- Neuend01f<br />
Abb. 164<br />
Jochen Schwarck, Wilster:<br />
Abb. 135, 171<br />
Stadtarchiv Wi/ster:<br />
Abb. 18, 115<br />
Annegrete Thießen, Achterhörn:<br />
Abb. 4 (Postkartenmotiv), 5, 50, 64, 69, 13 7,<br />
141,<br />
Familie Max Tiedemann, Averjleth:<br />
Abb. 26, 124<br />
Erika Wildauer, Hackeboe:<br />
Abb. 37
A:-!~t~.'lliYNG. m\1 ......... ............................................................................................................................. .......................................... ::2.Jl.U..<br />
ANMERKUNGEN<br />
I) Halfpap, 1989, S. 7 jJ.<br />
2) E benda, S. 16<br />
3) Jensen, 1924a, S. 121<br />
4) Halfpap, /989, S. 55<br />
5) Ebenda.<br />
6) Ebenda, S. 56<br />
7) Ebenda, S. 96<br />
8) Hermann Beimgraben, Ave1j/e1h;<br />
21.6.2000, mdl.<br />
9) Dellefsen, /891, 1, S. 147<br />
I 0) Schröder, Biernalzki, 1856. 2, S. 184<br />
II) Halfpap, /989, S. 72<br />
12) Jensen, 1924b, S. 162<br />
/3) Dellefsen, 1891, 2, S. 7<br />
14) Laur, 1992, S. 114<br />
15) Dellefsen, 1891, 2, S. /II<br />
16) AufZeichnungen von Heinrich Brand!,<br />
Wilsler; nach Dokumenlen des Archivs der<br />
S!adl Wilsler, 1999<br />
17) Hermann Beimgraben, Averßelh;<br />
21.6.2000, mdl.<br />
/8) La ur, 1992, S. 134 f<br />
/9) Dellefsen, 1891, 1, S. 267<br />
20) Hermann Beimgraben, Ave1j/e1h;<br />
21.6.2000, mdl.<br />
21) Laur, 1992, S. 298<br />
22) Elfriede Reese, Hackeboe, im Rahmen einer<br />
unveröffenllichlen Halbjahresm·beil für die<br />
Schule im Jahre 1960<br />
23) Laur, 1992, S. 298<br />
24) Dellefsen, /89/, I, S. 54<br />
25) Verlag von Dielrich Reimer in Berlin<br />
26) Die alle Brennerkaie hol sichfrüher<br />
gegenüber der Zahnarzlpraxis von Dr.<br />
1mmo von S!ebul (Bischofer Weg I, Wils1e1)<br />
auf dem linken Auufer befunden. Von hier<br />
sladleinwärls muss der alle Mönchshof<br />
gelegen haben.<br />
(Johannes Suhl, Wilsler; 27.3.2000,<br />
lelefonisch)<br />
27) Culeman (1728) S. 381 in: Dellefsen, 1891,<br />
2, s. 12<br />
28) Dellefsen, /891 , 2, S. 12<br />
29) Ebenda, S. 45<br />
30) Schulchronik Vorder-Neuendorf /908<br />
31) Schrift zu der Honigfielher Bockmühle,<br />
Denkmalami des Kreises Sleinburg<br />
32) Lediglich die große Hackeboer Duchi lieg/<br />
im Gebiel der Gemeinde Heuendorf<br />
33) Smzung des Deich- und Hauplsielverbandes<br />
Wilslermarsch, 1977<br />
34) Dark isl die niederdeutsche Bezeichnung<br />
fiir eine bräunliche bis gräuliche Erdschicht<br />
aus vermoderlen Pßanzenresten, die<br />
keinerlei Nährstoffe enthä/1 und sich im<br />
Gegensatz zum Torf auch nicht zur wirtschajilichen<br />
Nutzung eignet.<br />
35) Beimgraben, 1907; private Sammlung<br />
Hermann Beimgraben, Averßeth<br />
36) Karslens, 1984, S. 65<br />
37) Deich- und Hauptsielverband Wilslermarsch,<br />
6. 7.2000, telefonisch<br />
38) Zusammengestellt von Gerd Rohwedder,<br />
Vorder-Neuendorf 4. 7.2000<br />
39) Detlefsen, 1891, 2, 5.5 f<br />
40) Ebenda.<br />
41) Schulchronik Vorder-Neuendorf, 10.2.1918<br />
42) Wilslersche Zeilung vom 31.1.1920<br />
43) Schulchronik Sachsenbande, 31.12.1944<br />
44) Alberl Kars/ens, Sachsenbande; 29.10. 1999<br />
und 14.6.2000, mdl.<br />
45) Detlefsen, 1891, 1, S. 37<br />
46) Schübe/er, /995, S. 53<br />
47) Jensen, /924a, S. 119<br />
48) Protokoll der Wege und Fußsleige in der<br />
Gemeinde Neuendorf,· private Sammlung<br />
Hors/ Reese, Hackeboe<br />
49) Akten des Amtes Wi/s/ermarsch<br />
50) Protokollbücher der Gemeinde Neuendorf,<br />
Amt Wi/stermarsch<br />
51) 0/dekop, 1908, 2, S. 115<br />
52) Protokollbücher der Gemeinde Neuendorf,<br />
Amt Wils lermarsch<br />
53) Beilräge zur Dorfchronik von Heuendorf<br />
aus drei Heimatkundearbeilen des 9.<br />
Schuljahres der Volksschule Averßeth im<br />
Herbs1 1956, S. 14 jJ.<br />
54) Detlefsen, /891, 1, S. 147 jJ.<br />
55) !tzelwer Nachrichten vom 8.12.1945<br />
56) Nach Angaben von Klaus Rehder, Averßeth<br />
-jetzt Wilster; 17.11.2000<br />
57) Landesarchiv Sch/eswig-Ho/stein, Abt. 412,<br />
Nr. 509<br />
58) Stat. Landesamt: Volkszählung, Gemeindeblätter<br />
der Volks- u. Berufs- sowie der<br />
Gebäude- u. Wohnungszählung 1987
.~ai"S ............ ..... ............ ........................... .. .. ... ..................................... .............. .............. .......... ... .. .. .. ... ............ A.l~M.PlliJ:. ~N.
. A.~N~.~~.F~G.~~ .................................................................................................................................................................. .. ............ ~.:ß.~.<br />
104) Die Aujlistung der Lehrerkräfte an der<br />
Ave1j/ether Schule e1jolgte nach Angaben<br />
von Klaus Rehder, Averjleth - jetzt Wilster<br />
105) Kreisarchiv Steinburg, StS/StA ltz., 142 und<br />
143<br />
106) Kreisarchiv Steinburg StS/StA ltz., 7001<br />
107) KreisarchivSteinburg, StS/StA ltz., 142 und<br />
143<br />
108) Schulchronik Sachsenbande<br />
109) Kreisarchiv Steinburg, StS/StA ltz., 142 und<br />
143<br />
II 0) Schulchronik Sachsenbande<br />
II I) Schulchronik Vorder-Neuendorf 2.6. 1959<br />
112) Schulchronik Vorder-Neuendolj<br />
113) Ebenda.<br />
114) Ebenda.<br />
115) Protokollbuch des Gesamtschulverbandes<br />
Neuendorf-Sachsenbande-A ebtissinwisch,<br />
Amt Wilstermarsch<br />
116) Freiwillige Feuerwehr Wilster, 1982<br />
1/7) Nach Erzählung von Hans Joachim<br />
Karstensaus Vorder-Neuendorf<br />
1/8) Kreisfeuerwehrverband Steinburg, 1993<br />
/19) Protokollbuch der Wilstermarsch-Mobiliengilde<br />
120) Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv,<br />
Abt. 320 Steinburg, 827<br />
121) Protokollbuch des Ringreitervereins<br />
Sachsenbande-Heuendorf 20.8.1954<br />
122) Auf Anregung von Hildegard Heinsaus<br />
Hackeboe entstand dieser Textbeitrag in<br />
Anlehnung an Kiirtz, 1997<br />
123) Vergl. Kiirtz, 1997
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