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heit, Industrie und Militär, während sich der<br />
private Gebrauch erst langsam und ausschliesslich<br />
für die Aufzeichnung von Fernsehprogrammen<br />
abzuzeichnen beginnt. Verbreitetes<br />
Format in Industrie, Erziehung und Kunst<br />
ist seit den späten 60er-Jahren das 1 /2 Zoll<br />
breite Band auf offenen Spulen und mit<br />
schwarz-weissem Bild, das erst in seiner letzten<br />
Entwicklungsstufe normiert wurde, dem<br />
sogenannten Japan-Standard 1, oder EIAJ-1.<br />
Jean Otth hat bis Anfang 1976 auf der Vorläuferserie<br />
dieser Norm gearbeitet, mit dem Sony-<br />
CV-System. Einige seiner bekannten Bänder<br />
befinden sich – bereits früher gesichert – in<br />
öffentlichen Sammlungen. Die grösste Zahl von<br />
Titeln verzeichnet die Mediathek des Centre<br />
pour l’image contemporaine in Genf (siehe Artikel),<br />
nämlich deren 37. Eine grössere Anzahl<br />
von Werken liegt hingegen noch im Original und<br />
als Unikat vor, ist also seit der Entstehungszeit<br />
nie kopiert bzw. gesichert worden.<br />
Evaluation der Rettung<br />
In einer ersten Evaluationsphase wurden einige<br />
der ältesten Bänder an der Hochschule der<br />
Künste Bern, Fachbereich Konservierung und<br />
Restaurierung, behandelt und kopierfähig<br />
gemacht, um grundsätzlich abzuklären, ob eine<br />
Rettung dieses einmaligen Fundus möglich<br />
wäre und mit welchem Aufwand. In der reichhaltigen<br />
Gerätesammlung der HKB, die mit<br />
Mitteln des vom BAK unterstützten Projektes<br />
AktiveArchive vom Autor in jahrelanger Recherchearbeit<br />
zusammengetragen wurde, befinden<br />
sich CV-Geräte in exzellentem Zustand, sodass<br />
der Erfolg der Transferarbeiten nur vom<br />
Zustand der Bänder, und selbstverständlich<br />
des bis in detaillierte elektronische und restauratorische<br />
Kenntnisse reichenden Knowhows<br />
abhängig ist. Wir haben feststellen können,<br />
dass die Bänder mit entsprechendem<br />
Aufwand wieder spielbar gemacht werden<br />
können. Dies ist keine Selbstverständlichkeit,<br />
zersetzt sich doch das Bindemittel, welches<br />
die Magnetpartikel und damit die Information<br />
trägt, allmählich in einem sogenannten hydrolytischen<br />
Prozess. Um ein stark degradiertes<br />
Band in optimaler Qualität unkomprimiert<br />
digital ablegen zu können, kann bis zu einem<br />
Tag Arbeit aufgewendet werden.<br />
Absicht oder Schaden?<br />
Anhand eines seiner bekanntesten Bänder aus<br />
der Folge der TV-Perturbations, «Hommage à<br />
Mondrian», haben wir auch Aufschluss über<br />
die erfolgten absichtlichen Störungen des<br />
Signals und damit der Herstellungsweise des<br />
Bandes gewinnen können. Zusammen mit<br />
dem Techniker Serge Marendaz hat Otth das<br />
Videosignal direkt, also ohne Effektgerät, mit<br />
einer entsprechend starken Sinusschwingung<br />
überlagert, wie aus dem Oszillogramm beim<br />
Abspielen abzulesen ist. Dies beeinträchtigt<br />
nun allerdings auch die in das Videosignal<br />
eingebetteten Synchronimpulse, sodass diese<br />
von folgenden Geräten wie dem Monitor<br />
oder einem Videorekorder nicht richtig erkannt<br />
werden. Das bewirkt einen Teil der beabsichtigten<br />
Störung, die immer auch ein zufälliges<br />
Moment hat, weil jedes Wiedergabegerät auf<br />
seine Art reagiert. Während wir die Arbeit auf<br />
einem alten Monitor der Entstehungszeit und<br />
ab Originalband authentisch vorführen können,<br />
hat das Digitalisat die Störung sozusagen<br />
ein für alle Mal festgelegt: Sie sieht von nun<br />
an auf allen Geräten gleich aus. Das Oszillogramm<br />
zeigt den Grund: Die untere Hälfte<br />
des Signals ist nun schnurgerade ausgerichtet,<br />
weil sie in der Digitalisierkette ersetzt werden<br />
musste – der Preis für die stabile Reise in die<br />
Zukunft.<br />
DOSSIER VIDEO<br />
<strong>MEMORIAV</strong><br />
Bild oben: absichtlich gestörtes<br />
Signal, ab CV-2100. Bild unten:<br />
digitalisiertes Signal mit neuen<br />
Synchronimpulsen, ab Final<br />
Cut (zu: Jean Otth, «Hommage<br />
à Mondrian»).<br />
Foto: Johannes Gfeller, AktiveArchive/<br />
Hochschule der Künste Bern HKB<br />
M EMORIAV <strong>BULLETIN</strong> NR.1 4 13