ASSIDUE Bildung von Adpositionen im Deutschen - PubMan
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<strong>Bildung</strong> <strong>von</strong> <strong>Adpositionen</strong> <strong>im</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
5.2.4. Adverbialisierung durch andere Kasus<br />
Im Althochdeutschen haben der Akkusativ (wie noch in Resten <strong>im</strong> Neuhochdeutschen) und der<br />
Dativ Plural die Funktion der Adverbialisierung <strong>von</strong> Nominalsyntagmen (vgl. Braune & Mitzka<br />
1959:229). Das ahd. halba "Seite" liefert in einer Reihe <strong>von</strong> morphologischen Formen (Akkusativ<br />
halb, Dativ Plural halben, <strong>im</strong> 15. Jh. zu halber umgebildet) Postpositionen. Die Form halb<br />
tritt in zwei Konstruktionen auf. In der ursprünglichen Bedeutung "-seits" n<strong>im</strong>mt sie zunächst<br />
ein Adjektivattribut, so wie in §4.4 eingeführt. Aus dieser Konstruktion gehen Präpositionen wie<br />
unterhalb hervor (unterhalb der Brucken (Relation 206,10)). Ferner n<strong>im</strong>mt halb die Bedeutung<br />
"wegen" an und regiert dann ein Genitivkomplement: sinero lido halb "wegen seiner Glieder"<br />
(Notker). Hierauf gehen die modernen Formen weshalb, deshalb zurück. Ganz parallel liegt der<br />
Fall für die Form halben, die noch bis ins 18. Jh. als produktive Postposition dient. In der<br />
Bedeutung "-seits" ist es in allenthalben erhalten, in der Bedeutung "wegen" etwa in meinethalben.<br />
Alle diese Formen, mit der teilweisen Ausnahme <strong>von</strong> halber, werden heute nur noch in<br />
Komposition gebraucht.<br />
5.3. Deverbale <strong>Adpositionen</strong><br />
Von Partizipien abgeleitete <strong>Adpositionen</strong> sind überwiegend <strong>Bildung</strong>en des 17. und 18. Jahrhunderts.<br />
Wir betrachten zunächst die auf dem Partizip Perfekt basierenden <strong>Adpositionen</strong>. Die<br />
meisten sind mit Negationspräfix deriviert (unbeachtet/unerachtet/ungeachtet, unangesehen,<br />
unbeschadet, unerwogen, ungehindert) und bedeuten soviel wie trotz. Daneben gibt es nur<br />
ausgenommen (das ebenfalls negative Bedeutung hat) und angesehen. Von diesen sind mehrere<br />
schon in der Relation <strong>von</strong> 1609 belegt:<br />
unangesehen dessen (79,8); ungehindert ihrer praetensionen (165,36); ungeacht deß großen<br />
unkostens so darauff gangen (196,1); ausgenommen die Reisigen Provisoren (48,14).<br />
Frühe Belege für zwei weitere sind die folgenden:<br />
unbeachtet der Dauer unserer Freundschaft (Wieland); ohnbeschadet der Einfalt und Kürze<br />
(Briefwechsel zw. Gle<strong>im</strong> u. Uz 338,15).<br />
In Bauer 1830:406 werden bereits (un)angesehen, besage, unbeschadet, unerwogen und ungehindert<br />
als veraltet oder als reiner Kurialstil bezeichnet. In der Tat gelangt <strong>von</strong> diesen auch nur<br />
unbeschadet in den Duden. 19 Unerachtet schließlich finden wir seit dem Duden 1880.<br />
Dieser Gruppe gegenüber gibt es nur zwei auf dem Partizip Präsens basierende <strong>Adpositionen</strong>:<br />
betreffend und entsprechend. Das erstere ist mindestens seit dem Frühneuhochdeutschen sowohl<br />
in prä- als auch in postpositionalem Gebrauch:<br />
betreffendt aber die Academian oder Consistorium, wollen jhre May. den Stenden auffzurichten<br />
nicht zulassen (Relation 114,19); jüngstes begeren die Religion betreffent (Relation<br />
48,14).<br />
Dagegen finden wir entsprechend erst <strong>im</strong> Duden 1967.<br />
Einige dieser <strong>Adpositionen</strong> haben die Rektion der zugrundeliegenden Verben bewahrt: die <strong>von</strong><br />
präsentischen Formen abgeleiteten betreffend und entsprechend und die <strong>von</strong> perfektischen<br />
Formen abgeleiteten abgesehen <strong>von</strong>, ausgenommen und ungeachtet (achten regiert ursprünglich<br />
den Genitiv). Die perfektischen Formen können mithin nicht passivisch aufgefaßt werden.<br />
Vielmehr sind diese <strong>Adpositionen</strong> durch Reanalyse <strong>von</strong> Absolutkonstruktionen entstanden (vgl.<br />
Behaghel 1924:33). Die Basen dieser Reanalyse bestehen zum Teil noch fort; vgl. <strong>von</strong> diesen<br />
Problemen einmal abgesehen, die Anwesenden einmal ausgenommen.<br />
Alle anderen deverbalen <strong>Adpositionen</strong> regieren den Genitiv, gelegentlich auch sekundär den<br />
Dativ (s. §6.4.2). Da diese Rektion sich nicht aus der Verbrektion herleitet, kann sie sich nur<br />
19 Es versteht sich, daß man ex silencio nichts schließen kann. Z.B. sind die alten Präpositionen<br />
ausgenommen und betreffend nicht <strong>im</strong> Duden 1880, sondern erst 1967 aufgenommen.<br />
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