ANTIGONE EKELTHEATER ARMIN PETRAS
ANTIGONE EKELTHEATER ARMIN PETRAS
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foto: andreas zauner<br />
DRAMA<br />
8066_Michalzik_Nackt_ss_192x78_sw.Q7:PPP 12.08.2009 9:09 Uhr Seite 1<br />
Die nackten Tatsachen<br />
Für alle, die zeit genössisches Theater immer wieder zu Wutausbrüchen reizt und die<br />
das Feld dennoch nicht kampflos räumen wollen.<br />
Anne Fritsch, geboren 1978 in München, studierte der Theaterwissenschaft und Germanistik,<br />
anschließend Aufbaustudium »Kulturjournalismus« an der Bayerischen Theaterakademie.<br />
Sie ist Lektorin im »Theaterstückverlag«, Theaterkritikerin bei der »Süddeutschen Zeitung«<br />
und der »Deutschen Bühne« sowie Texterin für AMEN Gestaltung.<br />
VON ANNE FRITSCH<br />
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»Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe.« Das Lied der »Ärzte« von 1993 könnte<br />
das Motto für eine ganze Reihe von Theaterstücken zum Thema Jugendgewalt sein. Darunter<br />
auch eins aus dem Jahr 1782: Zwei Brüder, der eine Vaters Liebling, der andere eine eifersüchtige<br />
Kanaille. Franz verleumdet seinen Bruder Karl beim Vater, um in dessen Gunst zu steigen.<br />
Er will »mit Gewalt ertrotzen«, wozu ihm »die Liebenswürdigkeit gebricht«. Es ist die Geschichte<br />
eines Sohnes, der sich zornig holen will, was ihm fehlt: Liebe und Anerkennung. Und<br />
es ist die Geschichte des anderen Sohnes, Karl, der vom Vater verstoßen wird – und ebenfalls<br />
vom rechten Weg abkommt. Diese Geschichte der doppelten jugendlichen Gewalt ist seit ihrer<br />
Uraufführung aktuell geblieben.<br />
Sohn und gestürzter<br />
Vater in »Die Räuber« an<br />
der Württembergischen<br />
Landesbühne Esslingen.<br />
Die Inszenierung war ein<br />
Projekt mit Laien und<br />
Profis auf der Bühne.<br />
Sie stammt von einem Klassiker. Als der noch jung, stürmisch und<br />
drängend war, schrieb Friedrich Schiller seine »Räuber«, sein<br />
stärkstes und unmittelbarstes Stück. Es ist auch sein zeitlosestes,<br />
weil es Väter und Söhne und Generationsrevolten immer gibt und<br />
geben wird. Und weil Schiller hier exemplarisch vorführt, wie<br />
einer, der von seiner Familie verstoßen wird und jeden Rückhalt<br />
verliert, vom Idealisten zum Räuber, vom Theoretiker zum Gewalttäter<br />
wird. In Lars Eidingers Inszenierung an der Berliner<br />
Schaubühne, die im April auch zum »Radikal Jung«-Festival am<br />
Münchner Volkstheater geladen war, ist eben dieser Moment sehr<br />
prägnant: Während sich der Vater auf der rechten Bühnenhälfte<br />
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Peter Michalzik<br />
Die sind ja nackt!<br />
Gebrauchsanweisung<br />
fürs Theater<br />
264 Seiten mit<br />
zahlreichen Abb.<br />
Broschiert<br />
€ 14,95 (D)<br />
foto: heiko schäfer<br />
»Die Räuber« an der Berliner Schaubühne. In der Inszenierung mit Studierenden<br />
der Schauspielschule »Ernst Busch«, führte der Schauspieler Lars<br />
Eidinger Regie. Die Bande misshandelt einen Pater am Kreuz (rechts).<br />
zwischen Fauteuils und Fernseher von seinem Erstgeborenen abwendet,<br />
trifft dieser auf der linken an einer Biergartengarnitur die Entscheidung,<br />
zum Räuber zu werden. Der Bezug zwischen enttäuschter<br />
Vaterliebe und Gewaltbereitschaft ist eindeutig.<br />
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»Was ist ein Papa, wenn er nicht<br />
mal ein Bekannter ist?«<br />
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Auch heute, über 200 Jahre später, ist und bleibt die Gewalt Jugendlicher<br />
Thema in Gesellschaft und Theater. Auch heute suchen und finden<br />
die Dramatiker die Ursache für Jugendgewalt häufig in Elternhäusern,<br />
in denen Liebe, Vertrauen und Zuneigung fehlen.<br />
Kristo Šagor lässt in seinem Stück »Trüffelschweine« zwei<br />
Mädchen aufeinanderprallen, die auf den ersten Blick so gar nichts<br />
Professionalisierung für Kunst und Kultur<br />
Programm Theater 2009/2010<br />
Regie | Improvisation | Musikalisches Inszenieren | Szenische Studien | Biografisches Theater | Sprechhaltung<br />
| Präsenz | Zur Ästhetik der Wirklichkeit | Die Kunst der Komödie | Transparenz, Präzision<br />
und Power | Musical | Bühnenlicht | Für das Theater schreiben | Photographs & Memories | Camera<br />
Acting | Videoprojektionen auf der Bühne | Tanztheater | Über die Kunst des Veranstaltens | Site<br />
Specific Theatre | Dramaturgisches Denken | Sprechhaltung<br />
Fortbildung aus der Praxis für die Praxis:<br />
www.bundesakademie.de | post@bundesakademie.de<br />
05331.808-417 | Postfach 1140 | 38281 Wolfenbüttel<br />
DRAMA<br />
gemeinsam haben: die eine aus einfachen Verhältnissen, die<br />
andere verwöhntes Scheidungskind. Saskias Freund<br />
Thorsten hat mit seinen Kumpels das Wohnzimmer von<br />
Rikes Vater verwüstet und sich dummerweise dabei erwischen<br />
lassen. Jetzt hat Saskia Rike in den Wohnwagen ihrer<br />
Oma entführt, damit diese bei ihrem Vater ein gutes Wort einlegt.<br />
Ihn dazu bringt, die Strafanzeige gegen Thorsten zurückzuziehen.<br />
Schon bald ist zwischen Opfer und Täter nicht mehr klar zu<br />
unterscheiden, abwechselnd quälen sich die beiden Mädchen –<br />
und stellen allmählich fest, dass keiner sie vermisst. Sie sind<br />
beide arme Schweine: Immer den Trüffel vor der Nase und nie<br />
ein Stück davon abbekommen. »Was ist ein Papa, wenn er nicht<br />
mal ein Bekannter ist?«, fragt sich Rike schließlich. Im Verlauf<br />
des Stückes finden die beiden in all ihrer Ausweglosigkeit in der<br />
jeweils anderen, was sie so lange vermisst haben: eine Vertraute.<br />
Aus der Gewalt ist Freundschaft geworden. Šagor bietet seinem<br />
Publikum eine ideale Lösung, einen Gegenentwurf an. Doch<br />
warum nicht mal utopisch sein?<br />
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