Geistliches Wort 50Manchmal kann er dann allerdings auchsehr störrisch sein, eigenwillig, bockig: ich habeauch meine Wür<strong>de</strong>, und alles lasse ich mir nundoch nicht gefallen - ich Esel; Ausdauernd sei er und zäh, <strong>de</strong>r Esel, undso leicht nicht unterzukriegen unter all <strong>de</strong>m,was wir ihm aufbür<strong>de</strong>n; und wer fragt schondanach, ob es ihm nicht vielleicht einmal zu vielsein könnte - <strong>de</strong>m Esel;Und nicht zuletzt: grau in grau. Unauffällig,unscheinbar, gleichsam das Aschenputtelunter <strong>de</strong>n Tieren, gut genug fürs Schuften; einermuß sie ja machen, meine Arbeit; schön dumm,<strong>de</strong>r Esel, wenn er sich schin<strong>de</strong>t für mich.„Ich und <strong>de</strong>r Esel“ ?Ich und <strong>de</strong>r Esel - und JesusEs ist schon merkwürdig, und wert, einmal bedacht zu wer<strong>de</strong>n, daß<strong>de</strong>r Esel im Leben Jesu zwei Mal eine wichtige Rolle spielt: die Legen<strong>de</strong> erzählt, daß er es war, <strong>de</strong>r das Kind getragen hat undseine Mutter, auf <strong>de</strong>r Flucht vor <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rmör<strong>de</strong>r Hero<strong>de</strong>s;und die Passionsgeschichte berichtet, daß Jesus auf einem Esel indie Hauptstadt und Tempelstadt Jerusalem eingezogen ist, unter <strong>de</strong>mJubel <strong>de</strong>r Menschen, die ihn als <strong>de</strong>n ihnen von Gott verheißenenErlöser feierten.Diese doppelte wichtige Rolle <strong>de</strong>s Esels im Leben Jesu scheint jawi<strong>de</strong>rsprüchlich zu sein: das eine Mal bring er Jesus weg, möglichstschnell und weit, sein Leben zu retten; beim zweiten Male geschiehtdas Gegenteil: <strong>de</strong>r Esel trägt ihn hinein in die Stadt, in <strong>de</strong>r er wenigeTage später umgebracht wird. Und es wird <strong>de</strong>utlich, daß Gott seinenSohn damals, als Säugling, nur retten ließ „für härtere Tage“:„Fluchtpunkt <strong>de</strong>r Flucht ist das Kreuz“ (Kurt Marti). Der Esel bringtJesus weg aus <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s, und er bringt ihn wie<strong>de</strong>r hin in dieNähe <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>r Esel, <strong>de</strong>r bei uns ja wirklich nicht hoch im Kurssteht.Man müßte einen Spezialisten für Esel befragen nach charakteristischenEigenschaften dieses liebenswerten Geschöpfes Gottes.An<strong>de</strong>rerseits gibt es offensichtlich einige allgemeine Kenntnisse überihn, wie das allseits beliebte „du Esel“ zeigt o<strong>de</strong>r das sprichwörtliche„ich und <strong>de</strong>r Esel“. Und es ist sicher nicht falsch, wenn ich folgen<strong>de</strong>süber ihn hervorhebe:er ist dazu da (je<strong>de</strong>nfalls nach Menschenmeinung), uns unsereLasten zu schleppen. Und er läßt sie sich ja, in <strong>de</strong>r Regel, auch geduldigauf <strong>de</strong>n Buckel la<strong>de</strong>n - <strong>de</strong>r Esel;Je<strong>de</strong>nfalls: Jesus und <strong>de</strong>r Esel. Und ganz ausdrücklichstellt die Bibel fest: Jesus braucht ihn,<strong>de</strong>n Esel. Und schon Jahrhun<strong>de</strong>rte vorher hatte<strong>de</strong>r Prophet Sacharja es angekündigt: „Siehe,<strong>de</strong>in König kommt zu dir, arm, und reitet aufeinem Esel...“Und so unscheinbar kommt Jesus ja auchdaher, gleichsam „grau in grau“, <strong>de</strong>r KönigGottes, Gott selber: still als Mensch unterMenschen, irgendwo ein einem Winkel <strong>de</strong>rWelt, nichts ist imponierend und großartig anihm.Und vor allem: wie das Lasttier. „Fürwahr,er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsereSchmerzen...“; <strong>de</strong>r „unsere Sün<strong>de</strong> selbst hinauftrugauf seinem Rücken an das Kreuz...“. Soberichten es übereinstimmend die Augenzeugenaus <strong>de</strong>n Tagen seines Lebens: wie er mit unendlicherLiebe und einfühlsamer Geduld all dieLasten und Nöte und Ängste auf sein Herzgenommen hat, die die Menschen auf seinemWege ihm zugetragen haben. Und er selbst hatja dazu aufgefor<strong>de</strong>rt, ausdrücklich: „Kommt herzu mir alle, die ihr mühselig und bela<strong>de</strong>n seid:ich will euch erquicken“. Wenn wir es nur auchtun wollten!Wenn wir es tun, wenn wir Jesus so erlebthaben, als <strong>de</strong>n „Lastesel“ unseres Lebens, dannfin<strong>de</strong>n wir ganz gewiß auch zu <strong>de</strong>m Lobpreisund <strong>de</strong>r Anbetung Gottes - mag sein, mit an<strong>de</strong>renWorten -, die das Evangelium berichtet:„und gingen ihm entgegen und riefen:Hosianna! gelobt sei, <strong>de</strong>r da kommt in <strong>de</strong>mNamen <strong>de</strong>s Herrn!“ Er kommt ja, es ist unübersehbarauf <strong>de</strong>m Bild, mit segnen<strong>de</strong>r Hand.Immer kommt Jesus so. Und <strong>de</strong>r Esel, in seinerWilligkeit und Ausdauer, an<strong>de</strong>rer Leute Last zutragen, trägt gleichsam die Fülle <strong>de</strong>s SegensGottes in unsere Welt hinein.Dietmar Neß
51BEITRÄGEGEISTLICHES WORT S. 50EDITORAL S. 51BEITRÄGEWas be<strong>de</strong>utet mir Schlesien S. 52Gedächtnisträgerin <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>sZum Tod von Freya von Moltke S. 5460 Jahre <strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong>Beiträge aus <strong>de</strong>r 1. Ausgabe S. 56MELDUNGEN„Mit Brettern vernagelt“ -die Görlitzer Frauenkirche S. 55Evangelisches Erbebewahren und vermitteln S. 59EMPFEHLUNG S. 58VERANSTALTUNGEN S. 60AUS DER LESERGEMEINDE S. 62 60 Jahre <strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong> S. 56EditorialCHRISTIAN-ERDMANN SCHOTTIm Jahr 2010 können die evangelischen Schlesier gleichzwei Jubiläen begehen: Die Erinnerung an die Gründung<strong>de</strong>r „Gemeinschaft evangelischer Schlesier (Hilfskomitee)e.V.“ am 22./23. März 1950 in Darmstadt und dieErinnerung an <strong>de</strong>n Start unserer Zeitschrift „<strong>Schlesischer</strong><strong>Gottesfreund</strong>“ nur wenige Wochen später im April 1950damals mit <strong>de</strong>m Untertitel „Kirchenblatt <strong>de</strong>r EvangelischenHeimatvertriebenen“, herausgegeben von Bischof D.Zänker und Pastor Mochalski. Die zeitliche Nähe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>nNeugründungen ist nicht zufällig. Sie zeigt, daß „Gemeinschaft“und „<strong>Gottesfreund</strong>“ in <strong>de</strong>r Zielsetzung zusammengehören, auch wenn Arbeitsauftrag und Arbeitsweiseunterschiedlich sind und bleiben. Das Jubiläumsjahr bieteteine willkommene Gelegenheit, auch einmal daran zu erinnern,daß diese Einrichtungen und ihre Namen bis heuteaktuell geblieben sind.Selbstverständlich ist das nicht. Der Name „<strong>Schlesischer</strong><strong>Gottesfreund</strong>“ nimmt sich in unserer heutigen Zeitungslandschaftschon sehr beson<strong>de</strong>rs aus, wirkt fast wieein Fremdkörper. Er ist auch ein absolutes Unikat, unverwechselbarund weit und breit ohne Konkurrenz. Aber erist, so weit ich sehe, auch in <strong>de</strong>r Leserschaft und bei <strong>de</strong>nAbonnenten nicht umstritten. Im Gegenteil, er ist einSymbol, mit <strong>de</strong>m sich die evangelischen Schlesier i<strong>de</strong>ntifizieren.Und das wie<strong>de</strong>rum hängt mit unserer Geschichtezusammen: In <strong>de</strong>n Flüchtlingsgottesdiensten in <strong>de</strong>n Jahren1945 bis 1950 haben die Pastoren gern auf das Wort anAbraham in 1. Mose 12, 1-2 zurückgegriffen „Geh aus <strong>de</strong>inemVaterland und von <strong>de</strong>iner Freundschaft und aus <strong>de</strong>inesVaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ichwill dich … segnen … und sollst ein Segen sein“. Und weilAbraham im Gehorsam gegen Gott aufgebrochen ist,Vaterland und Vaterhaus zurückgelassen und ein neuesLeben in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> angefangen hat, ist im Jakobusbriefüber ihn geschrieben wor<strong>de</strong>n: „Abraham ward ein FreundGottes geheißen“ ( Jak. 2,23) Das haben die Schlesier aufgegriffenund gemeint, „Wir sind Gottes Freun<strong>de</strong> im 20.Jahrhun<strong>de</strong>rt“ und nannten ihre Zeitung nunmehr sechzigJahre lang „<strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong>“.Aber auch <strong>de</strong>r Name „Gemeinschaft evangelischerSchlesier“ hat sich gehalten. Er meint Schicksalsgemeinschaft- Glaubensgemeinschaft - Kirchengemeinschaft undist das alles zusammen und zugleich. Damals, bei <strong>de</strong>rGründung kam dazu noch die Erinnerung an <strong>de</strong>n Kirchenkampfwährend <strong>de</strong>s Dritten Reiches. Die Spaltung <strong>de</strong>r Bekennen<strong>de</strong>nKirche (BK) in <strong>de</strong>r Kirchenprovinz Schlesien indie „Christophori-Syno<strong>de</strong>“, die mit Bischof Otto Zänkerzusammenarbeitete, und die „Naumburger Syno<strong>de</strong>“, diediese Zusammenarbeit ablehnte, wirkte immer noch nachund belastete das Klima auch unter <strong>de</strong>n Vertriebenen.Darum bestand auch von daher <strong>de</strong>r Wunsch, eine„Gemeinschaft“ zu bil<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r diese alten Gegensätzeaufgehoben sind. Das ist auch gelungen. Diese Versöhnungs-Absichterklärt auch, warum Altbischof Zänker undPastor Mochalski als Herausgeber <strong>de</strong>r ersten Ausgaben <strong>de</strong>s„<strong>Gottesfreund</strong>es“ erscheinen. Bischof Zänker steht für dieProvinzialkirchliche und zugleich für die Christophori-Tradition,Pastor Mochalski für die Naumburger-Tradition. Erwar 1950 in Darmstadt als Stu<strong>de</strong>ntenpfarrer tätig. MartinNiemöller, Kirchenpräsi<strong>de</strong>nt in Hessen und Nassau, hatteihn dorthin geholt. Besser als durch diese DoppelherausgeberschaftZänker-Mochalski konnte die Überwindung<strong>de</strong>r Spaltung <strong>de</strong>r BK und die beabsichtigte Zusammenarbeitin <strong>de</strong>r „Gemeinschaft“ aller evangelischen Schlesierkaum dokumentiert wer<strong>de</strong>n.Diese Schwierigkeiten <strong>de</strong>s Anfangs sind heute vergessen.Aber daß wir eine Gemeinschaft sind, ist uns allenbewußt - und dieses Wissen wollen wir auch weiterhin pflegen.Für viele be<strong>de</strong>utet es eine bleiben<strong>de</strong> Erinnerung an diealte Heimat und eine Möglichkeit, sich mit Schlesien und<strong>de</strong>r eigenen Herkunft verbun<strong>de</strong>n zu wissen. Bei <strong>de</strong>m bevorstehen<strong>de</strong>nJubiläum „Sechzig Jahre „Gemeinschaftevangelischer Schlesier“, das wir vom 1.-3. Oktober 2010in Wiesba<strong>de</strong>n begehen wollen, wer<strong>de</strong>n wir daran erinnern.Eingela<strong>de</strong>n sind alle, die dabei sein wollen und können.Wer nicht die ganze Veranstaltung mitmachen möchte,kann auch mit nur einer Übernachtung o<strong>de</strong>r als Tagungsgastmitfeiern. Wir freuen uns über je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>rkommen kann. Näheres wird in <strong>de</strong>n nächsten Wochen undMonaten im „<strong>Gottesfreund</strong>“ und in <strong>de</strong>n Nachrichten <strong>de</strong>r einzelnenLan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaften bekannt gegeben.