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Verkehr(ter) Raum. Does space matter? Ein Disput

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geographische revue 1/2002<br />

führt hier zur Überschätzung von ‘Wahleffekten’. Was dann aus der handlungstheoretischen<br />

Sozialgeographie bleibt, ist ein schlich<strong>ter</strong> Voluntarismus, der die Bedingungen der<br />

Situation, in der bestimmte Handlungsweisen erfolgen, tendenziell ausblendet. Vernachlässigt<br />

werden damit letztlich auch die Wirkungen von Handlungen, aus denen ja erst Strukturen<br />

entstehen.<br />

In vielerlei Hinsicht werden <strong>Raum</strong>strukturen nicht ‘subjektiven’, sondern durchaus<br />

in<strong>ter</strong>subjektiven Bewertungsschemata un<strong>ter</strong>worfen, und zwar mit ähnlichen Ergebnissen.<br />

Deshalb kann die Dichotomie von ‘Wahl’ und ‘Struktur’ nur eine heuristische Dichotomie<br />

sein. Strukturen und Entscheidungen sind nicht unabhängig voneinander, sondern Entscheidungen<br />

(‘Wahlen’) lassen Strukturen entstehen, die nachfolgende Entscheidungen beeinflussen.<br />

Auch Bahrenbergs politisch-planerischen Schlussfolgerungen kann deshalb nicht gefolgt<br />

werden. Bahrenberg schließt aus seinen Ergebnissen, das Leitbild der kompakten,<br />

funktionsgemischten Stadt sei in Bezug auf die umweltverträgliche Abwicklung von <strong>Verkehr</strong><br />

nicht erfolgversprechend, denn die Entscheidung für ein <strong>Verkehr</strong>smittel würde weitgehend<br />

unabhängig von der zurückzulegenden Distanzen getroffen.<br />

Es liegt auf der Hand, dass eine durchmischte Siedlungsstruktur lediglich eine notwendige,<br />

aber keine hinreichende Voraussetzung für kurze Wege ist. 18<br />

<strong>Ein</strong>e große Zahl von<br />

Menschen entscheidet sich „aufgrund der niedrigen <strong>Raum</strong>widerstände für eine Erwei<strong>ter</strong>ung<br />

ihres Aktionsradius, d. h. sie nutzen beispielsweise lieber das entfern<strong>ter</strong> gelegene<br />

Spaßbad anstelle des ortseigenen Freibades“ (A 1998, 2). Dies lässt sich aber nicht als Argument<br />

im Sinne von Bahrenberg und Albers einsetzen. Daraus lässt sich nämlich nicht<br />

ableiten, es sei verkehrspolitisch sinnlos, zumindest den Menschen den Besuch des ortseigenen<br />

Freibades – allgemein: eine ‘Stadt der kurzen Wege’ – zu ermöglichen, die ihre Qualitäten<br />

zu nutzen wissen.<br />

Mit dem Argument der ‘niedrigen <strong>Raum</strong>widerstände’ wird hier erstaunlicherweise ein<br />

klassischer ‘raumstruktureller Effekt’ zur Erklärungsgröße des Handelns (hier: der zurückgelegten<br />

Entfernungen) gemacht. Dies impliziert, dass über eine Erhöhung des <strong>Raum</strong>widerstandes<br />

Entfernungen reduziert werden können und damit <strong>Verkehr</strong> vermieden wird.<br />

<strong>Raum</strong>strukturelle Wirkungen auf das <strong>Verkehr</strong>shandeln sind also – und dies gilt auch<br />

nach Bahrenbergs eigenen Zahlen – nicht so gering, wie mancher Geograph, der sich nach<br />

langer Zeit vom disziplinspezifischen <strong>Raum</strong>de<strong>ter</strong>minismus befreit haben will, glauben machen<br />

möchte.<br />

Dank<br />

Mein herzlicher Dank geht an Markus Hesse für seine hilfreichen Anmerkungen zu einer<br />

früheren Fassung des Manuskripts.

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