10.07.2015 Aufrufe

Ausgabe 4, Mai 2013 - Quartier-Anzeiger Archiv

Ausgabe 4, Mai 2013 - Quartier-Anzeiger Archiv

Ausgabe 4, Mai 2013 - Quartier-Anzeiger Archiv

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ein Zürcher zwischen Off-Broadway und HollywoodRafael Svarin ist ein 25jähriger Witiker, der Schauspielerwerden wollte. Inzwischen hat er sein Ziel erreicht. Aberwarum lernte er seine Kunst nicht an einer der deutschsprachigenTheaterschulen in Europa, sondern an eineramerikanischen Schule in New York? Ein Monolog zu dieserund anderen Fragen über seinen Beruf.«Die plumpe Antwort wäre wohl, dassich in New York im Gegensatz zu Berlin,München oder Wien an einer der bestenSchulen der Welt angenommen wurde.Aber das ist nur die logistische Antwort.New York ist das kulturelle, finanzielleund auch künstlerische Zentrum der USAund, wenn nicht der ganzen, dann mindestensder sogenannt westlichen Welt.Hier finde ich alles, was ich brauche: Inspiration,Weltoffenheit, Bewegung unddie Möglichkeit meinem Traum vomSchauspiel nachgehen zu können ohneblöd angeschaut zu werden und ohne dassjemand fragt, ob ich denn nicht zuerst etwas«Richtiges» lernen möchte oder wasich denn «danach» machen wolle, wasmein Plan B sei... Hier weiss man, dassSchauspiel etwas «Richtiges», etwas Echtesist, und wenn jemand seinen Traumverfolgt, seiner Leidenschaft mit aller Vehemenznachgeht, ohne einen Plan B habenzu wollen, dann wird er unterstütztund bewundert. Es ist möglich. In NewYork sowieso. Hier zählt noch, was mankann und nicht wie in Europa, woher mankommt, wo man studiert und mit welchenRafael (r.) in Vincent d’Onofrios (2.v.r.) Meisterklasse.Noten man abgeschlossen hat. Das elitäreAkademiesystem, welches in Europaauch auf die Schauspielerei angewendetwird, hat hier keine Bedeutung.Wo schon James Dean lernteMeine Schule, das Lee Strasberg Theatreand Film Institute, ist keine Universität,da gibt es keine BA’s und MA’s und Notenoder Prüfungen. Man studiert undtrainiert Schauspiel mit Meistern ihresFachs. Lehrer, welche selber noch unterLee Strasberg studierten. Dem Mann, derSchauspiel revolutioniert und dem HandwerkSchauspiel ein Werkzeug gegeben,das Schauspiel während des letzten Jahrhundertsauf neue Ebenen gehoben hat.Von James Dean, Marilyn Monroe, KimStanley oder Marlon Brando bis hin zu AlPacino, Robert De Niro oder DustinHoffman – alle haben sie unter Strasbergtrainiert.Die Lee Strasberg Schule lässt sein Erbeweiterleben und schleift Rohsteine zuDiamanten. Es geht um Talent, Leidenschaft,Disziplin, Eigeninitiative, viel harteArbeit und vor allem Liebe. Liebe zurKunst, zum Handwerk Schauspiel undLiebe zum Kampf gegen die Herausforderungen,die ein Leben und Schaffen alsSchauspieler mit sich bringen.Mit dem Theater aufgewachsenDie Theater- und Filmwelt in New Yorkund den USA ist bei weitem nicht so arrogantund elitär, wie sie es zum Beispiel inder deutschsprachigen Welt ist. Jeder darfes versuchen, und wer gut ist, kriegt seineAnerkennung und hat Erfolg. Weil Talentund Fähigkeit sich eben gut vermarktenlassen. Den künstlerischen Verlust durchdie absolute Vormachtstellung des Kapitalsbei der Entscheidungsbildung in soziemlich jedem Business und in jederLage beklage ich zwar oft und gerne,trotzdem bedeutet es, dass hier die Nachfrage– sprich das Publikum – letztlichdoch grossen Einfluss hat und so jeder,der genug Leute für ein Projekt begeisternkann, auch eine Plattform kriegt umseine Anerkennung zu ernten. Die Menschenhier lieben Film und Theater undwachsen damit auf. Man weiss die Arbeithinter einer guten Leistung zu schätzenund ist deutlich offener für Neues.Und so ist ein Abend im Theater (zumindestnicht am touristengefüllten kommerziellenBroadway) weder ein Privileg,noch ist er so chic, dass man nicht öftersals ein Mal pro Monat hingehen würde.Er ist auch nicht spezieller als ein Abendim Kino oder in der Bar – er ist schlichtnormal.Die Möglichkeiten hier sind unendlich.Natürlich zieht dies auch viel Konkurrenzan, aber das Verhältnis zwischen Projektenund Konkurrenz ist für mich alsSchauspieler deutlich ausgewogener alsin Europa. Es gibt vielleicht mehr Leutehier mit demselben Ziel, aber auch jedeMenge Möglichkeiten dieses Ziel zu erreichen.Auch bin ich nicht hierher gekommen umim Mittelfeld zu spielen. Ich wäre nicht inNew York, hätte ich nicht den Glauben andie Möglichkeiten, die sich mir hier bieten,an meine Fähigkeiten und mein Talent,aber auch das Wissen, durch konstantesTraining und harte Arbeit an mirund meinem Handwerk – und natürlichmit der nötigen Portion Glück – besser zusein als die meisten und Erfolg zu haben.Auf dem Set mit Leonardo di CaprioUnd New York erlaubt, ja fördert das sogar.Hier kann ich meine eigenen Projekteauf die Bühne bringen, mich als Regisseurversuchen, in Studentenfilmen undkleineren Produktionen Erfahrung sammeln.Gleichzeitig kann ich im neustenMartin Scorsese-Film «The Wolf of WallStreet» zusammen mit Leonardo Di Capriovor der Kamera stehen und von denBesten meines Fachs lernen. Das geht nurhier, nirgends sonst.Im September 2010 begann für mich daszwei Jahre dauernde Abenteuer LeeStrasberg Theatre and Film Institute inManhattan. Dort studiert man Schauspielnach der «Methode» Lee Strasbergs. DieseTechnik basiert auf dem sogenannten«Sense Memory»: Der Idee, dass unsereSinne ein Gedächtnis haben und wir unsdaran erinnern, wie Dinge ausgesehen,gerochen, geschmeckt, usw. haben unddass unser Körper auf gewisse Erinnerungenreagiert. Das heisst, dass ich alsSchauspieler in meiner Vergangenheitkrame und nach Situationen und Gefühlensuche, welche irgendwie mit derRealität der zu spielenden Szene zusammenhängen.Somit stimuliere ich meinenKörper zu einer realen Reaktion auf eineDreharbeiten zu «Creature».(Foto zvg)fiktive Situation und kreiere so eine wahreund echte Darstellung.»Die beiden Theaterstücke «Diary of aMadman» von Nikolaj Gogol (war alsGastspiel auch in Zürich zu sehen) und«His Majesty, the Devil», in denenRafael Svarin als Dramaturg und Co-Regisseur arbeitete, wurden dieses Jahrans Edinburgh Festival Fringe eingeladen,weltweit eines der grössten Theaterfestivals.(ee)22

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!