Erfinderwerkstatt Halle: Helle Köpfe und ihre Einfälle
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untersucht sie speziell die Situation der Beschäftigten<br />
zwischen Promotion <strong>und</strong> Professur.<br />
Im Jahr 2006 hatte der B<strong>und</strong> das HoF, ein An-Institut<br />
der MLU, mit dem „Bericht zur Förderung des<br />
wissenschaftlichen Nachwuchses“ beauftragt. Bis<br />
dahin waren die Karrierewege an Hochschulen ein<br />
weitgehend unerforschtes Feld. Das Team um Anke<br />
Burkhardt legte 2007 einen ersten Bericht vor <strong>und</strong><br />
schreibt bereits an einer zweiten, detaillierten Analyse.<br />
„Wir forschen dazu nicht selbst, sondern arbeiten<br />
alle Veröffentlichungen zum Thema auf“, erläutert<br />
Burkhardt. Die Wissenschaftler konzentrieren<br />
sich dabei auf die Postdoktoranden. Diese haben<br />
nach der Promotion eine zweite Qualifikationsphase<br />
zu durchlaufen, bevor sie sich – durch Juniorprofessur,<br />
Habilitation oder Nachwuchsgruppenleitung<br />
– für eine Professur qualifizieren. International ist<br />
diese Struktur ein Unikat. „Im Ausland herrscht eine<br />
andere Personalstruktur für junge Forscher. Dort<br />
gibt es keine Post-Doc-Phase.“ Der entscheidende<br />
Unterschied für die Nachwuchswissenschaftler:<br />
Wirklich selbstständig lehrt <strong>und</strong> forscht allein der<br />
Lehrstuhlinhaber. Stellen unterhalb der Professur<br />
sind in Deutschland weisungsgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> im Regelfall<br />
befristet.<br />
Lehren, forschen, publizieren, Klausuren <strong>und</strong> Hausarbeiten<br />
korrigieren, Exkursionen <strong>und</strong> Räume organisieren,<br />
Studieninhalte multimedial vor- <strong>und</strong><br />
nachbereiten – all das sind tägliche Aufgaben von<br />
Postdoktoranden wie Claudia Beetz. Die promovierte<br />
Juristin arbeitet bei Professor Wolfhard<br />
Kohte, <strong>ihre</strong> halbe Stelle läuft im nächsten Jahr aus.<br />
„Ich würde gern das weitermachen, was ich zurzeit<br />
mache – lehren <strong>und</strong> forschen, ohne zu habilitieren.<br />
Es ist schade, dass die bestehenden Strukturen an<br />
Hochschulen das langfristig viel zu schwer machen.<br />
Mir macht die Lehre Spaß, aber ich möchte nicht<br />
noch einmal über einen längeren Zeitraum in einem<br />
befristeten Arbeitsverhältnis ohne konkrete Planungsperspektive<br />
arbeiten“, sagt die Expertin für<br />
Zivil- <strong>und</strong> Sozialrecht. Zu einem möglichen Karriereweg<br />
hat ihr Doktorvater sie beraten. „Eine Alternative<br />
bietet die Professur an der Fachhochschule. Dort<br />
steht die Lehre noch stärker im Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
ich kann weiterhin wissenschaftlich arbeiten.“ Fachhochschulen<br />
setzen jedoch Berufserfahrung voraus.<br />
Claudia Beetz will deshalb zunächst in die Praxis.<br />
Neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern<br />
im Angestelltenverhältnis sind einer Studie von<br />
Anke Burkhardt zufolge befristet an Universitäten<br />
scientia halensis 2/2012 studieren, lehren, leben<br />
beschäftigt, meist in einer halben bis dreiviertel<br />
Stelle. „Sie alle bemängeln eine fehlende Planungssicherheit,<br />
fehlende berufliche Perspektiven <strong>und</strong><br />
dass das Einkommen nicht <strong>ihre</strong>r Arbeitsleistung<br />
entspricht“, fasst Anke Burkhardt die Lage zusammen.<br />
Eine Umfrage der Gewerkschaft Verdi an acht<br />
Universitäten, darunter auch die MLU, ergab 2011<br />
ein ähnliches Bild. Und dennoch: „Alle schätzen das<br />
Arbeitsklima <strong>und</strong> die -inhalte als sehr positiv ein.“<br />
Die hoch motivierte Mehrheit würde sich wieder<br />
für den akademischen Weg entscheiden, obwohl<br />
dieser meist befristet ist. Für all jene Promovierten,<br />
die nicht nach dem Professorentitel streben, war<br />
bis 2007 nach „6 plus 6“ Schluss: Sechs Jahre vor<br />
<strong>und</strong> sechs Jahre nach der Doktorarbeit durften sie<br />
an einer Hochschule befristet beschäftigt werden.<br />
„Das Ziel dieser Regelung war eigentlich, dass die<br />
Beschäftigten nach zwölf Jahren unbefristet eingestellt<br />
werden. Das war allerdings ein Trugschluss“,<br />
bedauert Burkhardt. „Ihnen drohte vielmehr, dass<br />
sie nach zwölf Jahren die Hochschule verlassen<br />
mussten.“<br />
Um dem entgegenzuwirken wurde 2007 das Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />
(WissZeitVG) verabschiedet.<br />
„Wer überwiegend aus Drittmitteln finanziert<br />
wird, kann jetzt immer wieder Verträge abschließen.<br />
Man kann sich also von Projekt zu Projekt hangeln.“<br />
Was das im Einzelfall bedeutet, hat Claudia Beetz<br />
als Gleichstellungsbeauftragte der Juristischen <strong>und</strong><br />
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bis 2009 oft<br />
erlebt: „Manche haben eine halbe Stelle aus Haushaltsmitteln<br />
<strong>und</strong> eine halbe aus Drittmitteln mit<br />
unterschiedlichen Laufzeiten. Wenn sie dann noch<br />
Elternzeit oder Mutterschutz in Anspruch nehmen,<br />
gestaltet sich die Vertragsstruktur sehr kompliziert.<br />
Da hilft nur ein Zeitstrahl, um nachzuverfolgen, wie<br />
lange welcher Vertrag läuft.“ Die zweifache Mutter<br />
beschäftigt sich auch aus juristischer Perspektive<br />
mit dem WissZeitVG. „Eine solche Regelung ist zur<br />
Ermöglichung der Qualifikation nicht unsinnig“,<br />
findet sie. „Aber deshalb sollten Hochschulen nicht<br />
davon abrücken, auch unbefristet einzustellen. Das<br />
eine schließt das andere ja nicht aus.“<br />
Die Entscheidung über Be- <strong>und</strong> Entfristung liegt bei<br />
den Hochschulen <strong>und</strong> beim Land, das ihnen den<br />
finanziellen Rahmen vorgibt. „Universitäten wollen<br />
sich ungern dauerhaft an Personal binden, da sie<br />
selbst keine finanzielle Sicherheit besitzen. Das Land<br />
weist ihnen jeweils den Haushalt für höchstens zwei<br />
Jahre zu“, erläutert Anke Burkhardt. Als Geschäfts-<br />
Hochschulforscherin<br />
Dr. Anke Burkhardt<br />
(Foto: privat)<br />
Der „B<strong>und</strong>esbericht zur<br />
Förderung des Wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses“<br />
steht online unter:<br />
www.buwin.de<br />
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