Erfinderwerkstatt Halle: Helle Köpfe und ihre Einfälle
Erfinderwerkstatt Halle: Helle Köpfe und ihre Einfälle
Erfinderwerkstatt Halle: Helle Köpfe und ihre Einfälle
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2 2012<br />
<strong>Erfinderwerkstatt</strong> <strong>Halle</strong>:<br />
<strong>Helle</strong> <strong>Köpfe</strong> <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> <strong>Einfälle</strong><br />
„Cicadas“: Evolution als Klangkunstwerk<br />
Neue Serie: Wenn Hochschullehrer musizieren<br />
Religion im Sport: Promovendin stellt die Glaubensfrage<br />
www.magazin.uni-halle.de<br />
D A S M A G A Z I N D E R M A R T I N � L U T H E R � U N I V E R S I T Ä T H A L L E � W I T T E N B E R G
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Wir stehen für Sie Kopf !
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
das hallesche Wissenschaftsjahr nimmt wortwörtlich<br />
Fahrt auf. Seit Anfang April ist die „Techniklinie<br />
5“ ein Teil der Stadt. Die Straßenbahn verbindet<br />
Forschungs-, Lehr- <strong>und</strong> Produktionsstätten, die beweisen:<br />
Die Saalestadt hat viele helle <strong>Köpfe</strong>. Deren<br />
<strong>Einfälle</strong> <strong>und</strong> Entwicklungen strahlen oft weit über<br />
die Region hinaus. Einige davon finden Sie im vorliegenden<br />
Heft. scientia halensis beschäftigt sich<br />
im Schwerpunkt mit dem halleschen Erfindergeist,<br />
einst <strong>und</strong> heute.<br />
Ihm war nicht immer einfach auf die Spur zu kommen.<br />
Ausflüge in das Universitätsarchiv, Recherchen<br />
in Patentdatenbanken <strong>und</strong> Gespräche mit Forschern<br />
haben viel Überraschendes <strong>und</strong> Spannendes zu Tage<br />
gefördert: Die alten Zigarrenschachteln, in denen<br />
Daniel Vorländer, Wegbereiter der Flüssigkristallforschung,<br />
seine kristallinen Verbindungen aufbewahrte<br />
(S. 18). Bilder von der ersten OP mit der<br />
halleschen Herz-Lungen-Maschine, die in diesem<br />
Jahr ihr 50-Jähriges feiert (S. 12). Oder Patente der<br />
früheren Luxuspapierfabrik <strong>Halle</strong>. Deren Besitzer<br />
Heilbrun & Pinner haben sich neben der Papierwabentechnik<br />
(S. 17) auch Pappmachémasken <strong>und</strong><br />
Girlanden patentieren lassen.<br />
Der Erfindergeist zieht auch im Jahr 2012 durch die<br />
Saalestadt. Zum Beispiel am Weinberg Campus, wo<br />
Dr. Jan Heise Farbstoffkits für Protein-Biomarker<br />
IMPRESSUM<br />
scientia halensis<br />
Magazin der Martin-Luther-Universität<br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg (MLU)<br />
Ausgabe 2/12, 20. Jahrgang<br />
Auflage 6.000 Expl.<br />
ISSN 0945-9529<br />
erscheint viermal im Jahr<br />
sowie im Internet:<br />
www.magazin.uni-halle.de<br />
Herausgeber:<br />
Rektor der Martin-Luther-Universität<br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg<br />
Redaktion:<br />
Corinna Bertz (red. Koordinierung),<br />
Carsten Heckmann (V.i.S.d.P.),<br />
Christian Günther, Tom Leonhardt,<br />
Claudia Misch, Ute Olbertz, Maria<br />
Preußmann, Melanie Zimmermann<br />
Kontakt:<br />
Martin-Luther-Universität<br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg<br />
Stabsstelle des Rektors / Pressestelle<br />
Universitätsplatz 9, 06108 <strong>Halle</strong> (S.)<br />
Telefon: 0345 55 21004<br />
Fax: 0345 55 27066<br />
E-Mail: magazin@uni-halle.de<br />
entwickelt, oder am Universitätsklinikum, wo Studierende<br />
das Blutabnehmen an Prothesen üben<br />
können, die Dr. Andreas Fichtner angefertigt hat.<br />
Und manch ältere Erfindung prägt bis heute das<br />
Stadtbild: Die von Herbert Müller entworfene hyperbolische<br />
Paraboloidschale ist auf den Dächern<br />
von Turnhallen <strong>und</strong> Kindergärten in <strong>Halle</strong>-Neustadt<br />
(S. 17) <strong>und</strong> am wohl einzigen Planetarium aus HP-<br />
Schalen wiederzufinden. Zu Beginn dieser Ausgabe<br />
stand die Frage: Was ist eine Erfindung überhaupt?<br />
Die Definition der Ingenieure lautet meist: Erfindungen<br />
sind Dinge, die innovativ <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
nutzbar sind <strong>und</strong> in <strong>ihre</strong>r Bedeutung weit über das<br />
eigene Umfeld hinaus reichen. Dass man über diese<br />
Auslegung trefflich streiten kann, beweist Dr. Usus<br />
Zeitgeist auf Seite 42.<br />
Wofür sich helle <strong>Köpfe</strong> der MLU neben der Wissenschaft<br />
noch begeistern, beleuchtet eine neue Serie<br />
im Unimagazin. Hochschullehrer berichten darin<br />
über <strong>ihre</strong> Leidenschaft zur Musik <strong>und</strong> <strong>und</strong> zu einem<br />
Musikinstrument. Den Auftakt macht Theologieprofessor<br />
<strong>und</strong> Cellist Ernst Waschke (S.26). Viel Spaß<br />
beim Lesen <strong>und</strong> Entdecken wünscht<br />
Corinna Bertz<br />
Redakteurin<br />
Grafik-Design:<br />
Sisters of Design<br />
www.sistersofdesign.de<br />
Designkoordinierung:<br />
Christian Günther<br />
Mediadaten:<br />
www.pr.uni-halle.de/mediadaten<br />
Anzeigen / Satz / Gesamtherstellung:<br />
Digital Druckservice <strong>Halle</strong> GmbH<br />
Telefon: 0345 47 88 601<br />
www.digitaldruck-halle.de<br />
E-Mail: info@digitaldruck-halle.de<br />
scientia halensis 2/2012 editorial<br />
Druck:<br />
IMPRESS Druckerei Halbritter KG<br />
www.impressonline.de<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben die Meinung der Autoren<br />
wieder. Bei unverlangt eingesandten<br />
Texten/Fotos besteht keine Gewähr für<br />
einen Abdruck.<br />
Die Redaktion behält sich Änderungen<br />
eingesandter Texte vor. Der Nachdruck<br />
von Artikeln ist bei Angabe der Quelle<br />
gestattet. Die Redaktion bittet um ein<br />
Belegexemplar.<br />
Corinna Bertz<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
„<strong>Helle</strong> <strong>Köpfe</strong>“, „freche<br />
Forscher“, „echte Genies“<br />
‒ sie alle sind Teil der<br />
diesjährigen städtischen<br />
Kommunikationskampagne<br />
„Wissenschaft in <strong>Halle</strong>“.<br />
scientia halensis erscheint mit fre<strong>und</strong>licher<br />
Unterstützung der Vereinigung<br />
der Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer der Martin-<br />
Luther-Universität <strong>Halle</strong>-Wittenberg<br />
e. V. (VFF)<br />
Titelbild:<br />
Innovationen aus <strong>Halle</strong>: Eine Zigarrenkiste<br />
mit Daniel Vorländers Flüssigkristall-Verbindungen,<br />
Biofolien der poly-<br />
Nature GmbH, das Papierwabenpatent<br />
von Heilbrun & Pinner, Hoffmannstropfen<br />
sowie eine Pipettenspitze mit Fluoreszenz-Farbstoff<br />
der NH DyeAgnostics<br />
GmbH. (Foto: Maike Glöckner)<br />
3
4<br />
inhaltsverzeichnis scientia halensis 2/2012<br />
Ein klingendes<br />
Kunstwerk {6}<br />
Ein einmaliges Projekt: 60 elektromechanische<br />
Zikaden werden ab<br />
21. Juni im künftigen Naturk<strong>und</strong>emuseum<br />
musizieren. Die Schau<br />
verbindet Kunst <strong>und</strong> Naturwissenschaften,<br />
um den Besuchern die<br />
biologischen Evolution näherzubringen.<br />
(Foto: Joachim Händel)<br />
Morgens Bibel, abends Bach<br />
{26}<br />
Musik ist für ihn das Schönste der<br />
Welt – deshalb hat er sie nicht zu<br />
seinem Beruf gemacht: Theologieprofessor<br />
Ernst Waschke spielt<br />
begeistert Cello. Er eröffnet eine<br />
neue Serie über musikbegeisterte<br />
Hochschullehrer im Unimagazin.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
In <strong>Halle</strong> erf<strong>und</strong>en {12}<br />
Wie sieht Erfindergeist in der Saalestadt aus? Er trägt zum<br />
Beispiel einen weißen Kittel: Karl-Ludwig Schober begründete<br />
mit seiner Herz-Lungen-Maschine vor 50 Jahren die<br />
moderne Herzchirurgie in der DDR (S. 12). Andreas Fichtner<br />
(Foto: Maike Glöckner) fertigt heute detailgetreue Körpermodelle<br />
an, an denen Studierende die Blutabnahme üben<br />
können. Erfinder, die <strong>ihre</strong> Entwicklung patentieren lassen<br />
möchten, brauchen außerdem Geduld: „Sie müssen einen langen<br />
Atem haben, anders geht es nicht“, sagt Patentassessorin<br />
Gisela Wissenbach. Im Interview verrät sie, worauf zu achten<br />
ist (S. 16). Fünf hallesche Entwicklungen vom Strommessgerät<br />
bis zur Papierwabe werden auf Seite 17 vorgestellt.<br />
Ob die Flüssigkeitskristalle tatsächlich an der MLU entdeckt<br />
wurden, ist auf Seite 18 nachzulesen.<br />
Some stories are also available in English:<br />
www.international.uni-halle.de/magazine Please look for the flag!
inhalt<br />
varia<br />
6 „Cicadas“ – eine Liaison<br />
von Kunst <strong>und</strong> Biologie:<br />
Ausstellung im Zentralmagazin<br />
Naturwissenschaftlicher<br />
Sammlungen<br />
8 Sprachsalat / Bilderrätsel<br />
9 Meldungen:<br />
MLU erwartet Wissenschaftsrat /<br />
Internationale Woche im Mai<br />
10 Meldungen:<br />
SFI-Nachwuchspreis / „Scidea 2012“<br />
11 „Wissenschaft in <strong>Halle</strong>“ nimmt<br />
Fahrt auf<br />
titelthema<br />
12 Herz <strong>und</strong> Hartplastik:<br />
Erfindergeist in <strong>Halle</strong>, damals<br />
<strong>und</strong> heute<br />
16 Patentieren vor Publizieren:<br />
Interview mit Patentassessorin<br />
Gisela Wissenbach<br />
17 Erfindungen „Made in <strong>Halle</strong>“:<br />
Fünf bedeutende Entwicklungen<br />
aus der Saalestadt<br />
18 Vordenken mit Flüssigkristallen:<br />
Der Flüssigkristallforschung<br />
an der MLU auf der Spur<br />
studieren,<br />
lehren, leben<br />
20 Zwischen Promotion <strong>und</strong> Professur<br />
23 Endlich die Faust im Sandsack<br />
versenken<br />
QR-Codes <strong>und</strong> Webcodes im Heft<br />
24 „Ein lohnendes Motiv“:<br />
MLU vergibt neue<br />
Deutschlandstipendien<br />
25 Studium multimedial:<br />
Die Lehre lernen <strong>und</strong> erforschen<br />
26 Morgens Bibel, abends Bach:<br />
Ein Theologe <strong>und</strong> sein Cello<br />
Forschen <strong>und</strong><br />
publizieren<br />
28 Kein Platz auf dem Platz<br />
für Religion?<br />
Eine Sportethnologin untersucht,<br />
wie Sport <strong>und</strong> Glauben<br />
zusammenwirken<br />
30 Der grüne Urknall <strong>und</strong><br />
das lebende Fossil:<br />
Dr. Jürgen Steiner entschlüsselt den<br />
Bauplan eines lebenden Fossils<br />
31 Meldungen:<br />
Neue Methode für Organanalyse /<br />
Archetyp für Enzymreaktionen<br />
32 Fachliteraturfabrik<br />
34 Neuer Studiengang fürs<br />
Spitzen-Cluster:<br />
MLU am Leuchtturmprojekt<br />
„BioEconomy“ beteiligt<br />
Personalia<br />
36 „Löw sollte Marius mitnehmen“:<br />
Interview mit zwei Fußball-<br />
Europameistern aus <strong>Halle</strong><br />
39 Neuberufungen<br />
40 20 Fragen an Rüdiger Schultka<br />
42 Dr. Usus Zeitgeist<br />
Unter www.magazin.uni-halle.de ist das Unimagazin im Internet zu finden. Mit Hilfe der QR- <strong>und</strong> Webcodes<br />
neben den Beiträgen gelangen Sie direkt zur entsprechenden Internetseite. QR-Codes funktionieren ähnlich<br />
wie Barcodes. Mit einem Tastendruck bzw. einer Fotoaufnahme des Mobiltelefons können Sie die verlinkte Webseite<br />
aufrufen. Für die Eingabe der Webcodes nutzen Sie einfach die Internetseite www.uni-halle.de/webcode.<br />
scientia halensis 2/2012 inhaltsverzeichnis<br />
Der grüne Urknall <strong>und</strong> das<br />
lebende Fossil {30}<br />
Gleich drei MLU-Publikationen<br />
erschienen im Frühjahr in renommierten<br />
Fachmagazinen. Jürgen<br />
Steiner entschlüsselte ein lebendes<br />
Fossil, Jan Kantelhardt entwickelte<br />
eine Analysemethode für das Netzwerk<br />
der Organe. (Foto: Maike Glöckner)<br />
„Löw sollte Marius<br />
mitnehmen“ {36}<br />
Deutschland will 2012 Fußball-<br />
Europameister werden. Die Fußballer<br />
der MLU haben vorgemacht,<br />
wie es geht. Im Interview geben<br />
„Elfmetertöter“ Marius Kansy <strong>und</strong><br />
Final-Torschütze Michael Schmidt<br />
<strong>ihre</strong>n Erfahrungsschatz preis.<br />
(Foto: Michael Deutsch)<br />
5
6 varia scientia halensis 2/2012<br />
varia<br />
„Cicadas“ – eine Liaison<br />
von Kunst <strong>und</strong> Biologie<br />
Ein klingendes Kunstwerk mit 60 elektromechanischen Zikaden erklärt das Phänomen der biologischen Evolution?<br />
Auf dieses viel versprechende Event dürften nicht nur Naturwissenschaftler <strong>und</strong> Künstler äußerst gespannt<br />
sein. Das einmalige Projekt des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Universität<br />
lässt wahrscheinlich jeden aufhorchen, der dem „Gesang“ der Zikaden lauschen <strong>und</strong> dabei etwas lernen möchte.<br />
Ab 21. Juni öffnet die Schau, eine Liaison von Kunst <strong>und</strong> Biologie, <strong>ihre</strong> Pforten.<br />
„Megapomponia intermedia“<br />
heißt die südostasiatische<br />
Zikadenart, zu der auch das<br />
abgebildete Präparat aus der<br />
Zoologischen Sammlung<br />
gehört. (Foto: Joachim Händel)<br />
Zikaden („Cicadas“) sind ausgesprochen kommunikative<br />
Tiere. Die Insekten verständigen sich mit<br />
rhythmisch zirpenden Gesängen, die sie in vielen<br />
Facetten unermüdlich ertönen lassen. „Daher sind<br />
gerade sie bestens geeignet, biologische Abläufe zu<br />
demonstrieren“, sagt Dr. Frank Steinheimer, Leiter<br />
der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der MLU.<br />
Zu erleben ist die ungewöhnliche Ausstellung auf 48<br />
Quadratmetern in einem Eckraum im Erdgeschoss<br />
des künftigen Naturk<strong>und</strong>emuseums am Friede-
mann-Bach-Platz 6. „Cicadas“ wird für drei Monate<br />
zu sehen <strong>und</strong> insbesondere zu hören sein. Die B<strong>und</strong>eskulturstiftung<br />
fördert sie mit 98.000 Euro.<br />
Die Sonderschau soll einen Vorgeschmack auf den<br />
innovativen Charakter zukünftiger Ausstellungskonzepte<br />
unter der wissenschaftlichen Leitung<br />
von Steinheimer vermitteln. Denn ab 2015 will die<br />
Universität zentrale Exponate <strong>ihre</strong>r international<br />
bedeutenden Naturk<strong>und</strong>esammlung dort dauerhaft<br />
multimedial präsentieren. Erstmals erläutern<br />
hier optische <strong>und</strong> haptische, olfaktorische <strong>und</strong><br />
akustische Medien die Evolution. Das ist neu in der<br />
europäischen Museumslandschaft.<br />
Vor allem sollen die Zufälligkeit <strong>und</strong> Unvorhersehbarkeit<br />
von Prozessen der Evolution nachgespielt<br />
<strong>und</strong> damit veranschaulicht werden: Dazu „musiziert“<br />
in „Cicadas“ eine Kolonie von nachgebildeten<br />
Singzikaden in einer Klanginstallation. „Diese<br />
abstrakte Kunstwelt ermöglicht einen leichteren<br />
Zugang als wilde ungezähmte Natur“, weiß Frank<br />
Steinheimer. „Man kann in der Ausstellung nicht<br />
Das hallesche Pferdemodell<br />
wurde im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert von<br />
dem berühmten Modellbauer<br />
Louis Thomas Jérôme Auzoux<br />
angefertigt. (Foto: Museum für<br />
Haustierk<strong>und</strong>e)<br />
„Die abstrakte Kunstwelt<br />
ermöglicht einen leichteren Zugang<br />
als wilde ungezähmte Natur“<br />
dr. frank steinheimer<br />
nur Exponate sehen, sondern sie mit allen Sinnen<br />
begreifen. Das Thema Evolution wird gewissermaßen<br />
inszeniert.“<br />
Die Installation entwickelt der international bekannte<br />
argentinische Klangkünstler <strong>und</strong> Komponist<br />
Edgardo Rudnitzky. Er stattet die Kunstinsekten mit<br />
einem differenzierten Kommunikationssystem aus.<br />
Die jeweils mit einem winzigen Motor <strong>und</strong> Getriebe<br />
versehenen Zikaden zirpen in vier speziell angeordneten<br />
Holzkästen. Selbst auf Besucher reagieren<br />
die Kunstzikaden, indem sie zum Beispiel verstummen,<br />
wenn jemand zu dicht an sie heran tritt, um<br />
„möglichen Fressfeinden“ zu entgehen. Sie ändern<br />
<strong>ihre</strong> Frequenz, wenn sich die Klänge mit dem Gesang<br />
anderer Arten vermischen. Unvorhersagbare<br />
klangliche Interaktionen sind das Ergebnis. Zu einer<br />
Inszenierung gehört aber auch ein Bühnenbild. Dafür<br />
konnte der Berliner Bühnenbildner <strong>und</strong> Designer<br />
Oliver Proske gewonnen werden. Er übernimmt die<br />
künstlerische Gestaltung <strong>und</strong> sorgt für ein sphärisches<br />
Raumerlebnis. Ute Olbertz<br />
scientia halensis 2/2012 varia<br />
Begleitend zur Ausstellung<br />
werden das Konzept<br />
zum Museum <strong>und</strong> einige<br />
wenige Spitzenexponate<br />
aus den wissenschaftlichen<br />
Sammlungen gezeigt.<br />
Pappmaché-Pferd gehört zu national wertvollem<br />
Kulturgut<br />
Herausragende Kulturgüter des Landesmuseums für Vorgeschichte <strong>Halle</strong> <strong>und</strong> des Zentralmagazins<br />
Naturwissenschaftlicher Sammlungen der MLU fanden im Januar 2012 Eingang in das „Verzeichnis<br />
national wertvollen Kulturgutes“. Damit wurde erstmals in Sachsen-Anhalt Kulturgut aus öffentlicher<br />
Hand in das Verzeichnis aufgenommen. Unter staatlichem Schutz steht nun das anatomische<br />
Pferdemodell aus Pappmaché, das der französische Anatom <strong>und</strong> Modellbauer Louis Thomas Jérôme<br />
Auzoux im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert anfertigte. Außerdem gehören die Geiseltalsammlung mit <strong>ihre</strong>n Fossilien<br />
aus dem Eozän (vor 55,8 bis 33,9 Millionen Jahren), die über 3.600 Jahre alte Himmelsscheibe<br />
von Nebra <strong>und</strong> die etwa 20.000 Einzelstücke umfassende Vogeleiersammlung des Begründers<br />
der wissenschaftlichen Oologie (K<strong>und</strong>e zu Vogeleierschalen) Max Schönwetter (1874–1961) dazu.<br />
Nicht zuletzt zählen die Fotoglasplatten von Julius Kühn mit Abbildungen von Nutztieren <strong>und</strong> die<br />
Nitzsch-Mallophagensammlung mit Kieferläusen zum wertvollen Kulturgut. uo<br />
7
8 varia scientia halensis 2/2012<br />
bilderrätsel<br />
Was zeigt dieses<br />
Bild?<br />
Des Rätsels Lösung ist<br />
wieder im Unimagazin<br />
versteckt.<br />
Wer der Redaktion als<br />
Erste(r) per Telefon,<br />
E-Mail, Fax oder<br />
(Haus-) Post die richtige<br />
Lösung übermittelt, auf<br />
die oder den wartet ein<br />
Gutschein im Wert von<br />
15 Euro, einzulösen im<br />
Uni-Shop im Marktschlösschen.<br />
Viel Glück!<br />
Das Rätselfoto in der<br />
scientia halensis 1/12,<br />
Seite 16, zeigte die Erde<br />
auf dem Uniplatz<br />
im Bild auf Seite 6.<br />
Die Schnellste, die das<br />
Rätsel löste, war diesmal<br />
Cathérine Pechner.<br />
Die 26-Jährige studiert<br />
an der MLU Musikwissenschaften<br />
im Master.<br />
Den Gutschein für einen<br />
Einkauf im Uni-Shop hat<br />
sie bereits erhalten.<br />
Zeichnung: Oliver Weiss<br />
„Bitte einmal gemischten Sprachsalat …“<br />
Diesmal mit absolut superneuen<br />
Sprach(er)findungen<br />
Ein sehr beliebtes Mittel, um etwas deutlich ins<br />
Blickfeld zu rücken, ist die Komparation: groß –<br />
größer – größt, schwer – schwerer – schwerst, neu<br />
– neuer usw. Aber auch Verben möchten auf ähnliche<br />
Weise an Wichtigkeit gewinnen, zum Beispiel:<br />
finden – erfinden – neu erfinden. So publizierte Zeit<br />
Online im Januar ein Interview mit Andrew Stern,<br />
der fordert, die USA müssten mehr von China lernen,<br />
quasi den „Kapitalismus neu erfinden“. Laut<br />
Titel eines amerikanischen Ratgeberbuchs von 2006<br />
kann man sogar „Sein Leben neu erfinden“! Bescheidener<br />
der Bericht über einen Weißenfelser Lehrer<br />
(MZ, 17.02.12), der „in der Steiermark den Abfahrtslauf<br />
neu erfindet“; Microsoft dagegen kommt groß<br />
raus mit einer „Neuerfindung“ namens Windows 8<br />
(MZ, 01.03.12).<br />
Der Word-Thesaurus gibt als Bedeutung für „erfinden“<br />
nur „schöpfen“ <strong>und</strong> „brüten“ an, als Synonyme<br />
nochmals „schöpfen“ sowie „erzeugen“ <strong>und</strong> „erforschen“.<br />
Das soll alles sein? Und stimmt es überhaupt?<br />
Klar kann jemand über einer Matheaufgabe<br />
„brüten“, die Stirn in Denkerfalten legen <strong>und</strong> am Ende<br />
mit dem Ruf „Heureka!“ die Lösung präsentieren<br />
– aber hat er etwas „erf<strong>und</strong>en“? GE-f<strong>und</strong>en allenfalls,<br />
<strong>und</strong> das ist weniger, denn hier fehlt oftmals das<br />
schöpferische, das kreative Moment. Wirklich neu<br />
wäre, wenn mal jemand was alt erfindet … Und wie-<br />
so eigentlich fehlte bei den Synonymen „kreieren“?<br />
Häufig stößt man auf Wort-Erzeugnisse, die mittels<br />
originell scheinender (seltener seiender) Präfixe<br />
oder einfach durch Adverbien Neuheit suggerieren.<br />
Auch Anglizismen empfehlen sich gern. Einfach nur<br />
neu zu sein, reicht längst nicht mehr aus; selbst „superneu“<br />
<strong>und</strong> „absolut neu“ oder das Attribut „Weltneuheit“<br />
klingen kaum noch verlockend; „Outsider“,<br />
„Newcomer“ <strong>und</strong> „hypermodernes Design“ gibt es<br />
wie Sand am Meer.<br />
Mit dem Material Sprache zu spielen, heißt uralte<br />
(aber haltbare) Lappen unermüdlich so zu drapieren,<br />
als seien sie ein faszinierendes neues Gewand<br />
– das aber ist sau- resp. megaschwer.<br />
Man kann versuchen, es Großen der Schreib-Zunft<br />
gleichzutun <strong>und</strong> sein Heil in Einmal-Bildungen oder<br />
-Bildern suchen, wie es Goethe (sein Divan: „westöstlich“)<br />
<strong>und</strong> Ringelnatz („… du äpfelst nicht“) taten,<br />
wie es Reiner Kunze (da hängt ein „bart [...] auf dem<br />
bügel der lippe“) <strong>und</strong> André Schinkel (der hinter<br />
„fassaden scheinender glücknis“ blickt) tun, wie es<br />
in seltenen Momenten jedem im Alltag gelingt: Zum<br />
Beispiel ist ja gar nicht einzusehen, dass man seine<br />
Liebsten vor Freude immer nur „umarmen“ soll – sie<br />
zu „umbeinen“ kann doch bestimmt genauso reizvoll<br />
sein. Margarete Wein
Universität erwartet Wissenschaftsrat<br />
Fast täglich werden an der MLU Gäste begrüßt. Aber<br />
selten ging einem Besuch eine ähnlich intensive<br />
Debatte voraus, wie die anlässlich der Begehung<br />
des Wissenschaftsrates. 17 Gutachter erwartet die<br />
Universität am 2. <strong>und</strong> 3. Mai. Die Vorbereitungen für<br />
diese beiden Tage laufen auf Hochtouren.<br />
Bereits zu Jahresbeginn hatte der Wissenschaftsrat<br />
eine lange Wunschliste mit Gesprächspartnern<br />
<strong>und</strong> Themen nach <strong>Halle</strong> geschickt, die beim Besuch<br />
der „Unterarbeitsgruppe Martin-Luther-Universität<br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg“ eine Rolle spielen sollten. Mit<br />
allen Statusgruppen wollen die Gäste sprechen –<br />
darunter Studierende <strong>und</strong> Studienbotschafter, die<br />
internationale Graduiertenakademie, Dekanate,<br />
Fakultäten <strong>und</strong> der Studierendenrat. Damit war<br />
bereits ein enger Zeitplan vorgegeben. „In diesem<br />
Rahmen können wir für die Gestaltung der<br />
Internationale Woche im Mai<br />
Anfang Mai wird an der MLU weit über die Ländergrenzen<br />
hinaus geblickt: Vom 8. bis zum 10.<br />
Mai veranstaltet das neue Internationale Büro der<br />
Universität eine Internationale Woche. Erstmals<br />
wird der 9. Mai zudem als lehrfreier "Dies Internationalis"<br />
begangen. Eine globale Themenpalette<br />
steht auf dem Programm: Sie reicht vom "Markt der<br />
Möglichkeiten" über Workshops für internationale<br />
Studierende, Sprachschnupperkurse, Diskussionen<br />
zur EU-Forschung <strong>und</strong> der Einrichtung internationaler<br />
Studiengänge bis zum "World Café". Informiert<br />
wird über Studium <strong>und</strong> Praktika im Ausland ebenso<br />
einzelnen R<strong>und</strong>gänge jeweils Vorschläge liefern“,<br />
erläutert Katrin Rehschuh, die als Leiterin der<br />
Stabsstelle des Rektors die Begehung vorbereitet.<br />
Im Tagesprogramm der Besucher sollen sich die<br />
zentralen Schwerpunkte der MLU widerspiegeln.<br />
„Wir möchten natürlich die Besonderheiten unserer<br />
Universität hervorheben.“<br />
Eine 18–köpfige Arbeitsgruppe hat der Wissenschaftsrat<br />
benannt, die im Auftrag von Wissenschafts-<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftsministerin Wolff die Hochschullandschaft<br />
Sachsen-Anhalts begutachtet. Jeder<br />
der acht Hochschulen im Land ist eine weitere<br />
Unterarbeitsgruppe zugeordnet. Aus Forschungseinrichtungen<br />
in ganz Deutschland – aber auch aus<br />
Frankreich – kommen die Gutachter nach <strong>Halle</strong>. Unabhängig<br />
davon soll auch die Profildiskussion auch<br />
innerhalb der MLU fortgesetzt werden. cb<br />
wie über Fördermöglichkeiten für junge Nachwuchswissenschaftler<br />
mit internationalen Ambitionen. Career<br />
Center, Unikino, das Studentenwerk <strong>Halle</strong> sowie<br />
zahlreiche externe Gäste wirken an der Veranstaltung<br />
mit. Auch die Gewinner des Erasmuswettbewerbs<br />
2012 werden zum Abschluss der Woche ausgezeichnet.<br />
Noch bis zum 15. April können sich Studierende<br />
mit Fotos von <strong>ihre</strong>m Erasmus-Aufenthalt<br />
am Wettbewerb beteiligen. Weitere Informationen<br />
gibt es auf den neu gestalteten Internetseiten des<br />
Internationalen Büros unter: www.international.<br />
uni-halle.de. cb<br />
scientia halensis 2/2012 varia<br />
Das Onlinemagazin<br />
begleitet die Profildebatte<br />
<strong>und</strong> die Begehung unter:<br />
www.magazin.uni-halle.<br />
de/hochschulpolitik<br />
9
10 varia scientia halensis 2/2012<br />
Mehr Infos zum Nachwuchspreis<br />
unter:<br />
ww.sfi-halle.de<br />
Burgstraße 6 | 06114 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Tel 0345 68454394<br />
Montag — Freitag 10.00 — 18.30 Uhr<br />
Samstag 10.00 — 13.00 Uhr<br />
Alter Markt 1 —2 | 06108 <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
Telefon 0345 1212491<br />
Montag — Freitag 10.00 — 19.00 Uhr<br />
Samstag 10.00 — 13.00 Uhr<br />
info@surfi n-bikeout.de<br />
www.surfi n-bikeout.de<br />
Nachwuchspreis für Studierende<br />
Zum zweiten Mal wird 2012 der Nachwuchspreis<br />
der Studentischen Förderinitiative der Naturwissenschaften<br />
an der MLU e. V. (SFi) für ein überzeugendes<br />
wissenschaftliches Konzept vergeben. „Mit<br />
der Förderung möchten wir Studierende der Naturwissenschaften<br />
würdigen, die sich durch ein hohes<br />
Maß an Eigeninitiative bei der Entwicklung <strong>und</strong><br />
Umsetzung <strong>ihre</strong>r Abschlussarbeiten auszeichnen“,<br />
erklärt MLU-Student <strong>und</strong> SFi-Mitglied Tobias Jost.<br />
Mit 1000 Euro soll eine Master- oder Diplomarbeit<br />
unterstützt werden, die etwa interdisziplinär angelegt<br />
ist oder neue Lösungsansätze bietet. Damit<br />
sollen gezielt kreatives Denken gefördert <strong>und</strong> neue,<br />
unkonventionelle Ansätze ermöglicht werden. Als<br />
Kandidat kommt deshalb nur infrage, wer seine<br />
Abschlussarbeit noch nicht beendet hat. Anträge<br />
können bis zum 20. Mai 2012 online eingereicht<br />
werden. Die Finanzierung des SFi-Nachwuchspreises<br />
wird durch Einnahmen der Karrieremesse der SFi<br />
„science meets companies“ ermöglicht, die dieses<br />
Jahr am 10. Mai im Biozentrum stattfindet.<br />
Die SFI setzt sich seit 2006 verstärkt für die Kontaktvermittlung<br />
zwischen Industrie, Studierenden<br />
<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r Hochschule ein. Der Verein initiierte unter<br />
anderem ein betriebswirtschaftliches Modul für<br />
Studierende der Naturwissenschaften. Zudem organisiert<br />
die studentische Initiative Studienfahrten,<br />
Spendenaktionen, Tutorien sowie die Firmenkontaktmesse<br />
„science meets companies“. mz<br />
„Scidea 2012“: Ideen gesucht!<br />
Studierende, Wissenschaftler <strong>und</strong> Doktoranden<br />
mit zündenden Ideen können sich bis zum 21. Mai<br />
am Ideenwettbewerb „scidea 2012“ beteiligen. Gesucht<br />
werden Ideenpapiere für innovative Produkte,<br />
Dienstleistungen oder Konzepte zur kommerziellen<br />
Verwertung der eigenen Forschungen <strong>und</strong> Erfindungen.<br />
Akademiker aus Hochschulen <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen<br />
im südlichen Sachsen-Anhalt<br />
können Ideenskizzen einreichen – gemeinsam mit<br />
einem Anmeldebogen für „scidea“.<br />
Für das Anfertigen der dreiseitigen Skizze steht ein<br />
Leitfaden zur Verfügung. Leitfaden zur Verfügung.<br />
Auf einer öffentlichen Preisverleihung werden am<br />
21. Juni 2012 die besten vier Ideenpapiere in den<br />
Kategorien "Innovative Dienstleistung" <strong>und</strong> "Innovatives<br />
Produkt" gekürt. Eine Idee wird zudem<br />
mit dem "Sonderpreis Forscher" ausgezeichnet,<br />
weiterhin wird ein Publikumspreis verliehen. Die<br />
Gäste der Veranstaltung im Planetarium in <strong>Halle</strong><br />
können sich dazu in einer kleinen Ausstellung über<br />
alle eingereichten Ideenpapiere informieren <strong>und</strong><br />
<strong>ihre</strong>n Favoriten wählen. Die besten Ideenpapiere<br />
werden am 21. Juni in <strong>Halle</strong> mit vier verschiedenen<br />
Geldpreisen prämiert.<br />
Informationen <strong>und</strong> Anmeldung unter: www.scidea.<br />
de. Fragen zum Wettbewerb beantwortet Moritz<br />
Bradler von Univations telefonisch unter 0345<br />
552978 oder per E-Mail an: bradler@univations.<br />
de. cb<br />
Wir reparieren (fast) alles!
scientia halensis 2/2012 varia<br />
„Wissenschaft in <strong>Halle</strong>“ nimmt Fahrt auf<br />
Offiziell begann das Jahr der Wissenschaft in <strong>Halle</strong><br />
auf Schienen: Am 30. März präsentierte sich die<br />
„Techniklinie 5“ erstmals in <strong>ihre</strong>m neuen Gewand.<br />
Von Bad Dürrenberg bis Kröllwitz verbindet die<br />
Straßenbahnlinie 5 seit jeher Standorte von Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Technik. Vom Gradierwerk in Bad<br />
Dürrenberg, der Merseburger Fachhochschule, über<br />
die Buna-Werke Schkopau oder die Saline bis hin<br />
zum halleschen Weinberg Campus. Entlang dieser<br />
Strecke können Forschungseinrichtungen <strong>und</strong><br />
Technologieunternehmen jetzt „Haltestellenpatenschaften“<br />
übernehmen <strong>und</strong> mit Informationstafeln<br />
<strong>und</strong> Kurzfilmen im Internet über <strong>ihre</strong> Forschung <strong>und</strong><br />
Produktion informieren. Auch die Martin-Luther-<br />
Universität wird Einblick in aktuelle Forschungsprojekte<br />
<strong>und</strong> Entwicklungen geben. Initiator des<br />
Projekts war Professor Wolfgang Lukas vom „weinberg<br />
campus e.V.“.<br />
Die Techniklinie 5 ist nur der Anfang. „Wir haben<br />
unsere Bewerbung um den Titel Stadt der Wissenschaft<br />
zum Anlass genommen, 2012 als ein Jahr der<br />
Wissenschaft mit Leben zu erfüllen“, erläutert Oberbürgermeisterin<br />
Dagmar Szabados. Denn auch wenn<br />
Lübeck zur „Stadt der Wissenschaft 2012“ gekürt<br />
wurde: Mit dem Veranstaltungsreigen im Wissenschaftsjahr<br />
zeigen Stadt, Universität, Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Kultureinrichtungen, dass <strong>Halle</strong> auch ohne Titel<br />
eine zweifellos lebendige <strong>und</strong> traditionsreiche Wissenschaftsstadt<br />
ist. „Die Wissenschaft als größter<br />
Arbeitgeber ist <strong>Halle</strong>s Salz der Zukunft“, bringt es<br />
<strong>Halle</strong>s Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann auf<br />
den Punkt. Das Jahr wird vom Stifterverband für die<br />
Deutsche Wissenschaft mit 50.000 Euro gefördert.<br />
Zum Auftakt des ersten halleschen „Wissenschaftssommers“<br />
wird am 25. Mai das neue Hauptgebäude<br />
der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina<br />
eingeweiht.<br />
Bis zur „Langen Nacht der Wissenschaften“ am 6.<br />
Juli reihen sich die Veranstaltungen dann dicht an<br />
dicht. Die Sommerakademie im Technischen Halloren-<br />
<strong>und</strong> Salinemuseum Ende Juni, die Cicadas-Ausstellung<br />
an der MLU (siehe Seite 6), die Kinderstadt<br />
<strong>Halle</strong> sowie das erste nano-Kurzfilmfestival gehören<br />
zu den Angeboten, mit denen <strong>Halle</strong>nser aller<br />
Generationen für Wissenschaftsthemen begeistert<br />
werden sollen.<br />
Im Herbst wird das Programm ähnlich breitgefächert<br />
fortgesetzt – unter anderem im Stadtarchiv, in<br />
den Franckeschen Stiftungen, der Leopoldina <strong>und</strong><br />
der MLU. Eine besondere Rolle werden auch die Forschungseinrichtungen<br />
spielen, die wie das Leibniz-<br />
Institut für Pflanzenbiochemie oder das Fraunhofer-<br />
Institut für Werkstoffmechanik in diesem Jahr ihr<br />
zwanzigjähriges Bestehen feiern. Corinna Bertz<br />
Bild: Seit 30. März fährt die<br />
Straßenbahnlinie 5 als Techniklinie<br />
im neuen Gewand<br />
von Bad Dürrenberg bis<br />
Kröllwitz. Mehr zur<br />
Techniklinie unter<br />
www.techniklinie-5.de.<br />
(Foto: Lutz Winkler)<br />
wissenschaftinhalle.de<br />
Veranstaltungsübersicht:<br />
http://wissenschaft-in-halle.de<br />
QR� CODE<br />
11
12 titelthema scientia halensis 2/2012<br />
titelthema<br />
Herz <strong>und</strong> Hartplastik:<br />
Erfindergeist in <strong>Halle</strong><br />
Fünf Jahrzehnte liegen zwischen dem Wirken des wohl berühmtesten Herzchirurgen der DDR, Karl-Ludwig<br />
Schober, <strong>und</strong> dem jetzigen Leiter des Skillslab an der Medizinischen Fakultät, Andreas Fichtner. Beide verbindet<br />
etwas Gr<strong>und</strong>legendes: Sie waren unzufrieden mit einer Situation <strong>und</strong> nutzten dies als Schlüssel für eine<br />
Veränderung mit Tragweite. Ihrem Erfindergeist verdankt die Welt wichtige Neuerungen: Schober entwickelte<br />
die Herz-Lungen-Maschine, Andreas Fichtner fertigt detailgetreue Körpermodelle für die Ausbildung an.<br />
Bild: Mit der Herz-Lungen-<br />
Maschine begann die moderne<br />
Herzchirurgie der DDR. Das<br />
Bild entstand während einer<br />
der ersten Operationen mit<br />
der neuen Maschine in <strong>Halle</strong>.<br />
(Foto: Universitätsarchiv)<br />
Elf Jahre war der Junge alt, der am 3. April 1962 auf<br />
dem Operationstisch der Chirurgischen Universitätsklinik<br />
lag. Ärzte hatten bei ihm einen Vorhofscheidewanddefekt<br />
am Herzen diagnostiziert, was<br />
nichts Geringeres als ein Loch in diesem lebenswichtigen<br />
Organ bedeutete. Um es zu schließen,<br />
war ein Eingriff am offenen Herzen nötig. Doch in<br />
der DDR galten damals viele solcher angeborenen<br />
Herzfehler quasi als inoperabel. Denn es war nicht<br />
möglich, Herz <strong>und</strong> Lunge während eines Eingriffs für<br />
einen längeren Zeitraum stillzulegen. Dafür hätte es<br />
einer Herz-Lungen-Maschine bedurft. Die war zwar
schon erf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wurde seit 1953 in den USA<br />
eingesetzt – aber für die halleschen Mediziner war<br />
sie unerreichbar.<br />
Die Unzufriedenheit darüber war es schließlich, die<br />
eine gewaltige Entwicklungsleistung zur Folge hatte:<br />
Der Herzchirurg Karl-Ludwig Schober <strong>und</strong> sein Team<br />
entschieden sich, die dringend benötigte Maschine<br />
selbst zu bauen. Mit Erfolg, denn besagter Elfjähriger<br />
war der erste Patient, der in der DDR mit der<br />
eigens entwickelten Herz-Lungen-Maschine operiert<br />
wurde. Noch im selben Monat folgten acht<br />
weitere Kinder. Und alle überlebten.<br />
„Das war eine herausragende wissenschaftliche<br />
<strong>und</strong> auch praktische Leistung“, sagt Prof. Rolf-Edgar<br />
Silber, Chefarzt der Klinik für Herz- <strong>und</strong> Thoraxchirurgie.<br />
In seinem Dienstzimmer steht das Gerät von<br />
damals zu Anschauungszwecken. Man ahnt, wie<br />
schwer es für die Entwickler gewesen sein muss,<br />
allein die vielen mechanischen Bauteile zu beschaffen.<br />
Hochwertiger Stahl, hitzebeständiges Glas <strong>und</strong><br />
flexible Silikonschläuche waren in der DDR Mangelware.<br />
Unter zum Teil abenteuerlichen Umständen<br />
gelang es, all diese Materialien zu ordern oder selbst<br />
anzufertigen. So kam Schober nur über Kontakte zu<br />
Berufskollegen in München in den Besitz der dringend<br />
benötigten Silikonschläuche.<br />
Die technischen Belange waren das Eine. Schwierig<br />
war das Ganze auch, weil Schober nicht auf staatliche<br />
Unterstützung hoffen durfte. Die DDR-Führung<br />
hatte seinerzeit beschlossen, in Leipzig ein Herzzentrum<br />
zu etablieren. Damit war klar: Die <strong>Halle</strong>nser<br />
würden keine Chance auf eine importierte Herz-<br />
Lungen-Maschine haben. Stattdessen wurden zwei<br />
West-Geräte für die Leipziger Klinik angeschafft.<br />
Blieb nur die Eigeninitiative. Bestärkt wurde Schober<br />
in seinem Entschluss durch Besuche bei Be-<br />
„Dass Schober seine Entwicklung<br />
gegen alle Widerstände durchgesetzt hat,<br />
ist ein großer Verdienst, der vielen<br />
Menschen das Leben gerettet hat“<br />
rufskollegen in Ungarn, die zuvor erfolgreich eine<br />
Herz-Lungen-Maschine gebaut <strong>und</strong> eingesetzt<br />
hatten. Seit 1961 arbeitete er zusammen mit dem<br />
Biophysiker Fritz Struss <strong>und</strong> weiteren Mitarbeitern<br />
unermüdlich an der Neuentwicklung. Dabei gab<br />
es immer wieder Schwierigkeiten. Dazu gehörten<br />
auch die Unregelmäßigkeiten im DDR-Stromnetz:<br />
Sie gefährdeten die kontinuierliche Funktion des<br />
Geräts. Zwei Gleitwiderstände glichen die Netzschwankungen<br />
schließlich aus. Zur Vorbereitung der<br />
ersten Operation reiste das Team auch zweimal illegal<br />
ins damals noch nicht ummauerte West-Berlin,<br />
um sich im Klinikum der Freien Universität – wo<br />
man ebenfalls über eine Herz-Lungen-Maschine<br />
verfügte – mit Einzelheiten des Operationsablaufs<br />
vertraut zu machen.<br />
In <strong>Halle</strong> erwartete man den Tag des Ersteinsatzes<br />
der neuen Technik mit Spannung. Der Eingriff verlief<br />
völlig komplikationslos. Schober <strong>und</strong> sein Team<br />
hatten es geschafft – nur vier Wochen nachdem im<br />
Leipziger Herzzentrum eine ähnliche Operation mit<br />
einer importierten Herz-Lunge-Maschine geglückt<br />
war.<br />
Der Tag der ersten OP markierte nicht weniger als<br />
den Beginn der modernen Herzchirurgie in der DDR.<br />
R<strong>und</strong> 300 Eingriffe mit Schobers Maschine sollten<br />
folgen – pro Jahr. Und die Eingriffe wurden komplexer:<br />
Bald war es möglich, Herzklappen zu ersetzen<br />
<strong>und</strong> Bypässe zu legen.<br />
Hartnäckigkeit, Ideenreichtum, die Fähigkeit, in unkonventionellen<br />
Bahnen zu denken <strong>und</strong> auch über<br />
den Tellerrand des eigenen Fachgebiets zu schauen<br />
– auch Mut: Dies sind einige der Zutaten, die zu<br />
Neuem führen. Chefarzt Silber blickt voller Respekt<br />
auf die gewaltige Leistung von damals: „Allein der<br />
Wissenstransfer war für Schober immens schwierig.<br />
scientia halensis 2/2012 titelthema<br />
prof. dr. rolf-edgar silber<br />
Die Original-Maschine<br />
befindet sich heute in der<br />
Klinik für Herz- <strong>und</strong><br />
Thoraxchirurgie.<br />
(Foto: Universitätsarchiv)<br />
13
14 titelthema scientia halensis 2/2012<br />
Dass er seine Entwicklung gegen alle Widerstände<br />
durchgesetzt hat, ist ein großer Verdienst, der vielen<br />
Menschen das Leben gerettet hat.“<br />
Mit der Spritze in den Übungsarm<br />
So dramatisch wie im Fall von Karl-Ludwig Schober<br />
müssen die Umstände freilich nicht zwangsläufig<br />
sein. Die Unzufriedenheit mit den bestehenden<br />
Zuständen war es indes auch, die Dr. Andreas Fichtner<br />
anspornte. Am Anfang seiner Arbeit stand die<br />
Frage: Wie können alle Medizinstudenten unter<br />
gleichen Bedingungen das Blutabnehmen lernen?<br />
Man schrieb das Jahr 2008 <strong>und</strong> der Anästhesist<br />
baute an der Uni Dresden gerade das Skillslab auf,<br />
eine Einrichtung zur Ausbildung von Medizinstudenten.<br />
Bis dato zapften sich die künftigen Ärzte zu<br />
Übungszwecken gegenseitig Blut aus <strong>ihre</strong>n Venen<br />
oder sie übten an wenigen, teuren Modellen. Beides<br />
überzeugte den heute 34-jährigen Fichtner nicht.<br />
Denn jeder Arm hat andere physiologische Merkmale.<br />
Außerdem sollte der Ablauf gr<strong>und</strong>legender<br />
invasiver Routinetätigkeiten beim ersten Mal nicht<br />
am Patienten erlernt werden.<br />
„Jeder Student fand andere Ausbildungsbedingungen<br />
vor“, sagt Fichtner. Und die kommerziell<br />
verfügbaren Modelle boten zwar die gewünschte<br />
immer gleiche Gr<strong>und</strong>situation, waren aber aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>ihre</strong>s Materials weit davon entfernt, realistische<br />
Verhältnisse zu simulieren. Zudem waren sie teuer<br />
<strong>und</strong> standen daher nicht in ausreichender Zahl zur<br />
Verfügung. Fichtners Interesse war geweckt.<br />
Und wie so oft, wenn es um Erfindungen geht, kam<br />
dem kreativen Mediziner der Zufall zu Hilfe. In einer<br />
Orthopädiewerkstatt entdeckte er einen speziellen<br />
Schaumstoff zur Anfertigung von Orthesen. Fichtner<br />
begann zu experimentieren: Einen Arm, ein Bein<br />
<strong>und</strong> einen Thorax wollte er bauen. Zunächst aber<br />
musste er geeignete menschliche Vorbilder finden.<br />
„Zwei Jahre habe ich unter meinen Studenten<br />
denjenigen mit dem idealen Verlauf der Armvenen<br />
gesucht“, sagt Fichtner. Den „schönsten“ Arm hatte<br />
schließlich ein befre<strong>und</strong>eter Ingenieur.<br />
Diese optimalen Körperteile wurden nacheinander<br />
in Gips, Gummi <strong>und</strong> Hartplastik abgeformt. So<br />
entstanden Negative <strong>und</strong> schließlich wieder Positive<br />
aus den Abdrücken. Parallel dazu verbesserte<br />
Fichtner das verwendete Material. Er ließ verschiedene<br />
Varianten vom Krankenhauspersonal testen:<br />
Anästhesie-Schwestern schätzten das Stechverhalten<br />
von Kanülen ein <strong>und</strong> bewerteten die gefühlte<br />
Echtheit. Im Ergebnis entstand ein Gemisch aus fünf<br />
Materialschichten, das jeweils lebensecht Knochen,<br />
Muskulatur, Fettgewebe <strong>und</strong> Unterhaut sowie Hautoberfläche<br />
imitierte.<br />
In den ersten beiden Jahren stellten Fichtner <strong>und</strong><br />
sein Team die Modelle selbst her. Das senkte die<br />
Kosten. R<strong>und</strong> 2000 Studenten trainierten pro Jahr<br />
an den Modellen. Als die zunehmend wachsende<br />
Kleinproduktion zu zeitintensiv wurde, ließ Fichtner<br />
sich 2009 seine Arbeit an der Uni Dresden pa-
tentieren. Doch zufrieden war er noch lange nicht.<br />
„Die handgefertigten Modelle waren zwar besser<br />
<strong>und</strong> preiswerter als die bisherigen, aber die Prozessqualität<br />
war in der Eigenproduktion noch nicht<br />
ausreichend“, erklärt der Mediziner. „Wir kamen<br />
mit dem Bauen kaum hinterher“, so Fichtner, der<br />
sich daraufhin entschloss, seine Erfindung in die<br />
Serienproduktion zu überführen.<br />
Inzwischen war er an die Uni <strong>Halle</strong> gewechselt um<br />
auch hier ein Skillslab aufzubauen. Damals ahnte er<br />
allerdings nicht, was für ein Arbeitsaufwand noch<br />
vor ihm lag. „Doch wenn man einmal angefangen<br />
hat, kann man die Entwicklung nicht mehr einfach<br />
stoppen“, sagt er. Es galt, einen Investor zu finden.<br />
Und Firmen, die die komplizierten Modelle unter<br />
seiner Anleitung in einen standardisierten Produktionsablauf<br />
überführen konnten. „Alles musste<br />
vorher genau justiert werden, denn im Produktionsprozess<br />
ließ sich nichts mehr ändern“, erläutert<br />
der Mediziner.<br />
Die nun serienmäßig hergestellten Modelle enthalten<br />
übrigens eine Innen- <strong>und</strong> eine Außenform. Der<br />
Detailreichtum ist so groß, dass eine computergesteuerte<br />
Fräse r<strong>und</strong> drei Wochen an einer Form zu<br />
tun hat. Inzwischen gibt es drei verschiedene Modelle:<br />
ein Injektionsarm, ein Nahtbein zum Üben<br />
der W<strong>und</strong>versorgung sowie ein Injektionsbein für<br />
das Spritzen. Unter www.fleximodel.de können<br />
sie bestellt werden. Am Serienstart steht derzeit<br />
außerdem ein Thorax-Modell zur Anlage von zentralen<br />
Venenkathetern mit eingebauter Puls- <strong>und</strong><br />
Atembewegung.<br />
Die Studenten in <strong>Halle</strong> üben seit anderthalb Jahren<br />
mit den innovativen Körpermodellen, die permanent<br />
weiterentwickelt werden. Und auch an anderen<br />
deutschen Universitäten werden sie inzwischen<br />
genutzt. Andreas Fichtner, der Erfinder mit dem<br />
Sinn fürs Praktische <strong>und</strong> dem Willen zur Detailtreue,<br />
ist endlich zufrieden: „Seit wir die Modelle einsetzen,<br />
können wir allen Teilnehmern gleich gute Trainingsbedingungen<br />
gewährleisten <strong>und</strong> sparen gleichzeitig<br />
Geld.“ Finanziell lohnt sich das Projekt für ihn<br />
allerdings nicht – im Gegenteil: „Der Aufwand war<br />
riesig – nicht von der Idee zum Patent, aber vom<br />
Patent in die Serie. Die Erfahrung <strong>und</strong> das Ergebnis<br />
sind es mir jedoch wert.“ Ines Godazgar<br />
Kontakt: Dr. Andreas Fichtner<br />
Dorothea Erxleben Lernzentrum <strong>Halle</strong><br />
Telefon: 0345 557 4098<br />
E-Mail: andreas.fichtner@medizin.uni-halle.de<br />
scientia halensis 2/2012 titelthema<br />
„Zwei Jahre habe ich unter<br />
meinen Studenten nach dem<br />
idealen Verlauf der Armvenen<br />
gesucht“, sagt der Anästhesist<br />
<strong>und</strong> Erfinder Dr. Andreas<br />
Fichtner. Zuvor zapften<br />
sich Medizinstudenten zu<br />
Übungszwecken oft gegenseitig<br />
Blut aus <strong>ihre</strong>n Venen.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
15
16 titelthema scientia halensis 2/2012<br />
Patentieren vor Publizieren<br />
Am Anfang steht die Idee, es folgt eine Erfindung – <strong>und</strong> im Idealfall ein Patent, um mögliche Nachahmer in<br />
die Schranken zu weisen. R<strong>und</strong> 60.000 Erfindungen werden in Deutschland jährlich zum Patent angemeldet<br />
– weniger als ein Zehntel davon stammen aus den Hochschulen. Was die forschenden Erfinder mitunter<br />
abschreckt, erläutert MLU-Patentassessorin Gisela Wissenbach im Interview.<br />
Jede Erfindung, die an der<br />
MLU patentiert werden soll,<br />
landet zuerst bei ihr: Patentassessorin<br />
Gisela Wissenbach.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Um den Service für die<br />
Wissenschaftler zur Ideensicherung<br />
<strong>und</strong> -verwertung<br />
auszubauen, bildet<br />
die MLU in der Forschungsabteilung<br />
in Kürze<br />
ein eigenständiges Referat<br />
„Technologietransfer,<br />
Erfinderservice“ (Arbeitstitel).<br />
Hintergr<strong>und</strong> ist der<br />
Erfolg der MLU im Förderwettbewerb<br />
„EXIST-<br />
Gründungskultur – Die<br />
Gründerhochschule“.<br />
Mehr: http://forschung.<br />
verwaltung.uni-halle.de<br />
Zur Langfassung des Interviews<br />
im Onlinemagazin:<br />
WEBCODE MAG� 14074<br />
Frau Wissenbach, wann sollte ich zu Ihnen kommen?<br />
Immer dann, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie<br />
etwas Neues erf<strong>und</strong>en haben.<br />
Fertige Lösungen müssen es sein, <strong>und</strong> zwar im<br />
technischen Bereich. Da sind also eindeutig die<br />
Naturwissenschaften gefragt. Im geisteswissenschaftlichen<br />
Bereich gilt nicht das Patent-, sondern<br />
das Urheberrecht.<br />
Nun wollen Naturwissenschaftler in renommierten<br />
Magazinen publizieren. Wenn sie das bereits gemacht<br />
haben…<br />
… war es das. Die absolute Neuheit ist ein K.O.-<br />
Kriterium. Dass Sie etwas angemeldet haben, wird<br />
zudem erst nach 18 Monaten bekannt gemacht.<br />
Innerhalb dieser Frist kann jemand das Gleiche<br />
erfinden <strong>und</strong> anmelden.<br />
Dann greift ein kostenloses Mitbenutzungsrecht.<br />
Also ist es besser, mit der Veröffentlichung zu<br />
warten.<br />
Wie oft kommt ein Wissenschaftler mit einer Erfindung<br />
auf Sie zu?<br />
Im vergangenen Jahr hatten wir zwölf Patentanmeldungen.<br />
In dieser Größenordnung spielt sich das<br />
meistens ab. Es sind zudem bestimmte Bereiche,<br />
aus denen die Forscher vorrangig kommen: Medizin,<br />
Physik, Biochemie, Biotechnologie <strong>und</strong> Pharmazie.<br />
Was muss man im Vorfeld wissen?<br />
Ein Wissenschaftler sollte darauf achten, dass er das<br />
Rad nicht neu erfindet. Man muss dazu wissen, dass<br />
r<strong>und</strong> 80 Prozent der wissenschaftlich-technischen<br />
Erkenntnisse nur in Patentliteratur <strong>und</strong> -datenbanken<br />
zu finden sind.<br />
Wir haben Fachinformatoren an der Universitäts-<br />
<strong>und</strong> Landesbibliothek, die für die nötige Recherche<br />
ausgebildet sind.<br />
Fünf Jahre dauert es im Schnitt von der Anmeldung<br />
bis zur Erteilung eines Patents. Geld kostet das<br />
Ganze auch. Schreckt das nicht ab?<br />
Sie müssen einen langen Atem haben, anders geht<br />
es nicht. Die Kosten übernimmt die Universität.<br />
Der am Ende auch das Patent gehört?<br />
Ja, eindeutig. Kommt es dann zu einer wirtschaftlichen<br />
Verwertung, einer Lizenzierung oder einem<br />
Verkauf, werden die Erfinder beteiligt. Sie haben<br />
Anspruch auf 30 Prozent der Einnahmen.<br />
Interview: Carsten Heckmann<br />
Kontakt: Gisela Wissenbach<br />
Abteilung 6 – Forschung<br />
Telefon: 0345 55 21384<br />
E-Mail: gisela.wissenbach@verwaltung.uni-halle.de
Erfindungen „made in <strong>Halle</strong>“<br />
Nicht nur die Halloren wurden in <strong>Halle</strong> erf<strong>und</strong>en…<br />
Das erste Papiernetz in Wabenform: Hans Heilbrun<br />
erfindet 1901 die Struktur <strong>und</strong> Produktion der expandierten<br />
Papierwabe <strong>und</strong> nutzt sie für dekorative<br />
Zwecke in der Luxuspapierfabrik Heilbrun & Pinner,<br />
<strong>Halle</strong>. Die Wabenkerne sind ein wichtiges Element<br />
für folgende Entwicklungen, wie Wabenplatten in<br />
Sandwichbauweise, die in der Luft- <strong>und</strong> Raumfahrtindustrie<br />
eingesetzt werden. (Foto: Sarah Huke)<br />
Den „Sieg der Mathematik am Bau“ hat in den<br />
1950er Jahren der Architekt Herbert Müller mit seiner<br />
Erfindung der Hyperbolischen Paraboloidschale<br />
errungen. Die meist wellenförmigen Dächer wurden<br />
erstmals für Turnhallen in <strong>Halle</strong>-Neustadt verwendet.<br />
Dank der sattelförmigen Verb<strong>und</strong>betonplatten<br />
konnten große Spannweiten ohne zusätzliche Träger<br />
überbrückt werden. (Foto: Corinna Bertz)<br />
Johann Christoph Schweigger wurde 1819 an die<br />
Universität <strong>Halle</strong> berufen. 1821 erfand er das Galvanometer<br />
(„Multiplikator“), mit dem erstmals elektrischer<br />
Strom gemessen werden konnte. Dieser besaß<br />
eine Magnetnadel, die mehrmals mit einem Draht<br />
umwickelt war. Sie wurde durch die Magnetwirkung<br />
des elektrischen Stromes abgelenkt <strong>und</strong> zeigte so<br />
seine Stärke an. (Foto: Museo Galileo)<br />
Sarah Huke<br />
Die Hoffmannstropfen: Ein Arzneimittel gegen<br />
Übelkeit, Ohnmacht <strong>und</strong> Schwächeanfälle. Ihr Erfinder<br />
Friedrich Hoffmann (1660 – 1742), einer der<br />
bekanntesten europäischen Mediziner, machte die<br />
Medizinische Fakultät der halleschen Universität zur<br />
führenden deutschen Ausbildungsstätte für akademische<br />
Ärzte. (Foto: Maike Glöckner)<br />
Krankheiten aufspüren <strong>und</strong> Therapien richtig einsetzen:<br />
Auf der Suche nach den dazu nötigen Protein-<br />
Biomarkern helfen die Fluoreszenz-Farbstoff-Kits,<br />
welche die NH DyeAGNOSTICS GmbH aus <strong>Halle</strong> entwickelte.<br />
Das Biotechnologie-Unternehmen wurde<br />
2007 vom MLU-Absolventen Jan Heise gegründet.<br />
(Foto: NH DyeAGNOSTICS)<br />
scientia halensis 2/2012 titelthema<br />
Welche wegweisende<br />
Erfindung hat die<br />
Redaktion in <strong>ihre</strong>r kleinen<br />
Auswahl vergessen?<br />
Schreiben Sie uns <strong>und</strong><br />
wir ergänzen unsere Liste<br />
hallescher Erfinder online:<br />
magazin@uni-halle.de<br />
oder www.facebook.com/<br />
scientiahalensis.<br />
Unter allen Einsendungen,<br />
die uns bis 31.<br />
Mai 2012 erreichen, verlosen<br />
wir die LED-Figur,<br />
die auf dem Titelbild zu<br />
sehen ist.<br />
17
18 titelthema scientia halensis 2/2012<br />
Vordenken mit Flüssigkristallen<br />
Nein, die Flüssigkristalle wurden nicht von einem <strong>Halle</strong>nser erf<strong>und</strong>en. Sie wurden von einem Österreicher<br />
entdeckt. Doch ohne einige hallesche Pioniere würden wir heute vielleicht nicht mit dem Finger auf unseren<br />
Smartphones herumwischen <strong>und</strong> uns über die Bildqualität des neuen LCD-Fernsehers freuen. Forschung zu<br />
Flüssigkristallen war eine Spezialität der MLU – <strong>und</strong> ist es noch immer.<br />
Sorgfältig beschriftet <strong>und</strong><br />
verpackt: In H<strong>und</strong>erten von<br />
Zigarrenkisten bewahrte<br />
Daniel Vorländer seine Flüssigkristallverbindungen<br />
auf.<br />
Einige davon befinden sich<br />
heute im Besitz des Instituts<br />
für Chemie am Weinberg<br />
Campus. (Foto: Maike<br />
Glöckner)<br />
Daniel Vorländer erforschte „eine Merkwürdigkeit,<br />
von der man in Lehrbüchern entweder gar nicht<br />
sprach oder die man als irrig darstellte“. Doch dass<br />
die kristallinen Flüssigkeiten „eine Zukunft haben<br />
würden, hat er gewusst“. Nachzulesen ist dies in<br />
einem Nachruf auf den bedeutenden halleschen<br />
Chemiker. Der erschien 1943, zwei Jahre nach seinem<br />
Tod. Autor war der Leipziger Professor Conrad<br />
Weygand. Er bewies damit prophetische Fähigkeiten.<br />
Denn es sollte noch r<strong>und</strong> 20 Jahre dauern, bis<br />
die ersten Vorläufer dessen entwickelt wurden,<br />
was heute Millionen Menschen nicht mehr missen<br />
möchten: Flüssigkristall-Displays.<br />
„Eine Erfindung aus <strong>Halle</strong>“, heißt es oft, wenn die<br />
Sprache darauf kommt in der Saalestadt. Stimmt<br />
nicht. Aber ohne <strong>Halle</strong>s Forscher wäre es nicht dazu<br />
gekommen. „Wenn man sich anschaut, was in den<br />
letzten Jahrzehnten konzipiert <strong>und</strong> realisiert wurde,<br />
muss man sagen: Irgendwie hatte Vorländer immer<br />
seinen Anteil“, sagt Carsten Tschierske. Der Chemie-<br />
Professor ist der aktuelle Vertreter einer ganzen<br />
Reihe von renommierten Flüssigkristallforschern,<br />
die die Martin-Luther-Universität hervorgebracht<br />
hat. Sein Doktorvater Horst Zaschke ist ebenso zu<br />
nennen wie Horst Sackmann <strong>und</strong> Dietrich Demus,<br />
der wohl den Patent-Rekord an der MLU für sich beanspruchen<br />
kann. „Keine Frage, unsere Universität<br />
war lange Jahre führend auf diesem Gebiet“, sagt<br />
Patentassessorin Gisela Wissenbach. „Wir haben<br />
für viele Erfindungen Lizenzen vergeben, unter anderem<br />
nach Japan.“<br />
Aber Vorländer? Ein Erfinder? „Wer, wenn nicht<br />
er?“, fragt Carsten Tschierske rhetorisch. Entdeckt<br />
haben die Flüssigkristalle andere. Friedrich Reinitzer<br />
<strong>und</strong> Otto Lehmann waren die Ersten, die Substanzen<br />
beschrieben, die in einem Zustand zwischen<br />
kris-tallinem Feststoff <strong>und</strong> Flüssigkeit vorlagen.<br />
Keine <strong>Halle</strong>nser. „Vorländer hat dann systematisch
Flüssigkristalle synthetisiert. Ungefähr 2000 flüssigkristalline<br />
Verbindungen stammen von ihm – vorher<br />
gab es 20 oder 30“, berichtet Tschierske. „Die ersten<br />
Uhren-Displays wurden dann mit Substanzen produziert,<br />
die aus Vorländers Arbeit stammten. Und auch<br />
heute sind in einigen Displays Substanzen dabei,<br />
die irgendwann einmal von halleschen Forschern<br />
entwickelt wurden.“<br />
Die Erkenntnisse über die gr<strong>und</strong>legenden Zusammenhänge<br />
zwischen der molekularen Struktur <strong>und</strong><br />
den flüssigkristallinen Eigenschaften haben wir<br />
demnach Daniel Vorländer zu verdanken. Nur waren<br />
seine Resultate zu seiner Zeit wissenschaftliche<br />
Kuriositäten. „Keiner hat gewusst, was er damit<br />
anfangen soll. Das war Gr<strong>und</strong>lagenforschung“, sagt<br />
Tschierske, selbst ein Gr<strong>und</strong>lagenforscher. Auch<br />
wenn er im Rahmen seiner Doktorarbeit in den<br />
1980er Jahren r<strong>und</strong> 20 Patente angemeldet hat.<br />
Die Materialentwicklung für Displays finde heute<br />
in der Industrie statt. „Das sind feine Variationen,<br />
Optimierungen. Das ist nicht Aufgabe einer Universität“,<br />
meint der 59-Jährige. „Uns geht es um neue<br />
Anwendungsmöglichkeiten. Der flüssigkristalline Zustand<br />
ist ja nicht nur für Displays relevant. Optische<br />
Modulatoren oder die organische Photovoltaik sind<br />
<strong>und</strong>enkbar ohne Flüssigkristalle. Es handelt sich<br />
ohnehin um ein ganz allgemeines Organisationskonzept<br />
der Natur.“ Ein gutes Beispiel sei die DNA<br />
im Zellkern. „Die würde da gar nicht reinpassen,<br />
wenn sie sich nicht im flüssigkristallinen Zustand<br />
befände.“ Auch jede Zellmembran bestehe praktisch<br />
aus einer dünnen Schicht, die flüssigkristalline<br />
Eigenschaften hat.<br />
Die Kombination von Ordnung <strong>und</strong> Beweglichkeit<br />
ist eben eine unabdingbare Voraussetzung für die<br />
Entstehung des Lebens. Wie sich Moleküle zu hochkomplexen<br />
flüssigkristallinen Strukturen spontan<br />
selbstorganisieren können, haben Carsten Tschierske<br />
<strong>und</strong> sein Team in internationaler Kooperation mit<br />
anderen Forschergruppen 2011 im renommierten<br />
Wissenschaftsmagazins „Science“ beschrieben.<br />
Zwei Jahre zuvor hatten sie sich an gleicher Stelle<br />
bananenförmigen Flüssigkristallen <strong>und</strong> deren überraschenden<br />
Eigenschaften gewidmet. Gedanken<br />
über mögliche Anwendungen hält Tschierske für<br />
spekulativ. „Wir betreiben Gr<strong>und</strong>lagenforschung,<br />
bauen neue Moleküle, um zu sehen: Wie organisieren<br />
sie sich?“ Manche mögen das merkwürdig<br />
finden. Vielleicht kennen sie das Vorbild Vorländer<br />
nicht. Carsten Heckmann<br />
Kontakt: Prof. Dr. Carsten Tschierske<br />
Organische Chemie<br />
Telefon: 0345 5525664<br />
E-Mail: carsten.tschierske@chemie.uni-halle.de<br />
scientia halensis 2/2012 titelthema<br />
Daniel Vorländer war der<br />
erste Chemiker, der Flüssigkristalle<br />
systematisch synthetisierte.<br />
(Bild: Universitätsarchiv)<br />
Texturen von Flüssigkristallen,<br />
durch das Polarisationsmikroskop<br />
betrachtet. (Abbildung:<br />
Institut für Chemie)<br />
Fotogalerie mit Vorländers<br />
Zigarrenkisten im Onlinemagazin:<br />
WEBCODE MAG� 14070<br />
QR� CODE<br />
19
20 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2012<br />
studieren, lehren, leben<br />
Zwischen Promotion<br />
<strong>und</strong> Professur<br />
Studieren, Promovieren, Habilitieren? Der klassische Karriereweg bis zum eigenen Lehrstuhl bleibt an deutschen<br />
Hochschulen einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern vorbehalten. Ein großer Teil der wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter hangelt sich mit befristeten Verträgen von Projekt zu Projekt. International sind die „Postdoktoranden“,<br />
die in befristeter Warteposition eine zweite akademische Hürde bewältigen müssen, ein Unikat. Ihre<br />
Situation untersucht Anke Burkhardt am Wittenberger Institut für Hochschulforschung.<br />
(Grafik: Oliver Weiss)<br />
Ohne sie wäre Lehre <strong>und</strong> Forschung heute kaum<br />
denkbar: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter sind<br />
die größte an den Universitäten beschäftigte Akademikergruppe,<br />
r<strong>und</strong> 1200 Hochschulangehörige an<br />
der MLU zählen dazu. Sie werden gern unter dem<br />
Begriff „wissenschaftlicher Nachwuchs“ zusam-<br />
mengefasst, eine klare Definition aber fehlt. „Der<br />
Wissenschaftsrat unterscheidet zwischen denen,<br />
die nach der Promotion in der Forschung bleiben<br />
<strong>und</strong> denen, die eine Karriere als Hochschullehrer anstreben“,<br />
erläutert Anke Burkhardt vom Institut für<br />
Hochschulforschung (HoF). In mehreren Projekten
untersucht sie speziell die Situation der Beschäftigten<br />
zwischen Promotion <strong>und</strong> Professur.<br />
Im Jahr 2006 hatte der B<strong>und</strong> das HoF, ein An-Institut<br />
der MLU, mit dem „Bericht zur Förderung des<br />
wissenschaftlichen Nachwuchses“ beauftragt. Bis<br />
dahin waren die Karrierewege an Hochschulen ein<br />
weitgehend unerforschtes Feld. Das Team um Anke<br />
Burkhardt legte 2007 einen ersten Bericht vor <strong>und</strong><br />
schreibt bereits an einer zweiten, detaillierten Analyse.<br />
„Wir forschen dazu nicht selbst, sondern arbeiten<br />
alle Veröffentlichungen zum Thema auf“, erläutert<br />
Burkhardt. Die Wissenschaftler konzentrieren<br />
sich dabei auf die Postdoktoranden. Diese haben<br />
nach der Promotion eine zweite Qualifikationsphase<br />
zu durchlaufen, bevor sie sich – durch Juniorprofessur,<br />
Habilitation oder Nachwuchsgruppenleitung<br />
– für eine Professur qualifizieren. International ist<br />
diese Struktur ein Unikat. „Im Ausland herrscht eine<br />
andere Personalstruktur für junge Forscher. Dort<br />
gibt es keine Post-Doc-Phase.“ Der entscheidende<br />
Unterschied für die Nachwuchswissenschaftler:<br />
Wirklich selbstständig lehrt <strong>und</strong> forscht allein der<br />
Lehrstuhlinhaber. Stellen unterhalb der Professur<br />
sind in Deutschland weisungsgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> im Regelfall<br />
befristet.<br />
Lehren, forschen, publizieren, Klausuren <strong>und</strong> Hausarbeiten<br />
korrigieren, Exkursionen <strong>und</strong> Räume organisieren,<br />
Studieninhalte multimedial vor- <strong>und</strong><br />
nachbereiten – all das sind tägliche Aufgaben von<br />
Postdoktoranden wie Claudia Beetz. Die promovierte<br />
Juristin arbeitet bei Professor Wolfhard<br />
Kohte, <strong>ihre</strong> halbe Stelle läuft im nächsten Jahr aus.<br />
„Ich würde gern das weitermachen, was ich zurzeit<br />
mache – lehren <strong>und</strong> forschen, ohne zu habilitieren.<br />
Es ist schade, dass die bestehenden Strukturen an<br />
Hochschulen das langfristig viel zu schwer machen.<br />
Mir macht die Lehre Spaß, aber ich möchte nicht<br />
noch einmal über einen längeren Zeitraum in einem<br />
befristeten Arbeitsverhältnis ohne konkrete Planungsperspektive<br />
arbeiten“, sagt die Expertin für<br />
Zivil- <strong>und</strong> Sozialrecht. Zu einem möglichen Karriereweg<br />
hat ihr Doktorvater sie beraten. „Eine Alternative<br />
bietet die Professur an der Fachhochschule. Dort<br />
steht die Lehre noch stärker im Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
ich kann weiterhin wissenschaftlich arbeiten.“ Fachhochschulen<br />
setzen jedoch Berufserfahrung voraus.<br />
Claudia Beetz will deshalb zunächst in die Praxis.<br />
Neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern<br />
im Angestelltenverhältnis sind einer Studie von<br />
Anke Burkhardt zufolge befristet an Universitäten<br />
scientia halensis 2/2012 studieren, lehren, leben<br />
beschäftigt, meist in einer halben bis dreiviertel<br />
Stelle. „Sie alle bemängeln eine fehlende Planungssicherheit,<br />
fehlende berufliche Perspektiven <strong>und</strong><br />
dass das Einkommen nicht <strong>ihre</strong>r Arbeitsleistung<br />
entspricht“, fasst Anke Burkhardt die Lage zusammen.<br />
Eine Umfrage der Gewerkschaft Verdi an acht<br />
Universitäten, darunter auch die MLU, ergab 2011<br />
ein ähnliches Bild. Und dennoch: „Alle schätzen das<br />
Arbeitsklima <strong>und</strong> die -inhalte als sehr positiv ein.“<br />
Die hoch motivierte Mehrheit würde sich wieder<br />
für den akademischen Weg entscheiden, obwohl<br />
dieser meist befristet ist. Für all jene Promovierten,<br />
die nicht nach dem Professorentitel streben, war<br />
bis 2007 nach „6 plus 6“ Schluss: Sechs Jahre vor<br />
<strong>und</strong> sechs Jahre nach der Doktorarbeit durften sie<br />
an einer Hochschule befristet beschäftigt werden.<br />
„Das Ziel dieser Regelung war eigentlich, dass die<br />
Beschäftigten nach zwölf Jahren unbefristet eingestellt<br />
werden. Das war allerdings ein Trugschluss“,<br />
bedauert Burkhardt. „Ihnen drohte vielmehr, dass<br />
sie nach zwölf Jahren die Hochschule verlassen<br />
mussten.“<br />
Um dem entgegenzuwirken wurde 2007 das Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />
(WissZeitVG) verabschiedet.<br />
„Wer überwiegend aus Drittmitteln finanziert<br />
wird, kann jetzt immer wieder Verträge abschließen.<br />
Man kann sich also von Projekt zu Projekt hangeln.“<br />
Was das im Einzelfall bedeutet, hat Claudia Beetz<br />
als Gleichstellungsbeauftragte der Juristischen <strong>und</strong><br />
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bis 2009 oft<br />
erlebt: „Manche haben eine halbe Stelle aus Haushaltsmitteln<br />
<strong>und</strong> eine halbe aus Drittmitteln mit<br />
unterschiedlichen Laufzeiten. Wenn sie dann noch<br />
Elternzeit oder Mutterschutz in Anspruch nehmen,<br />
gestaltet sich die Vertragsstruktur sehr kompliziert.<br />
Da hilft nur ein Zeitstrahl, um nachzuverfolgen, wie<br />
lange welcher Vertrag läuft.“ Die zweifache Mutter<br />
beschäftigt sich auch aus juristischer Perspektive<br />
mit dem WissZeitVG. „Eine solche Regelung ist zur<br />
Ermöglichung der Qualifikation nicht unsinnig“,<br />
findet sie. „Aber deshalb sollten Hochschulen nicht<br />
davon abrücken, auch unbefristet einzustellen. Das<br />
eine schließt das andere ja nicht aus.“<br />
Die Entscheidung über Be- <strong>und</strong> Entfristung liegt bei<br />
den Hochschulen <strong>und</strong> beim Land, das ihnen den<br />
finanziellen Rahmen vorgibt. „Universitäten wollen<br />
sich ungern dauerhaft an Personal binden, da sie<br />
selbst keine finanzielle Sicherheit besitzen. Das Land<br />
weist ihnen jeweils den Haushalt für höchstens zwei<br />
Jahre zu“, erläutert Anke Burkhardt. Als Geschäfts-<br />
Hochschulforscherin<br />
Dr. Anke Burkhardt<br />
(Foto: privat)<br />
Der „B<strong>und</strong>esbericht zur<br />
Förderung des Wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses“<br />
steht online unter:<br />
www.buwin.de<br />
21
22 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2012<br />
Das Institut für Hochschulforschung<br />
im Internet:<br />
www.hof.uni-halle.de<br />
führerin des HoF kennt sie die Überlegungen der<br />
Personalplaner aus eigener Erfahrung. Aus Sicht<br />
der Hochschulforscherin gibt es dennoch eine Fülle<br />
von Möglichkeiten, die Berufsperspektiven wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter zu verbessern: „Dürften<br />
die Hochschulen unternehmerischer zu handeln,<br />
könnten sie aus Drittmitteln Rücklagen bilden, aus<br />
denen auch Mitarbeiter unbefristet angestellt werden<br />
können. Unterhalb der Professur sollten zudem<br />
neue Personalkategorien geschaffen werden, die<br />
selbstständig lehren <strong>und</strong> forschen dürfen. Befristete<br />
Beschäftigte müssten auch besser bezahlt werden<br />
als unbefristete, damit sie sich für Übergangszeiten<br />
ein Polster ansparen können“, fordert sie. Auch<br />
der B<strong>und</strong> könne Veränderungen bewirken: „Er<br />
kann mehr Förderprogramme für Juniorprofessuren<br />
schaffen <strong>und</strong> die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
kann <strong>ihre</strong> Mittelvergabe an die Bedingung knüpfen,<br />
dass ein Teil der Projektmitarbeiter unbefristet<br />
beschäftigt wird. Ähnliche Ansätze gibt es in der<br />
Gleichstellungspolitik.“<br />
Handlungsbedarf sieht auch Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost,<br />
Prorektorin für Forschung <strong>und</strong> wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs an der MLU: „Die Zahl der<br />
unbefristet beschäftigten Wissenschaftlerinnen <strong>und</strong><br />
Wissenschaftler ist im internationalen Vergleich<br />
sehr niedrig. Ich halte das für ein großes Problem<br />
im deutschen Hochschulsystem. Hier gibt es aus<br />
meiner Sicht Veränderungsbedarf, um mehr jungen<br />
Akademikern eine berufliche Perspektive jenseits<br />
der Professur zu bieten.“ An der MLU werde<br />
diese Gruppe in der „heißen“ Karrierephase bereits<br />
mit verschiedenen Angeboten unterstützt:<br />
„Nachwuchswissenschaftlerinnen können in Zukunft<br />
wieder ein spezielles Mentoring-Programm<br />
nutzen, in dem sie individuell auf den Berufseinstieg<br />
vorbereitet werden. Wir unterstützen sie auch bei<br />
Tagungen <strong>und</strong> Publikationen, um <strong>ihre</strong> akademische<br />
Arbeit stärker sichtbar zu machen <strong>und</strong> natürlich<br />
durch das Familienbüro.“ Wie stark die Gestaltung<br />
universitärer Stellen auch vom Angebot <strong>und</strong> von der<br />
Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften abhängt,<br />
zeigt sich zurzeit in den Ingenieurwissenschaften.<br />
Hier ist die Konkurrenz zwischen Universitäten <strong>und</strong><br />
Unternehmen mittlerweile so groß, dass kaum ein<br />
promovierter Ingenieur eine ausgeschriebene halbe<br />
Stelle antreten würde <strong>und</strong> auch die Deutsche<br />
Forschungsgemeinschaft die Nachwuchsgewinnung<br />
bei den Ingenieuren mit überdurchschnittlich hohen<br />
Summen fördert. Corinna Bertz
scientia halensis 2/2012 studieren, lehren, leben<br />
Endlich die Faust im Sandsack versenken<br />
Manchmal weiß ich nicht wohin mit meiner Energie.<br />
Normalerweise gehe ich dann laufen. Doch für<br />
scientia halensis habe ich meine Laufschuhe gegen<br />
Boxhandschuhe getauscht. Ich wollte es wissen:<br />
Fühlt es sich wirklich so gut an, seine Fäuste mit aller<br />
Kraft in einem Sandsack zu versenken?<br />
In der Boxhalle am Gimritzer Damm erwartet mich<br />
Christian Henze. Der Sportstudent boxt seit zwölf<br />
Jahren. Seine Erfahrungen gibt er nun beim Uni-Boxen<br />
als Trainer weiter. Weil ich den Sport bisher nur<br />
aus dem Fernsehen kenne, komme ich zum Anfängertraining.<br />
Ich bin heiß auf die Boxhandschuhe. Nur<br />
sind die für das heutige Programm gar nicht vorgesehen.<br />
Weil es den anderen Teilnehmern genau wie<br />
mir geht, kündigt Henze kurz entschlossen an: „Wir<br />
machen heute das Fortgeschrittenen-Programm.“<br />
Na gut, denke ich. Hauptsache Handschuhe.<br />
Los geht´s mit einer klassischen Box-Erwärmung.<br />
Wir imitieren Schläge <strong>und</strong> durchlaufen drei Mal<br />
einen Parcours. Seilspringen, Hantelscheiben stemmen<br />
<strong>und</strong> Schlusssprünge über die Bank. Nach der<br />
ersten R<strong>und</strong>e laufen mir die Schweißperlen nicht<br />
nur über die Stirn, sondern auch über Nacken, Arme<br />
<strong>und</strong> Beine. Warum habe ich nur eine lange Sporthose<br />
angezogen?<br />
Während des Trainings fällt mir auf, dass fast so<br />
viele Frauen wie Männer am Kurs teilnehmen. „Mit<br />
Regina Halmich wurde der Sport auch für Frauen<br />
attraktiv“, erklärt Henze. Das Uni-Boxen nutzen<br />
aber die wenigsten, um an Kämpfen teilzunehmen.<br />
Es ist vielmehr ein Fitnessprogramm. „Trotzdem<br />
will ich einige motivieren, auch bei Boxkämpfen<br />
mitzumachen.“ Potentielle Kandidatin ist meine<br />
heutige Boxpartnerin Melanie Krüger. Als wir endlich<br />
auf den Sandsack hauen, zeigt sie mir, wie ich<br />
die Schläge am besten verteile. Seitwärtshaken,<br />
Aufwärtshaken. Hauptsache die Deckung halten.<br />
Ich gebe noch mal alles.<br />
Der Verein „Boxring Eintracht <strong>Halle</strong> e.V.“ gibt Henze<br />
die Möglichkeit Box-<strong>Halle</strong>, Trainingsgeräte <strong>und</strong><br />
Handschuhe kostenlos zu nutzen. Im September<br />
2009 hat der Verein außerdem das Sozial- <strong>und</strong> Integrationsprojekt<br />
„Boxen statt Gewalt“ ins Leben<br />
gerufen, finanziert vom B<strong>und</strong>esministerium des Innern.<br />
Neben Trainingsangeboten findet täglich eine<br />
Hausaufgabenbetreuung statt.<br />
Nach dem Training bin ich erschöpft. Ich habe<br />
noch Tage später Muskelkater <strong>und</strong> fühle mich ausgepowert.<br />
Jegliches Gewaltpotential habe ich im<br />
Sandsack verstaut. Demnächst, nehme ich mir vor,<br />
tausche ich Waldwege einmal pro Woche gegen die<br />
Boxhalle. Maria Preußmann<br />
Kontakt: Christian Henze<br />
Boxring Eintracht <strong>Halle</strong> e.V.<br />
Telefon: 0345 2056132<br />
Internet: www.boxring-eintracht-halle.de<br />
Nach <strong>ihre</strong>m ersten Boxtraining<br />
will Autorin Maria<br />
Preußmann die Laufschuhe<br />
jetzt regelmäßig gegen Boxhandschuhe<br />
tauschen. (Foto:<br />
Michael Deutsch)<br />
Das Boxtraining findet<br />
jeweils um 20 Uhr in<br />
der <strong>Halle</strong> am Gimritzer<br />
Damm statt – montags für<br />
Anfänger, mittwochs für<br />
Fortgeschrittene.<br />
Mehr über die Sportangebote<br />
des USZ:<br />
www.magazin.uni-halle.de/<br />
category/ges<strong>und</strong>heit<br />
QR� CODE<br />
23
24 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2012<br />
„Ein lohnendes Motiv“<br />
Vereinigung der Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer finanziert fünf Deutschlandstipendien<br />
Stipendien sind für ihn ein<br />
Ausdruck von Chancengleichheit:<br />
Förderer <strong>und</strong> VFF-<br />
Ehrenpräsident<br />
Dr. Wolfgang Röller<br />
Mehr über Stipendien <strong>und</strong><br />
Förderer: www.uni-halle.de/<br />
deutschland-stipendium<br />
Vereinigung der Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
Förderer im Internet:<br />
www.vff.uni-halle.de<br />
Drei Stipendiaten im Porträt:<br />
www.magazin.uni-halle.de/<br />
stipendiaten<br />
QR� CODE<br />
Die Zahl der Deutschlandstipendiaten an der Martin-Luther-Universität<br />
wächst. 19 weitere Studierende<br />
werden zum Sommersemester 2012 erstmals<br />
ein Deutschlandstipendium erhalten. Für mindestens<br />
zwei Semester <strong>und</strong> bis maximal zum Ende<br />
<strong>ihre</strong>r Regelstudienzeit werden sie mit 300 Euro<br />
monatlich unterstützt. Mit je fünf Stipendien sind<br />
die Bayer-Stiftung <strong>und</strong> die Vereinigung der Fre<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Förderer der Martin-Luther-Universität <strong>Halle</strong>-<br />
Wittenberg e.V. (VFF) die beiden größten neuen<br />
Förderer.<br />
Hinter den fünf Stipendien der VFF steht eine ganze<br />
Reihe von Unterstützern: „Zwei der Stipendien kamen<br />
durch unsere beiden Großspender <strong>und</strong> durch<br />
Mittel der VFF zustande“, erläutert VFF-Geschäftsführerin<br />
Ramona Mitsching. Auf <strong>ihre</strong>r letzten Mitgliederversammlung<br />
hatte die Vereinigung zudem<br />
beschlossen, zum Sommersemester zwei Deutschlandstipendien<br />
aus <strong>ihre</strong>n Haushaltsmitteln für ein<br />
Jahr mit der Option auf Verlängerung um ein weiteres<br />
Jahr <strong>und</strong> ein zusätzliches aus dem VFF-eigenen<br />
„Martin-Luther-Stipendienfonds“ für ein Jahr zur<br />
Verfügung zu stellen.<br />
Einer der privaten VFF-Großspender ist Dr. Wolfgang<br />
Röller, Ehrenpräsident der VFF. Er hat der<br />
Vereinigung 16 Jahre lang vorgestanden. „Mit der<br />
Unterstützung eines Stipendiaten investiert man<br />
direkt in die Zukunft unseres Landes – ein lohnendes<br />
Motiv für einen älteren Menschen“, findet der ehemalige<br />
Vorstandschef der Dresdner Bank. Mit seiner<br />
Förderung möchte er auch Nachahmer motivieren.<br />
„Stipendien sind ein Ausdruck der notwendigen<br />
Chancengleichheit für den Nachwuchs“, betont der<br />
82-jährige Ehrensenator der MLU.<br />
Die zweite Großspende aus den Reihen der VFF-<br />
Mitglieder kam vom Universitätsverlag <strong>Halle</strong>-Wittenberg.<br />
Im Januar hatte sich der wissenschaftliche<br />
Beirat des Verlags dazu entschlossen, 1300 Euro für<br />
ein Deutschlandstipendium zu spenden. „Wir möchten<br />
damit zur Entwicklung einer stabilen Spendenkultur<br />
an der Martin-Luther-Universität beitragen“,<br />
sagt Stefan Schwendtner, Geschäftsführer des Verlags.<br />
Den Restbetrag von 500 Euro für das einjährige<br />
Stipendium steuert die VFF bei.<br />
Indem sie auch kleine Beiträge für das Stipendienprogramm<br />
sammelt, ermöglicht die Vereinigung<br />
privaten Spendern, Studierende mit selbstgewählten<br />
Beiträgen zu fördern. Dabei spielt es keine Rolle,<br />
ob der Spender der VFF angehört. Jede Spende kann<br />
einen Baustein im Gesamtbetrag für ein Deutschlandstipendium<br />
darstellen. Entsprechende Spendenquittungen<br />
vergibt die Geschäftsstelle der VFF.<br />
Mit den neu vergebenen Stipendien zum Sommersemester<br />
werden jetzt an der MLU insgesamt 54<br />
Studierende unterstützt. Für das Wintersemester<br />
2012/2013 hat die Universität bereits weitere Zusagen<br />
von neuen Förderern erhalten. Corinna Bertz<br />
Kontakt: Katrin Eckebrecht<br />
Abt. 1 – Studium <strong>und</strong> Lehre, intern. Angelegenheiten<br />
Telefon: 0345 21300<br />
E-Mail: katrin.eckebrecht@verwaltung.uni-halle.de<br />
Kontakt: Ramona Mitsching<br />
Vereinigung der Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer e.V.<br />
Telefon: 0345 55 22912<br />
E-Mail: ramona.mitsching@vff.uni-halle.de
scientia halensis 2/2012 studieren, lehren, leben<br />
Die Lehre lernen <strong>und</strong> erforschen<br />
Neues Projekt der MLU: „Studium multimedial“ startet im April<br />
Wie man mit modernen Mitteln noch besser lehrt,<br />
will die MLU ab April in dem Projekt „studium multimedial“<br />
erforschen – <strong>und</strong> zugleich umsetzen. Für<br />
<strong>ihre</strong>n Projekt-Antrag hat die Hochschule vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Bildung <strong>und</strong> Forschung über<br />
sechs Millionen Euro erhalten. Es ist nun geplant,<br />
ein „Zentrum für multimediales Lehren <strong>und</strong> Lernen“<br />
(LLZ) einzurichten. Die Mitarbeiter des Zentrums<br />
werden die Dozenten aller Fakultäten bei der Entwicklung<br />
von neuen, multimedialen Vermittlungsformen<br />
für Studieninhalte unterstützen. Das können<br />
zum Beispiel Aufzeichnungen von Vorlesungen, die<br />
Bereitstellung von multimedial aufbereiteten Skripten<br />
oder auch die Anfertigung kleiner Videoclips<br />
sein. „Unser Ziel ist es, den gewachsenen Anforderungen<br />
der Studierenden an eine anspruchsvolle<br />
Lehre gerecht zu werden“, sagt Professor Josef Lukas.<br />
Der Psychologe hat den Antrag für das Projekt<br />
von Anfang an mitbetreut. Im Sommersemester<br />
will man jetzt versuchen, alle Stellen zu besetzen.<br />
„Der Sommer ist also unsere Aufbauphase.“ Danach<br />
soll das LLZ seine reguläre Arbeit aufnehmen<br />
<strong>und</strong> erste Projekte entwickeln. Von einem Studium,<br />
das durch multimediale Inhalte ergänzt wird, haben<br />
Lukas zufolge Studierende als auch Dozenten<br />
Vorteile: Erstere können die Inhalte „zeitsouverän“<br />
<strong>und</strong> ansprechend aufbereitet durcharbeiten. Das<br />
komme auch der Internationalisierung des Studiums<br />
zu Gute, weil es das Verstehen von Vorlesungen in<br />
einer Fremdsprache erleichtert. Dozenten könnten<br />
sich dadurch mehr auf ihr eigentliches Kerngeschäft<br />
konzentrieren: Den Dialog <strong>und</strong> das Erklären in Seminaren.<br />
Ziel des LLZ ist es dabei nicht, klassische Lehre<br />
zu ersetzen, sondern sie an bestimmten Stellen zu<br />
erweitern. „Gute Lehre bedeutet, alle vorhandenen<br />
Möglichkeiten sinnvoll einzusetzen“, ist sich Lukas<br />
sicher. Neben dem LLZ besteht das Projekt „studium<br />
multimedial“ noch aus zwei weiteren Bereichen:<br />
Zum einen will die MLU eine Professur im Bereich der<br />
pädagogischen Psychologie einrichten. Dort sollen<br />
durch gezielte Forschung neue Erkenntnisse über E-<br />
Learning <strong>und</strong> multimediale Lehre gewonnen werden.<br />
Zum anderen wird es eine weitere Stelle im Bereich<br />
Evaluation/Qualitätsmanagement geben, damit die<br />
Arbeit des neuen Zentrums kontinuierlich überprüft<br />
<strong>und</strong> reflektiert werden kann. Tom Leonhardt<br />
Kontakt: Prof. Dr. Josef Lukas<br />
Allgemeine Psychologie<br />
Telefon: 0345 55 24350<br />
E-Mail: katrin.eckebrecht@verwaltung.uni-halle.de<br />
Vorlesungen hören, wo <strong>und</strong><br />
wann man will: Zukünftig<br />
sollen mehr Lehrinhalte an<br />
der MLU online multimedial<br />
aufbereitet werden. Vorlesungsvideos<br />
sind u.a. schon<br />
auf der Webseite des Juristischen<br />
Bereichs zu finden.<br />
(Foto: Maria Preußmann)<br />
25
26 studieren, lehren, leben scientia halensis 2/2012<br />
Morgens Bibel, abends Bach:<br />
Ein Theologe <strong>und</strong> sein Cello<br />
Selbst gestandene Hochschullehrer werden hier zu fleißigen Schülern: In einer neuen Serie stellt scientia halensis<br />
künftig regelmäßig musikbegeisterte Professorinnen <strong>und</strong> Professoren vor, die einen Teil <strong>ihre</strong>r Freizeit einem<br />
Instrument widmen. Professor Ernst-Joachim Waschke macht den Auftakt. Die Liebe zum Cello wurde dem<br />
Theologen nicht in die Wiege gelegt, doch heute sind ihm die Montagabende im Akademischen Orchester heilig.<br />
Bild rechts:<br />
"Die Liebe zum Cello<br />
ist bei mir erst im Alter<br />
gekommen.": Cellist <strong>und</strong><br />
Theologe Ernst-Joachim<br />
Waschke<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Zur Langfassung des Beitrags<br />
im Onlinemagazin:<br />
WEBCODE MAG� 14073<br />
„Das Violoncello ist ein bew<strong>und</strong>ernswertes Instrument,<br />
ob man die Süße des Tones, die Vielfalt<br />
des Ausdrucks oder den erstaunlichen Umfang<br />
bedenkt…“ (aus „New Instructions for the Violoncello“<br />
von 1765). Ohne die charakteristisch warme<br />
Klangfarbe eines Cellos ist ein klassisches Streich-<br />
quartett kaum denkbar. Für den Alttestamentler<br />
Professor Ernst-Joachim Waschke ist dieses Instrument<br />
wie eine zweite Stimme, mit der er musizierend<br />
den Ausgleich zum Arbeitsalltag schafft <strong>und</strong><br />
entspannen kann. So spielt er das Cello seit 1999<br />
im Akademischen Orchester der Martin-Luther-Universität,<br />
bei dessen zahlreichen Auftritten ihn musikbegeisterte<br />
Uni Angehörige regelmäßig erleben<br />
können. Darüber hinaus wirkt er in zwei privaten<br />
Quartetten mit. „Zwei sind in jedem Fall besser als<br />
eins, weil aus Mangel an Zeit gemeinsame Termine<br />
schwer zu finden sind <strong>und</strong> ich mich so wenigstens<br />
einmal im Monat mit anderen zum gemeinsamen<br />
Musizieren treffen kann“, sagt er augenzwinkernd.<br />
„Seit dem fünften Lebensjahr hatte ich Klavierunterricht.<br />
Als ich mit zehn Jahren Flausen im Kopf hatte,<br />
die meiner Mutter missfielen, kaufte sie mir ein Violoncello,<br />
das ich nun neben dem Klavier auch noch<br />
üben musste. Damit waren für sie zwei Probleme<br />
gelöst. Ich hatte weniger Zeit für die Straße <strong>und</strong> für<br />
die Hausmusik konnte das bis dahin fehlende Bassinstrument<br />
besetzt werden“, erinnert sich Waschke.<br />
„Musik zu studieren, war unter uns vier Geschwistern<br />
sicher irgendwann einmal eine Idee. Aber am<br />
Ende galt der Gr<strong>und</strong>satz, dass man Musik – als das<br />
Schönste der Welt – nicht zum Beruf machen sollte“.<br />
Die große Liebe des Theologen gehörte von Anfang<br />
an der klassischen Musik. So ist es kaum ein Zufall,<br />
dass seine Lieblingskomponisten zumeist mit B anfangen<br />
– Bach, Beethoven, Brahms, Bruckner, aber<br />
auch Mozart <strong>und</strong> Mendelssohn gehören dazu. Für<br />
sich allein spielt er am liebsten aus Bachs Cello-<br />
Suiten, vor allem die Suite Nr. 2 d Moll, BWV 1008.<br />
Die Solo-Suiten des Altmeisters gelten als „oberster<br />
Prüfstein für jeden Cellisten“, einigen haftete einst<br />
sogar der Ruf an, aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>s Schweregrades<br />
unspielbar zu sein. Sie stellen die „Quintessenz von<br />
Bachs Werk“ dar, davon sind berühmte Cellisten<br />
überzeugt. Wer sie spielen kann, der verfügt über<br />
hohe Musikalität sowie entsprechende Fertigkeiten<br />
<strong>und</strong> hat nicht zuletzt viele Jahre Fleiß beim Üben<br />
investiert. „Dies habe ich in meiner Jugend leider<br />
nicht getan“, bemerkt Ernst Waschke ein wenig<br />
wehmütig.<br />
Am meisten begeistert ihn das gemeinsame Spiel<br />
mit anderen. Deshalb trat das Klavier im Laufe der<br />
Jahre immer mehr in den Hintergr<strong>und</strong>. Das Cello ist<br />
sowohl für einen dahin schmelzenden Solopart geeignet,<br />
als auch für die begleitende Bass-Stimme im<br />
Hintergr<strong>und</strong> eines Orchesters. Mit unbändiger Freude<br />
am Musizieren jedenfalls nimmt er an seinem<br />
„heiligen“ Montagabend seit seiner Prorektorenzeit<br />
an den Proben des Akademischen Orchesters teil.<br />
Besonders gern erinnert er sich an die Konzerte mit<br />
Beethovens 7. <strong>und</strong> Felix Mendelssohn Bartholdys 2.<br />
Sinfonie. Ute Olbertz<br />
Kontakt: Prof. Dr. Ernst-Joachim Waschke<br />
Exegese <strong>und</strong> Theologie des Alten Testaments<br />
Telefon: 0345 55 23060<br />
E-Mail: ernst-joachim.waschke@theologie.uni-halle.de
scientia halensis 2/2012 studieren, lehren, leben<br />
27
28 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2012<br />
forschen <strong>und</strong> publizieren<br />
Für Religion<br />
kein Platz auf dem Platz?<br />
Sprinter, die sich nach einer neuen Bestzeit bekreuzigen. Fußballer, die nach dem ersehnten Siegtreffer im Torjubel<br />
die Hände zum Gebet falten. Athletinnen, die nur mit Kopftuch auftreten. Alltägliche Bilder, die zeigen,<br />
dass sich Sport <strong>und</strong> Religion offenbar gar nicht so fern sind. Und doch spielt auf offizieller Seite im Sport der<br />
Glauben keine Rolle. Verw<strong>und</strong>erlich fand das die Sportethnologin Jana Conrad. Sie ging in <strong>ihre</strong>r Promotion der<br />
Bedeutung des christlichen Glaubens für Leistungssportler nach.<br />
Dass der Glauben für manche<br />
Sportler eine entscheidende<br />
Rolle spielt, lassen sie immer<br />
wieder in <strong>ihre</strong>n Gesten auf<br />
dem Platz oder auf der Zielgeraden<br />
erkennen.<br />
(Foto: picture alliance)<br />
„Religion <strong>und</strong> Sport, das sind zwei Gr<strong>und</strong>pfeiler unserer<br />
Gesellschaft, die einiges gemein haben“, meint<br />
Jana Conrad. „Man denke nur an die Olympischen<br />
Spiele, einst ein religiöses Fest, oder die modernen<br />
Fußballgötter. Doch wie sich das eine auf das andere<br />
auswirkt <strong>und</strong> wie Sportler <strong>ihre</strong>n Glauben zur Bewäl-<br />
tigung <strong>ihre</strong>r leistungssportlichen Aufgaben nutzen,<br />
ist bisher kaum untersucht worden.“ Als Sport-<br />
<strong>und</strong> Ethnologiestudentin interessierte sich Conrad<br />
besonders für die gesellschaftskritischen Themen<br />
unserer Zeit. Die in den vergangenen Jahren hörbar<br />
lauter gewordene Diskussion um Religionen <strong>und</strong>
<strong>ihre</strong>n Einfluss auf Menschen <strong>und</strong> deren Handlungen<br />
war 2009 der Anstoß für <strong>ihre</strong> Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema, das in der wissenschaftlichen Betrachtung<br />
noch am Anfang steht.<br />
„Um ein möglichst umfassendes Bild zeichnen zu<br />
können, habe ich mich der Thematik von zwei Seiten<br />
genähert“, führt Conrad aus. „Auf Basis der Bibel,<br />
darauf aufbauender Literatur <strong>und</strong> Gesprächen<br />
mit Sportpfarrern habe ich die Gr<strong>und</strong>haltung des<br />
Christentums zum Sport aufgearbeitet.“ Zentrale<br />
Frage dabei: Unterstützt der christliche Glauben das<br />
Sporttreiben oder wird im „Heiligen Buch“ gar davon<br />
Abstand genommen? „Im nächsten Schritt habe<br />
ich Kontakt zu Leistungssportlern gesucht <strong>und</strong> unter<br />
anderem deren Religiosität, Motive, Leistungsorientierung<br />
<strong>und</strong> Kompetenzüberzeugungen untersucht“,<br />
erläutert die 35-Jährige, die insgesamt 98 Leistungssportler<br />
– von (Rollstuhl-)Basketballern bis hin zu<br />
Leichtathleten – für die Studie befragt hat. „Zuletzt<br />
stand dann die Zusammenführung der Ergebnisse,<br />
um Übereinstimmungen oder Widersprüche zwischen<br />
Theorie <strong>und</strong> Sportpraxis sowie zwischen nicht<br />
religiösen, religiösen <strong>und</strong> hoch religiösen Sportlern<br />
aufzudecken.“<br />
Sport als „Huldigung für Gott“?<br />
So konnte sie einige überraschende Erkenntnisse zu<br />
Tage fördern. „Generell lässt sich sagen, dass sich<br />
Christentum <strong>und</strong> Leistungssport nicht widersprechen,<br />
sofern der Leistungssport unter bestimmten<br />
Aspekten <strong>und</strong> Reglementierungen durchgeführt<br />
wird“, erklärt die Sportethnologin. „So soll der Sport<br />
im Einklang mit den christlichen Gr<strong>und</strong>lehren <strong>und</strong><br />
stets als Huldigung für Gott betrieben werden. Der<br />
Sport sollte auch nicht Hauptaspekt im Leben sein,<br />
sodass beispielsweise die Familie vernachlässigt<br />
wird.“ Das sehe in der Sportpraxis aber schon ganz<br />
anders aus: „Vor allem bei Sportlern, die als hoch<br />
religiös zu bezeichnen sind, nimmt der Sport eine<br />
zentrale Rolle ein, während die Gruppe der Religiösen<br />
<strong>und</strong> Nichtreligiösen das Verhältnis zwischen<br />
Sport <strong>und</strong> Privatleben als ausgewogen betrachtet“,<br />
führt Conrad aus. Gerade die Gläubigsten entsprechen<br />
damit nicht den religiösen Vorgaben.<br />
„Gleichzeitig zeigte sich die Gruppe der Hochreligiösen<br />
in der quantitativen Erhebung weniger wettkampf-<br />
<strong>und</strong> gewinnorientiert als die Religiösen <strong>und</strong><br />
Nichtreligiösen“, erklärt Conrad. „Sie sehen viel-<br />
scientia halensis 2/2012 forschen <strong>und</strong> publizieren<br />
mehr Aufrichtigkeit, Fairness <strong>und</strong> die Erbringung der<br />
bestmöglichen Leistung als Maximen.“ Die Teilnahme<br />
an Wettkämpfen sei zwar auch für Hochreligiöse<br />
wichtig, der Vergleich mit anderen oder der eigenen<br />
Leistung jedoch weit weniger. Zudem seien die hoch<br />
religiösen Leistungssportler deutlich weniger schicksalsgläubig,<br />
lehnten Glücksbringer <strong>und</strong> Aberglauben<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>s Vertrauens in Gott <strong>und</strong> der Akzeptanz<br />
seines Willens ab. „Viel überraschender war,<br />
dass die Gruppe der Religiösen den Aberglauben<br />
nicht ablehnt“, fügt die Sportwissenschaftlerin an.<br />
Zwischen den drei Sportlergruppen hätten sich aber<br />
auch unerwartete Gemeinsamkeiten gezeigt – in der<br />
Abweichung von den religiösen Normen: „So war<br />
bei den Hochreligiösen nicht etwa die Ehrung Gottes<br />
der Gr<strong>und</strong> für die Aufnahme <strong>und</strong> Fortführung des<br />
Sports, sondern wie bei den übrigen Befragten auch<br />
die Heranführung durch Fre<strong>und</strong>e oder Familie <strong>und</strong><br />
der erlebte Spaß am Sport“, erklärt Conrad. „Beide<br />
Gruppen messen zudem <strong>ihre</strong>n Erfolg an der eigenen<br />
bestmöglichen Leistung.“<br />
Aus <strong>ihre</strong>n Erkenntnissen sieht Conrad die Forderung<br />
untermauert, in der Sportlerbetreuung <strong>und</strong> -beratung<br />
künftig Unterschiede zwischen Nichtreligiösen,<br />
Religiösen <strong>und</strong> Hochreligiösen zu machen: „Die hoch<br />
religiösen Sportler haben aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>s Glaubens<br />
ganz offenbar einen anderen Hintergr<strong>und</strong>, andere<br />
psychologische Konstrukte. Das sollte in der Sportpsychologie<br />
unbedingt Berücksichtigung finden.“<br />
Bei hoch religiösen Sportlern solle beispielsweise<br />
die Wettbewerbsorientierung in den Vordergr<strong>und</strong><br />
gerückt werden. Außerdem könne versucht werden,<br />
den religiösen Glauben gezielt zum Zwecke<br />
der Motivation oder zur Bewältigung schwieriger<br />
Situationen zu unterstützen.<br />
„Spannend wäre auch, zu untersuchen, wie es mit<br />
dem Verhältnis von Sport <strong>und</strong> Glauben in anderen<br />
Religionen aussieht“, ergänzt die Sportwissenschaftlerin,<br />
die derzeit als Lehrerin <strong>und</strong> Ausbilderin<br />
für die Hilfsorganisation „Relief Fo<strong>und</strong>ation“ im indischen<br />
Chennai selbst den Herausforderungen des<br />
Lebens in einer fremden Kultur <strong>und</strong> Religion gegenübersteht.<br />
Im Diskurs mit religiösen Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> den offiziellen Seiten im Sport über die Trennung<br />
von Religion <strong>und</strong> Sport – so hat die FIFA etwa<br />
religiöse Trikotbotschaften untersagt – sieht Conrad<br />
ein weiteres interessantes Feld: „Zum Beispiel die<br />
Frage, warum eine solche Trennung vollzogen wird,<br />
wie sich dies auswirkt <strong>und</strong> wo die Grenze der Glaubensdarstellung<br />
liegt.“ Claudia Misch<br />
Sportethnologin Dr. Jana<br />
Conrad. (Foto: privat)<br />
Die Publikation „Die<br />
Bedeutung des christlichen<br />
Glaubens für Leistungssportlerinnen<br />
<strong>und</strong><br />
Leistungssportler“ von Dr.<br />
Jana Conrad ist im Verlag<br />
Dr. Kovac in den „Schriften<br />
zur Sportpsychologie,<br />
Band 4“ erschienen <strong>und</strong><br />
kostet 85 Euro.<br />
Seit fast drei Jahren bildet<br />
Jana Conrad in Indien<br />
Sportlehrer aus. Mehr über<br />
<strong>ihre</strong> Arbeit in Chennai im<br />
Onlinemagazin:<br />
WEBCODE MAG� 14047<br />
QR� CODE<br />
29
30 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2012<br />
Grüner Urknall, lebendes Fossil<br />
Vor 1,2 Milliarden Jahren fraß ein tierischer Einzeller ein Cyanobakterium. Nur verdaut hat er es nicht. Was<br />
folgte, war die Initialzündung für die Entstehung aller Pflanzen – <strong>und</strong> eines lebenden Fossils. Sein Bauplan<br />
enthält Informationen, die uns wahrscheinlich besser verstehen lassen, wie Pflanzen Licht sammeln <strong>und</strong> Proteine<br />
transportieren. Entschlüsselt hat ihn ein internationales Forscherteam. Mit dabei: MLU-Molekularbiologe<br />
Dr. Jürgen Steiner.<br />
Dr. Jürgen Steiner mit dem<br />
lebenden Fossil namens<br />
„Cyanophora paradoxa“.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Der „Science“-Artikel von Dr.<br />
Jürgen Steiner <strong>und</strong> seinen<br />
Forscherkollegen steht online<br />
unter:<br />
http://www.sciencemag.org/<br />
lookup/doi/10.1126/<br />
science.1213561<br />
Die Faszination ist dem Forscher ins Gesicht geschrieben,<br />
wenn er in seinem Büro im Biologicum<br />
über das spricht, was zu einem viel beachteten<br />
„Science“-Artikel geführt hat. Kein W<strong>und</strong>er, beschreibt<br />
er doch etwas, „was man den Urknall<br />
der Pflanzenentstehung nennen könnte“. Erstaunlicherweise,<br />
so Steiner, sei es „in der Erdgeschichte<br />
wirklich nur einmal passiert, dass ein tierischer<br />
Einzeller ein Cyanobakterium aufgenommen <strong>und</strong><br />
als Plastiden, also als photosynthetische Zellorganelle,<br />
etabliert hat.“ Anders gesagt: Zum ersten<br />
<strong>und</strong> bisher einzigen Mal entstand ein Einzeller, der<br />
Photosynthese betreiben konnte. Die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für die Entwicklung aller Pflanzen war gelegt – <strong>und</strong><br />
ein Wesen geboren, das heute für Botaniker ein<br />
lebendes Fossil darstellt. Es trägt den Namen „Cyanophora<br />
paradoxa“.<br />
Der entstandene Organismus ist für Jürgen Steiner<br />
<strong>und</strong> seine Mitstreiter ein wahrer Schatz. Seine<br />
Plastiden verfügen über eine rudimentäre bakterielle<br />
Zellwand – ein klares Relikt des damals aufgenommenen<br />
Cyanobakteriums. Im Kerngenom<br />
des lebenden Fossils fanden die Wissenschaftler<br />
28.000 Proteingene. „Darauf aufbauend konnten<br />
wir dann Proteinstammbäume darstellen“, berichtet<br />
der 45-jährige Österreicher.<br />
Wichtig sei dies vor allem für das Verständnis des<br />
Transports von Proteinen, deren Gensequenzen im<br />
Laufe der Evolution in den Zellkern verlagert wurden<br />
<strong>und</strong> nun nach <strong>ihre</strong>r Synthese im Cytosol zurück in<br />
den Plastiden gelangen müssen. „Das klingt simpel,<br />
ist aber ein hochkomplexer Prozess. In unserem<br />
Fossil können wir ihn in seiner ursprünglichen Form<br />
betrachten. Wir haben sozusagen den ersten Otto-<br />
Motor vor uns."<br />
Der Einblick in die frühe Entwicklungsgeschichte<br />
kann laut Steiner zum Verständnis aller möglichen<br />
Pflanzenmechanismen beitragen. „Gerade in Bezug<br />
auf die Lichtsammelkomplexe der Pflanzen erhoffen<br />
wir uns neue Erkenntnisse." Dabei handelt es sich<br />
um eine Ansammlung von Proteinkomplexen, welche<br />
die Energie für die Photosynthese bündeln – für<br />
den Molekularbiologen ein besonders spannendes<br />
Forschungsfeld. Im Biologicum auf dem Weinberg<br />
Campus laufen dazu Laboruntersuchungen.<br />
Für das aktuelle „Science“-Paper, das im Februar<br />
erschienen ist, hat sich Steiner auf die bioinformatische<br />
Auswertung von Daten konzentriert, die seine<br />
Forscherkollegen in den USA gesammelt haben.<br />
Projektleiter war Debashish Bhattacharya von der<br />
Rutgers University in New Brunswick (New Jersey).<br />
Beteiligt waren auch Wissenschaftler in Kanada,<br />
Frankreich, Südkorea <strong>und</strong> Österreich. Einer von<br />
ihnen: Wolfgang Löffelhardt, 2009 Kurt-Mothes-<br />
Gastprofessor an der MLU <strong>und</strong> Jürgen Steiners Doktorvater.<br />
Carsten Heckmann<br />
Kontakt: Dr. Jürgen Steiner<br />
Pflanzenphysiologie / Allgemeine Botanik<br />
Telefon: 0345 55 26203<br />
E-Mail: juergen.steiner@pflanzenphys.uni-halle.de
Neue Methode für Organanalyse<br />
TV-Arzt Dr. Gregory House wartet oft mit unorthodoxen<br />
diagnostischen Ansätzen auf. Nach Art eines<br />
Detektivs betrachtet er eine Vielzahl von Wechselwirkungen<br />
zwischen mehreren physiologischen<br />
Variablen, um die Ursache der Symptome zu verstehen<br />
<strong>und</strong> die richtige Diagnose zu finden. In der<br />
Realität konzentrieren sich Spezialisten hingegen<br />
üblicherweise auf ein Organ: Kardiologen prüfen vor<br />
allem EKG-Signale, Pneumologen Atemmuster <strong>und</strong><br />
Lungenfunktion, Neurologen das EEG des Gehirns.<br />
„Der menschliche Organismus ist allerdings ein integriertes<br />
Netzwerk von miteinander verb<strong>und</strong>enen<br />
<strong>und</strong> wechselwirkenden physiologischen Organ-Systemen,<br />
bei dem das Verhalten eines Systems durch<br />
Veränderungen in der Dynamik anderer Systeme<br />
betroffen sein kann", erläutert der statistische Physiker<br />
Dr. Jan Kantelhardt. Aufgr<strong>und</strong> dieser Wechselwirkungen<br />
könne der Ausfall eines Systems den<br />
Zusammenbruch des gesamten Netzwerks auslösen.<br />
„Um die physiologische Funktion zu verstehen, ist<br />
es daher entscheidend, das Netzwerk der Wechselwirkungen<br />
zu identifizieren <strong>und</strong> seine Entwicklung<br />
unter verschiedenen physiologischen Zuständen<br />
<strong>und</strong> pathologischen Bedingungen zu verfolgen.“<br />
Das ist nun machbar mit einer neuen Analysemethode,<br />
an deren Entwicklung Kantelhardt maßgeblich<br />
beteiligt war. Zusammen mit Forschern aus den<br />
USA, Israel <strong>und</strong> Bulgarien hat er sie im Fachmagazin<br />
„Nature Communications“ beschrieben. „Der in unserer<br />
Publikation entwickelte organübergreifende,<br />
integrative Ansatz könnte die Entwicklung eines<br />
neuen Fachgebietes, der Netzwerkphysiologie, auslösen“,<br />
sagt Kantelhardt. ch<br />
Ausschnitt: Nell, Hendel: Atlas<br />
der fiktiven Orte<br />
Korrektur<br />
scientia halensis 2/2012 forschen <strong>und</strong> publizieren<br />
Archetyp für Enzymreaktionen<br />
Der Biochemiker Professor Milton T. Stubbs <strong>und</strong><br />
sein Team „reisten“ für <strong>ihre</strong> Erkenntnisse noch<br />
weiter zurück als Molekularbiologe Jürgen Steiner:<br />
mehr als drei Milliarden Jahre. Die Wissenschaftler<br />
beobachteten innerhalb eines Enzyms (Tobramycin<br />
6''-O-Carbamoyltransferase, kurz TobZ) eine Reaktion,<br />
die in ähnlicher Form in allen Organismen<br />
anzutreffen ist. Ihre Schlussfolgerung: TobZ ist ein<br />
Archetyp, TobZ-ähnliche Enzyme müssen bereits<br />
sehr früh in der Evolution entstanden sein. „Diese<br />
Enzyme sind f<strong>und</strong>amental für die Protein-Herstellungs-Maschinerie<br />
<strong>und</strong> erlauben uns einen Blick zurück<br />
zur Entstehung des Lebens", ist Milton Stubbs<br />
überzeugt. Die neuen Erkenntnisse, veröffentlicht<br />
in der internationalen Ausgabe von „Angewandte<br />
Chemie“, könnten bei der Weiterentwicklung von<br />
Antibiotika helfen. ch<br />
In dem Text „Von Erfindungsgabe <strong>und</strong> poetischem Wahnsinn“<br />
(scientia halensis 1/2012) sind der Redaktion zwei bedauerliche<br />
Fehler unterlaufen. Richtig ist: Professor Dr. Werner Nell ist nicht<br />
Germanist, sondern Komparatist. Steffen Hendel, Illustrator des<br />
„Atlas der fiktiven Orte“, ist zudem kein Doktorand bei Professor<br />
Nell. Er promoviert in der Germanistik. cb<br />
Das Enzym, das Milton T.<br />
Stubbs erforschte, in kristallisierter<br />
Form.<br />
(Bild: AG Physikalische<br />
Biotechnologie)<br />
31
32 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2012<br />
Lese-Empfehlungen querbeet<br />
Zur ausführlichen Rezension:<br />
WEBCODE MAG� 14066<br />
Zur ausführlichen Rezension:<br />
WEBCODE MAG� 14067<br />
(fach-)literaturfabrik universität<br />
Und vor dem Garten Eden – die Cherubim mit dem Schwert<br />
Lyrik lesen, wer macht das schon? Aber es lohnt sich!<br />
Zum Beispiel, wenn es um Gedichte von Mile Stojić<br />
geht – von Kennern „Dichter der metaphysischen<br />
Nostalgie“, „Dichter der großen jugoslawischen Tragödie“<br />
<strong>und</strong> „Dichter der Liebe“ genannt.<br />
In der Reihe „neue lyrik“ des Leipziger Literaturverlags<br />
ist jetzt ein Auswahlband erschienen, mit 60<br />
Gedichten <strong>und</strong> acht Essays (eines davon in Versen)<br />
des kroatischen Literaten sowie einem aufschlussreichen<br />
Nachwort der Übersetzerin <strong>und</strong> Nachdichterin<br />
Cornelia Marks, Absolventin der halleschen<br />
Universität.<br />
Das biblische Schwert der Cherubim symbolisiert die<br />
Vertreibung des Menschen aus dem Paradies, den<br />
in Stojić’ bosnisch-herzegowinischem Herkunftsland<br />
von Tausenden tausendfach erlittenen Heimatver-<br />
Die einstmals feste Burg als Universität?<br />
Die einst prächtige Moritzburg war nach dem Dreißigjährigen<br />
Krieg vielfältig missbraucht <strong>und</strong> schließlich<br />
ganz dem Verfall preisgegeben worden. Reale<br />
Chancen, diesen Zustand gr<strong>und</strong>legend zu ändern,<br />
ergaben sich zu Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Im<br />
Zusammenhang mit dem wachsenden Interesse an<br />
baulichen Zeugnissen der deutschen Geschichte wäre<br />
es eine nahezu ideale Option gewesen, der 1817<br />
gegründeten Vereinten Friedrichs-Universität hier<br />
ein neues Domizil zu geben.<br />
Der preußische Oberbaudirektor Karl Friedrich<br />
Schinkel war ein Fürsprecher dieses Plans. 1829<br />
legte er einen detaillierten Entwurf zur Nutzung<br />
des alten Burgkomplexes für die Universität <strong>Halle</strong>-<br />
Wittenberg vor.<br />
Die mögliche Mutation der Moritzburg zur Alma<br />
Mater war zwar nur eine von vielen Ideen zu Umbau<br />
<strong>und</strong> Neunutzung der alten Gemäuer, aber oh-<br />
lust. Und dennoch! „Der Leib ist müde, doch die<br />
Seele nicht, sie träumt noch leise …“, heißt es am<br />
Ende des Gedichts von „Cherubs Schwert“ – die<br />
Hoffnung stirbt, man weiß es, zuletzt.<br />
Mile Stojić ist in der deutschsprachigen Literatur<br />
fast so gut zu Hause wie in der eigenen; er hat lange<br />
Zeit im österreichischen Exil verbracht. In seinen<br />
Gedichten finden sich Motive <strong>und</strong> Zitate von Ingeborg<br />
Bachmann, Rainer-Maria Rilke, Alfred Polgar,<br />
Paul Celan ... Margarete Wein<br />
Mile Stojić: Cherubs Schwert. Gedichte <strong>und</strong> Essays.<br />
Aus dem Kroatischen von Cornelia Marks, in:<br />
Bibliothek Südost, Edition neue Lyrik, Band ��,<br />
Leipzig ����, ��� Seiten. ��,�� Euro<br />
ne Zweifel die attraktivste – man mag es bis heute<br />
bedauern, doch daraus wurde nichts. Der Autor<br />
analysiert die unterschiedlichsten Aspekte, die der<br />
damaligen Entscheidung über die Zukunft der Moritzburg<br />
zugr<strong>und</strong>e lagen.<br />
Die Vielzahl der Beteiligten führte am Ende zum<br />
Scheitern des Projekts. An die Stelle des Umbaus<br />
trat ein Neubau: In den Jahren 1832 bis 1834 wurde,<br />
die Universität bis heute prägend, das Löwengebäude<br />
gebaut. Margarete Wein<br />
Dieter Dolgner: Die Moritzburg in <strong>Halle</strong>. Karl<br />
Friedrich Schinkels Projekt zum Auf- <strong>und</strong> Ausbau<br />
für Universitätszwecke, ��� Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, <strong>Halle</strong> ����, �� Euro
scientia halensis 2/2012 forschen <strong>und</strong> publizieren<br />
(fach-)literaturfabrik universität<br />
Mit vielen der Großen bekannt – doch selbst fast vergessen<br />
Die Wolfensteinstraße in <strong>Halle</strong>? Ja, die gibt es, ein<br />
Stück hinter dem Reileck rechts rein. Und wer war<br />
Wolfenstein? Da muss der hilfsbereite <strong>Halle</strong>nser<br />
meist passen – der fragende Fremde bleibt ohne<br />
Auskunft über diesen wahren Schatz der deutschen<br />
expressionistischen Literatur. Doch seit neuestem<br />
kann er sich selber helfen. Ende 2011 erschien ein<br />
Alfred-Wolfenstein-Lesebuch, herausgegeben <strong>und</strong><br />
mit einer Einführung zu Leben <strong>und</strong> Werk des bedeutenden<br />
Unbekannten versehen von dem jungen<br />
halleschen Germanisten Bernhard Spring – Insidern<br />
durch seine originellen Eichendorff-Krimis bekannt.<br />
Vier Kapitel Wolfenstein, mit frühen Gedichten,<br />
späten Gedichten, Erzählungen, Aufsätzen <strong>und</strong><br />
Essays, dazu ein Text des Herausgebers über „eine<br />
der seltsamsten <strong>und</strong> problematischsten Nebenfi-<br />
Kunst kommt von Können, Religion hat etwas mit<br />
Bindungen zu tun. Was können? Was (ver-)binden?<br />
Ist von Emil Nolde die Rede, geht es ums Malenkönnen;<br />
Religion meint hier das Miteinander von<br />
menschlichem Streben <strong>und</strong> göttlichem Willen – allen<br />
weltlichen Widrigkeiten zum Trotz.<br />
Am Anfang war ein Bild: „Simeon begegnet Maria<br />
im Tempel“, 1915 gemalt. Da war der Maler schon<br />
fast 50 Jahre alt, die Welt wurde wieder einmal erschüttert<br />
von einem Krieg. Jahrzehnte später erst<br />
hefteten Historiker ihm (wegen der Chronologie)<br />
das Etikett „erster Weltkrieg“ an.<br />
Dieses Werk <strong>und</strong> drei weitere Bilder von Emil Nolde<br />
– „Abendfriede“ (1930), „Lichte See“ (1915) <strong>und</strong><br />
„Boot im Schilf“ (1909) – standen an den Adventssonntagen<br />
2010 zusammen mit Kompositionen von<br />
Axel Gebhardt <strong>und</strong> autobiografischen Notizen des<br />
Meisters im Zentrum einer singulären Veranstal-<br />
guren des Expressionismus“. Die ehrgeizige Mutter<br />
drängt Alfred zum Jurastudium, doch er will Dichter<br />
werden <strong>und</strong> setzt sich durch. Sein erster Erfolg: Der<br />
Gedichtband „Die gottlosen Jahre“, der 1914 im<br />
renommierten S. Fischer-Verlag erscheint. Er kennt<br />
Rudolf Kayser, Rilke, Kafka, Hesse, Döblin, Werfel,<br />
Ernst Bloch, Thomas Mann, Gottfried Benn <strong>und</strong><br />
viele andere <strong>und</strong> wird doch – zu unrecht – stets in<br />
<strong>ihre</strong>m Schatten bleiben. Die Barbarei der Nazi-Zeit<br />
überlebt Wolfenstein nicht. Margarete Wein<br />
Bernhard Spring (Hg.): Alfred Wolfenstein.<br />
Lesebuch, Mitteldeutscher Verlag <strong>Halle</strong> ����, ���<br />
Seiten, mit Fotos aus dem Alfred-Wolfenstein-<br />
Archiv der Akademie der Künste Berlin, �� Euro<br />
Begegnungen – mit dem Abend, auf See, im Tempel, im Boot …<br />
tungsreihe, die viele <strong>Halle</strong>nser in die Moritzkirche<br />
lockte. Die Resonanz war so groß, dass die Initiatoren<br />
– Theologieprofessorin Regina Radlbeck-Ossmann<br />
<strong>und</strong> Alt-Rektor Wulf Diepenbrock – beschlossen,<br />
das Ereignis auch allen, die nicht dabei waren,<br />
zugänglich zu machen. Und so sind jetzt Bilder <strong>und</strong><br />
Texte sowie ein Interview mit der Wissenschaftlerin<br />
<strong>und</strong> Malerin Sylvia Vandermeer in einem Buch<br />
vereint, dazu die Audio-Aufzeichnungen der vier<br />
Abende – ein „must have“ für die nächste Vorweihnachtszeit.<br />
Margarete Wein<br />
Regina Radlbeck-Ossmann / Wulf Diepenbrock:<br />
Meisterwerk, Lebenskunst, Spiritualität. Vier<br />
Werke Emil Noldes in der Begegnung von Kunst<br />
<strong>und</strong> Religion, Universitätsverlag <strong>Halle</strong>-Wittenberg<br />
����, ��� Seiten, vier Farbtafeln, eine CD, ��,��<br />
Euro<br />
Lese-Empfehlungen querbeet<br />
Zur ausführlichen Rezension:<br />
WEBCODE MAG� 14068<br />
Zur ausführlichen Rezension:<br />
WEBCODE MAG� 14069<br />
33
34 forschen <strong>und</strong> publizieren scientia halensis 2/2012<br />
Sie sind die Fachkräfte fürs<br />
Spitzencluster: Prof. Markus<br />
Pietzsch überreicht den beiden<br />
aktuellen Absolventen des<br />
Masterstudiengangs „Pharmaceutical<br />
Biotechnology“<br />
Remon Soliman (rechts) aus<br />
Ägypten <strong>und</strong> Doris Tengu<br />
Njoh aus Kamerun <strong>ihre</strong><br />
Abschlusszeugnisse.<br />
(Foto: Michael Deutsch)<br />
Neuer Studiengang fürs Spitzen-Cluster<br />
Die Ampeln für grüne Technologien stehen auf grün.<br />
Das hiesige Leuchtturmprojekt „BioEconomy“ aus<br />
Mitteldeutschland gehört zu den fünf Gewinnern<br />
des Spitzencluster-Wettbewerbs des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF). Die<br />
Bewerbungs-, Warte- <strong>und</strong> Bange-Phase hat ein Ende<br />
<strong>und</strong> wurde Mitte Januar von der Hurra-Phase abgelöst.<br />
Denn die beteiligten Forschungs- <strong>und</strong> Industriepartner<br />
– mittlerweile haben 80 den „Letter of<br />
intent“ unterzeichnet – werden in den kommenden<br />
fünf Jahren mit 40 Millionen Euro vom B<strong>und</strong> gefördert.<br />
Und das Beste: Auch das Institut für Pharmazie<br />
der Martin-Luther-Universität ist beteiligt – dank<br />
Professor Markus Pietzsch. Der 47-Jährige konnte<br />
seine langjährigen, guten Kontakte zu Thomas Hirth,<br />
Leiter des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische<br />
Prozesse, nutzen <strong>und</strong> hat die Universität<br />
mit ins Boot geholt. Und Pietzsch spricht von<br />
einer Sensation. Denn das Spitzencluster verbinde,<br />
ja verzahne erstmals alle relevanten Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Industriebereiche in Mitteldeutschland, die<br />
sich mit der Bioökonomie beschäftigten – angefangen<br />
von der Holzwirtschaft, dem Maschinen- <strong>und</strong><br />
Anlagenbau, der Chemie- <strong>und</strong> Kunststoffindustrie,<br />
der Bioenergiewirtschaft <strong>und</strong> nicht zu vergessen<br />
der Wissenschaft.<br />
Doch was ist Bioökonomie? Unter dem Begriff<br />
lassen sich alle industriellen Sektoren zusammenfassen,<br />
die nachwachsende Rohstoffe verarbeiten<br />
oder in irgendeiner Form nutzen, sagt Pietzsch.<br />
Der Anspruch des Spitzen-Clusters wiegt weitaus<br />
höher. „In der Bioökonomie geht es auch darum,<br />
nachwachsende Rohstoffe maximal auszunutzen“,<br />
so der Biotechnologe, der das an einem Beispiel<br />
verdeutlicht. „So kann man aus Holz zunächst<br />
einmal Möbel bauen.“ Doch Fakt ist: Wo gehobelt<br />
wird, fallen auch Späne. „Spätestens jetzt sollte<br />
man darüber nachdenken, ob man die Holzreste<br />
stofflich für die chemische Gr<strong>und</strong>industrie nutzen<br />
könne, bevor sie in der Verwertungskette nur noch<br />
energetisch von Interesse sind“, sagt Pietzsch.<br />
Ökonomisch wirtschaften hieße, dass man Materialien<br />
nicht immer gleich wegwirft oder verbrennt,<br />
sondern versucht, sie in andere Produkte zu überführen.<br />
Es gilt also Verfahren zu entwickeln, mit<br />
denen nachwachsende Rohstoffe, etwa Holz, in<br />
Raffinerien zu Gr<strong>und</strong>stoffen umgewandelt werden,<br />
die Ausgangspunkt für neue Kunststoffe sind. Erdöl
als Lebenselixier der verarbeitenden Industrie werde<br />
schließlich knapper <strong>und</strong> teurer. Das sei eine der<br />
vielen Herausforderungen der Bioökonomie, die in<br />
Deutschland enorme Wachstumschancen besitze,<br />
sagt Markus Pietzsch.<br />
Zurück zur Universität. Die wird im Cluster den<br />
Ton bei der Ausbildung angeben, speziell bei den<br />
Masterstudiengängen. „Bedingt durch die Investitionen<br />
werden sich bald Firmen- <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen<br />
ansiedeln, die Fachkräfte benötigen.<br />
Sowohl auf dem Facharbeiterniveau als auch auf der<br />
Fachhochschul- <strong>und</strong> Universitätsebene“, prognostiziert<br />
Pietzsch. Aufbauend auf den 2008 ins Leben<br />
gerufenen Masterstudiengang „Pharmaceutical Biotechnology“,<br />
der sich vor allem mit therapeutischen<br />
Proteinen <strong>und</strong> Arzneiwirkstoffen beschäftigt, die<br />
sich biotechnologisch herstellen lassen, hat Pietzsch<br />
ein Ass im Ärmel. „Für das Spitzencluster brauchen<br />
wir eine weitere Fachrichtung, nämlich die der industriellen<br />
Biotechnologie. Genau so wird ein neuer<br />
englischsprachiger Masterstudiengang titeln, der in<br />
den nächsten zwei Jahren aufgebaut wird“, kündigt<br />
der Professor an, der im Spitzencluster die Funktion<br />
scientia halensis 2/2012 forschen <strong>und</strong> publizieren<br />
des Teilgebietsleiters für Ausbildung innehat. Etwa<br />
25 Studienplätze - identisch zum Pendant „Pharmaceutical<br />
Biotechnology“ - sind bereits geplant.<br />
Außerdem soll zusätzlich ein Masterstudiengang<br />
„Bioökonomie“ ins Leben gerufen werden, in dem<br />
sich neben den Natur- auch die Wirtschaftswissenschaften<br />
wiederfinden sollen.<br />
Doch wie begünstigt ist die MLU, wenn das BMBF 40<br />
Millionen Euro locker macht? „Ich hätte jetzt gern<br />
gesagt, dass ich drei Millionen Euro abbekomme“,<br />
sagt Pietzsch lachend. „Nein, wir werden aber Stiftungsprofessuren<br />
einwerben. Die Industriepartner<br />
stellen dafür Stiftungsmittel zur Verfügung, damit<br />
wir die neuen Studiengänge aufbauen <strong>und</strong> finanzieren<br />
können.“ Michael Deutsch<br />
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35
36 personalia scientia halensis 2/2012<br />
personalia<br />
„Löw sollte<br />
Marius mitnehmen“<br />
Deutschland will Fußball-Europameister werden. Nichts leichter als das: Die Fußballer der MLU haben 2011<br />
vorgemacht, wie es geht. Im Interview mit scientia halensis geben „Elfmetertöter“ Marius Kansy <strong>und</strong> Final-<br />
Torschütze Michael Schmidt <strong>ihre</strong>n Erfahrungsschatz Preis. Sie sprechen über entscheidende Stärken, riskante<br />
Aktionen <strong>und</strong> die wichtigste Trainer-Entscheidung.<br />
Der Torschütze <strong>und</strong> der<br />
„Elfmetertöter“: Die beiden<br />
Europameister Marius Kansy<br />
(links) <strong>und</strong> Michael Schmidt<br />
werden die UEFA-EM 2012<br />
mit Spannung verfolgen.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Wie fühlt man sich als Fußball-Europameister?<br />
Michael Schmidt: Den Titel zu holen, ist der absolute<br />
Wahnsinn. Ein unbeschreibliches Gefühl, weil<br />
wir als Underdog in das Turnier gestartet sind <strong>und</strong><br />
uns unglaublich gesteigert haben.<br />
Wenn ich jetzt daran zurück denke, hab ich sofort<br />
wieder ein Lächeln auf den Lippen. Es war einfach<br />
eine traumhafte Woche.<br />
Marius Kansy: Ein tolles Gefühl, wenn man sich<br />
überlegt, dass das noch keine deutsche Uni-Mannschaft<br />
vorher geschafft hat. Ich kann jetzt erzählen:<br />
Ich bin Europameister. Das soll erst mal einer<br />
nachmachen.<br />
Im Juni steht die UEFA-Europameisterschaft an.<br />
Gibt es aus <strong>ihre</strong>r Sicht Parallelen?
Schmidt: Absolut. Der Turnier-Charakter ist der gleiche.<br />
Wir haben das Lager gemeinsam bezogen <strong>und</strong><br />
konnten mit den anderen Mannschaften in Kontakt<br />
treten, sind als Team mit dem Bus zum Training gefahren.<br />
Das war alles neu für uns. Sehr professionell<br />
organisiert.<br />
Was trauen sie der Fußballnationalmannschaft in<br />
diesem Jahr in Polen zu?<br />
Schmidt: Alles <strong>und</strong> Nichts. So wie sich die Nationalmannschaft<br />
in der Qualifikation präsentiert hat, ist<br />
sie der absolute Favorit. Aber in den letzten Spielen<br />
hat man gesehen: Wenn es in der Mannschaft aus<br />
irgendwelchen Gründen nicht stimmt, dann können<br />
auch Spiele verloren gehen, von denen man das<br />
nicht gedacht hätte. Wenn sich Deutschland jedoch<br />
wieder als die Turniermannschaft präsentiert, die<br />
sie stets war, dann gewinnen die Jungs das Ding.<br />
Wer könnte für Deutschland der Matchwinner<br />
werden?<br />
Schmidt: Da müsste ich lange überlegen, aber genau<br />
das ist unsere große Stärke. Alle sind in der Lage das<br />
entscheidende Tor zu machen. Die Unberechenbarkeit<br />
ist unsere Stärke.<br />
Für die Unimannschaft haben Sie, Herr Schmidt, im<br />
Finale gegen Frankreich beide Tore erzielt. Eines<br />
davon war ein spektakulärer Fernschuss.<br />
Kansy: Ein typischer Schmidter. Danach hat er sagt:<br />
Den hab ich gesehen, den wollte ich machen.<br />
Schmidt: Klar, in diesem Moment geht man volles<br />
Risiko. Schickt noch alles Gute hinterher <strong>und</strong> hofft.<br />
Solch eine Situation bietet sich nicht so oft.<br />
Bis zum Finale mussten Sie stets ins Elfmeterschießen.<br />
Dabei waren meist Sie der Garant für den<br />
EU-Hochschulmeister im Fussball<br />
Sieg, Herr Kansy. Sie haben sich einen Namen als<br />
Elfmetertöter gemacht, im Viertelfinale gegen die<br />
Türkei zum Beispiel vier von sechs Bällen gehalten.<br />
Kann man das vorher trainieren?<br />
Kansy: Den Elfmeterschuss auf jeden Fall, die Situation<br />
als Torwart nicht. Im Training hat man nicht das<br />
Ausscheiden der Mannschaft im Hinterkopf. Es sind<br />
keine Zuschauer da. Der Druck ist nicht gegeben. Im<br />
Spiel selbst ist dann auch immer ein bisschen Glück<br />
mit dabei. Wenn man einen guten Stand hat, dann<br />
hat man auch in der Situation des Elfmeterschießens<br />
ein gutes Gefühl <strong>und</strong> das Quäntchen Glück, was man<br />
sich vorher erarbeitet hat.<br />
Haben Sie ein Vorbild?<br />
Kansy: Wie man gerne spielen würde, ist glaube<br />
ich klar: Manuel Neuer ist die beste Torwartadresse,<br />
die man in Deutschland hat. Alleine von der<br />
Schnelligkeit <strong>und</strong> der Strafraumbeherrschung her<br />
ist es einfach nur der Wahnsinn. Auch wenn er in<br />
den letzten Partien nicht so überzeugend war: Die<br />
Abgeklärtheit bei hohen Bällen <strong>und</strong> die schnelle<br />
Spielfortsetzungen ist erstrebenswert.<br />
Schmidt: Momentan haben wir die beste Offensivabteilung<br />
in Europa. Gerade das, was Mesut Özil im<br />
Moment macht, ist Wahnsinn. Und Bastian Schweinsteiger<br />
schaltet grandios von Defensive auf Offensive<br />
um. Da kann sich jeder Fußballer was abschauen.<br />
Haben sie noch einen Europameistertipp für<br />
Joachim Löw?<br />
Schmidt: Ich würde ihm raten, Marius mitzunehmen<br />
als dritten Torhüter. Falls ein Elfmeterschießen ansteht,<br />
gewinnt man das mit ihm garantiert. Das ist<br />
eine sichere Sache. Das ist mein goldener Tipp.<br />
Interview: Sarah Huke <strong>und</strong> Carsten Heckmann<br />
Die MLU ist Europameister: 2011 fanden in Istanbul die 9. EU-Hochschulmeisterschaften im Fußball<br />
statt. Für Deutschland trat jedoch keine Nationalmannschaft an, sondern das Kicker-Team<br />
der Uni <strong>Halle</strong>. Zunächst mussten die Jungs für die Qualifikation jedoch „Deutscher Meister“ werden.<br />
Das Finalspiel der EM gegen das französische Uni-Team aus Lille gewannen sie mit 2:1 <strong>und</strong><br />
holten so erstmals den Titel „Europäischer Hochschulmeister im Fußball“ nach Deutschland. sh<br />
scientia halensis 2/2012 personalia<br />
Michael Schmidt bei einem<br />
Übungsspiel in <strong>Halle</strong>.<br />
(Foto: Michael Deutsch)<br />
Michael Schmidts Siegtor auf<br />
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37
38 anzeigen scientia halensis 2/2012<br />
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Stefan Plontke will für den Arztberuf begeistern<br />
Im Juli 2010 übernahm Professor Stefan Plontke<br />
die Leitung der Universitätsklinik für Hals-Nasen-<br />
Ohren-Heilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Kopf- <strong>und</strong> Hals-Chirurgie an<br />
der MLU. Die Ernennung zum Universitätsprofessor<br />
an der MLU erfolgte im Februar 2011.<br />
Der gebürtige Dresdner studierte von 1990 bis<br />
1997 Humanmedizin an der Berliner Charité <strong>und</strong> im<br />
Ausland, unter anderem an der Harvard University<br />
in Boston. 1998 promovierte er an der Otto-von-<br />
Guericke-Universität Magdeburg mit „summa cum<br />
laude“. Für seine Arbeit wurde er zudem mit dem<br />
Dissertationspreis der Deutschen Gesellschaft für<br />
Hals-Nasen-Ohren-Heilk<strong>und</strong>e e. V. ausgezeichnet.<br />
Bis 2003 war der verheiratete Familienvater Assistenzarzt<br />
an der Universitäts-HNO-Klinik Tübingen.<br />
Von 2001 bis 2010 leitete er die Arbeitsgruppen<br />
„Innenohrpharmakologie“ <strong>und</strong> „Klinische Studien“<br />
am Hörforschungszentrum Tübingen (THRC).<br />
Plontke machte 2003 seinen Facharzt für Hals-<br />
Nasen-Ohren-Heilk<strong>und</strong>e, wurde zwei Jahre später<br />
Oberarzt der Klinik <strong>und</strong> habilitierte sich 2006 mit<br />
„Untersuchungen zur lokalen Medikamentenapplikation<br />
an das Innenohr“. 2009 wurde er zum außerplanmäßigen<br />
Professor an der Eberhard-Karls-Universität<br />
Tübingen ernannt.<br />
Die Medizinische Fakultät der Universität Tübingen<br />
zeichnete ihn für sein hervorragendes Lehrkonzept<br />
aus. Für seine „herausragende Leistungen auf dem<br />
Gebiet der Erforschung von Erkrankungen des Hör-<br />
<strong>und</strong> Gleichgewichtsorganes“ wurde er mit dem<br />
Hennig-Vertigo-Preis geehrt.<br />
Den begeisterten Fagott- <strong>und</strong> Saxophon-Spieler<br />
reizen an seinem Fachgebiet die Vielseitigkeit seiner<br />
Arbeit sowie die „Gestaltungsmöglichkeiten in<br />
Klinik, Lehre <strong>und</strong> Forschung“.<br />
Plontke möchte Studierende für den Arztberuf <strong>und</strong><br />
sein Fachgebiet begeistern, wissenschaftliche Neugier<br />
wecken <strong>und</strong> die Forschung seines Fachgebietes<br />
mit interdisziplinärer Ausrichtung stärken.<br />
Melanie Zimmermann<br />
Guido Posern erforscht Mechanismen von Zellfunktionen<br />
Wie das Leben auf zellulärer <strong>und</strong> molekularer Ebene<br />
funktioniert, erforscht Guido Posern, der seit<br />
dem 1. März 2012 an der Martin-Luther-Universität<br />
die Professur für Biochemie inne hat. Gleichzeitig<br />
ist er Direktor des Instituts für Physiologische<br />
Chemie. Wie schafft es die Natur, die komplexen<br />
Lebensprozesse zu integrieren? Was läuft falsch<br />
bei Krankheiten wie Krebs? Kann man bei fehlgeleiteten<br />
Prozessen intervenieren? Diesen Fragen<br />
geht der Zellbiologe mit seiner Arbeitsgruppe nach.<br />
1968 in Hamburg geboren, studierte Guido Posern<br />
Biologie an der Technischen Universität Braunschweig<br />
bis 1996 <strong>und</strong> arbeitete seitdem an verschiedenen<br />
Forschungseinrichtungen. An der Universität<br />
Würzburg wurde er 1999 promoviert <strong>und</strong><br />
schloss einen vierjährigen Forschungsaufenthalt<br />
am Cancer Research UK Institute in London an. Seit<br />
2004 leitete Posern eine Nachwuchsforschungsgruppe<br />
am Max-Planck-Institut für Biochemie<br />
München <strong>und</strong> lehrte an der Ludwig-Maximilians-<br />
Universität.<br />
„Mich reizt in <strong>Halle</strong> die Möglichkeit, die am MPI begonnenen<br />
Forschungsvorhaben mit einer längeren<br />
Perspektive fortsetzen <strong>und</strong> vertiefen zu können“,<br />
sagt Posern. „Ich möchte die Forschungslandschaft<br />
in der vorklinischen Medizin stärken <strong>und</strong> die verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen in den Lebenswissenschaften<br />
noch besser verzahnen.“ Eine Herausforderung<br />
sieht er in der ihm übertragenen Leitung<br />
<strong>und</strong> Neuorientierung des Instituts. In der Lehre<br />
geht es ihm darum, Studierende für die zellulärmolekularen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen des Lebens <strong>und</strong> der Medizin<br />
zu begeistern.<br />
Der Vater zweier Söhne (ein <strong>und</strong> vier Jahre alt)<br />
geht auch gern Bergwandern, Skilaufen, Joggen<br />
<strong>und</strong> Radfahren, wenn die Zeit es zulässt. Weitere<br />
Interessen gelten der Fotografie <strong>und</strong> Architektur.<br />
„In <strong>Halle</strong> gibt es traumhaft schöne Gegenden am<br />
Saaleufer, herrliche Gründerzeit- <strong>und</strong> Jugendstilbauten“,<br />
schwärmt Posern. Allerdings gebe es noch<br />
Nachholbedarf bei der Stadtverkehrsplanung für<br />
Fahrradfahrer. Ute Olbertz<br />
scientia halensis 2/2012 personalia<br />
Prof. Dr. Stefan Plontke<br />
Universitätsklinik <strong>und</strong><br />
Poliklinik für Hals-Nasen-<br />
Ohrenheilk<strong>und</strong>e, Kopf- <strong>und</strong><br />
Hals-Chirurgie<br />
Tel: 0345 55 71784<br />
E-Mail: Stefan.plontke@<br />
uk-halle.de<br />
Prof. Dr. Guido Posern<br />
Institut für Physiologische<br />
Chemie<br />
Telefon: 0345 557 3812<br />
E-Mail: biochemie@medizin.<br />
uni-halle.de<br />
39
40 personalia scientia halensis 2/2012<br />
Unzählige Varianten des Fragebogens, der durch die Antworten von Marcel Proust so berühmt geworden ist,<br />
sind in den Medien zu finden. scientia halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unser Match-Partner der emeritierte<br />
Anatomieprofessor Rüdiger Schultka, Leiter der Meckelschen Sammlungen der MLU.<br />
Bild: Rüdiger Schultka mit<br />
den siamesischen Zwillingen<br />
aus den Meckelschen Sammlungen.<br />
Das Präparat befindet<br />
sich heute im Institut für<br />
Anatomie <strong>und</strong> Zellbiologie.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Rüdiger Schultka<br />
1 | Warum leben Sie in <strong>Halle</strong> <strong>und</strong> nicht anderswo?<br />
Ich wohne seit 1999 nicht mehr in <strong>Halle</strong>,<br />
sondern in Naumburg. Ich habe aber mit meiner<br />
Familie 25 Jahre in <strong>Halle</strong> gelebt <strong>und</strong> fühle mich<br />
der Stadt seit mehr als 50 Jahren verb<strong>und</strong>en.<br />
2 | Wenn Sie nicht Mediziner wären, was wären<br />
Sie dann geworden? In der Kindheit hat man<br />
Träume. Mein Traum war es, Arzt zu werden. Ich<br />
studierte Medizin <strong>und</strong> wollte in die praktische<br />
Medizin. Ich wurde Anatom, weil Anatomie ein<br />
faszinierendes Fachgebiet ist. Wenn es nicht so<br />
gelaufen wäre, wäre ich jetzt traurig.<br />
3 | Was war an Ihrer Studienzeit am besten?<br />
In unserem Studium hatten wir hervorragende<br />
Hochschullehrer. Sie haben uns geformt, gefordert<br />
<strong>und</strong> gefördert. Für mich war die Studienzeit<br />
eine anstrengende, aber schöne Zeit.<br />
4 | Welchen Rat fürs Überleben würden Sie<br />
Studenten geben? Fleißig <strong>und</strong> intensiv zu lernen,<br />
rational zu arbeiten. Die Zeitplanung spielt im<br />
Studium eine ganz große Rolle. Viele Studierende<br />
beherrschen dieses Gr<strong>und</strong>prinzip. Sie benötigen<br />
aber auch Freiräume, um <strong>ihre</strong>r eigenen Persönlichkeitsentwicklung<br />
gerecht zu werden.<br />
5 | Wenn Sie Rektor einer Universität wären,<br />
was würden Sie als erstes tun?<br />
Ich würde mich dafür einsetzen, mehr Geld für<br />
die Universität zur Verfügung zu haben, um Stellen<br />
zu sichern, um mehr tun zu können für Lehre<br />
<strong>und</strong> Forschung. Sparen ist richtig, aber an der<br />
richtigen Stelle, bitte nicht an der Wissenschaft.<br />
Ich würde die junge Generation fördern, wo es<br />
nur geht; auch unter Berücksichtigung von Sesshaftigkeit<br />
<strong>und</strong> Familienplanung.<br />
6 | Was ist für Sie die erste Aufgabe der Wissenschaft?<br />
Ich sehe die erste Aufgabe der Wissenschaft<br />
darin, Gesetzmäßigkeiten in Natur <strong>und</strong><br />
Gesellschaft aufzudecken, die Wahrheit zu finden,<br />
<strong>und</strong> das bedarf einer ausgeprägten Leidenschaft,<br />
in das Unbekannte einzudringen.<br />
7 | Was haben Intelligenz <strong>und</strong> Menschlichkeit<br />
miteinander zu tun? Sie gehören eigentlich<br />
zusammen <strong>und</strong> sollten eine Einheit bilden. Die Realität<br />
sieht leider oft anders aus. In der Menschheitsgeschichte<br />
gibt es genügend Beispiele, die<br />
bestätigen, dass Intelligenz <strong>und</strong> Menschlichkeit<br />
auseinanderdriften. Warum müssen unschuldige-<br />
Menschen tagtäglich durch irrationale Handlungen<br />
ihr Leben lassen?<br />
8 | Worüber ärgern Sie sich am meisten? Über<br />
meine eigenen Fehler, die ich mache, gemacht<br />
habe. Im Alter denkt man über viele Dinge nach.<br />
9 | Was bringt Sie zum Lachen? Die Hahnemann,<br />
Herricht <strong>und</strong> Preil, Charlie Chaplin, Dick <strong>und</strong>
Doof, Dinner For One, <strong>und</strong> Entscheidungen, die<br />
von einigen Zeitgenossen „so selbstverständlich“<br />
getroffen werden.<br />
10 | Was schätzen Sie an Ihren Fre<strong>und</strong>en? Ehrlichkeit,<br />
Vertrauen, Zuverlässigkeit, gegenseitige<br />
Achtung, Anerkennung <strong>und</strong> Hilfe, kein überzogenes<br />
Konkurrenzdenken – das sind die Gr<strong>und</strong>festen<br />
einer Fre<strong>und</strong>schaft. Wie oft sind „große“<br />
Fre<strong>und</strong>schaften an Kleinigkeiten <strong>und</strong> Egozentrik<br />
gescheitert.<br />
11 | Wo sehen Sie Ihre Stärken? Ich bin ein<br />
„ostpreußischer Ackergaul“; ich ziehe meinen<br />
Lebenswagen mit Kraft, Ausdauer <strong>und</strong> Einsatzfreude;<br />
<strong>und</strong> ich liebe meinen Beruf als Lehrer <strong>und</strong><br />
Anatom.<br />
12 | Was erwarten Sie von der Zukunft?<br />
Ganz einfach: Frieden, Humanität, ökonomische<br />
Stabilität, soziale Sicherheit, Arbeit für alle, Schutz<br />
der Natur, Völkerverständigung, ein einheitliches<br />
Europa, eine einheitliche Welt, <strong>und</strong> weitere Fortschritte<br />
in der wissenschaftlichen Entwicklung<br />
zum Wohle der Menschheit.<br />
13 | Woran glauben Sie? An die menschliche<br />
Vernunft, an das Gute im Menschen.<br />
14 | Welchen bedeutenden Menschen unserer<br />
Zeit hätten Sie gern als Gesprächspartner?<br />
Die Ministerpräsidentin Thüringens Christine<br />
Lieberknecht, Friedrich Schorlemmer <strong>und</strong> Gregor<br />
Gysi. Sie sind mir sehr sympathisch, sind klug,<br />
kritisch, sehr konstruktiv in <strong>ihre</strong>n Auffassungen<br />
<strong>und</strong> achten <strong>ihre</strong> Gesprächspartner.<br />
15 | Wer war oder ist für Sie der wichtigste<br />
Mensch in Ihrem Leben? Zuallererst meine Frau.<br />
Sie ist mit mir sehr tolerant <strong>und</strong> hat mir in schwierigen<br />
Zeiten viel, viel Kraft gegeben.<br />
16 | Welchen Ort der Welt möchten Sie unbedingt<br />
kennen lernen? Die Orte, wo berühmte<br />
anatomische Sammlungen stehen, z. B. London,<br />
wo sich das Huntersche Museum befindet.<br />
17 | Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am<br />
liebsten? Mit anatomischen Studien in den<br />
Meckelschen Sammlungen, mit Nachforschungen<br />
vor allem im Universitätsarchiv <strong>und</strong> mit<br />
anatomischem Unterricht. Und Spaziergänge mit<br />
meiner Frau <strong>und</strong> Dackel Lumpi.<br />
18 | Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?<br />
Erich Maria Remarque „Im Westen nichts Neues“,<br />
Leo Tolstoi „Krieg <strong>und</strong> Frieden“, Karl Marx „Das<br />
Kapital“, die Bibel. Diese Werke sind hochinteressant,<br />
in ihnen steckt ein hohes geistiges Potenzial.<br />
19 | Wenn Sie einen Wunsch frei hätten …?<br />
Lernen aus den Fehlern der Vergangenheit für alle<br />
Menschen <strong>und</strong> eine Frau als B<strong>und</strong>espräsidentin.<br />
20 | Ihr Motto? Möglichst noch lange ges<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> aktiv zu bleiben.<br />
scientia halensis 2/2012 personalia<br />
Aus der Vita<br />
geb. 1939<br />
Studium der Medizin <strong>und</strong><br />
Promotion in <strong>Halle</strong><br />
ab 1966 wissenschaftlicher<br />
Assistent im Anatomischen<br />
Institut zu <strong>Halle</strong>, Facharzt<br />
für Anatomie<br />
1987 Berufung zum<br />
ordentlichen Professor<br />
nach <strong>Halle</strong><br />
1987-1992 Direktor des<br />
Instituts für Anatomie<br />
1993-2004 Leiter des<br />
makroskopisch-anatomischen<br />
Arbeitsbereiches<br />
des Instituts für Anatomie<br />
<strong>und</strong> Zellbiologie<br />
seit 1993 Leiter der<br />
Meckelschen Sammlungen<br />
seit 2004 im Ruhestand<br />
seit 2007 Vorsitzender des<br />
Fördervereins Meckelsche<br />
Sammlungen der Martin-<br />
Luther-Universität<br />
<strong>Halle</strong>-Wittenberg e. V.,<br />
2010 Verleihung des<br />
Meckel-Preises des Fördervereins<br />
41
42 zeitgeist scientia halensis 4/2011<br />
Der Zeitgeist, Jahrgang<br />
1760, tauchte zuerst bei<br />
Johann Gottfried Herder<br />
auf. Auch Johann Wolfgang<br />
von Goethe setzte<br />
ihm ein Denkmal, indem<br />
er Faust vom „Geist der<br />
Zeiten“ sprechen ließ.<br />
Inzwischen wirkt er -<br />
unübersetzt oder als „spirit<br />
of the times“ - längst auch<br />
in der englischsprachigen<br />
Welt.<br />
Welche Folgen die Erfindung<br />
eines Neologismus haben<br />
kann, erfahren Sie im Onlinemagazin:<br />
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Eine uns bekannte Redaktion nahm sich anlässlich<br />
des Wissenschaftsjahres 2012 vor, über die Früchte<br />
der Wissenschaft im hiesigen <strong>Halle</strong> zu schreiben.<br />
Während in illustrer Themenfindungs- <strong>und</strong> -auswahlr<strong>und</strong>e<br />
Neuronen feuerten, kritisierte eine<br />
Geisteswissenschaftlerin: „Das sind ausschließlich<br />
naturwissenschaftlich-technische Themen.“ Stille,<br />
Zustimmung.<br />
„Aber eine Erfindung ist ein Ding, etwas Technisches,<br />
womit sich zum Beispiel ein Verfahren optimieren<br />
lässt. Was für ein Ding ist eine geisteswissenschaftliche<br />
Erfindung?“ Mag man sich der Praxis<br />
halber fürs Heft darauf geeinigt haben – eröffnet<br />
war <strong>und</strong> ist es doch, das mentale Schlachtfeld, auf<br />
dem sich Natur- <strong>und</strong> Geisteswissenschaftler gegenüberstehen<br />
<strong>und</strong> die Frage diskutieren: Können nur<br />
Naturwissenschaftler Erfinder sein?<br />
Wikipedia – unausweichlich, hier schreibt schließlich<br />
Dr. Zeitgeist (sic!) – definiert Erfindungen als<br />
„schöpferische Leistungen auf technischem Gebiet,<br />
durch die eine neue Problemlösung […] ermöglicht<br />
wird“. Und: „Wenn sie gewerblich nutzbar sind,<br />
können sie durch Patent oder Gebrauchsmuster<br />
geschützt werden […].“<br />
Diese Bestimmung scheint sowohl den Ingenieuren<br />
(siehe Editorial) als auch dem werten Redaktionsmitglied<br />
Recht zu geben. Tatsächlich aber schließt<br />
sie geisteswissenschaftliche Erzeugnisse nicht aus:<br />
Eine Erfindung ist nicht zwangsläufig ein Ding. Denn<br />
„technisch“ – vom griech. τέχνη – bezeichnet nicht<br />
Dr. Usus Zeitgeist<br />
Das Ding in der Hand?<br />
Zeichnung: Oliver Weiss<br />
nur Gegenstände wie Maschinen o. ä., sondern<br />
auch Fertigkeiten sowohl physischer als auch geistiger<br />
Natur.<br />
Etwas anderes, dem Geist der Zeit Zugehöriges,<br />
scheint einigen dergestalt ins Denken zu fahren,<br />
dass sie meinen, die Erfindung müsse ein Ding naturwissenschaftlichen<br />
Ursprungs sein. Eine ordentliche<br />
Prise kapitalistischer Prägung. In einer Zeit, in<br />
der Menschen als Humankapital – mit gestutzter<br />
Ausbildungs- <strong>und</strong> gestreckter Arbeitszeit – gedacht<br />
werden, in verschiedenen Formen angeordneter<br />
Müll als zu erstehendes Kunstwerk vermarktet wird,<br />
<strong>und</strong> ohnehin möglichst aus allem Profit geschlagen<br />
werden soll, da geschieht es schon mal, dass harmlosen<br />
Begrifflichkeiten Eigenschaften hinzugedichtet<br />
werden, die wirtschaftliche Wirksamkeit zur<br />
Bedingung machen.<br />
Auch die großen Politologen von der Antike bis in<br />
die jüngere Zeit, denen Gr<strong>und</strong>gedanken <strong>und</strong> –pfeiler<br />
von Demokratie <strong>und</strong> anderen Staatsformen zu<br />
verdanken sind, lassen sich ganz klar als Erfinder<br />
bezeichnen. Ebenso ist ein Neologismus wie Lichtenbergs<br />
„Verschlimmbessern“ eine Erfindung – ein<br />
Wort, dessen Nutzen darin besteht, eine komplexe<br />
Aussage wie „etwas in der Absicht, es zu verbessern,<br />
verschlechtern“ zu ersetzen.<br />
Und, werte Naturwissenschaftler, die Erfinder von<br />
der „Geistesfront“ erweisen sich oft als großzügiger:<br />
Anwendung von Demokratie <strong>und</strong> Verwendung von<br />
„Verschlimmbessern“ sind kostenlos!
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