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oder englisch CLT: Cross Laminated Timber - Stora Enso

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Beim Kaffee beginnt Sykora zu erzählen,<br />

über Gott, die Welt und die Kletterei:<br />

„Angefangen hat das hier alles<br />

9 . Damals kamen die Sachsen aus<br />

Dresden ´rüber.“ In der Region Teplice/<br />

Adersbach dachte damals noch keiner<br />

daran, die Felsen zu erklimmen. „Mit<br />

großen Augen haben die Leute damals<br />

den Deutschen zugeschaut.“ Die erste<br />

Besteigung eines Felsens am 0. Mai<br />

9 – Willi Adam und Kollegen aus<br />

Dresden steigen auf den König. Nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg fangen auch<br />

die Einheimischen an zu kraxeln.<br />

Wir machen uns auf den Weg, verlassen<br />

Teplice, spazieren über Waldwege<br />

ins nahe Klettergebiet. Noch lässt sich<br />

nichts erahnen von den legendären<br />

Felsnadeln und Schluchten, bis zu dem<br />

Moment, als sich vor uns eine Baumreihe<br />

öffnet, den Blick freimacht auf die<br />

ersten Formationen, angesichts derer<br />

einem für einen Moment der Atem<br />

stockt. Imposant, wie sie in den Himmel<br />

ragen, bis zu 00 übermächtige<br />

Meter hoch. Bald hat die Felsenstadt<br />

auch uns gefangen. Unser Rundgang<br />

beginnt.<br />

„Als junger Mann bin ich nach Teplice<br />

gezogen für eine Ausbildung im Textilinternat.<br />

Zu der Zeit sind meine Kommilitonen<br />

schon regelmäßig geklettert.“<br />

Mitgegangen, mitgehangen. Erst mal<br />

hing der junge Textilspinner noch ein<br />

wenig ängstlich an seinem Seil.<br />

Beherzten Schrittes geht der rüstige<br />

Rentner über die ihm so vertrauten<br />

Pfade. Immer wieder bringt er auch<br />

Naturforscher und Biologen ins Gebiet.<br />

„Gerade in Teplice haben wir einmalige<br />

Naturschauspiele. Viele Felsen bilden<br />

Inseln in 50 bis 00 Metern Höhe, mit<br />

Schluchten drin. Da kommt man dann<br />

nur übers Klettern hin.“ Um die letzte<br />

Wildnis Tschechiens zu entdecken.<br />

Über die Jahrhunderte hat sich hier<br />

eine einzigartige Fauna entwickelt, wie<br />

die Spinne ohne Augen.<br />

Der Mensch aber braucht hier alle<br />

seine Sinne, will er unbeschadet<br />

über abenteuerliche Pfade durch die<br />

Felsenstadt kommen. Felsentor, Beil,<br />

Wachturm, Domwände. Die Namen der<br />

nächsten Stationen klingen verheißungsvoll.<br />

Zu jedem hat Sykora eine<br />

70<br />

persönliche Geschichte parat. „Meine<br />

erste Erstbesteigung? Das war genau<br />

hier. Die Domwände, 95 . Wir waren<br />

zu dritt und es war ein wunderbares<br />

Gefühl, zum ersten Mal oben zu sein,<br />

zu wissen, keine Menschenseele war<br />

vor dir hier.“ Der Blick schweift über die<br />

Baumwipfel – hin zum Riesengebirge.<br />

Das entlohnt für alle Strapazen.<br />

„Wir hatten damals ja eine völlig andere<br />

Ausrüstung. Das kann man nicht mit<br />

heute vergleichen. Die Schuhe waren<br />

Basketballschuhe. Die haben wir in<br />

die Sonne gehalten, damit der Gummi<br />

warm wurde.“ Warmer Gummi hat<br />

besseren Grip im Felsen. „Es gab ja<br />

keinen Kletterausrüster damals in der<br />

Tschechei. Nur die Seile, die haben wir<br />

aus Österreich bekommen.“<br />

Heute ist Sykora bestens ausgerüstet,<br />

Hightech-Anorak aus Goretex inklusive.<br />

Von Sohn Milan hat er den. Der<br />

Apfel fällt nicht weit vom Stamm. „Der<br />

ist schon mit acht Jahren geklettert.“<br />

Inzwischen ist der Sprössling internationaler<br />

Profikletterer mit Sponsorenverträgen<br />

für die neuesten Ausrüstungsgegenstände.<br />

Die ganze Familie ist<br />

vom Klettervirus befallen. Auch die<br />

Gattin hat Sykora durch den Sport kennengelernt.<br />

Durch die Wolfsschlucht gelangen wir<br />

in den anderen Teil des Naturwunders<br />

– das Klettergebiet Adersbach. Im<br />

Gegensatz zu Teplice beherrschen<br />

hier allein stehende Felsen den Wald.<br />

Die Guillotine. „Das war unsere erste<br />

gemeinsame Erstbesteigung“, erinnert<br />

sich Sykora an jene Tour mit seiner<br />

Frau. Fast senkrecht weist der Fels in<br />

den Himmel. Die Oberfläche – glatt.<br />

Kaum Tritte, in denen man länger<br />

stehen kann. „Das war eine Leistung<br />

damals. Wir haben ja 8 Stunden die<br />

Woche gearbeitet. Da blieben uns nur<br />

der Samstagnachmittag und der Sonntag<br />

zum Klettern.“ Sykora, der Pionier<br />

– mit 57 Erstbesteigungen insgesamt,<br />

0 davon mit seiner Frau. „Aus heutiger<br />

Sicht nicht viel, damals war das<br />

eine gute Zahl.“<br />

Bei jedem der Felsen kommen Erinnerungen<br />

hoch. „Erstbesteigungen<br />

waren damals schon sehr anspruchs-<br />

voll, gerade von der Technik und der<br />

Ausrüstung her. Oft hatten wir Schwierigkeiten,<br />

die Sicherungsringe in den<br />

Fels zu hauen. Manchmal haben wir<br />

Hilfshaken, die Fichtel, eingeschlagen.<br />

In den Rissen haben wir mit breiten<br />

Holzkeilen gearbeitet. Die haben wir<br />

zuerst geschlagen, uns dann gesichert<br />

und den großen Ring geschlagen.“<br />

Auf und ab ging es auch auf Sykoras<br />

Lebensweg. „Ich wollte frei sein. Als<br />

nach der Rosenrevolution und dem<br />

russischen Einmarsch klar war, dass<br />

die Grenzen geschlossen werden,<br />

sind wir mit der Familie nach Bielefeld<br />

emigriert.“ Dort arbeitete Sykora in der<br />

Metallverarbeitung, kletterte eifrig im<br />

Alpenverein. Nach der Wende kam er<br />

immer wieder für zwei, drei Monate in<br />

die alte Heimat, nach der Pensionierung<br />

997 zog Sykora endgültig wieder<br />

zurück. „Viele Freunde von damals sind<br />

weggezogen <strong>oder</strong> gestorben. Jetzt bin<br />

ich der Älteste.“ Und der letzte Zeuge<br />

der Nachkriegszeit. „Die Jüngeren<br />

wussten nicht, wie das damals war.<br />

So haben wir uns zusammengesetzt<br />

und ein Buch über die Region und ihre<br />

Geschichte geschrieben.“ Sechs Jahre<br />

hat es gedauert. Die dritte Auflage und<br />

eine deutsche Übersetzung sind inzwischen<br />

in Arbeit.<br />

„Klettern kann ich natürlich nicht<br />

mehr. Aber mein Sohn Milan kommt<br />

oft zu uns. Dann gehen wir zu dritt in<br />

die Felsen.“ Familienspaziergang der<br />

anderen Art. Vater und Mutter sichern<br />

den Kletterfilius. Ehrensache. Auch am<br />

Boden hat Sykora noch viel vor. Seine<br />

Kenntnisse über die Region und ihre<br />

Geschichte will der rührige Kletterer<br />

außer Dienst öffentlich machen, in<br />

einem Heimatmuseum.

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