Erfinderwerkstatt Halle: Helle Köpfe und ihre Einfälle
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18 titelthema scientia halensis 2/2012<br />
Vordenken mit Flüssigkristallen<br />
Nein, die Flüssigkristalle wurden nicht von einem <strong>Halle</strong>nser erf<strong>und</strong>en. Sie wurden von einem Österreicher<br />
entdeckt. Doch ohne einige hallesche Pioniere würden wir heute vielleicht nicht mit dem Finger auf unseren<br />
Smartphones herumwischen <strong>und</strong> uns über die Bildqualität des neuen LCD-Fernsehers freuen. Forschung zu<br />
Flüssigkristallen war eine Spezialität der MLU – <strong>und</strong> ist es noch immer.<br />
Sorgfältig beschriftet <strong>und</strong><br />
verpackt: In H<strong>und</strong>erten von<br />
Zigarrenkisten bewahrte<br />
Daniel Vorländer seine Flüssigkristallverbindungen<br />
auf.<br />
Einige davon befinden sich<br />
heute im Besitz des Instituts<br />
für Chemie am Weinberg<br />
Campus. (Foto: Maike<br />
Glöckner)<br />
Daniel Vorländer erforschte „eine Merkwürdigkeit,<br />
von der man in Lehrbüchern entweder gar nicht<br />
sprach oder die man als irrig darstellte“. Doch dass<br />
die kristallinen Flüssigkeiten „eine Zukunft haben<br />
würden, hat er gewusst“. Nachzulesen ist dies in<br />
einem Nachruf auf den bedeutenden halleschen<br />
Chemiker. Der erschien 1943, zwei Jahre nach seinem<br />
Tod. Autor war der Leipziger Professor Conrad<br />
Weygand. Er bewies damit prophetische Fähigkeiten.<br />
Denn es sollte noch r<strong>und</strong> 20 Jahre dauern, bis<br />
die ersten Vorläufer dessen entwickelt wurden,<br />
was heute Millionen Menschen nicht mehr missen<br />
möchten: Flüssigkristall-Displays.<br />
„Eine Erfindung aus <strong>Halle</strong>“, heißt es oft, wenn die<br />
Sprache darauf kommt in der Saalestadt. Stimmt<br />
nicht. Aber ohne <strong>Halle</strong>s Forscher wäre es nicht dazu<br />
gekommen. „Wenn man sich anschaut, was in den<br />
letzten Jahrzehnten konzipiert <strong>und</strong> realisiert wurde,<br />
muss man sagen: Irgendwie hatte Vorländer immer<br />
seinen Anteil“, sagt Carsten Tschierske. Der Chemie-<br />
Professor ist der aktuelle Vertreter einer ganzen<br />
Reihe von renommierten Flüssigkristallforschern,<br />
die die Martin-Luther-Universität hervorgebracht<br />
hat. Sein Doktorvater Horst Zaschke ist ebenso zu<br />
nennen wie Horst Sackmann <strong>und</strong> Dietrich Demus,<br />
der wohl den Patent-Rekord an der MLU für sich beanspruchen<br />
kann. „Keine Frage, unsere Universität<br />
war lange Jahre führend auf diesem Gebiet“, sagt<br />
Patentassessorin Gisela Wissenbach. „Wir haben<br />
für viele Erfindungen Lizenzen vergeben, unter anderem<br />
nach Japan.“<br />
Aber Vorländer? Ein Erfinder? „Wer, wenn nicht<br />
er?“, fragt Carsten Tschierske rhetorisch. Entdeckt<br />
haben die Flüssigkristalle andere. Friedrich Reinitzer<br />
<strong>und</strong> Otto Lehmann waren die Ersten, die Substanzen<br />
beschrieben, die in einem Zustand zwischen<br />
kris-tallinem Feststoff <strong>und</strong> Flüssigkeit vorlagen.<br />
Keine <strong>Halle</strong>nser. „Vorländer hat dann systematisch