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Die Arglisthaftung des Werkunternehmers in der Rechtsprechung

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gehalten, sich durch Anleitung se<strong>in</strong>er Mitarbeiter und anschließende Kontrolle, ob die Techniken<br />

auch richtig angewandt werden, von <strong>der</strong> Ordnungsmäßigkeit <strong>der</strong> Leistung zu überzeugen. Macht<br />

er dies nicht selbst, muss er e<strong>in</strong>en qualifi zierten Mitarbeiter e<strong>in</strong>setzen.<br />

25 Komplizierter wird die Situation, wenn sich <strong>der</strong> Unternehmer verpfl ichtet, mehrere Gewerke auszuführen<br />

(Generalunternehmer).<br />

2.1 Werden die Leistungen auf e<strong>in</strong>er Baustelle erbracht, stellt sich die Frage, ob tatsächlich <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>gesetzte Bauleiter die Fachkenntnis haben muss, alle Leistungen zu kontrollieren. <strong>Die</strong>se Frage<br />

ist zu verne<strong>in</strong>en. Etwas Gegenteiliges lässt sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nicht aus <strong>der</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> ableiten,<br />

wonach <strong>der</strong> arbeitsteilig handelnde Unternehmer angehalten ist, den Herstellungsprozess<br />

angemessen zu überwachen. 88 <strong>Die</strong>s mögen zunächst zwei Beispiele verdeutlichen.<br />

2.1.1 E<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de hat die Sanierung e<strong>in</strong>es Teils ihrer Kanalisation ausgeschrieben. E<strong>in</strong>e Teilstrecke<br />

von 200m kann nur im Mikrotunnell<strong>in</strong>g-Verfahren ausgeführt werden. Der Unternehmer,<br />

<strong>der</strong> den Zuschlag erhält, setzt hierfür e<strong>in</strong>en Nachunternehmer e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> ausschließlich solche Spezialtiefbauarbeiten<br />

durchführt und se<strong>in</strong> know-how durch Patente abgesichert hat.<br />

2.1.2 Beim Aus- und Erweiterungsbau e<strong>in</strong>es Krankenhauses wird e<strong>in</strong> Generalplaner e<strong>in</strong>gesetzt,<br />

<strong>der</strong> alle Planungsleistungen vom Bodengutachten über die Architektur, das Tragwerk, die technische<br />

Gebäudeausrüstung e<strong>in</strong>schließlich Mediz<strong>in</strong>technik und <strong>der</strong> Fassadenplanung erbr<strong>in</strong>gt. Der<br />

Generalplaner ist häufi g Architekt, <strong>der</strong> gar nicht das Fachwissen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong><strong>in</strong>genieure haben<br />

kann.<br />

Es wäre also ungewöhnlich, wenn <strong>der</strong> Generalunternehmer e<strong>in</strong>en „Bauleiter“ zur Verfügung hätte,<br />

<strong>der</strong> über die erfor<strong>der</strong>lichen Fachkenntnisse verfügt, die unterschiedlichen Diszipl<strong>in</strong>en zu überwachen.<br />

<strong>Die</strong> Beispiele zeigen, dass dies <strong>in</strong> vielen Fällen sogar unmöglich ist. Es geht also nicht<br />

um die technische Überwachung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Leistungen, son<strong>der</strong>n um <strong>der</strong>en ordnungsgemäße<br />

Organisation. <strong>Die</strong>s bed<strong>in</strong>gt zunächst, dass das Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Leistungen s<strong>in</strong>nvoll<br />

koord<strong>in</strong>iert wird. Sodann muss die Organisation Verantwortliche für e<strong>in</strong>zelne Gewerke kennen.<br />

<strong>Die</strong>se Verantwortlichen s<strong>in</strong>d niemand an<strong>der</strong>s als die von <strong>der</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> schon relativ früh<br />

benannte „Prüfer“. <strong>Die</strong>s kann e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Bauleiter se<strong>in</strong>. Im Beispiel <strong>des</strong> Kanalbauers muss<br />

jedoch sichergestellt se<strong>in</strong>, dass das Mikrotunnell<strong>in</strong>g fachgerecht durch kompetente Leute ausgeführt<br />

wird. Wenn dies nur durch die Leute <strong>des</strong> Nachunternehmers möglich ist, ist <strong>der</strong> betroffene<br />

Mitarbeiter <strong>des</strong> Nachunternehmers Prüfer und damit Erfüllungsgehilfe <strong>des</strong> Kanalbauers.<br />

26 2.2 Nicht viel an<strong>der</strong>s ist die Situation, wenn die Leistungen zum Teil außerhalb <strong>des</strong> E<strong>in</strong>fl ussbereichs<br />

<strong>des</strong> Generalunternehmers ausgeführt werden. Er kann – muss aber nicht – diese Leistungen<br />

selbst überwachen. Es reicht aus, wenn er die Organisation sicherstellt, die für e<strong>in</strong>e fachgerechte<br />

Ausführung erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

<strong>Die</strong>se Auffassung stimmt nicht mit <strong>der</strong> jüngsten Entscheidung <strong>des</strong> 7. Zivilsenats <strong>des</strong> BGH übere<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong>ser hat bekanntlich die Auffassung vertreten, <strong>der</strong> Generalunternehmer sei nicht gehalten,<br />

organisatorische Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die im fremden Betrieb, also außerhalb<br />

se<strong>in</strong>es typischen E<strong>in</strong>fl ussbereichs, ausgeführte Leistung auf Mängel geprüft wird. 89 Sollte<br />

dieses Urteil mehr enthalten als die Entscheidung e<strong>in</strong>es eher atypischen E<strong>in</strong>zelfalls 90 , würde sich<br />

<strong>der</strong> 7. Zivilsenat gegen die bisherige L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> stellen. An dieser Stelle kann er <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tat den Begriff <strong>der</strong> „Obliegenheit“ dogmatisch nutzbar machen. Auf Obliegenheiten s<strong>in</strong>d die<br />

88 BGH BauR 2008, 87, 88.<br />

89 BGH NauR 2008, 87, 89.<br />

90 Schwenker/Wessel ZfBR 2008, 222, 226 weisen darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> BGH den E<strong>in</strong>zelfall auf <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> bisherigen<br />

<strong>Rechtsprechung</strong> hätte begründen können. Sie nehmen daher an, es solle e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung (Restriktion) <strong>der</strong><br />

<strong>Rechtsprechung</strong> e<strong>in</strong>geleitet werden. Dafür hätte er aber – da die bisherige <strong>Rechtsprechung</strong> auch vom 10. Zivilsenat<br />

vertreten wird – dort rückfragen o<strong>der</strong> den Großen Senat anrufen müssen. Nach dem Geschäftsverteilungsplan<br />

war <strong>der</strong> 10. Zivilsenat 2007 noch für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständig.<br />

© 2008 by Wolters Kluwer Deutschland GmbH / werner-baurecht.de ••• 12

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