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Der soziale Konflikt als integratives und aktivierendes Medium des ...

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Lothar BÖHNISCH (1996): Pädagogische Soziologie. Eine Einführung, Weinheim/München; Kap. 6 „<strong>Der</strong> <strong>soziale</strong><br />

<strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> <strong>integratives</strong> <strong>und</strong> <strong>aktivieren<strong>des</strong></strong> <strong>Medium</strong> <strong>des</strong> Pädagogischen“, S. 225-237<br />

<strong>Der</strong> <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> <strong>integratives</strong> <strong>und</strong> <strong>aktivieren<strong>des</strong></strong><br />

<strong>Medium</strong> <strong>des</strong> Pädagogischen<br />

Wir können mit dem Anomiekonzept, anämische Tendenzen, in der Schule analysieren,<br />

wir erhalten aber keine theoretische Hilfestellung. Über die theoretisch-systematische<br />

Kritik <strong>des</strong> Anomiekonzepts, kommen wir zum Konzept <strong>des</strong> <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>s <strong>und</strong> seiner<br />

Bedeutung für die Entwicklung von <strong>soziale</strong>r Integration in der modernen Arbeitsteilung.<br />

Von der Anomietheorie zur Theorie <strong>des</strong> <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>s<br />

Durkheims Anomiekonzept stellt die sozialpathologischen Folgen in den Vordergr<strong>und</strong>, die<br />

die moderne Arbeitsteilung bei Individuen auslöst, wenn er ungleich-gewichtig verläuft.<br />

Durkheim geht immer davon aus, dass die Arbeitsteilung Entwicklung, Integration <strong>und</strong><br />

Gleichgewicht bedeutet <strong>und</strong> sieht nur den krisenhaften Charakter von<br />

Spaltungsprozessen den er der Arbeitsteilung zu Lasten legt. Er verfolgt aber <strong>des</strong>sen<br />

Struktur <strong>und</strong> Funktion im Vergesellschaftungsprozess nicht weiter. Spaltungsprozesse<br />

gehören jedoch zum gesellschaftlichen Wandel. Durkheim hält an der Definition fest: „Spaltung<br />

stört die Ordnung der Gesellschaft <strong>und</strong> wird zur <strong>soziale</strong>n Krankheit der Menschen. „Durkheim<br />

sah die fortschreitende Individualisierung <strong>als</strong> gesellschaftliches Risiko anstatt <strong>als</strong> Umschwung<br />

<strong>und</strong> Übergang zu neuen Formen <strong>soziale</strong>r Integration. Dieser Krisen- <strong>und</strong> Ordnungsgedanke,<br />

welchen das Anomiekonzept verkörpert, hat sich in der Soziologie von seinem historischen<br />

Bezug gelöst <strong>und</strong> verfestigt. Soziologische Konzepte müssen auf ihren zeitgeschichtlichen<br />

Ursprung zurückgeführt <strong>und</strong> in ihrem Verallgemeinerungsanspruch untersucht werden.<br />

Durkheim konnte <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong> nicht entdecken, weil er die Krise <strong>als</strong> Bedrohung der<br />

bürgerlichen Gesellschaft <strong>und</strong> den Klassenkonflikt <strong>und</strong> die Kämpfe der Arbeiterbewegung <strong>als</strong><br />

Auswuchs dieser Krise sah. Er sah es nicht <strong>als</strong> <strong>soziale</strong>s Geschehen. Das Phänomen <strong>des</strong><br />

<strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>s ist ihm fremdgeblieben. Max Weber hat den <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> festen Bestandteil<br />

<strong>des</strong> gesellschaftlichen Geschehens gesehen. E. Heimann: der <strong>soziale</strong> Kapitalismus <strong>als</strong><br />

<strong>integratives</strong> Ergebnis der Auseinandersetzung von zwei strukturell aufeinander angewiesenen<br />

Gesellschaftsfraktionen.<br />

Sozialer <strong>Konflikt</strong>, der Kampf von Individuen <strong>und</strong> Gruppen, um Durchsetzung ihrer Interessen,<br />

um Einfluss, Macht <strong>und</strong> Status, kann auch <strong>soziale</strong> Integration schaffen. Die Verbindung von<br />

1


<strong>Konflikt</strong> <strong>und</strong> Wandel hat der Soziologe R. Dahrendorf zum Ausdruck gebracht:<br />

<strong>Der</strong> Sinn <strong>soziale</strong>r <strong>Konflikt</strong>e ist, den Wandel der Gesellschaften aufrecht zu erhalten <strong>und</strong> zu<br />

fördern. Die Konsequenzen <strong>soziale</strong>r <strong>Konflikt</strong>e sind unter dem Aspekt <strong>des</strong> <strong>soziale</strong>n Systems<br />

nicht zu begreifen. <strong>Konflikt</strong>e werden erst dann in ihrer Wirkung verständlich, wenn wir sie<br />

auf die menschliche Gesellschaft beziehen. In <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>en liegt eine schöpferische<br />

Kraft der Gesellschaft.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Konflikt</strong> ist <strong>als</strong> geschichtliches Konzept zu verstehen. <strong>Der</strong> <strong>Konflikt</strong> ist ein Wandel <strong>und</strong><br />

dieser ist <strong>als</strong> Entwicklung <strong>und</strong> Integration zu verstehen. In der Geschichte ist <strong>als</strong>o das<br />

Schöpferische im <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong> präsent. Das <strong>Konflikt</strong>konzept beinhaltet das Anliegen der<br />

päd. Soziologie, nämlich die päd. Gestaltung.<br />

Georg Simmel <strong>und</strong> Lewis Coser: <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> Formen der Vergesellschaftung<br />

Georg Simmel hat die <strong>soziale</strong> Bedeutung <strong>des</strong> <strong>Konflikt</strong>es erfasst <strong>und</strong> den Streit <strong>als</strong><br />

besondere Gesellschaftsform <strong>und</strong> <strong>Medium</strong> für die Vergesellschaftung, im typischen<br />

Alltagsverhalten, beschrieben: „Wenn jede Wechselwirkung unter Menschen eine<br />

Vergesellschaftung ist, so muss der Kampf auch <strong>als</strong> Vergesellschaftung gelten.“ <strong>Der</strong> amerik.<br />

Soziologie Lewis Coser geht in seiner „Theorie <strong>soziale</strong>r <strong>Konflikt</strong>e“, in Anlehnung an die<br />

Annahme von Simmel, an die Vergesellschaftung, der Frage nach, welche Bedingungen<br />

vorhanden sein müssen, dass diese Vergesellschaftung auch positiv ist; dass <strong>als</strong>o<br />

<strong>Konflikt</strong>e sozialintegrative Wirkung haben. Coser interessiert, warum ein gegensätzliches<br />

<strong>und</strong> widersprüchliches <strong>soziale</strong>s Verhältnis letztlich Zusammenhalt fördert.<br />

Für Coser müssen 3 Gr<strong>und</strong>voraussetzungen gegeben sein:<br />

1) <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong>e müssen <strong>als</strong> <strong>soziale</strong> Interaktionen aufgebaut sein<br />

2) <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong>e müssen an Ziele <strong>und</strong> Interessen gerichtet sein<br />

3) <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong>e wirken nur dann integrativ, wenn die beiden <strong>Konflikt</strong>gegner, im<br />

<strong>Konflikt</strong>fall, Werte für das Zusammenleben <strong>und</strong> menschliche Integration, teilen.<br />

Wichtig ist <strong>als</strong>o, dass <strong>soziale</strong>r <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> <strong>soziale</strong> Integration, die an Ziele <strong>und</strong> Interessen<br />

gerichtet ist von abreagierender Aggression <strong>und</strong> Gewalt unterschieden wird. Coser<br />

entwickelte diese Theorie an die Annahme von Simmel „Opposition gewährt uns eine innere<br />

Genugtuung, Ablenkung <strong>und</strong> Erleichterung“.<br />

Coser gesteht Simmel zu, dass er noch nicht über jene Erkenntnisse der Psychoanalyse<br />

verfügte, wo eine Umlenkung von ohnmächtigen <strong>und</strong> feindlichen Gefühlen, auf<br />

Ersatzobjekte, zur individuellen Ersatzbefriedigung, entdeckt wurde. Coser nutzte diesen<br />

Fehler Simmels, zur Unterscheidung von echten <strong>und</strong> unechten <strong>Konflikt</strong>en.<br />

2


Simmel macht keinen Unterschied zwischen <strong>Konflikt</strong>verhalten <strong>und</strong> feindseligen Gefühlen.<br />

Während <strong>Konflikt</strong> die Beziehung von Menschen notwendig verändert, hat Feindseligkeit nicht<br />

so eine Wirkung. Angestaute feindliche <strong>und</strong> aggressive Gefühle können sich nämlich auf<br />

Ersatzobjekte entladen. Simmel ging es anscheinend nur um den direkten <strong>Konflikt</strong> mit<br />

der primären Quelle von Gegenschaft. Simmel befasste sich auch nicht mit den<br />

Möglichkeiten, dass, außer <strong>Konflikt</strong>, auch andere Verhaltensweisen, ähnliche Funktionen<br />

erfüllen können.<br />

Unechter <strong>Konflikt</strong> lt. Coser.<br />

Die Aggressionen <strong>und</strong> Spannungsentladungen, die gegen verschiedene Objekte gerichtet<br />

sein können, bauen daher keine <strong>soziale</strong> Interaktion auf. Die Befriedigung für das Individuum<br />

kommt aus der aggressiven Handlung selbst <strong>und</strong> nicht aus der Auseinandersetzung mit dem<br />

Gegenüber.<br />

Echter <strong>Konflikt</strong> lt. Coser:<br />

Er lehnt sich dabei an die Gr<strong>und</strong>begriffe von Max Weber, wo rationales Handeln ausdrücklich<br />

an einen <strong>soziale</strong>n Partner orientiert ist <strong>und</strong> mit ihm in der Auseinandersetzung ein bestimmtes<br />

Ziel teilt.<br />

Laut Coser hat je<strong>des</strong> <strong>soziale</strong>s System Quellen von <strong>Konflikt</strong>en. <strong>Der</strong> Mensch stellt stets<br />

Forderungen nach höherem Status, mehr Macht <strong>und</strong> mehr Einkommen. Echter <strong>Konflikt</strong><br />

entsteht, wenn Menschen, durch Forderungen, aneinander geraten, durch Versagung von<br />

Wünschen <strong>und</strong> Gewinnerwartungen. <strong>Der</strong> echte <strong>Konflikt</strong> wird <strong>als</strong> Mittel zur Erreichung<br />

realistischer Ziele betrachtet.<br />

In Cosers Definition <strong>des</strong> echten <strong>Konflikt</strong>s, sind 2 wichtige Erkenntnisse enthalten: Soziale<br />

<strong>Konflikt</strong>e sind Bestandteil <strong>des</strong> modernen Gesellschaftssystem <strong>und</strong> durch Arbeitsteilung<br />

gekennzeichnet. <strong>Konflikt</strong>e müssen nicht künstlich erzeugt oder heraufbeschworen werden.<br />

Dahrendorf sieht den <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong> menschlich <strong>und</strong> sozial verwurzelt:<br />

„<strong>Konflikt</strong> <strong>und</strong> Wandel, Vielfalt <strong>und</strong> Geschichte beruhen auf der Ungewissheit der menschlichen<br />

Erkenntnis.“<br />

Für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, ist es wichtig, dass sie die Fähigkeit zur<br />

<strong>Konflikt</strong>austragung beherrschen <strong>und</strong> lernen mit Aggression, Frustration <strong>und</strong><br />

Ohnmachtserfahrung umzugehen. ( = Soziales Lernen!)<br />

Gesellschaften, Institutionen <strong>und</strong> Gruppen kann man danach unterscheiden, inwieweit<br />

sie <strong>Konflikt</strong>e, zur Austragung, zulassen, unterdrücken oder abdrängen. Es ist auch<br />

entscheidend, ob ein <strong>Konflikt</strong> integrierende oder <strong>des</strong>integrierende Wirkung hat. <strong>Konflikt</strong>e<br />

ohne Übereinstimmung der Gr<strong>und</strong>werte, führen, in der Regel, zur Spaltung.<br />

3


Wenn sich Gewalt gegen andere Menschen richtet, ist sie zwar auch eine Form <strong>soziale</strong>r<br />

Beziehung. Vom echten <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong> unterscheidet sich Gewalt durch drei Merkmale:<br />

.) Gewalt ist nicht auf Widerstreit von Interessen gezielt<br />

.) Gewalt kennt keine Anerkennung gemeinsamer Gr<strong>und</strong>werte<br />

.) Gewalt lehnt die persönliche Rechtschaffenheit <strong>des</strong> anderen ab.<br />

Gewalt tritt dann ins Blickfeld der Soziologie, wenn durch sie <strong>soziale</strong> Erscheinungen<br />

ausdrücken, sie erhält dadurch eine andere <strong>soziale</strong> Qualität. Soziologisch gesehen<br />

entsteht Gewalt durch anämische Konstellationen. Gewalt wirkt, gesellschaftlich,<br />

<strong>des</strong>integrativ. Von der Subjektseite her, die Gewalt ausübt, sieht dies jedoch anders aus: Viele<br />

wollen sich, mittels Gewalt, bemerkbar machen <strong>und</strong> brauchen Gewalt <strong>als</strong> Mittel um<br />

bestimmte Ziele durchzusetzen. Für den „Täter“ kann <strong>als</strong>o Gewalt integrativ sein.<br />

Für die Pädagogik ist der Einzug von Gewalt in der Schule <strong>und</strong> Jugend eine Falle geworden,<br />

denn sie soll stark widersprüchliches zusammenbringen:<br />

.) verstehen zu müssen, dass Gewalt eine Bewältigungs- <strong>und</strong><br />

Integrationsfunktion, für den jeweiligen Jugendlichen hat<br />

.) <strong>und</strong> zu sehen dass die Gewalt, beim anderen eine abwertende <strong>und</strong> vernichtende<br />

Wirkung hat, was pädagogisch nicht zulässig ist.<br />

Die Pädagogik versucht die Jugendlichen, aus dem Aggressionskreislauf der Gewalt<br />

herauszuziehen <strong>und</strong> ihnen die konkreten Wünsche ihrer Mitmenschen zu zeigen.<br />

Gewalthandlungen sollen daher in konstruktive Austragung <strong>soziale</strong>r <strong>Konflikt</strong>e umgewandelt<br />

werden. Da der <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong> charakteristisch für die arbeitsteilige Gesellschaft ist, erkennen<br />

wir ihn daher <strong>als</strong> <strong>Medium</strong>, das die Spannungen von Gegensätzlichkeit <strong>und</strong> Integration,<br />

immer wieder neu vermittelt <strong>und</strong> auch einen Wandel herbeiführt.<br />

Coser betont, dass Integration durch <strong>Konflikt</strong> nicht bedeutet, dass eine gesellschaftliche<br />

Harmonie eingekehrt sein muss. Gr<strong>und</strong>legende Gemeinsamkeiten werden deutlich,<br />

Interessensunterschiede werden aber nicht aus der Welt geschafft. In der modernen<br />

arbeitsteiligen Gesellschaft ist der <strong>Konflikt</strong> Bestandteil der Sozi<strong>als</strong>truktur <strong>und</strong> <strong>des</strong>wegen nicht<br />

zu <strong>des</strong>integrativen Spaltung führt, weil, durch das <strong>soziale</strong> „Aufeinanderangwiesensein“ bei<br />

der Arbeitsteilung, der Spaltung entgegenwirkt wird. Coser: „Interdependenz hemmt<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich Spaltung“. Es gibt jedoch auch jene <strong>des</strong>integrative Wirkung der<br />

Arbeitsteilung, die vom Individuum bewältigt wird. Das Fortschreiten der Arbeitsteilung, im<br />

Zuge der Modernisierung, hat dazu geführt, dass es multiple <strong>Konflikt</strong>strukturen gibt <strong>und</strong><br />

sowohl integrative <strong>und</strong> <strong>des</strong>integrative Effekte bewirken, aber gr<strong>und</strong>sätzlich eine Spaltung<br />

verhindern. Die Menschen sind einer Vielfältigkeit von <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>en ausgesetzt <strong>und</strong><br />

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daher sozial darauf angewiesen, <strong>Konflikt</strong>kompetenz zu erlernen. <strong>Der</strong> <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong> <strong>als</strong><br />

Interaktion, zwingt zur Begründung der gegensätzlichen Interessen <strong>und</strong> somit zum<br />

(teilweisen) Verstehen <strong>des</strong> Anderen.<br />

Sozialer <strong>Konflikt</strong> hat folglich auch eine Alltagsfunktion: Er zwingt einen dazu seinen<br />

Standort in Beruf, Familie <strong>und</strong> <strong>soziale</strong>n Kontakten zu bestimmen, indem er Normen neu<br />

belebt <strong>und</strong> Selbstreflexion erzeugt. Coser: „Durch die Ausschaltung <strong>des</strong> Persönlichen, kann<br />

der <strong>Konflikt</strong> verschärft werden, weil verändernde Elemente, die persönliche <strong>Konflikt</strong>e mit sich<br />

bringen, fehlen.“ <strong>Der</strong> Respekt vor der persönlichen Integrität <strong>des</strong> Anderen, ist Gr<strong>und</strong>lage für<br />

die Integration <strong>des</strong> <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>s im Alltag. Nach der These von Coser haben <strong>Konflikt</strong>e<br />

sozialintegrative <strong>und</strong> sozialisierende Funktionen <strong>und</strong> bringen neue Arten von Interaktion<br />

hervor. Soziale <strong>Konflikt</strong>e haben eine eigene <strong>soziale</strong> Qualität.<br />

Simmel ist somit bestätigt, der in seiner Überlegung angenommen hat, dass Streit eine<br />

eigenständige Form der Vergesellschaftung, ist.<br />

<strong>Konflikt</strong>e <strong>und</strong> Integration in der Schule<br />

<strong>Der</strong> <strong>soziale</strong> <strong>Konflikt</strong> ist für die päd. Soziologie ein funktionales Element im<br />

Sozialisationsprozess <strong>und</strong> ein erstrebenswertes <strong>soziale</strong>s Gut. Ein Erziehungsstil von<br />

Bedeutung. In der Peer group gehört ein Streit zur Fre<strong>und</strong>schaft. Kinder vertreten die<br />

Meinung, dass die Überwindung eines Streits, eine enge Beziehung stärkt.<br />

In der Institution Schule droht ein Auseinanderfallen von System- <strong>und</strong> Sozialintegration:<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die nur zur Schule gehen, weil sie müssen <strong>und</strong> sich nicht<br />

mehr mit der Schule identifizieren können. LehrerInnen, die ihr Leben nicht an die Schule<br />

hängen wollen. Durch <strong>Konflikt</strong>handeln kann die sozialintegrative Seite der Schule aktiviert<br />

werden. Dies zeigt sich an verschiedenen Modellen: Förderung interschulischer Lernformen,<br />

Bereitschaft die eigene Motivation <strong>und</strong> Leistung mit der Schule zu verbinden.<br />

Diese Modelle sollen nicht nur <strong>soziale</strong> Integration im Sinne von Identifikation mit der Schule<br />

erzeugen, sondern auch den SchülerInnen bewusst werden lassen, dass sie hier eine<br />

<strong>soziale</strong> Kompetenz, die über die Schule hinausgeht, erwerben können.<br />

Gemeinschaftliche Kommunikationsformen wobei SchülerInnen <strong>und</strong> LehrerInnen ihre<br />

unterschiedlichen Interessen bzgl. <strong>des</strong> schulischen Alltags öffentlich machen. Themen wie:<br />

Diebstahl, Gewaltakte, Vandalismus, Unzufriedenheit mit LehrerInnen, Gruppenkonflikte.<br />

Dabei zeigt sich, dass ein <strong>soziale</strong>s Element entsteht, das neue <strong>soziale</strong> Interaktionen <strong>und</strong><br />

sozialintegrative Bezüge schafft. Dies ist nur durch die Aufschließung <strong>des</strong> Problems<br />

entstanden.<br />

5


Oser beschreibt ein Modell der gerechten Schule, in dem LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen,<br />

in Gruppen, Lösungen bei schulischen Angelegenheiten suchen. Geteilte Normen sind<br />

gemeinsame Werte, die durch <strong>soziale</strong> Interaktionen im <strong>Konflikt</strong> hervorgebracht werden. Somit<br />

von den Beteiligten geschaffen. <strong>Der</strong> Moralpädagoge Oser stellt die Frage, wie sich<br />

moralisches Bewusstsein (Gerechtigkeitsempfinden) im <strong>soziale</strong>n Handeln umsetzt. Er<br />

verweist auf empirisch belegbare Differenzen zwischen moralischer Einstellung <strong>und</strong><br />

moralischem Handeln. Er sucht nach Muster, die eine Verbindung von Einstellung <strong>und</strong><br />

Handeln so provozieren können, dass sich das Individuum sozial aktiviert aber nicht<br />

überfordert fühlt. Dabei kommt er auf das Modell <strong>des</strong> <strong>soziale</strong>n <strong>Konflikt</strong>s, bei dem stets<br />

gegenseitige Wahrung persönlicher Integrität, Bedingung ist.<br />

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