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ANTIGONE EKELTHEATER ARMIN PETRAS

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62<br />

THEATERBLUT<br />

Einmal<br />

naturtrüb,<br />

bitte!<br />

fotos (3): iko freese/drama<br />

Fotos: Constanze Becker als<br />

blutbesudelte Klytaimestra<br />

in Michael Thalheimers Inszenierung<br />

der »Orestie« am<br />

Deutschen Theater in Berlin.<br />

EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN DES »<strong>EKELTHEATER</strong>S«:<br />

WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH DIE HERSTELLUNG<br />

VON THEATERBLUT? WIE WIRD ES EINGESETZT?<br />

UND WAS WIRD AUF DER BÜHNE SO GETRUNKEN?<br />

VON ELISA GIESECKE<br />

------------------------<br />

Eigentlich verwunderlich, dass es in den Requisitenabteilungen der<br />

deutschen Theater nicht zugeht wie in einer Hexenküche – mit brodelnden<br />

Kesseln, denen übel riechenden Dampfschwaden entsteigen, und<br />

schwarzbemantelten Menschen, die in verstaubten Büchern nach geheimen<br />

Rezepturen suchen. Zu erwarten wäre es, bedenkt man, wie viele<br />

Liter Theatergebräu respektive Blut, Erbrochenes, Kot und andere<br />

Körperflüssigkeiten sich jährlich über Deutschlands Bühnen ergießen.<br />

In keinem anderen Land dürfte so viel Theaterblut fließen wie in<br />

Deutschland. Was in den 1970er Jahren unter Peter Steins »Antikenpro-<br />

jekt« an der Berliner Schaubühne noch mit harmlosen sechs Litern pro<br />

Aufführung begann, wird heute mit bis zu 20 Litern fortgesetzt. Blut,<br />

das natürlich erst einmal hergestellt werden muss. Dafür zuständig<br />

sind große Firmen wie etwa Kryolan, wo die Flüssigkeit gleich fässerweise<br />

produziert wird. Horst Sülzen, Chefrequisiteur an den<br />

Städtischen Bühnen Köln, kann froh sein, dass diese Aufgabe<br />

andere erledigen. Man merkt ihm an, dass es nicht sein Lieblingsthema<br />

ist, das so genannte Ekeltheater. »Mit Körpersäften beschäftige<br />

ich mich ja am liebsten«, spöttelt er und hält mir zur Begrüßung<br />

grinsend ein Messer an die Kehle. Selbstverständlich<br />

und zu meiner Beruhigung nur eine Attrappe, dennoch eine<br />

besondere, wie er erklärt. Über einen im Messergriff integrierten<br />

Schlauch kann künstliches Blut eingesaugt werden,<br />

das nach Betätigung eines Schalters an der Griffseite über ein<br />

winziges Loch auf der Schnittfläche entweicht. Zieht der<br />

Darsteller das Messer über die Haut und drückt gleichzeitig<br />

den Knopf, fließt das Blut in Strömen. »Früher haben wir den<br />

roten Saft auch selbst hergestellt, aber das ist bei den Mengen,<br />

die heute gebraucht werden, fast nicht mehr möglich«, bemerkt<br />

Sülzen, der seit über zwei Jahrzehnten in Köln tätig ist<br />

und schon so manchen Blutbeutel zum Platzen gebracht hat.<br />

So tun als ob, lautet die Devise, und dafür wird an den<br />

Theatern tief in die Trickkiste gegriffen. Die Requisiteure und<br />

Maskenbildner verfügen über ein ganzes Arsenal an Kniffen.<br />

Soll eine Figur aus dem Mund bluten, bedient sich der<br />

Darsteller mit Kunstblut gefüllter Plastikkapseln, die er zerbeißt.<br />

Für Schusswunden werden Blutbeutel oder auch so<br />

genannte Squibs verwendet, die über eine Fernzündung zur<br />

»Explosion« gebracht werden, um die Darstellung noch<br />

wirksamer zu gestalten.<br />

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