KoBo - Bonstetten

KoBo Freizeit
Frühlingserwachen im Internet
Suchen auf partnerwinner.ch, singles.ch oder parship.ch – manchmal klappt's aber auch im Lärchenmärt. (Bild: pixelquelle)
Von Barbara Maier
Wenn Krokusse spriessen, der Himmel
wie ein grosser Swimmingpool leuchtet
und die ersten warmen Sonnenstrahlen
verliebte Pärchen ins Freie locken, fassen
Singles wie ich Vorsätze. Sie loggen sich
auf einschlägigen Websites ein, um endlich
fündig zu werden. Das Geschäft mit
den einsamen Herzen boomt. Darum ist
die Wahl der passenden Verkupplungssite
schwierig: parship.ch will dank ausgefeilten
Psychotests das Auffi nden eines Beziehungskandidaten
mit gleicher Wellenlänge
erleichtern. Partnerwinner.ch setzt
auf einen ausführlichen Fragebogen. Bei
singles.ch stellt man ein Inserat mit seinem
Foto ins Netz.
Schliesslich hatte ich mich für eine
Adresse entschieden, ein lustiges Textchen
geschrieben und ein brauchbares Bild
aufgetrieben. Schon landeten die ersten
Nachrichten in meiner Mailbox. Päde72*
schickte ein verschwommenes Porträt von
den Ferien auf Ibiza mit Sangriakübel.
Th eWhip suchte eine Gespielin für besondere
Stunden. Schamane1 erzählte von
seiner Vogelspinne... Und ein Date vom
18 KoBo 01/08
letzten Jahr meldete sich: «Hoi du, bisch
au wider da?»
«Eigentlich habe ich keine Lust mehr»,
dachte ich. Wieder hin- und her-schreiben.
Sich über Hobbys austauschen, erzählen
wie man sich eine Beziehung vorstellt.
Dann das erste Treff en. Aus Eitelkeitsgründen
oder aufgrund einer Datingüberdosis
bleibt es oft auch das letzte: Ich
fi nde es stillos, dicke Pullis in die Hose zu
stopfen und den Gürtel unter den Armen
zu tragen. Er fi ndet meine neuen und - wie
ich denke - äusserst coolen Cowboystiefel
billig.
Es war Zeit, neue Wege zu gehen. Wie
es der Zufall wollte, rief mich mein Bruder
an. «Ich habe ein Blinddate für dich organisiert!
- Er mag Sciencefi ctionfi lme und
ist sportlich.» Ich frage nach seinem Namen.
Den könne er nicht verraten, dies sei
schliesslich ein absolutes Blinddate. «Wie
sieht er aus?», bohrte ich. Reto seufzte. «Er
hat kurze braune Haare.» Als ich neugierig
das Terrasse beim Bellevue betrat, war
es rappelvoll mit braunhaarigen Männern.
Mein Date wollte an der Bar auf mich
warten. «Da ist ja Retos Schwester», sagte
ein Braunhaariger. «Bist du die Blondine,
mit der ich ein Blinddate habe?» Es war
der velobegeisterte Arbeitskollege meines
Bruders. Er kam gleich auf sein Lieblingsthema
zu sprechen. «Reto erzählte, dass du
«Star Trek» magst», meinte er. «Was hältst
du denn von der zweiten Staff el? Findest
du sie auch psychologisch tiefgründiger als
die Folgen aus den Neunzigern?» Vermutlich
hatte Reto meine Schwäche für Actionfi
lme zur «Star Trek»-Begeisterung
erklärt. Der Abend blieb folgenlos, wir haben
uns nicht mehr gesehen.
Das ist eigentlich egal. Denn nach Parship
und Co. ist die Wirklichkeit prickelnder
als das Netz. Gut möglich, dass ich damit
einen neuen Trend ausgemacht habe:
vom Bekanntenkreis arrangierte Treff en,
sozusagen zurück zu den Anfängen des
Datens. Für den noch ultimativeren Kick
kann man dann die Sache selber in die
Hand nehmen. Denn die Realität bietet
Millionen Gelegenheiten. Eine ist davon
ist der Lärchenmärt am Samstagmorgen.
Darum werde ich für meine Einkäufe die
neuen, sehr coolen Cowboystiefel anziehen.
Man weiss nie.
*Alle Namen und Nicknames geändert.