Antike Astronomie: Von Eudoxos bis zum Almagest - Mathematik.de
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Die astronomischen Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>s <strong>Eudoxos</strong> von Knidos<br />
Die Rekonstruktion <strong>de</strong>r astronomischen Mo<strong>de</strong>lle von <strong>Eudoxos</strong> ist trotz <strong>de</strong>s Verlustes<br />
seiner Werke möglich, weil wir glücklicher Weise zwei einschlägige antike Quellen haben,<br />
die die Leistung <strong>de</strong>s <strong>Eudoxos</strong> besprechen: Einerseits das Kapitel 8 aus <strong>de</strong>m XII. Buch <strong>de</strong>r<br />
Metaphysik von Aristoteles, sowie an<strong>de</strong>rerseits die Ausführungen <strong>de</strong>s spätantiken<br />
Aristoteles Kommentators Simplikios (Simplicius).<br />
<strong>Eudoxos</strong> ging von einer Kugelgestalt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> aus. Er kannte 7 astronomische Objekte,<br />
die sich relativ <strong>zum</strong> Fixsternhimmel bewegen: Sonne, Mond und die fünf Wan<strong>de</strong>lsterne<br />
Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Für je<strong>de</strong>s dieser 7 astronomischen Objekte hat<br />
<strong>Eudoxos</strong> je ein eigenes Mo<strong>de</strong>ll entwickelt. Sie bestehen jeweils aus <strong>de</strong>r äußeren<br />
Fixsternsphäre und 2 o<strong>de</strong>r 3 inneren Spähren. Die innerste Sphäre trägt dabei jeweils das<br />
astronomische Objekt. Im Zentrum <strong>de</strong>r homozentrischen Sphären ruht die Er<strong>de</strong>. Sie führt<br />
auch keine Eigendrehung aus. Mit je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r 7 Mo<strong>de</strong>lle kann nur die Bahn eines einzigen<br />
<strong>de</strong>r 7 Himmelskörpers mo<strong>de</strong>lliert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Fixsternsphäre dreht sich einmal pro (si<strong>de</strong>rischem) Tag 12 um 360°. An <strong>de</strong>r<br />
Fixsternsphäre ist die erste innere Sphäre über eine Drehachse befestigt. So wird die<br />
erste innere Sphäre einerseits mit <strong>de</strong>r Fixsternsphäre mitgeführt, an<strong>de</strong>rseits dreht sie sich<br />
aber auch relativ zur Fixsternsphäre. Ganz analog ist die zweite innere Sphäre an <strong>de</strong>r<br />
ersten inneren Sphäre befestigt. Für die Mo<strong>de</strong>llierung <strong>de</strong>s Sonnen- und Mondbahn<br />
verwen<strong>de</strong>t <strong>Eudoxos</strong> jeweils nur zwei innere Sphären. Dort ist das astronomische Objekt<br />
(eben Sonne o<strong>de</strong>r Mond) auf <strong>de</strong>r zweiten inneren Sphäre befestigt. Bei <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llierung<br />
<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>lsterne Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn setzt <strong>Eudoxos</strong> aber drei innere<br />
Sphären ein. Hier ist dann <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>lstern auf <strong>de</strong>r dritten inneren Sphäre befestigt.<br />
Der in <strong>de</strong>r Skizze dargestellte Querschnitt (s. Abb. 4, nächste Seite) bezieht sich auf die<br />
nur äußerst selten eintreten<strong>de</strong> Konstellation, dass alle Drehachsen in einer Ebene liegen.<br />
Das ist natürlich im Regelfall nicht so. Der Querschnitt einer typischeren Situation wäre<br />
allerdings nicht so informativ. 13<br />
Durch die Winkel, die die Drehachsen miteinan<strong>de</strong>r bil<strong>de</strong>n, die Orientierung <strong>de</strong>r Drehung<br />
und die unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Drehungen lassen<br />
sich sehr komplexe Muster <strong>de</strong>r Bewegung gegenüber <strong>de</strong>r Fixsternsphäre erzeugen. Und<br />
das, obwohl die Winkelgeschwindigkeit an je<strong>de</strong>r einzelnen Drehachse konstant ist.<br />
Einerseits können so komplexe Bewegungsabläufe und auch retrogra<strong>de</strong><br />
Bewegungsphasen mo<strong>de</strong>lliert wer<strong>de</strong>n, an<strong>de</strong>rerseits wer<strong>de</strong>n die Bewegungen <strong>de</strong>r<br />
Himmelskörper durch Überlagerung perfekt kreisförmiger Bewegungen nachgeahmt.<br />
Damit verbin<strong>de</strong>t <strong>Eudoxos</strong> in seinen sieben Mo<strong>de</strong>llen das Streben nach genauer<br />
Mo<strong>de</strong>llierung <strong>de</strong>r Naturphänomene mit <strong>de</strong>n philosophisch-ästhetischen Grundsätzen aus<br />
Platons Überlegungen zur Himmelsmechanik. Für Platon kamen nämlich nur gleich- wie<br />
kreisförmige Bewegungen als Grundlage <strong>de</strong>r Himmelsmechanik in Betracht. 14<br />
12 Der bürgerliche Tag von Sonnenhöchststand zu Sonnenhöchststand dauert bekanntlich 24 Stun<strong>de</strong>n. Der si<strong>de</strong>rische<br />
Tag ist ca. 4 Minuten kürzer. Aus mo<strong>de</strong>rner Sicht gesprochen ist ein si<strong>de</strong>rischer Tag die Zeit, die die Er<strong>de</strong> benötigt,<br />
um sich relativ <strong>zum</strong> Fixsternhimmel einmal um die eigene Achse zu drehen. <strong>Eudoxos</strong> wusste wahrscheinlich schon,<br />
dass die scheinbare Umdrehung <strong>de</strong>s Fixsternhimmels weniger Zeit benötigt, als ein Sonnentag dauert. Wie genau er<br />
damals schon die Zeitdifferenz bestimmen konnte ist allerdings unklar.<br />
13 Vielleicht ist <strong>zum</strong> Erfassen <strong>de</strong>r Grundi<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r <strong>Eudoxos</strong> Mo<strong>de</strong>lle auch ein Blick auf folgen<strong>de</strong>s Bild im Internet<br />
hilfreich: http://www.astro.washington.edu/tjbook/eudoxusmo<strong>de</strong>l.jpg<br />
14 Siehe hierzu auch: Platon – <strong>Mathematik</strong>, I<strong>de</strong>enlehre und totalitäre Staatsutopien unter<br />
http://www.antike-griechische.<strong>de</strong>/Platon.pdf (Abschnitt: Platons Aka<strong>de</strong>mie)<br />
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