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Verkehr(ter) Raum. Does space matter? Ein Disput

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geographische revue 1/2002<br />

daraus ist das Erproben flexibler organisatorischer (statt infrastruktureller) Konzepte<br />

(Holz-Rau et al. 1999, Holz-Rau/Kut<strong>ter</strong> 1995).<br />

Es versteht sich, dass eine solche Sichtweise dem <strong>Raum</strong>planer, und erst recht dem<br />

<strong>Verkehr</strong>splaner, schwer fällt, muss sie doch zu einer kritischen <strong>Ein</strong>schätzung der<br />

Potenziale einer <strong>Raum</strong>planung führen, die sich primär infrastruktur- oder objekt-orientiert<br />

versteht, wie dies für die <strong>Verkehr</strong>splanung in starkem Maße gilt – auch wenn inzwischen<br />

eine generelle Tendenz zu einer ‘weicheren’ Planung, die sich stärker als moderierend, informierend<br />

und überzeugend versteht, in der <strong>Verkehr</strong>splanung Gestalt annimmt (Gertz<br />

1998).<br />

Der Lösung von der Fixierung auf ‘raumstrukturelle Zwänge’ und der Erklärung von<br />

<strong>Verkehr</strong> aus sozialen Strukturen steht allerdings entgegen, dass sozialwissenschaftliches<br />

Denken in der <strong>Verkehr</strong>swissenschaft wenig verbreitet ist. Meist beschränkt es sich auf die<br />

empirische Betrachtung von Verhaltenskenngrößen nach soziodemographischen Indikatoren,<br />

wie es von Kut<strong>ter</strong> in den siebziger Jahren in die <strong>Verkehr</strong>swissenschaft eingeführt wurde.<br />

So ist die <strong>Verkehr</strong>splanung und –forschung nach wie vor tendenziell von <strong>Raum</strong>fixiertheit<br />

gekennzeichnet. Dies korrespondiert mit deutlichen blinden Flecken auf der Seite<br />

der sozialen ‘settings’, in denen sich räumliches Handeln vollzieht. Soziales wird entweder<br />

in Form von De<strong>ter</strong>minanten gedacht, die als strukturelle Größen ergänzend zur <strong>Raum</strong>struktur<br />

das <strong>Verkehr</strong>shandeln erklären sollen, oder als ex<strong>ter</strong>ne, konstant zu setzende Randbedingung<br />

(häufig pauschal als „individuelle“ oder „subjektive“ Faktoren zusammengefasst).<br />

<strong>Ein</strong>em Verständnis der Beweggründe wie auch Zwänge zu bestimmten<br />

Handlungsformen ist dies nicht unbedingt förderlich.<br />

Das ‘Räumliche’ bleibt also der primäre Gegenstandsbereich der <strong>Verkehr</strong>splanung als<br />

‘physical planning’, während sozialwissenschaftliche Sichtweisen dem <strong>Verkehr</strong>splaner<br />

nach wie vor fremd sind und nicht in seine ‘Praxis’ fallen.<br />

1.2 Sozialgeographische Diskussion<br />

Im Gegensatz zur <strong>Verkehr</strong>swissenschaft hat sich in der Geographie seit Anfang der<br />

achtziger Jahre zumindest partiell die Sichtweise durchgesetzt, menschliches Handeln –<br />

und damit auch <strong>Verkehr</strong>shandeln – nicht als Ursache-Wirkungs-, sondern als Grund-Folge-<br />

Relation zu betrachten (Sedlacek 1982). Handeln ist demnach nicht Ausfluss von Ursachen,<br />

sondern Ergebnis von Gründen, die Menschen für ihr Handeln haben. Diese Gründe<br />

sind aber nicht – wie dies für Ursachen gälte – unabhängig vom Handeln, sondern Bestandteil<br />

des Handlungsprozesses. Diese Entwicklung der Geographie ist im Wesentlichen<br />

durch die Arbeiten Benno Werlens (v. a. 1987, 1995, 1997) angestoßen worden.<br />

Hin<strong>ter</strong> den genannten, nur scheinbar einfachen Annahmen steht ein gewaltiger<br />

Paradigmenwechsel in der Geographie: der Umschwung von einem kosmologischen zu einem<br />

soziologischen Paradigma, vom <strong>Raum</strong> zur Gesellschaft, von der Natur zur Kultur,

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