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Das neue (neue) Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen

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Rechtsanwalt Benjamin Gartz * , München<br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> (<strong>neue</strong>) <strong>Gesetz</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>der</strong><br />

Baufor<strong>der</strong>ungen<br />

Mit dem zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen For<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz<br />

(FoSiG) wurde das <strong>Gesetz</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>der</strong> Baufor<strong>der</strong>ungen<br />

(BauFordSiG) neu gefasst. Äußerlich von zuletzt 5 auf 2 Paragraphen verkürzt<br />

hat das BauFordSiG inhaltlich in seinem Anwendungsbereich eine erhebliche<br />

Erweiterung erfahren. Die Brisanz <strong>die</strong>ser Än<strong>der</strong>ung zeigt sich darin, dass sich<br />

<strong>der</strong> <strong>Gesetz</strong>geber bereits vier Monate nach Inkrafttreten des <strong>neue</strong>n<br />

BauFordSiG aufgrund von Protesten aus <strong>der</strong> Bauwirtschaft veranlasst sah,<br />

das <strong>Gesetz</strong> erneut zu <strong>über</strong>arbeiten. Diese <strong>neue</strong>rliche <strong>Gesetz</strong>esän<strong>der</strong>ung ist<br />

am 4. August 2009 in Kraft getreten, so dass <strong>die</strong> Bauwirtschaft heute mit<br />

einem <strong>neue</strong>n (<strong>neue</strong>n) BauFordSiG konfrontiert ist. Über Inhalt und Anwendung<br />

des aktuellen BauFordSiG gibt das nachfolgende Dossier einen Überblick.<br />

1 Grundstruktur des BauFordSiG<br />

<strong>Das</strong> BauFordSiG ist als Strafgesetz verfasst. Sein Ziel ist es, im öffentlichen Interes-<br />

se sicherzustellen, dass Baugeldempfänger das empfangene Baugeld zugunsten <strong>der</strong><br />

Baubeteiligten verwenden, um so Zahlungsausfälle und Insolvenzen <strong>der</strong> Bauschaf-<br />

fenden mit ihren nachteiligen Folgen für <strong>die</strong> Gesamtwirtschaft einzudämmen. Diesem<br />

Zweck <strong>die</strong>nt <strong>die</strong> Strafdrohung des § 2 BauFordSiG mit einer Freiheitsstrafe bis zu<br />

fünf Jahren o<strong>der</strong> Geldstrafe.<br />

Zivilrechtliche Ansprüche von Baubeteiligten gegen den Baugeldempfänger werden<br />

unmittelbar durch das BauFordSiG nicht begründet. Dennoch hat sich gerade hier<br />

seit den 80iger Jahren des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> Hauptanwendungsbereich des<br />

<strong>Gesetz</strong>es entwickelt. Denn nach ganz h.M. 1 und auch in <strong>der</strong> Rechtsprechung ge-<br />

* Der Autor ist Rechtsanwalt in <strong>der</strong> Kanzlei WAGENSONNER LUHMANN BREITFELD HELM.<br />

1 Vgl. allein Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 230.<br />

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- 2 -<br />

klärt, 2 handelt es sich bei den Vorschriften des BauFordSiG zur gesetzmäßigen Ver-<br />

wendung von Baugeld um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Beson-<br />

<strong>der</strong>heit des BauFordSiG ist somit, dass ein geschädigter Baubeteiligter unter den<br />

Voraussetzungen des <strong>Gesetz</strong>es seine Baufor<strong>der</strong>ung ggf. <strong>über</strong> den Weg eines Scha-<br />

densersatzanspruches gegen solche Personen durchsetzen kann, mit denen er kei-<br />

ne unmittelbare vertragliche Beziehung hat.<br />

Diese Grundstruktur des BauFordSiG ist auch in <strong>der</strong> aktuellen Neufassung gleich-<br />

geblieben. Kurzgefasst kann somit ein Schadensersatzanspruch für einen Baubetei-<br />

ligten bestehen, wenn<br />

- in dem Bauvorhaben Baugeld ausbezahlt wurde,<br />

- <strong>der</strong> Anspruchsgegner <strong>die</strong>ses Baugeld empfangen hat,<br />

- <strong>der</strong> Anspruchsteller als Baubeteiligter im Sinne des <strong>Gesetz</strong>es Baugläubiger<br />

ist,<br />

- <strong>der</strong> Baugeldempfänger hinsichtlich des Baugeldes seine gesetzliche Ver-<br />

wendungspflicht schuldhaft verletzt hat und<br />

- dem Baugläubiger hierdurch ein Schaden entstanden ist.<br />

Zur Klärung, wann ein Schadensersatzanspruch aus dem BauFordSiG i. V. m. § 823<br />

Abs. 2 BGB besteht, sind daher <strong>die</strong> vorgenannten Voraussetzungen im Folgenden<br />

näher zu beleuchten.<br />

2 Baugeld<br />

2.1 Einleitung<br />

Der zivil- und strafrechtlich relevanten Verwendungspflicht des BauFordSiG unter-<br />

liegt nur Baugeld im Sinne <strong>die</strong>ses <strong>Gesetz</strong>es. Hier hat <strong>die</strong> <strong>neue</strong> Fassung des<br />

BauFordSiG im Vergleich zur Altfassung eine erhebliche Erweiterung erfahren, <strong>die</strong><br />

sich - nach hier vertretener Auffassung - in allen Bereichen des <strong>Gesetz</strong>es auswirkt,<br />

insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Frage, wer alles Baugeldempfänger und Baugläubiger sein<br />

kann.<br />

2 BGH, Urt. v. 24.11.1981 - VI ZR 47/80, BauR 1982, 193, 194.<br />

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2.2 Altfassung des BauFordSiG (GSB)<br />

- 3 -<br />

Nach <strong>der</strong> Altfassung des BauFordSiG (damals abgekürzt mit GSB) waren gemäß § 1<br />

Abs. 3 GSB Baugeld nur <strong>die</strong> Geldbeträge, <strong>die</strong><br />

- mit <strong>der</strong> vereinbarten Zwecksetzung gewährt wurden, hiermit <strong>die</strong> Kosten ei-<br />

nes Baues zu bestreiten<br />

und<br />

- <strong>der</strong>en Rückzahlung zugleich dinglich gesichert war, und zwar entwe<strong>der</strong><br />

durch eine Hypothek o<strong>der</strong> Grundschuld an dem zu bebauenden Grundstück<br />

o<strong>der</strong> durch den Vorbehalt <strong>der</strong> Eigentums<strong>über</strong>tragung an dem Grundstück bis<br />

zur gänzlichen o<strong>der</strong> teilweisen Herstellung des Baues.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e Eigenmittel des Bauherrn waren daher in keinem Fall Baugeld im Sinne<br />

des GSB. 3<br />

2.3 Neufassung des BauFordSiG<br />

Die Neufassung des BauFordSiG hat <strong>die</strong> vorstehende Baugelddefinition des GSB<br />

<strong>über</strong>nommen, <strong>die</strong>se aber um eine zusätzliche Legaldefinition ergänzt und - als we-<br />

sentliche Än<strong>der</strong>ung - eine <strong>neue</strong> Baugeldalternative geschaffen.<br />

2.3.1 Zusätzliche Legaldefinition (Abschlagszahlung/Zahlung nach Baufort-<br />

schritt)<br />

Die zusätzliche Legaldefinition zum bisherigen Baugeldbegriff findet sich in § 1<br />

Abs. 3 Satz 2 BauFordSiG. Danach gelten gesetzlich („sind“) Abschlagszahlungen<br />

und nach Baufortschritt geleistete Auszahlungen als zweckgebundene Geldbeträge<br />

im Sinne <strong>der</strong> bisherigen Baugelddefinition, sodass <strong>die</strong>se Geldbeträge (sofern <strong>die</strong> wei-<br />

tere Voraussetzung <strong>der</strong> grundpfand- o<strong>der</strong> eigentumsrechtlichen Absicherung vorliegt)<br />

Baugeld sind. Wenn also entsprechend gesicherte Abschlagszahlungen o<strong>der</strong> Aus-<br />

zahlungen nach Baufortschritt vorliegen, bedarf es - an<strong>der</strong>s als nach <strong>der</strong> Altfassung -<br />

keiner weiteren Zweckbestimmung <strong>der</strong> Geldbeträge. Vielmehr ist davon auszugehen,<br />

dass selbst dann, wenn für <strong>die</strong> Geldbeträge sogar ein an<strong>der</strong>weitiger Verwendungs-<br />

3 BGH, Urt. v. 10.07.1984 - VI ZR 222/82, BauR 1984, 658, 659.<br />

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- 4 -<br />

zweck als für <strong>die</strong> Bestreitung <strong>der</strong> Baukosten vereinbart worden sein sollte, <strong>die</strong>s nichts<br />

an <strong>der</strong> (jetzt) gesetzlich definierten Baugeldeigenschaft än<strong>der</strong>t. 4<br />

In seiner Systematik und dem Anwendungsbereich erscheint <strong>die</strong> <strong>neue</strong> Legaldefinition<br />

des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauFordSiG insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf Abschlagszahlun-<br />

gen missglückt. Entsprechend wird bereits jetzt diskutiert, dass mit <strong>die</strong>ser Neurege-<br />

lung jede Abschlagszahlung zwingend Baugeld darstellen soll. 5 Dem steht aber ent-<br />

gegen, dass <strong>die</strong> Regelung ausdrücklich den Begriff „Beträge, <strong>die</strong> zum Zweck <strong>der</strong><br />

Bestreitung <strong>der</strong> Kosten eines Baues o<strong>der</strong> Umbaues gewährt werden“ definiert, <strong>der</strong><br />

sich nur in <strong>der</strong> Baugeldalternative des § 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG findet. Daher<br />

kann eine Abschlagszahlung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauFordSiG auch nur<br />

dann Baugeld sein, wenn <strong>die</strong> weitere Voraussetzung <strong>der</strong> grundpfand- o<strong>der</strong> eigentumsrechtlichen<br />

Absicherung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG gegeben ist. 6<br />

Diese Diskussion bleibt aber letztlich theoretisch, da Abschlagszahlungen mit <strong>der</strong><br />

<strong>neue</strong>n Baugeldalternative des § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG ohnehin regelmäßig dem<br />

Baugeldbegriff unterfallen werden.<br />

2.3.2 Neuer Baugeldbegriff<br />

Die in <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG bedeutendste Regelung ist <strong>die</strong> in § 1 Abs. 3<br />

Nr. 2 BauFordSiG aufgenommene zweite Baugeldalternative. Baugeld sind hiernach<br />

auch <strong>die</strong> Geldbeträge,<br />

„<strong>die</strong> <strong>der</strong> Empfänger von einem Dritten für eine im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Herstellung des Baues o<strong>der</strong> Umbaues stehende Leistung, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Empfänger<br />

dem Dritten versprochen hat, erhalten hat, wenn an <strong>die</strong>ser Leistung an<strong>der</strong>e<br />

Unternehmer (§ 14 des Bürgerlichen <strong>Gesetz</strong>buches) aufgrund eines Werk-,<br />

Dienst- o<strong>der</strong> Kaufvertrags beteiligt waren.“<br />

4 So auch Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl.,<br />

S. 250.<br />

5 So wohl Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 361.<br />

6 Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 250,<br />

Fn. 43.<br />

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- 5 -<br />

Mit <strong>die</strong>sem erweiterten Baugeldbegriff sind nach hier vertretener Auffassung nahezu<br />

alle in den Vertragsketten eines Bauvorhabens gezahlten Geldbeträge Baugeld im<br />

Sinne des BauFordSiG. Insbeson<strong>der</strong>e erfor<strong>der</strong>t <strong>die</strong>se Baugeldeigenschaft<br />

- keine vereinbarte Zweckbindung <strong>der</strong> Geldbeträge,<br />

- keine grundpfand- o<strong>der</strong> eigentumsrechtliche Absicherung des Rückzahlungs-<br />

anspruchs und<br />

- keine unmittelbare Herstellungsleistung für den Bau o<strong>der</strong> Umbau, für den <strong>die</strong><br />

Geldbeträge gezahlt werden, da vielmehr schon „eine im Zusammenhang“<br />

mit <strong>der</strong> Bau-/Umbauherstellung stehende Leistung ausreichend ist.<br />

Praxisrelevant werden somit als Baugeld zukünftig folgende Zahlungen sein:<br />

- Zahlungen des Bauherrn aus Eigen- o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>mitteln an seine(n) Auftrag-<br />

nehmer<br />

und<br />

- alle Abschlags- o<strong>der</strong> Vorauszahlungen, <strong>die</strong> ein Auftraggeber an seine(n) Auf-<br />

tragnehmer für Leistungen zahlt, <strong>die</strong> im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Bau-<br />

/Umbauherstellung stehen und <strong>die</strong> <strong>der</strong> Auftraggeber in <strong>der</strong> Vertragskette ei-<br />

nem Dritten versprochen hat, wenn nur <strong>der</strong> Auftragnehmer für <strong>die</strong>se Leistung<br />

an<strong>der</strong>e Unternehmer werk-, <strong>die</strong>nst- o<strong>der</strong> kaufvertraglich gebunden hat (wobei<br />

für letzteres schon ein baustellenbezogener Kauf von Baustoffen ausreichend<br />

sein dürfte).<br />

Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund ist bereits jetzt abzusehen, dass <strong>die</strong> <strong>neue</strong> Definition des § 1<br />

Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Praxis heranzuziehende Baugelddefinition werden<br />

und <strong>die</strong> alte Definition weitgehend verdrängen wird.<br />

3 Baugeldempfänger<br />

Mit <strong>der</strong> Bestimmung von Baugeld definiert sich auch, wer Baugeldempfänger im Sin-<br />

ne des BauFordSiG ist: Schlichtweg je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Baugeld im Sinne des § 1 Abs. 3<br />

BauFordSiG „empfängt“, also erhält.<br />

3.1 Altfassung des BauFordSiG (GSB)<br />

Die Altfassung des BauFordSiG kannte nur das dinglich abgesicherte und für <strong>die</strong> Be-<br />

zahlung <strong>der</strong> Baukosten zweckgebundene Darlehen als Baugeld, so dass zunächst<br />

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- 6 -<br />

nur <strong>der</strong> Grundstückseigentümer und Bauherr als Darlehensnehmer „originärer“ Bau-<br />

geldempfänger war. Schon früh wurde jedoch nach dem Schutzzweck des GSB <strong>der</strong><br />

Begriff des Baugeldempfängers im Interesse <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Herstellung des Baues Betei-<br />

ligten 7 weitgefasst. So wurde <strong>die</strong> Baugeldempfängereigenschaft insbeson<strong>der</strong>e auf<br />

Bauträger, 8 General<strong>über</strong>nehmer, 9 Generalunternehmer 10 und Baubetreuer 11 erweitert.<br />

Dabei hat <strong>die</strong> Rechtsprechung durchaus gesehen, dass insbeson<strong>der</strong>e General<strong>über</strong>-<br />

und Generalunternehmer als Geldbeträge von ihrem Auftraggeber eigentlich kein<br />

Baugeld im Sinne des GSB, son<strong>der</strong>n vielmehr ihren vertraglich vereinbarten Werk-<br />

lohn erhalten. Dennoch hat <strong>die</strong> Rechtsprechung <strong>die</strong> Erweiterung <strong>der</strong> Baugeldempfän-<br />

gereigenschaft hier damit begründet, dass General<strong>über</strong>nehmer und Generalunter-<br />

nehmer mit den erhaltenen Geldbeträgen eine Verfügungsmöglichkeit <strong>über</strong> das quasi<br />

treuhän<strong>der</strong>isch gebundene Baugeld des Bauherrn erhalten und bei ihnen - etwa<br />

durch Finanzierungsbestätigungen - in <strong>der</strong> Regel auch Kenntnis dar<strong>über</strong> vorliegt,<br />

dass und in welchem Umfang <strong>der</strong> Bauherr dinglich abgesicherte Gel<strong>der</strong> für das Bau-<br />

vorhaben verwendet.<br />

Ausdrücklich abgelehnt wurde in <strong>der</strong> Rechtsprechung 12 und mit <strong>der</strong> herrschenden<br />

Meinung 13 aber eine Erweiterung des Baugeldempfängerkreises auf Nachunterneh-<br />

mer und auf <strong>die</strong> mit Teilgewerken beauftragte Unternehmer. Mit Verweis auf das im<br />

Strafrecht geltende Analogieverbot hat insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> BGH für eine Erweiterung<br />

<strong>der</strong> Baugeldempfänger auf Nachunternehmer und mit Teilgewerken beauftragte Un-<br />

ternehmer keinen Ansatzpunkt in <strong>der</strong> Altfassung des GSB gesehen, da <strong>die</strong>se Unter-<br />

nehmer nicht wie Bauträger, Generalunter- o<strong>der</strong> General<strong>über</strong>nehmer anstelle des<br />

Bauherrn <strong>über</strong> <strong>die</strong> Finanzierungsmittel, also das Baugeld im Sinne von § 1 Abs. 3<br />

GSB a.F. verfügen würden. Allenfalls dann, wenn nach wirtschaftlicher Betrach-<br />

tungsweise Nachunternehmer o<strong>der</strong> mit Teilgewerken beauftragte Unternehmer <strong>über</strong><br />

7 BGH, Urt. v. 24.11.1981 - VI ZR 47/80, BauR 1982, 193, 194 f.<br />

8 BGH, Urt. v. 09.10.1990 - VI ZR 230/89, BauR 1991, 96, 97.<br />

9 BGH, Urt. v. 19.12.1989 - VI ZR 32/89 = BauR 1990, 244.<br />

10 BGH, Urt. v. 24.11.1981 - VI ZR 47/80 = BauR 1982, 193.<br />

11 OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.03.2003 - 22 U 129/02, IBR 2004, 505.<br />

12 BGH, Urt. v. 16.12.1999 - VII ZR 39/99, BauR 2000, 573.<br />

13 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1868; Kniffka/Koeble, Kompendium des Bau-<br />

rechts, 3. Aufl., Rdn. 191; Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2,<br />

Rdn. 228.<br />

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- 7 -<br />

<strong>die</strong> Finanzierungsmittel (das Baugeld) des Bauherrn eine treuhän<strong>der</strong>ähnliche Stellung<br />

ausüben, wurde im Einzelfall auch für <strong>die</strong>se Unternehmer <strong>die</strong> Baugeldempfängereigenschaft<br />

bejaht. 14<br />

3.2 Neufassung des BauFordSiG<br />

Mit <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG und dem <strong>neue</strong>n Baugeldbegriff des § 1 Abs. 3<br />

Nr. 2 hat sich auch <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Baugeldempfänger erheblich erweitert.<br />

3.2.1 Baugeldbegriff in <strong>der</strong> Literatur<br />

Zum Teil wird allerdings auch in <strong>der</strong> zur Neufassung des BauFordSiG ergangenen<br />

Literatur weiterhin mit Verweis auf <strong>die</strong> zur Altfassung geltende Rechtsprechung ver-<br />

treten, dass Nachunternehmer und <strong>die</strong> nur mit einem Teil des Baus beauftragten Unternehmer<br />

keine Baugeldempfänger sind. 15<br />

3.2.2 Eigene Auffassung<br />

Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> <strong>Gesetz</strong>esän<strong>der</strong>ung steht <strong>die</strong>ser Auffassung aber entgegen,<br />

dass es ausdrücklicher Wille des <strong>Gesetz</strong>gebers war, den Baugeldbegriff an <strong>der</strong> Neu-<br />

fassung des § 641 BGB auszurichten. 16 Mit <strong>der</strong> Neuregelung des § 641 BGB durch<br />

das For<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz wurde für den Nachunternehmerwerklohn <strong>die</strong> sog.<br />

„Durchgriffsfälligkeit“ geschaffen. Hiernach wird <strong>der</strong> Werklohn des Nachunternehmers<br />

spätestens dann fällig, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber des Nachunternehmers von seinem<br />

eigenen Auftraggeber einen Werklohn für das vom Nachunternehmer geschuldete<br />

Teilgewerk erhält. Diese „Durchgriffsfälligkeit“ gilt für jedes Auftraggeber-<br />

/Auftragnehmerverhältnis in einer längeren Leistungskette. Mit <strong>der</strong> <strong>Gesetz</strong>esbegrün-<br />

dung ist somit davon auszugehen, dass auch durch den Baugeldbegriff des<br />

BauFordSiG nunmehr je<strong>der</strong> am Bau beteiligte Unternehmer und Nachunternehmer<br />

geschützt werden sollte und entsprechend jedem <strong>über</strong>geordneten Unternehmer eine<br />

14 OLG Schleswig, Urt. v. 17.04.2008 - 5 U 156/07 = IBR 2009, 30; Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungs-<br />

sicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 17.<br />

15 So etwa Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rdn. 323; Staudin-<br />

ger/Peters/Jacoby (2008), § 648, Rdn. 55; Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bau-<br />

handwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 266 f. (hierzu allerdings wi<strong>der</strong>sprüchlich Seite 241).<br />

16 Vgl. BT-Drucks. 16/511, S. 23.<br />

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- 8 -<br />

Baugeldempfängereigenschaft und damit auch eine Baugeldverwendungspflicht auf-<br />

erlegt wird.<br />

Dem <strong>Gesetz</strong>geber muss auch <strong>die</strong> Kritik bekannt gewesen sein, <strong>die</strong> sich bereits gegen<br />

<strong>die</strong> im <strong>Gesetz</strong>esentwurf von 2004 enthaltene Baugel<strong>der</strong>weiterung erhoben hat. Ge-<br />

gen <strong>die</strong>se Baugel<strong>der</strong>weiterung im Entwurf von 2004 (<strong>die</strong> mit <strong>der</strong> heutigen <strong>Gesetz</strong>es-<br />

fassung nahezu wortgleich ist) wurde vehement vorgebracht, dass mit ihr zukünftig<br />

alle Gel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baugeldverwendungspflicht unterliegen würden, <strong>die</strong> ein Unternehmer<br />

erhält, wenn er selbst Nachunternehmer beauftragt. 17 Trotz <strong>die</strong>ser Kritik wurde das<br />

BauFordSiG mit <strong>der</strong> heutigen Erweiterung des Baugeldbegriffs verabschiedet, wobei<br />

<strong>der</strong> Bundestag in <strong>der</strong> abschließenden <strong>Gesetz</strong>esbegründung hervorgehoben hat, hier-<br />

durch eine nachhaltige Verbesserung für Handwerker zu schaffen, „<strong>die</strong> am Ende einer<br />

längeren Lieferkette stehen“. 18<br />

Spätestens mit <strong>der</strong> <strong>Gesetz</strong>esbegründung zur jüngst verabschiedeten Überarbeitung<br />

des BauFordSiG im Jahr 2009 müssten letzte Zweifel an <strong>der</strong> Erweiterung des Bau-<br />

geldempfängerkreises ausgeräumt sein. Denn <strong>die</strong>ser <strong>Gesetz</strong>esbegründung liegt das<br />

Verständnis zugrunde, dass <strong>der</strong> Baugeldbegriff „auf <strong>die</strong> gesamte Kette von Bauherrn-<br />

Generalunternehmer-alle Nachunternehmer ausgeweitet“ wurde. 19<br />

3.2.3 Schutzzweck des BauFordSiG<br />

Die Erweiterung des Baugeldempfängerkreises entsprechend <strong>der</strong> <strong>neue</strong>n Baugeldde-<br />

finition ist auch mit dem Schutzzweck des BauFordSiG geboten. Einem Nach-<br />

Nachunternehmer (o<strong>der</strong> einem in <strong>der</strong> Vertragskette noch weiter hinten stehenden Un-<br />

ternehmer o<strong>der</strong> Baustofflieferanten) wäre als Baugläubiger wenig geholfen, wenn er<br />

Ansprüche aus dem BauFordSiG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB nur gegen (etwa) einen<br />

Generalunternehmer o<strong>der</strong> Bauherrn als „letzten“ Baugeldempfänger geltend machen<br />

könnte. Denn ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass alle ihm vorgeschalte-<br />

ten Unternehmer ihrerseits Ansprüche gegen<strong>über</strong> ihren jeweiligen Auftraggebern auf<br />

17 Vgl. Möller, BauR 2005, 1849, 1856; Frerick, ZfBR 2004, 627, 631; zusammenfassend Kainz,<br />

in: Festschrift für Gerd Motzke, 2006, S. 145, 152 f.<br />

18 Vgl. BT-Drucks. 16/9787, S. 19.<br />

19 BT-Drucks. 16/13159, S. 1.<br />

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- 9 -<br />

das Baugeld haben. 20 Praktisch wird sich ein Anspruch so kaum durchsetzen lassen.<br />

Für den Fall, dass Baugeld im Geschäftsbereich des unmittelbaren Auftraggebers<br />

(=Nachunternehmer) eines Nach-Nachunternehmers (etc.) zweckwidrig verwendet<br />

wird, würde bei einer eingeschränkten Auslegung des Baugeldempfängerkreises<br />

<strong>über</strong>haupt kein Schutz nach dem BauFordSiG bestehen. <strong>Das</strong> entspricht jedoch nicht<br />

<strong>der</strong> oben angeführten Intention des <strong>Gesetz</strong>gebers.<br />

Festzuhalten bleibt somit, dass mit <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG von einem er-<br />

heblich erweiterten Baugeldempfängerkreis auszugehen ist.<br />

4 Baugläubiger<br />

Ansprüche aus dem BauFordSiG kann nur geltend machen, wer Baugläubiger ist.<br />

Auch hier ergibt sich mit <strong>der</strong> Erweiterung des Baugeldbegriffs in § 1 Abs. 3 Nr. 2 des<br />

BauFordSiG <strong>die</strong> Frage, ob <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Baugläubiger erweitert wurde.<br />

4.1 Altfassung des BauFordSiG (GSB)<br />

Nach § 1 Abs. 1 BauFordSiG ist <strong>der</strong> Baugeldempfänger verpflichtet, Baugeld zur Be-<br />

friedigung solcher Personen zu verwenden, „<strong>die</strong> an <strong>der</strong> Herstellung o<strong>der</strong> dem Umbau<br />

des Baues aufgrund eines Werk-, Dienst- o<strong>der</strong> Kaufvertrags beteiligt sind“.<br />

Mit <strong>die</strong>ser Regelung, <strong>die</strong> wortgleich zur Altfassung des <strong>Gesetz</strong>es (GSB) bestand, war<br />

es herrschende Meinung und Rechtsprechung, dass nur <strong>die</strong>jenigen Baubeteiligten als<br />

Baugläubiger geschützt werden, <strong>der</strong>en Leistungen sich auf wesentliche Bestandteile<br />

des zu errichtenden/umzubauenden Gebäudes beziehen 21 und unmittelbar zu einer<br />

Werterhöhung des Bauwerks führen. 22<br />

20 Vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1989 - VI ZR 32/89, BauR 1990, 246.<br />

21 BGH, Urt. v. 06.06.1989 - VI ZR 281/88, BauR 1989, 758; a.A. Kniffka/Koeble, Kompendium<br />

des Baurechts, 3. Aufl., 10. Teil, Rn. 176 ff.<br />

22 Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 232; a.A. Kopp-<br />

mann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 254.<br />

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4.2 Neufassung des BauFordSiG<br />

- 10 -<br />

Mit <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG und <strong>der</strong> Erweiterung des Baugeldbegriffs in § 1<br />

Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG wird jetzt vertreten, dass nicht nur <strong>die</strong> Baubeteiligten als<br />

Baugläubiger geschützt sind, <strong>die</strong> wertsteigernde Leistungen an wesentlichen Be-<br />

standteilen eines Gebäudes erbringen, son<strong>der</strong>n auch <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> Leistungen „im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Herstellung des Baues o<strong>der</strong> Umbaues“ (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2<br />

BauFordSiG) ausführen. 23<br />

Diese Auffassung erscheint konsequent. Denn wenn mit <strong>der</strong> Baugel<strong>der</strong>weiterung<br />

auch für solche Leistungen, <strong>die</strong> „nur“ im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Bau- o<strong>der</strong> Umbau-<br />

herstellung anfallen, erkennbar <strong>die</strong> Unternehmer <strong>die</strong>ser Leistungen in den Schutzbe-<br />

reich des <strong>Gesetz</strong>es einbezogen werden sollen, wäre es nicht verständlich, wenn § 1<br />

Abs. 1 BauFordSiG den Schutz wie<strong>der</strong>um nur auf solche Baugläubiger beschränkt,<br />

<strong>die</strong> unmittelbar an <strong>der</strong> Bau-/Umbauherstellung, also mit Leistungen an wesentlichen<br />

Bestandteilen beteiligt sind. Eine solche Erweiterung lässt sich auch zwanglos mit<br />

dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 BauFordSiG in Einklang bringen, da hier auf <strong>die</strong> „Beteili-<br />

gung“ an <strong>der</strong> Bau-/Umbauherstellung abgestellt wird. „Beteiligt“ ist aber sicherlich<br />

auch, wer eine „im Zusammenhang“ mit <strong>der</strong> Herstellung stehende Leistung erbringt. 24<br />

Soweit zur Begründung gegen eine Erweiterung des Baugläubigerkreises auf den<br />

ehemaligen § 20 <strong>der</strong> Altfassung des BauFordSiG (GSB) verwiesen wird, 25 wonach<br />

eine Baufor<strong>der</strong>ung nur insoweit in Betracht kommt, „als <strong>die</strong> Leistung in den Bau ver-<br />

wendet worden ist“, ist zwar zu sehen, dass <strong>die</strong> landesrechtlichen Vorschriften <strong>der</strong><br />

§§ 9 bis 67 des GSB für <strong>die</strong> Altfassung durchaus als Auslegungshilfen herangezogen<br />

werden konnten 26 , auch wenn sie zu keinem Zeitpunkt anwendbares Recht gewor-<br />

den sind. Jedoch kann <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> Neufassung des BauFordSiG nicht mehr gelten,<br />

da zum Einen <strong>die</strong> landesrechtlichen Vorschriften nicht einmal mehr formell für <strong>die</strong><br />

heutige <strong>Gesetz</strong>esfassung bestehen und zum An<strong>der</strong>en <strong>der</strong> <strong>Gesetz</strong>geber mit <strong>der</strong> Vor-<br />

23 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 46 und Rn. 338 ff. (allerdings<br />

weitgehend beschränkt auf Garten- und Landschaftsarbeiten); a.A. Koppmann, in: Hof-<br />

mann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 252 ff.<br />

24 A.A. Schmitz, Kurzaufsatz IBR-online, 11.4.2009.<br />

25 vgl. Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S.<br />

254, Fn. 55.<br />

26 Vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1991 - VI ZR 47/80, BauR 1982, 193, 195.<br />

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- 11 -<br />

schrift des § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG gerade eine Erweiterung des Schutzbereichs<br />

<strong>der</strong> Altfassung gewollt hat (siehe oben).<br />

Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob mit einer zukünftigen Rechtsprechung<br />

für <strong>die</strong> Baugläubigereigenschaft nicht vollumfänglich auf das Kriterium einer wertstei-<br />

gernden Leistung an wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks zu verzichten ist.<br />

4.3 Weitere Voraussetzungen <strong>der</strong> Baugläubigereigenschaft<br />

Weitere Voraussetzungen <strong>der</strong> Baugläubigereigenschaft sind<br />

- dass <strong>der</strong> Baugläubiger sich auf einen wirksamen Vertrag berufen kann, durch<br />

den er am Bau beteiligt ist, 27<br />

- dass <strong>der</strong> Baugläubiger noch eine offene For<strong>der</strong>ung für seine Leistung hat 28<br />

und<br />

- dass <strong>die</strong> offene For<strong>der</strong>ung spätestens zu dem Zeitpunkt fällig ist, in dem <strong>der</strong><br />

Baugeldempfänger bei rechtmäßigem Verhalten <strong>die</strong> For<strong>der</strong>ung noch mit<br />

Baugeld hätte ausgleichen können. 29<br />

5. Schuldhafte Verletzung <strong>der</strong> Verwendungspflicht<br />

Der Anspruch eines Baugläubigers aus dem BauFordSiG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB<br />

setzt voraus, dass <strong>der</strong> Baugeldempfänger das Baugeld vorsätzlich zweckwidrig ver-<br />

wendet hat.<br />

5.1 Verwendungspflicht des § 1 Abs. 1 BauFordSiG<br />

§ 1 Abs. 1 BauFordSiG verpflichtet den Baugeldempfänger, das Baugeld nur zur Be-<br />

friedigung solcher Personen zu verwenden, <strong>die</strong> an <strong>der</strong> Herstellung o<strong>der</strong> dem Umbau<br />

des Baues aufgrund eines Werk-, Dienst- o<strong>der</strong> Kaufvertrages beteiligt sind. Eine an-<br />

27 Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 231a; Stammköt-<br />

ter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 75; a.A. OLG Dresden, Urt. v. 22.04.2005 -<br />

11 W 0104/05, BauR 2005, 1649.<br />

28 Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 233.<br />

29 Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 262<br />

m.V.a. OLG Hamburg, OLGR 1997, 68 = IBR 1997, 187.<br />

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- 12 -<br />

<strong>der</strong>weitige Verwendung des Baugeldes ist nur bis zu dem Betrag erlaubt, zu dem <strong>der</strong><br />

Baugeldempfänger seine Baugläubiger bereits aus an<strong>der</strong>en Mitteln befriedigt hat (§ 1<br />

Abs. 1 Satz 2 BauFordSiG).<br />

Diese Verpflichtung ist baustellenbezogen, 30 d.h. <strong>der</strong> Baugeldempfänger darf insbe-<br />

son<strong>der</strong>e nicht das für eine Baustelle empfangene Baugeld zur Befriedigung von Un-<br />

ternehmern auf einer an<strong>der</strong>en Baustelle verwenden.<br />

Erst recht ausgeschlossen und nach dem BauFordSiG strafbewehrt verboten ist <strong>die</strong><br />

Verwendung zu an<strong>der</strong>en, als baustellenbezogenen Gründen, etwa <strong>die</strong> Deckung all-<br />

gemeiner Geschäftskosten des Baugeldempfängers 31 o<strong>der</strong> eine Verwendung zu ei-<br />

genen Zwecken.<br />

Es besteht jedoch keine Verpflichtung des Baugeldempfängers, <strong>die</strong> Baugläubiger mit<br />

dem Baugeld in einer bestimmten Reihenfolge zu befriedigen. 32 Der Baugeldempfän-<br />

ger kann somit frei entscheiden, an welchen Baugläubiger er das Baugeld auszahlt.<br />

5.2 Schutzpflichten des Baugeldempfängers<br />

Der Verwendungspflicht vorgelagert sind von <strong>der</strong> Rechtsprechung entwickelte<br />

Schutzpflichten des Baugeldempfängers.<br />

So soll <strong>der</strong> Baugeldempfänger verpflichtet sein, dann, wenn Baugeld im Sinne des<br />

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 BauFordSiG (zweckgebundenes, dinglich gesichertes Baudarlehen)<br />

vorliegt und ihm zugleich Eigenkapital zur Verfügung steht, vorrangig <strong>die</strong>ses Eigenkapital<br />

einzusetzen. 33<br />

Weiter ist <strong>der</strong> Baugeldempfänger allgemein gehalten, das Baugeld vor Zugriffen Drit-<br />

ter zu schützen, was insbeson<strong>der</strong>e erfor<strong>der</strong>t, dass er seine finanzierende Bank zur<br />

30 Vgl. allein Koppmann, in: Hofmann/Kopp-mann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5.<br />

Aufl., S. 270.<br />

31 BGH, Urt. v. 14.01.1996 - VI ZR 164/84, BauR 1986, 370.<br />

32 Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 237.<br />

33 Vgl. OLG Dresden, Urt. v. 23.02.2006 - 4 U 1017/05, BauR 2007, 1067.<br />

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- 13 -<br />

Abwendung des Pfandrechts aus § 14 Abs. 3 Satz 1 <strong>der</strong> AGB <strong>der</strong> Banken unterrichtet,<br />

dass es sich bei den Geldmitteln auf seinem Konto um Baugel<strong>der</strong> handelt. 34<br />

5.3 Verpflichtung zur Einrichtung von Treuhandkonten?<br />

Vor dem Hintergrund des erweiterten Anwendungsbereichs <strong>der</strong> Neufassung des<br />

BauFordSiG wurde zuletzt wie<strong>der</strong> <strong>die</strong> Frage diskutiert, ob <strong>der</strong> Baugeldempfänger ver-<br />

pflichtet ist, zum Schutz des Baugeldes baustellenbezogene geson<strong>der</strong>te Treuhandkonten<br />

anzulegen. 35<br />

Eine generelle Verpflichtung zur Anlegung von Treuhandkonten lässt sich aus dem<br />

BauFordSiG sicherlich nicht begründen. 36 Nach <strong>der</strong> hierzu in Bezug genommenen<br />

Entscheidung des BGH 37 besteht eine solche Verpflichtung auch „nur“ dann, wenn<br />

<strong>der</strong> Baugeldempfänger damit rechnen muss, dass seine kontoführende Bank auf das<br />

dort befindliche Baugeld zugreift. Zugleich hat <strong>der</strong> BGH klargestellt, dass ein Zugriff<br />

<strong>der</strong> Bank ausgeschlossen ist, wenn ihr <strong>die</strong> Baugeldeigenschaft <strong>der</strong> Geldbeträge be-<br />

kannt ist. Demnach müsste es auch ohne Treuhandkonto für den Baugeldempfänger<br />

grundsätzlich ausreichen, dass er seine Bank entsprechend <strong>über</strong> <strong>die</strong> Baugeldeigen-<br />

schaft unterrichtet. Gleiches gilt für an<strong>der</strong>e drohende Pfändungen durch Gläubiger<br />

des Baugeldempfängers.<br />

Dennoch wird man sehen müssen, dass in <strong>der</strong> Beratungspraxis ein Schutz des Bau-<br />

geldes durch bloße Kenntlichmachung/Bekanntgabe von <strong>der</strong> Baugeldeigenschaft si-<br />

cherlich nicht als „sicherster Weg“ empfohlen werden kann. Um <strong>der</strong> Schutzpflicht<br />

rechtssicher nachzukommen, wird <strong>der</strong> Baugeldempfänger daher im Regelfall gehalten<br />

sein, entsprechend baustellenbezogene Treuhandkonten für <strong>die</strong> Baugel<strong>der</strong> anzule-<br />

gen.<br />

34 Vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1987 - VI ZR 270/86, BauR 1988, 107; BGH, Urt. v. 26.06.2001 - IX ZR<br />

209/98, BGHZ 148, 175.<br />

35 Vgl. Stammkötter, BauR 2009, 871; Schmitz, Langaufsatz IBR-online, 14.04.2009; Koppmann,<br />

Kurzaufsatz IBR-online, 05.05.2009.<br />

36 So auch Schmitz, Sicherheiten für <strong>die</strong> Bauvertragsparteien, IBR-Reihe, Rn. 525.<br />

37 BGH, Urt. v. 13.10.1987 - VI ZR 270/86, BauR 1988, 107.<br />

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- 14 -<br />

Gerade hiergegen hat sich <strong>die</strong> erhebliche Kritik <strong>der</strong> Bauindustrie erhoben. 38 Aufgrund<br />

<strong>der</strong> Tatsache, dass für Generalunternehmer, <strong>die</strong> zeitgleich mehrere Baustellen abwi-<br />

ckeln, sicherlich hohe bürokratische und buchhalterische Anfor<strong>der</strong>ungen für <strong>die</strong> Ein-<br />

richtung jeweils separierter Treuhandkonten anfallen, war es For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bauin-<br />

dustrie, <strong>die</strong> baustellenbezogene Verwendungspflicht aufzuheben und es den Bau-<br />

geldempfängern zu gestatten, das Baugeld ohne konkreten Baustellenbezug für Bau-<br />

gläubiger zu verwenden. Aufgrund <strong>der</strong> ablehnenden Haltung des Bundesrats gegen-<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong>ser For<strong>der</strong>ung 39 wurde sie jedoch in <strong>der</strong> am 04.08.2009 in Kraft getretenen<br />

<strong>Gesetz</strong>esän<strong>der</strong>ung des BauFordSiG nicht berücksichtigt.<br />

Es gilt daher weiterhin <strong>die</strong> baustellenbezogene Verwendungspflicht.<br />

5.4 Ausnahme von <strong>der</strong> Verwendungspflicht bei Eigenleistung des Baugeldemp-<br />

fängers<br />

Ist <strong>der</strong> Baugeldempfänger selbst mit einer eigenen Leistung an <strong>der</strong> Bau-<br />

/Umbauherstellung beteiligt, darf er gemäß § 1 Abs. 2 BauFordSiG in <strong>der</strong> seit dem<br />

04.08.2009 geltenden Fassung das Baugeld in Höhe des (vollen) angemessenen<br />

Wertes <strong>der</strong> von ihm erbrachten Leistungen für sich behalten. Nach <strong>der</strong> bisherigen<br />

<strong>Gesetz</strong>esfassung des BauFordSiG und auch des GSB war es dem Baugeldempfän-<br />

ger in <strong>die</strong>sem Fall nur erlaubt, das Baugeld in Höhe <strong>der</strong> Hälfte des angemessenen<br />

Wertes zu behalten.<br />

Sofern <strong>die</strong> Eigenleistung des Baugeldempfängers noch nicht in den Bau verwendet<br />

wurde, darf er Baugeld in Höhe des angemessenen Wertes <strong>der</strong> von ihm geleisteten<br />

Arbeit und <strong>der</strong> von ihm gemachten Auslagen behalten.<br />

Maßgeblich für <strong>die</strong> Bestimmung des „angemessenen Wertes“ <strong>der</strong> Eigenleistung ist<br />

nicht <strong>die</strong> vereinbarte Vergütung, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Baugeldempfänger möglicherweise von ei-<br />

nem Auftraggeber für <strong>die</strong> Leistung erhält, 40 son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> objektive Wert <strong>der</strong> Eigenleis-<br />

38 Vgl. Erklärung des Hauptverbands <strong>der</strong> Deutschen Bauindustrie e.V. vom 16. Juni 2009; kritisch<br />

hierzu: Stammkötter, BauR 2009, 871.<br />

39 Vgl. BT-Drucks. 443/09.<br />

40 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 263.<br />

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- 15 -<br />

tung. 41 Die Ermittlung <strong>die</strong>ses Wertes bestimmt sich somit zunächst in Eigenverant-<br />

wortung des Baugeldempfängers. Im Streitfall ist er darlegungs- und beweisbelastet<br />

dafür, dass es sich um einen „angemessenen“ Wert handelt, den er behalten hat. 42<br />

5.5 Schuldhaftes Handeln des Baugeldempfängers<br />

Eine Haftung des Baugeldempfängers besteht nur bei schuldhaftem Verstoß gegen<br />

<strong>die</strong> Verwendungspflicht.<br />

Da <strong>die</strong> Strafbarkeit aus dem BauFordSiG gem. § 15 StGB nur bei vorsätzlichem Han-<br />

deln begründet wird, setzt auch eine zivilrechtliche Haftung einen vorsätzlichen Ver-<br />

stoß voraus. 43 Ausreichend ist nach <strong>der</strong> Rechtsprechung allerdings auch ein beding-<br />

ter Vorsatz, <strong>der</strong> dann vorliegt, wenn <strong>der</strong> Baugeldempfänger wusste o<strong>der</strong> es zumin-<br />

dest für möglich gehalten hat, dass <strong>die</strong> empfangenen Geldbeträge Baugeld im Sinne<br />

des BauFordSiG sind. 44 Aufgrund <strong>der</strong> erheblichen Erweiterung des Baugeldbegriffs<br />

im <strong>neue</strong>n BauFordSiG wird wohl zukünftig ein bedingter Vorsatz für <strong>die</strong> Baubeteiligten<br />

kaum mehr auszuschließen sein. Ein Tatbestandsirrtum wird für einen Baugeldempfänger<br />

schwer begründbar sein. 45<br />

Auch <strong>die</strong> Berufung auf einen schuldausschließenden Verbotsirrtum wird allgemein als<br />

wenig erfolgreich angesehen, 46 da nur ein unvermeidbarer Verbotsirrtum beachtlich<br />

ist, und regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass Baubeteiligte sich <strong>über</strong><br />

<strong>die</strong> in ihrem Geschäftsbereich geltenden Vorschriften ausreichend unterrichten müs-<br />

sen. Allerdings wird sich hier noch in zukünftiger Rechtsprechung zeigen müssen, ob<br />

vor dem Hintergrund <strong>der</strong> strittigen Fragen zur Erweiterung <strong>der</strong> Baugeldempfängerei-<br />

genschaft und des erweiterten Baugläubigerkreises nicht doch <strong>die</strong> Berufung auf einen<br />

41 Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 259.<br />

42 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1870.<br />

43 Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 244; BGH, Urt. v.<br />

9.10.1990 - VI ZR 230/89, BauR 1991, 96.<br />

44 BGH, Urt. v. 08.01.1991 - VI ZR 109/90, BauR 1991, 237; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12.<br />

Aufl., Rdn. 1871.<br />

45 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 206.<br />

46 Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 278;<br />

Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 207.<br />

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- 16 -<br />

Verbotsirrtum erfolgreich sein kann, wenn dem Baugeldempfänger <strong>die</strong> Darstellung<br />

gelingt, dass er (z.B.) aufgrund in <strong>der</strong> Literatur vertretener Rechtsauffassungen (siehe<br />

oben) nicht davon ausgehen musste, selbst Baugeldempfänger zu sein.<br />

5.6 Beweislast<br />

Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen <strong>die</strong> Verwendungspflicht des<br />

§ 1 Abs. 1 BauFordSiG liegt beim Baugläubiger als Anspruchsteller. 47 Dabei hatte <strong>die</strong><br />

Rechtsprechung es für <strong>die</strong> Darlegungslast des Baugläubigers schon zur Altfassung<br />

des GSB ausreichen lassen, dass er den Baugeldempfang und den Wegfall des Bau-<br />

geldes ohne Befriedigung <strong>der</strong> eigenen Baufor<strong>der</strong>ung nachweist. 48 Zu beweisen waren<br />

vom Baugläubiger <strong>der</strong> Baugeldempfang, <strong>die</strong> Baugeldeigenschaft und <strong>die</strong> Höhe des<br />

Baugeldes. 49 Es oblag dann dem Baugeldempfänger, <strong>die</strong> ordnungsgemäße Baugeldverwendung<br />

nachzuweisen. 50<br />

Die Darlegungs- und Beweislast ist für den Baugläubiger in <strong>der</strong> Neufassung des<br />

BauFordSiG mit § 1 Abs. 4 nochmals erheblich erleichtert worden. Hiernach trifft <strong>die</strong><br />

Beweislast den Baugeldempfänger bereits dann, wenn allein „streitig“ ist, ob es sich<br />

bei den maßgeblichen Geldbeträgen um Baugeld handelt und/o<strong>der</strong> ob das Baugeld<br />

pflichtwidrig verwendet wurde. Teilweise wird hieraus bereits unmittelbar abgeleitet,<br />

dass <strong>die</strong> Beweislast für den Verstoß gegen <strong>die</strong> Verwendungspflicht beim Baugeldempfänger<br />

liegt. 51<br />

6 Schaden<br />

Selbstverständliche Voraussetzung eines Anspruchs aus dem BauFordSiG i.V.m.<br />

§ 823 Abs. 2 BGB ist <strong>die</strong> Entstehung eines Schadens für den Baugläubiger.<br />

47 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1870; Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssiche-<br />

rungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 88.<br />

48 Vgl. BGH, Urt. v. 09.10.1990 - VI ZR 230/89, BauR 1991, 96; BGH, Urt. v. 13.12.2001 - VII ZR<br />

305/99, BauR 2002, 620.<br />

49 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 88.<br />

50 BGH, Urt. v. 13.10.1987 - VI ZR 270/86, BauR 1988, 107.<br />

51 So Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S.<br />

273.<br />

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- 17 -<br />

Dieser Schaden besteht in <strong>der</strong> offenen For<strong>der</strong>ung des Baugläubigers, <strong>die</strong> er gegen-<br />

<strong>über</strong> seinem Auftraggeber nicht durchsetzen kann. Regelfall ist <strong>die</strong> Insolvenz des Auf-<br />

traggebers. Jedoch ist ein schadensbegründen<strong>der</strong> Zahlungsausfall wohl auch dann<br />

gegeben, wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Auftraggeber etwa<br />

aufgrund <strong>der</strong> Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolglos sind o<strong>der</strong> das Unternehmen<br />

des Auftragnehmers liqui<strong>die</strong>rt wurde. 52<br />

Der Höhe nach entspricht <strong>der</strong> Schaden <strong>der</strong> unerfüllten For<strong>der</strong>ung des Baugläubigers,<br />

soweit in <strong>die</strong>ser Höhe Baugeld zur Verfügung gestanden hätte und zweckwidrig verwendet<br />

wurde. 53<br />

Gegen <strong>die</strong> offene For<strong>der</strong>ung und <strong>die</strong> Schadenshöhe kann <strong>der</strong> in Anspruch genom-<br />

mene Baugeldempfänger sich auf alle Einwendungen stützen, <strong>die</strong> auch <strong>der</strong> Auftrag-<br />

geber gegen den Baugläubiger vorgebracht hat, wie etwa Aufrechnungen des Auf-<br />

traggebers o<strong>der</strong> Mängelhaftungsansprüche. Da dem Baugläubiger ein Schaden nur<br />

insoweit entstanden sein kann, als seine offene For<strong>der</strong>ung berechtigt war/ist, wird<br />

sich <strong>der</strong> Baugeldempfänger auch auf solche Einwendungen gegen <strong>die</strong> For<strong>der</strong>ung berufen<br />

können, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Auftraggeber des Baugläubigers nicht geltend gemacht hat. 54<br />

7 Ergänzende Hinweise<br />

7.1 Schuldner des Schadensersatzanspruchs<br />

Originärer Schuldner des Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m.<br />

dem BauFordSiG ist zunächst <strong>der</strong> Baugeldempfänger. Da sich <strong>die</strong>ser aber in den<br />

Haftungsfällen des BauFordSiG regelmäßig in Insolvenz befindet o<strong>der</strong> aus sonstigen<br />

Gründen eine For<strong>der</strong>ung gegen ihn wirtschaftlich nicht durchsetzbar ist, erhält <strong>der</strong><br />

Schadensersatzanspruch seine beson<strong>der</strong>e Bedeutung gerade dadurch, dass auch<br />

<strong>die</strong>jenigen Personen persönlich in Haftung genommen werden können, <strong>die</strong> als Organ<br />

52 Vgl. Koppmann, in: Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S.<br />

280.<br />

53 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 173.<br />

54 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 181.<br />

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- 18 -<br />

o<strong>der</strong> als Mitglied eines Organs <strong>der</strong> juristischen Person tätig geworden sind und selbst<br />

schuldhaft gegen <strong>die</strong> Verwendungspflicht aus § 1 Abs. 1 BauFordSiG gehandelt ha-<br />

ben. Die Haftung erstreckt sich ggf. weiter auf Prokuristen, Nie<strong>der</strong>lassungsleiter o<strong>der</strong><br />

sonstige verantwortliche Mitarbeiter eines Baugeldempfängers, soweit sie tatsächli-<br />

che Verfügungsgewalt <strong>über</strong> das Baugeld hatten. 55 Gerade vor dem Hintergrund des<br />

erweiterten Baugeldbegriffs wird hier bei den verantwortlichen Mitarbeitern eines Un-<br />

ternehmens zukünftig ein erhebliches haftungsrechtliches Risiko entstehen können.<br />

7.2 Verjährung<br />

Ansprüche aus dem BauFordSiG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB verjähren in drei Jahren<br />

gerechnet ab dem Schluss des Jahres, in dem <strong>der</strong> Anspruch entstanden ist und <strong>der</strong><br />

Verletzte von den anspruchsbegründenden Umständen und <strong>der</strong> Person des Schuld-<br />

ners Kenntnis erlangt o<strong>der</strong> grob fahrlässig keine Kenntnis erlangt hat (vgl. §§ 195,<br />

199 BGB). Die Insolvenz des Baugeldempfängers allein genügt für <strong>die</strong> Kenntnis bzw.<br />

grob fahrlässige Unkenntnis des Baugläubigers zum Verjährungsbeginn nicht. 56 Da<br />

zu den anspruchsbegründenden Umständen sicherlich <strong>die</strong> wesentlichen Anspruchs-<br />

voraussetzungen aus dem BauFordSiG zählen (insbeson<strong>der</strong>e also das Vorliegen von<br />

Baugeld und dessen zweckwidrige Verwendung), muss <strong>der</strong> Baugläubiger für den Ver-<br />

jährungsbeginn zumindest hiervon Kenntnis erlangt haben.<br />

7.3 Zeitlicher Anwendungsbereich <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG<br />

Die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Neufassung des BauFordSiG enthält keine<br />

Regelung zum zeitlichen Anwendungsbereich des <strong>Gesetz</strong>es. Auch <strong>die</strong> Überleitungs-<br />

vorschrift zum For<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz (Art. 229, § 18 EGBGB) regelt nicht, ab<br />

wann zeitlich bzw. für welche Fälle <strong>die</strong> Altfassung des GSB und für welche <strong>die</strong> Neu-<br />

fassung des BauFordSiG gilt. In keinem Fall kann daher für den zeitlichen Geltungs-<br />

bereich <strong>der</strong> Neufassung darauf abgestellt werden, dass nur Fälle erfasst sind, in de-<br />

nen <strong>die</strong> ausgefallene For<strong>der</strong>ung des Baugläubigers aus Schuldverhältnissen stammt,<br />

<strong>die</strong> nach dem 01.01.2009 entstanden sind. Vielmehr ist, da es sich bei dem<br />

BauFordSiG um ein Strafgesetz handelt, gem. § 2 Abs. 1 StGB <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> Tat-<br />

55 Vgl. zu alldem Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 141 ff.<br />

56 Vgl. Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Rn. 213.<br />

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- 19 -<br />

handlung maßgeblich. 57 Tathandlung des BauFordSiG ist <strong>die</strong> zweckwidrige Baugeld-<br />

verwendung. Somit sind alle Verletzungen <strong>der</strong> Verwendungspflicht des § 1<br />

BauFordSiG, <strong>die</strong> nach dem 01.01.2009 stattgefunden haben, anhand des <strong>neue</strong>n<br />

Rechts zu bewerten. 58<br />

Dies gilt ebenso für <strong>die</strong> jetzt zum 4. August 2009 in Kraft getretene erneute Än<strong>der</strong>ung<br />

des BauFordSiG. Erst für Tathandlungen ab dem 04.08.2009 kann sich mithin ein<br />

Baugeldempfänger ggf. auf <strong>die</strong> (<strong>neue</strong>) Vorschrift des § 1 Abs. 2 BauFordSiG berufen,<br />

wonach er jetzt den vollen und nicht nur den hälftigen angemessenen Wert seiner<br />

Eigenleistung behalten darf. Denkbar bleibt somit theoretisch, dass zwischen dem<br />

01.01.2009 und dem 04.08.2009 straf- und zivilrechtlich relevante <strong>Gesetz</strong>esverlet-<br />

zungen vorgelegen haben, <strong>die</strong> mit <strong>der</strong> heute geltenden Fassung nicht mehr strafbar<br />

wären bzw. keine zivilrechtliche Haftung mehr begründen würden.<br />

8 Fazit<br />

Mit <strong>der</strong> Erweiterung des Baugeldbegriffs in <strong>der</strong> Neufassung des BauFordSiG und dem<br />

hierdurch erheblich erweiterten Kreis <strong>der</strong> Baugeldempfänger und Baugläubiger wird<br />

sich das BauFordSiG zukünftig noch mehr als „letzte Möglichkeit“ anbieten, um eine<br />

ausgefallene For<strong>der</strong>ung doch noch <strong>über</strong> den Weg eines Schadensersatzanspruchs<br />

gegen den Baugeldempfänger durchzusetzen. Anspruchsbegründung und -<br />

durchsetzung aus dem BauFordSiG sind für den Baugläubiger sicherlich nicht ein-<br />

fach. Vor dem Hintergrund eines sonst eintretenden vollständigen For<strong>der</strong>ungsausfalls<br />

wird <strong>die</strong>ser Anspruch aber in jedem Fall in <strong>der</strong> Beratungspraxis zu prüfen sein.<br />

9 Checkliste zu den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB<br />

i.V.m. § 1 BauFordSiG<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> hier vertretenen Erweiterung des Baugeldempfänger- und Bau-<br />

gläubigerkreises durch <strong>die</strong> Neufassung des BauFordSiG ergibt sich unter folgenden<br />

57 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Exkurs II, Rn. 8 f.<br />

58 Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl., Exkurs II, Rn. 9; Koppmann, in: Hof-<br />

mann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., S. 282.<br />

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- 20 -<br />

Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch des Anspruchstellers (ASt.) gegen<br />

den Anspruchsgegner (Ag.):<br />

1. Ast hat aufgrund eines Werk-, Dienst- o<strong>der</strong> Kaufvertrags Leistungen im Zusam-<br />

menhang mit <strong>der</strong> Herstellung eines Baues o<strong>der</strong> Umbaues erbracht.<br />

2. Die For<strong>der</strong>ung des ASt. ist fällig, unverjährt und es stehen ihr keine wesentlichen<br />

Einwendungen entgegen.<br />

3. Die For<strong>der</strong>ung des ASt. für <strong>die</strong>se Leistungen ist gegen seinen Auftraggeber nicht<br />

durchsetzbar.<br />

4. Der Auftraggeber des Ast hat Baugeld empfangen, also entwe<strong>der</strong><br />

- dinglich gesicherte Abschlagszahlungen o<strong>der</strong> Zahlungen nach Baufortschritt<br />

(§ 1 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 BauFordSiG)<br />

o<strong>der</strong><br />

- sonstige dinglich gesicherte Geldbeträge mit <strong>der</strong> Zweckbindung, hierdurch<br />

<strong>die</strong> Kosten des Baues o<strong>der</strong> Umbaues zu bestreiten (§ 1 Abs. 3 Nr. 1<br />

BauFordSiG)<br />

o<strong>der</strong><br />

- Geldbeträge von Dritten für <strong>die</strong> Leistungen des Ast, <strong>die</strong> er - <strong>der</strong> Auftraggeber<br />

des Ast - selbst dem Dritten versprochen hat (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG).<br />

5. Der Auftraggeber des ASt. hat das Baugeld zweckwidrig verwendet (bei Eigen-<br />

leistungen des Auftraggebers muss <strong>über</strong> <strong>der</strong>en angemessenen Wert hinaus ein<br />

Baugeldbetrag verbleiben, <strong>der</strong> von ihm zweckwidrig verwendet wurde).<br />

6. Der Auftraggeber des Ast hat (zumindest bedingt) vorsätzlich gegen <strong>die</strong> Ver-<br />

wendungspflicht des § 1 Abs. 1 BauFordSiG verstoßen.<br />

10 Literatur<br />

10.1 Zur Altfassung des BauFordSiG (GSB)<br />

Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1865 ff.<br />

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- 21 -<br />

Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 10. Teil, Rn. 160 ff.<br />

Stammkötter, <strong>Gesetz</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Sicherung</strong> von Baufor<strong>der</strong>ungen, Kommentar, 2. Aufl.<br />

2003<br />

Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., Anhang 2, Rdn. 213 ff.<br />

10.2 Zur Neufassung des BauFordSiG<br />

Hofmann/Koppmann, Die <strong>neue</strong> Bauhandwerkersicherung 2009, 5. Aufl., Abschnitt D<br />

Stammkötter, Baufor<strong>der</strong>ungssicherungsgesetz, 3. Aufl. 2009<br />

Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, § 648, Rdn. 51 ff.<br />

Wittjen, ZfBR 2009, 418 ff.<br />

Wagner, ZfBR 2009, 312 ff.<br />

Stammkötter, IBR 2008, 699<br />

Koppmann, Kurzaufsatz IBR-online, 05.05.2009<br />

Schmitz, Langaufsatz IBR-online, 14.04.2009<br />

Schmitz, Sicherheiten für <strong>die</strong> Bauvertragsparteien, IBR-Reihe<br />

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