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Juni 2009 - Die Gesellschafter.de

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22 <strong>Juni</strong> <strong>2009</strong>Zusa mmenlebenWem gehört die Stadt?Vom Streit um kommunales Eigentum, Bürgerengagement und InteressenkonfliktenIn verschie<strong>de</strong>nen Städtenwehren sich Bürger gegen<strong>de</strong>n Verkauf kommunalerEinrichtungen. Den Verweis<strong>de</strong>r Stadtoberen auf „knappeKassen“ lassen sie nichtgelten. Das städtische Eigentumgehöre auch ihnen,argumentieren sie. Es gehtum die Frage, „wem gehörtdie Stadt?“ und „wasbraucht eine Stadt?“. DreiBeispiele.▸ Neues Eis- undSchwimmstadionan altem PlatzAm 5. <strong>Juni</strong> <strong>2009</strong> erfolgt <strong>de</strong>rerste Spatenstich. In KölnsLentstrasse, dort, wo bisvor zwei Jahren das alteEis- und Schwimmstadionstand, wird für 20 MillionenEuro ein neues errichtet– Lohn für einen langen,heftigen Kampf. Denn dieStadt wollte das begehrteGrundstück an einen Investorverkaufen.Foto: För<strong>de</strong>rstiftung Leipzig StadtbadDer Ruheraum <strong>de</strong>r Sauna 1. Klasse im Stadtbad Leipzig kann heute für Veranstaltungen gemietet wer<strong>de</strong>n.Rückblick: Anfang 2001. <strong>Die</strong>städtische Sportstätten GmbHwill das beliebte Eis- undSchwimmstadion im HerzenKölns schließen. <strong>Die</strong> Sanierungskostenseien zu hoch. Bürgerinnenund Bürger bringt dasauf die Barrika<strong>de</strong>n. Denn erstseit Kurzem konnten die Kölnerdas Eisstadion selbst richtignutzen. Ihre legendäre Eishockeymannschaft,die „Haie“,trainierten bereits woan<strong>de</strong>rs.Endlich gab es feste Eislaufzeitenfür die Bürger. Und siekamen in Scharen zur stadtnahenEislauffläche. Viele Schulenkonnten Sportunterricht nuranbieten, weil sie nun regelmäßigdie Eis- und Schwimmhallenutzen konnten.Mehrere hun<strong>de</strong>rt Schülerinnenund Schüler verschie<strong>de</strong>nerGrundschulen sind esdann auch, die mit Trillerpfeifenund Transparentenvor <strong>de</strong>m Eisstadion lautstarkgegen <strong>de</strong>n geplanten Abriss<strong>de</strong>monstrieren. Für sie ist unvorstellbar,dass die Stadt eineso günstig gelegene Sporthalleschließen will, um dortein Bürohaus zu errichten.O<strong>de</strong>r gar ein Hotel. Notfallswollen sie <strong>de</strong>shalb „bis vordas Rathaus ziehen“, um <strong>de</strong>nVerkauf und Abbruch <strong>de</strong>sEis- und Schwimmstadionszu verhin<strong>de</strong>rn, sagt WolfgangJülich. Er leitet die Nikolaus-Groß-Schule in Köln. Einean<strong>de</strong>re, die Städtische KatholischeGrundschule Bil<strong>de</strong>rstöckehn/Nippessammelt mehrals 1.800 Unterschriften undübergibt sie <strong>de</strong>m Oberbürgermeister.Auch die BürgerinitiativeNördliche Altstadt unddie Stadtteilkonferenz Agnesviertel/Eigelsteinsind mit imBoot. Sie weisen darauf hin,wie notwendig es sei, gera<strong>de</strong>für Jugendliche Sport- undBewegungsmöglichkeiten in<strong>de</strong>r Innenstadt zu erhalten.Offenbar überrascht von soviel Protest dreht Kölns OberbürgermeisterFritz Schrammawenige Monate später bei:Das Eis- und Schwimmstadionwird vorerst nicht abgerissen.Nach einem Gutachtenwird das Gebäu<strong>de</strong> 2007 wegen„akuter Einsturzgefahr“dann doch geschlossen – undschließlich abgerissen, umeiner neuen Anlage Platz zumachen. En<strong>de</strong> 2010 sollen dieKölner dort wie<strong>de</strong>r Eislaufenund schwimmen können, sogarin einem Naturba<strong>de</strong>see.Text: Ursula Mense▸ OrientalischesFlair aus Tausendun<strong>de</strong>inerNachtMit Hilfe einer Stiftungwollen Leipziger Bürgerund Bürgerinnen ihr historischesStadtbad retten.Doch <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>rStadt war zunächst groß;die Kosten seien hoch.Lieselotte Pickler steht vor einemleeren Schwimmbecken, fahlesLicht fällt durch die schmutzigenFenster: „Gleich nebenan,in <strong>de</strong>r Damenhalle habe ichdamals Schwimmen gelernt.“Damals, das war 1946. Oft kamdie Leipzigerin mit ihren Freundinnennach <strong>de</strong>r Schule hierher.Wehmütig schaut sich die heute72-Jährige um. Ihr Blick gleitetdurch die Herren-Schwimmhalle<strong>de</strong>s Leipziger Stadtba<strong>de</strong>s,jahrzehntelang war sie das Nonplusultra<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>vergnügensin <strong>de</strong>r Messestadt. Es gab sogarein Meter hohe Wellen! Unddas schon 1916 zur Eröffnung.Eine Sensation zur damaligenZeit. Vor fünf Jahren kam in<strong>de</strong>r Herren-Schwimmhalle einStück Decke runter, das war<strong>de</strong>r Anlass, das Bad sofort zuschließen.Beim Rundgang wird klar,warum die Leipziger fürdieses Bad kämpfen. Warumsie eigens eine Stiftung gegrün<strong>de</strong>thaben, die För<strong>de</strong>rstiftungLeipziger Stadtbad,um das Gebäu<strong>de</strong> zu retten.Fast eine halbe Million Eurosind auf <strong>de</strong>m Spen<strong>de</strong>nkontobereits eingegangen.Viele Leipziger spen<strong>de</strong>ten beidiversen Benefiz-Veranstaltungen,von ein paar Cent biszu 100 Euro. Etwa 40 mittelständischeLeipziger Firmenhelfen auf ihre Art: So machtein Foto-Atelier unentgeltlichFotos für verschie<strong>de</strong>nePräsentationen, eine Firmastellte kostenlos einen Zaun,die große Anzeige im örtlichenTelefonbuch war auchumsonst.Noch nicht lange gibt esim Ruheraum 1. Klasse dieweißen Sofas, Sitzhocker undStehtische – <strong>de</strong>r Raum wirdvon <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rstiftung an Firmenund Vereine vermietet,die hier ein stilvolles Ambientefür Veranstaltungen allerArt fin<strong>de</strong>n. Das Geld kommt<strong>de</strong>m Wie<strong>de</strong>raufbau <strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>szugute, genauso wie ein Drittel<strong>de</strong>r Einnahmen aus Gästeführungen.Auch Dirk Thärichen gingfrüher oft in die Stadtbad-Sauna.Der 39-Jährige engagiertsich ehrenamtlich als Direktor<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rstiftung. ZumPressetermin in einem Caféin <strong>de</strong>r Leipziger Innenstadtre<strong>de</strong>t er über dieses Früherund darüber, wie schwer esmanchmal ist, Leipziger Entscheidungsträgervon einemWie<strong>de</strong>raufbau <strong>de</strong>s Stadtba<strong>de</strong>szu überzeugen. Denn diesekämen oft aus <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn,ihnen fehle diesegewisse Sensibilität.Doch es gibt keinen wirklichenBedarf an einem weiterenBad in <strong>de</strong>r Stadt. Denkbarwäre ein Wellness-Tempel,dafür wie<strong>de</strong>rum fehlt <strong>de</strong>r Investor.Warum also das Engagement?„Unsere Urgroßelternhaben dieses Bad gebaut, undwir lassen es verkommen.“ Esgäbe diese Einstellung, allesmuss <strong>de</strong>r Staat übernehmen.Für ihn ist das Stadtbad dasSymbol, selbst etwas zu unternehmen.Thärichen wünscht,dass etwas geschieht, dass allean einem Strang ziehen: Bürger,Unternehmen, Stadträte.Anfang <strong>2009</strong> lädt die Stiftungzu Kulturveranstaltungen insStadtbad ein, <strong>de</strong>n „Ba<strong>de</strong>tagen“.

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