Sagenhafter Harz
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Die Ölquelle<br />
tirol Der Achensee ist der größte See Tirols –<br />
und die Heimat der letzten Steinölbrenner Europas<br />
Insgeheim muss man doch ein wenig<br />
schmunzeln: „Österreichs einziger Fjord“<br />
– diese Beschreibung der Touristiker<br />
scheint etwas hoch gegriffen. Aber dann,<br />
in der Gondel der Rofanseilbahn, liegt der See<br />
direkt im Blickfeld: türkisblau schimmerndes<br />
Wasser, umrahmt von steilen Felsen des Karwendelgebirges,<br />
das zum Teil nur einen schmalen<br />
Fußpfad am Seeufer zulässt – plötzlich<br />
scheint der Vergleich gar nicht weit hergeholt.<br />
Fünf Dörfer gehören zum Achensee. Eines<br />
davon ist Pertisau, es liegt direkt am Seeufer<br />
mit Blick über das Wasser. Hier steht das Fürstenhaus<br />
Am Achensee – und nur wenige Schritte<br />
entfernt auch das imposan-<br />
te Steinölmuseum. Im spitzen<br />
Glasdach des Gebäudes brechen<br />
sich einige Sonnenstrahlen.<br />
Am Eingang wartet<br />
schon Hermann Albrecht.<br />
Seine Familie lebt seit mehr<br />
als hundert Jahren in Pertisau – und von dem<br />
Ölschiefer der umliegenden Berge. Albrecht ist<br />
Geschäftsführer des Familienunternehmens,<br />
das Tiroler Steinöl produziert. Heute trägt er<br />
Hemd und Krawatte, doch im Sommer hockt<br />
auch er im Familienbergwerk in einem Seitental<br />
des Karwendelgebirges, sprengt Schiefer aus<br />
dem Fels, zerlegt ihn mit einer Spitzhacke und<br />
befördert die Brocken schließlich zur Schwelanlage.<br />
Bei nur elf Mitarbeitern muss er selbstverständlich<br />
überall mitanpacken.<br />
„Eine harte Arbeit, heute wie damals“, sagt<br />
er und deutet auf die schwarz-weißen Fotos an<br />
den Museumswänden. Sie zeigen Albrechts Vater<br />
als jungen Mann, wie er Schiefer schleppt,<br />
und die Mutter als kleines Mädchen, wie es den<br />
Bergmännern Werkzeug reicht. „Meine Eltern<br />
klopften schon als Kinder Schiefer, bis sie vor<br />
Müdigkeit einschliefen.“ Und alles nur, um dem<br />
Stein das schwarze Gold abzupressen. Großvater<br />
Martin war es, der 1902 am westlichen Ufer<br />
des Achensees einen braunen Felsbrocken entdeckte<br />
und als Ölschiefer identifizierte. Das Öl<br />
stammt aus den fossilen Überresten, mehr als<br />
Seit jahrhunderten<br />
wird der flüssigkeit<br />
eine heilende wirkung<br />
nachgesagt<br />
50 Millionen Jahre lang lagerten sich in den<br />
Sedimentschichten des Ur-Mittelmeers Thetis<br />
tierische und pflanzliche Organismen ab. In<br />
Schwelöfen wird der Schiefer nun erhitzt, bei<br />
einer Temperatur von rund 450 Grad entweicht<br />
das Öl und wird dann zu verschiedenen Steinölprodukten<br />
weiterverarbeitet. Damit sind die<br />
Steinölbrenner vom Achensee, wie die Albrecht-<br />
Familie sich nennt, einzigartig in Europa. Schon<br />
seit dem 17. Jahrhundert wird der schwefelhaltigen<br />
Flüssigkeit eine heilende Wirkung nachgesagt,<br />
damals verkauften Wunderheiler in den<br />
Tiroler Bergdörfern sie als Medikament gegen<br />
so ziemlich alles – von Schürfwunden bis hin<br />
zu Zahnschmerzen. Heute<br />
vermarktet die Familie Albrecht<br />
das Öl als Kosmetikprodukt,<br />
nur so ist es frei<br />
verkäuflich. Eingesetzt wird<br />
es für Massagen oder Bäder.<br />
Rund 25 Minuten dauert das<br />
Steinöl-Bad im PURIA Premium Spa des Fürstenhaus<br />
Am Achensee, ein bisschen seltsam ist<br />
es am Anfang schon: Das Wasser ist pechschwarz<br />
und duftet nach Teer. Doch dann entfaltet<br />
die heilende Wärme ihre Kraft – und man<br />
möchte am liebsten gar nicht mehr aus der<br />
Wanne steigen.<br />
Außerhalb der Region sind die Produkte<br />
nur schwer zu finden – und das soll auch so<br />
bleiben. „Zu viel Schweiß, zu viel Geschichte<br />
steckt darin, als dass wir es in alle Welt verscherbeln<br />
wollten“, sagt Albrecht bestimmt.<br />
Zumal die Ressourcen endlich sind. Noch<br />
etwa zwei Generationen werden ihr Geld mit<br />
dem Ölschiefer verdienen können, dann ist<br />
das Vorkommen erschöpft.<br />
Und damit gehören sie<br />
dann auch der<br />
Vergangenheit<br />
an, die Stein-<br />
ölbrenner<br />
vom österreichischen<br />
Fjord.<br />
Höhenmesser<br />
von Großvater<br />
Albrecht.<br />
Harte Arbeit: Seit mehr als<br />
100 Jahren schuftet die Familie<br />
Albrecht im eigenen bergwerk,<br />
um den Ölschiefer abzubauen<br />
Achensee<br />
steinöl: Tiroler Steinöl Vitalberg,<br />
A-6213 Pertisau am Achensee,<br />
Tel. 0043 (5243) 20186. Das museum<br />
ist täglich von 9 bis 17 uhr geöffnet.<br />
www.steinoel.at<br />
Informationen: Tourismusverband<br />
Achensee, Rathaus 387,<br />
A-6215 Achensee,<br />
Tel 0043 (5246) 5300.<br />
www.achensee.info<br />
foto: tiRoleR steinöl<br />
foto: touRismusveRBand achensee<br />
Türkisblau<br />
schimmert der<br />
Achensee,<br />
rundherum<br />
schrauben sich<br />
die Felsen des<br />
Karwendelgebirges<br />
in die Höhe.<br />
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