aus der <strong>Pfarrei</strong> <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong> <strong>und</strong> <strong>Paul</strong> | Rat<strong>in</strong>gen Warum gibt es so viel Leid <strong>in</strong> Gottes guter Schöpfung? Naturkatastrophen erschüttern den Glauben Immer wieder erschüttern die Nachrichten von schweren Naturkatastrophen unseren Glauben: Wie kann man angesichts von Erdbeben, Orkanen, Tsunamis <strong>und</strong> Vulkanausbrüchen, die unzählige Menschenleben fordern <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Bild der Verwüstung h<strong>in</strong>terlassen, an e<strong>in</strong>e gute Schöpfung <strong>und</strong> an e<strong>in</strong>en gerechten <strong>und</strong> zugleich allmächtigen Gott glauben? Die Frage ist nicht neu, denn schon im alttestamentlichen Buch Hiob wurden die damals gängigen religiösen Deutungsmuster ausge- 6 hebelt: Zum e<strong>in</strong>en ließ sich der Glaube an den „Tun-Ergehens-Zusammenhang“ nicht aufrechterhalten: Wer Gutes tut, dem ergeht es gut, <strong>und</strong> wer Schlechtes tut, dem ergeht es schlecht. E<strong>in</strong>erseits musste diese Sichtweise angesichts guter Menschen, die leiden mussten, fallen gelassen werden. Andererseits widersprechen ihr die durch <strong>und</strong> durch böswilligen Ausbeuter <strong>und</strong> rücksichtslosen Absahner, denen es überaus gut geht. Nur ganz selten lassen sich die schädlichen Folgen von schlechtem Verhalten direkt nachweisen (wer zum Beispiel maßlos raucht, wird sich e<strong>in</strong>e Raucherlunge zulegen). E<strong>in</strong>e zweite gängige Glaubensme<strong>in</strong>ung war, dass Leiden e<strong>in</strong>e <strong>St</strong>rafe Gottes für sündiges Verhalten seien <strong>und</strong> Gott mittels dieser Leiden versuche, die Menschen zum Guten h<strong>in</strong> zu erziehen. Auch dieser Gedanke erfährt im Buch Hiob e<strong>in</strong>e klare Abfuhr. Nur weil der e<strong>in</strong>e oder die andere <strong>in</strong> der Situation des Leidens e<strong>in</strong>en neuen Blick auf das Leben gew<strong>in</strong>nt <strong>und</strong> zu neuen Wertigkeiten f<strong>in</strong>det, lässt sich das noch lange nicht generalisieren. Im Gegenteil: Solche Versuche, dem Leiden e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n beizumessen, kl<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> vielen Leidenssituationen geradezu zynisch. Übrigens weist auch unser Herr Jesus Christus solche Zusammenhänge entschieden zurück! Doch bis heute tauchen solche Deutungsmuster immer wieder auf: Die Frage „Womit habe ich das verdient?“ setzt voraus, dass es Menschen gibt, die ihr Leid verdient hätten. Und schon haben uns die uralten Denkweisen wieder, die wir längst überw<strong>und</strong>en glaubten. Allmacht Gottes Wer die Allmacht Gottes mit den Worten „alles-machen-können“ gleichsetzt, wird an se<strong>in</strong>em Glauben schier verzweifeln. Denn: Wenn Gott alles machen kann, warum tut er es dann nicht? Wenn Gott nicht e<strong>in</strong>greift, obwohl er es könnte <strong>und</strong> Unheil zulässt, obwohl er es verh<strong>in</strong>dern könnte, müsste er e<strong>in</strong> Willkürherrscher <strong>und</strong> e<strong>in</strong> grausamer Despot se<strong>in</strong>! Das zeigt, so e<strong>in</strong>e Vorstellung von der Allmacht Gottes hilft uns nicht weiter <strong>und</strong> führt uns von dem Nährenden <strong>und</strong> <strong>St</strong>ärkenden unseres Glaubens weit weg. Biblisch gesehen gründet das Bekenntnis zur Allmacht Gottes <strong>in</strong> der Zeit, <strong>in</strong> der jedes Volk noch se<strong>in</strong>e eigene Gottheit verehrte. Nun galt es festzuhalten, dass der Gott des Volkes 7 Israel der Mächtigste <strong>und</strong> Höchste unter den Göttern ist. Später entwickelte sich dann die Überzeugung, dass es nur e<strong>in</strong>en Gott gibt <strong>und</strong> daher die Verehrung der vielen Völker letztendlich diesem e<strong>in</strong>en Gott gilt, wenn auch auf unterschiedlicher Weise. Gott ist der E<strong>in</strong>e, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schöpfung wirkmächtig ist. Ihm steht ke<strong>in</strong>e andere Macht auf Augenhöhe gegenüber, auch ke<strong>in</strong> böses Gegenpr<strong>in</strong>zip (wie z. B. der Teufel), mit dem er um se<strong>in</strong>en Machte<strong>in</strong>fluss kämpfen müsste. Der „<strong>in</strong> allem mächtige“ Gott ist der tragende Gr<strong>und</strong> von allem, was lebt <strong>und</strong> existiert. Se<strong>in</strong>e Allmacht besteht dabei nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Alle<strong>in</strong>wirksamkeit, sondern <strong>in</strong> der Größe, se<strong>in</strong>e Geschöpfe <strong>in</strong> ihre eigene Macht <strong>und</strong> Verantwortlichkeit frei zu lassen. Damit endet die Macht Gottes an der Freiheit se<strong>in</strong>er Schöpfung <strong>und</strong> an der Freiheit des Menschen, der als Krone der Schöpfung gilt. Möchten wir diese Freiheit? Oder möchten wir angesichts von Krankheit <strong>und</strong> Naturkatastrophen die E<strong>in</strong>trittskarte zu dieser Welt lieber zurückgeben? Ist die Freiheit wirklich e<strong>in</strong> so hoher Wert, dass wir bereit s<strong>in</strong>d, diesen Preis dafür zu bezahlen? Entwicklungspsychologie Entwicklungspsychologisch gesehen macht jeder Mensch e<strong>in</strong>en Wandlungsprozess durch: Er muss sich <strong>in</strong> frühk<strong>in</strong>dlichen Jahren aus der Symbiose mit der nährenden Mutter lösen, die Phase der magischen Vorstellungen <strong>und</strong> Allmachtsphantasien überw<strong>in</strong>den, wie er sie <strong>in</strong> der k<strong>in</strong>dlichen Märchenwelt durchlebt, <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Umbruchszeit der Jugend entscheiden, ob er die Freiheit <strong>und</strong> Selbstverantwortung e<strong>in</strong>es Erwachsenenlebens mit se<strong>in</strong>en Chan-