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Verkehr(ter) Raum. Does space matter? Ein Disput

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geographische revue 1/2002<br />

<strong>Verkehr</strong>sgeographie/-wissenschaft hat das In<strong>ter</strong>esse an erdräumlichen Distanzen (Weglängen)<br />

zumindest eine theoretische Basis. Die Überwindung von Distanzen ist mit Transportkosten<br />

(in Form von Zeit, Geld) verbunden. Erdräumliche Distanzen lassen sich somit<br />

in ökonomische Rational-Choice-Theorien einbauen. 13<br />

Diese Theorien sind – wie alle<br />

Theorien – Konstruktionen; aber mit ihrer Hilfe läßt sich etwas beobachten, was sich ohne<br />

sie nicht beobachten läßt; z. B. wieviele Individuen überhaupt eine Zeitaufwand minimierende<br />

<strong>Verkehr</strong>smittelwahl vornehmen (vgl. Wermuth 1980). Auch die Hypothese einer hinsichtlich<br />

der Weglängen ‘optimalen oder maximalen Reichweite’ der einzelnen <strong>Verkehr</strong>smittel<br />

basiert auf dieser Theorie. 14<br />

Jedenfalls können erst auf der Basis einer Theorie, in die ‘<strong>Raum</strong>’ explizit als ‘gedeute<strong>ter</strong><br />

<strong>Raum</strong>’ (im Sinne von Scheiner), bei uns in Form von Transportkosten, eingeht, Hypothesen<br />

über die ‘Wirkung des <strong>Raum</strong>s’ empirisch überprüft werden. Abgesehen von<br />

Wermuths Arbeit, in der wegen des gewählten Entscheidungsmodells nur zwischen zwei<br />

<strong>Verkehr</strong>smitteln un<strong>ter</strong>schieden wurde, sind mir allerdings kaum Arbeiten bekannt, die<br />

überhaupt den Versuch machen, den <strong>Ein</strong>fluß der Weglänge auf die <strong>Verkehr</strong>smittelbenutzung<br />

analytisch quantitativ zu erfassen.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch die Feststellung Scheiners von In<strong>ter</strong>esse, „dass die<br />

Trennung von <strong>Raum</strong>struktur- und Wahleffekten artifiziell ist“ (S. 35). Ich denke, wenn empirische<br />

Forschung überhaupt einen Sinn machen soll, muß sie ‘artifiziell’ sein. Das heißt,<br />

sie sollte versuchen, ‘latente’ Strukturen aufzudecken; sie muß in ihrer Beobachtung mit<br />

Un<strong>ter</strong>scheidungen operieren, die andere sind als die Un<strong>ter</strong>scheidungen der von ihr beobachteten,<br />

selbst wiederum beobachtenden Systeme (z. B. <strong>Verkehr</strong>steilnehmer). 15<br />

Es erscheint<br />

jedenfalls wenig Gewinn bringend, nur die Beobachtungen der Beobachteten zu replizieren.<br />

Und der Hinweis Scheiners – es gebe „jedoch <strong>Raum</strong>strukturen, die bestimmte<br />

<strong>Verkehr</strong>smittel begünstigen“, was „am realisierten Handeln der Bewohner ablesbar“ sei (S.<br />

35) – ist wenig hilfreich, wenn vollkommen unbestimmt bleibt, was mit ‘ablesen’ gemeint<br />

ist, besser: welche Un<strong>ter</strong>scheidungen beim ‘Ablesen’ getroffen werden. Man landet dann in<br />

einem nebulösen Nirwana und kann vielleicht noch festellen, daß sich mit der Siedlungsstruktur<br />

– im Fall von Erfurt etwa differenziert nach Stadtzentrum, übrige Kernstadt und<br />

Dorfgebiete – der <strong>Verkehr</strong>saufwand und der Modal Split im Personenverkehr ändern (vgl.<br />

Hesse 2001, Abb. 1, S. 101, und Abb. 2, S. 102). Man weiß aber als Geograph, <strong>Raum</strong>planer,<br />

Stadtsoziologe etc., daß mit der Siedlungsstruktur ebenfalls das <strong>Ein</strong>kommen und<br />

die Al<strong>ter</strong>struktur der <strong>Verkehr</strong>steilnehmer, die berufliche Tätigkeit, die Verteilung der Fahrtzwecke,<br />

die Pkw-Verfügbarkeit u. a. kovariieren. Wie läßt sich an einem solchen Datenbrei<br />

etwas durch empirische Analyse ‘ablesen’, ohne zuvor methodisch sauber, d. h. nachvollziehbar<br />

und überprüfbar einzelne hypothetische Wirkungen auf die <strong>Verkehr</strong>smittelbenutzung<br />

getrennt zu haben? Und dies trotz der bekannten Schwierigkeiten, die damit<br />

verbunden sind.

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