BERGKNAPPE 106 - Bergbau Silberberg
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Abb. 5: Schmelzofen nach Agricola, 1556.<br />
angerichtet. Was wie das resignierte Aufstöhnen eines<br />
Lebensmittelchemikers angesichts der Glykol- und<br />
anderer Weinpanschskandale unserer Zeit klingt, ist<br />
in Wirklichkeit die bittere Feststellung des römischen<br />
Naturforschers Plinius, eine fast 2000 Jahre alte Kritik<br />
an den dubiosen Praktiken, mit denen schon römische<br />
Winzer und Händler den Wein schmackhafter<br />
und haltbarer zu machen bemüht waren. Künstliche<br />
Aromatisierung und Färbung des Weines waren in der<br />
römischen Kaiserzeit ebenso üblich, wie der Zusatz<br />
von tatsächlichen oder vermeintlichen Konservierungsmitteln.<br />
Die Palette dieser «Geheimrezepte»<br />
war breit: sie reichte von Pech und Harz über Gips,<br />
Marmorstaub, Pottasche und Schwefel bis zu Aschen -<br />
lauge, Terpentin und Kreide, schreibt Weeber.<br />
Aber auch andere Gifte verseuchten den Wein. Ein<br />
äusserst beliebter Zusatz, der den Wein zugleich süsser<br />
und haltbarer machte, war «sapa» («Sirup») bzw.<br />
«defrutum» («Mostsaft»). Die beiden Süssstoffe wurden<br />
nach dem selben Verfahren hergestellt – sie unterschieden<br />
sich nur in der Konzentration. Saft aus besonders<br />
ausgereiften Trauben wurde durch Aufkochen<br />
eingedickt, um qualitativ minderwertigen Wein<br />
aufzubessern. Das Unheilvolle an der Herstellung von<br />
«sapa» und «defrutum» liegt indes darin, dass dabei vornehmlich<br />
Bleigefässe verwendet wurden. Durch den<br />
intensiven Erhitzungsprozess löste sich Blei in dem<br />
aufkochenden Most. Auf diese Weise gelangten erhebliche<br />
Mengen von Blei als Bleiacetat in die Körper<br />
zahlloser Weintrinker. Der griechische Arzt Dioskurides<br />
notierte, dass «der Zusatz von ‹sapa› und<br />
‹defrutum› Kopfschmerzen, Trunkenheit und Magenbeschwerden<br />
verursachen könne».<br />
Eine weitere Ursache von Vergiftungserscheinungen<br />
bestand darin, dass das Trinkwasser durch Bleirohre<br />
in die Häuser geführt wurde. Schon Vitruv warnte vor<br />
Vergiftungserscheinungen. In diesem Zusammenhange<br />
schrieb er: «Wasser aus Tonröhren ist gesünder als<br />
das durch Bleiröhren geleitete, denn das Blei scheint<br />
deshalb gesundheitsschädlich zu sein, weil aus ihm<br />
Bleiweiss entsteht. Dies aber soll dem menschlichen<br />
Körper schädlich sein.»<br />
Abb. 6: Röststadel nach Agricola, 1556.<br />
Bergknappe 1/2005 Seite 32