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MEMORIAV BULLETIN

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Das ausgeklügelte System,<br />

um das Ausleihen der verschiedenen<br />

Sprachversionen pro<br />

Kassette zu verwalten.<br />

Foto: Laurent Baumann, Memoriav.<br />

18 M EMORIAV <strong>BULLETIN</strong> NR.1 4<br />

Wie hat es bei «Les Videos» mit<br />

dem Verleih von Filmen auf VHS begonnen?<br />

Fabio: Ich bin erst seit zehn Jahren dabei. Gründer<br />

war Guido Ryhn. Der hat vor gut 20 Jahren<br />

am Bahnhof Oerlikon einen Kiosk gepachtet<br />

und dort erste Videokassetten vermietet.<br />

Leute, die den Sonntagsblick kauften, konnten<br />

so noch einen Film oder zwei mitnehmen.<br />

Wurden auch andere<br />

Videoformate angeboten?<br />

Fabio: Ja, schon damals konnte man bei «Les<br />

Videos» Filme in verschiedenen Formaten<br />

ausleihen. So zum Beispiel auf Beta (Betamax).<br />

Bei unserer letzten Aufräumaktion sind sogar<br />

grosse Laserdiscs von der Grösse einer 33-Touren-LP,<br />

aber silbrig, zum Vorschein gekommen.<br />

Soviel ich weiss, sammelt ein Kollege von der<br />

Videothek «Sphynx» noch die Abspielgeräte<br />

dazu. Schliesslich hat sich VHS durchgesetzt.<br />

Beta wäre ja eigentlich besser gewesen.<br />

Wie kam es zu diesem französischen<br />

Namen für eine Zürcher Videothek?<br />

Fabio: Guido hatte schon immer ein Flair fürs<br />

Französische. Da man bei den VHS-Kassetten<br />

die Sprache nicht anwählen konnte, hat er<br />

dieselben Filme auch auf Französisch gekauft.<br />

Die Idee war vor allem, eine Französisch sprechende<br />

Stammkundschaft aufzubauen.<br />

Und diese französischen<br />

VHS-Kassetten verleiht ihr heute noch?<br />

Fabio: Ja, aber vor zwei Wochen haben wir<br />

einen Teil entsorgt. Das waren amerikanische<br />

Filme auf Französisch. Es machte einfach keinen<br />

Sinn mehr, Filme wie zum Beispiel «Goodfellas»<br />

von Scorsese auch noch auf VHS zu<br />

haben.<br />

Die französischen Filme in Originalsprache<br />

haben wir hingegen auf VHS behalten.<br />

Wie viele waren es?<br />

Fabio: Rund 300 Kassetten.<br />

Was war der Grund?<br />

Fabio: Wir brauchten vor allem Platz. Wir haben<br />

noch nie Kassetten fortgeworfen. Es war das<br />

erste Mal. Nur einmal haben wir VHS-Kassetten,<br />

die wir doppelt und dreifach hatten, jemandem<br />

geschenkt. Das heisst, der hat dafür<br />

unser Treppenhaus neu gestrichen und im oberen<br />

Stock den Boden neu verlegt. Ein Tauschgeschäft<br />

wie es sein soll. Aber zuallererst<br />

haben wir die Pornobänder weggeworfen. Erst<br />

dann kamen die französischen Filme weg.<br />

Wie habt ihr die Kassetten entsorgt?<br />

Fabio: Mit den Pornokassetten sind wir ins<br />

Hagenholz, in die Kehrrichtverbrennungsanlage<br />

an der Zürcher Stadtgrenze gefahren.<br />

Das hat gutgetan. Eine Art innere Reinigung.<br />

Gibt es überhaupt noch Kunden,<br />

die VHS-Kassetten ausleihen wollen?<br />

Antje: Es gibt vor allem solche, denen es egal<br />

ist. DVD oder VHS, meistens ist es den Kunden<br />

gar nicht so wichtig. Für uns ist es aber praktisch.<br />

Wir können so immer etwas anbieten.<br />

Lange Zeit konnte man mit DVD auch nicht aufnehmen.<br />

Und so gab es viele Kunden, die für<br />

das Kopieren von Filmen VHS vorzogen. Zum<br />

Beispiel Werbeagenturen, die besser mit Videokassetten<br />

einzelne Szenen herauskopieren<br />

konnten. Das ist jetzt kein Thema mehr.<br />

Das heisst, der Träger spielt keine Rolle?<br />

Antje: Wenn sie wählen können, ziehen sie<br />

natürlich die DVD vor. Es ist ja auch eine bessere<br />

Qualität des Bildes. Trotzdem haben auch<br />

heute noch viele Leute keinen DVD-Player,<br />

aber ein VHS-Gerät zu Hause. Die sind froh<br />

wenn wir noch Kassetten dazu haben. Es gibt<br />

natürlich auch die «Boykott-Typen», bei denen<br />

neue Techniken nicht ins Haus kommen. Die<br />

finden es toll, dass es bei uns noch richtige<br />

Videokassetten gibt. Aber die meisten merken<br />

mit der Zeit, dass sie die neusten Filme gar<br />

nicht mehr anschauen können, und kaufen sich<br />

dann einen DVD-Player. Und schon bist du drin.

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