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ASSIDUE Bildung von Adpositionen im Deutschen - PubMan

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<strong>Bildung</strong> <strong>von</strong> <strong>Adpositionen</strong> <strong>im</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

teilweise ersetzt. Am anfälligsten hierfür scheinen <strong>Bildung</strong>en zu sein, die dem Kanzlei- und<br />

Amtsdeutschen entstammen (so wie betreffs, behufs, hinsichts/rücksichts, beziehentlich und<br />

gelegentlich) und sich in der Umgangssprache niemals recht eingebürgert haben. Die ungeheuere<br />

Produktivität der Präpositionalfügung bringt es mit sich, daß gelegentlich sowohl vom strukturellen<br />

als auch vom semantischen Standpunkt völliger Leerlauf in der Erneuerung herrscht. Dies<br />

gilt z.B. für das modische mit Blick auf statt des älteren <strong>im</strong> Hinblick auf (vgl. §?).<br />

6. Faktoren <strong>im</strong> Wandel <strong>von</strong> <strong>Adpositionen</strong><br />

Im vorangegangenen Abschnitt haben wir die Prozesse behandelt, die zur <strong>Bildung</strong> neuer <strong>Adpositionen</strong><br />

führen. Wir wenden uns nun den Prozessen zu, denen <strong>Adpositionen</strong> nach ihrer <strong>Bildung</strong><br />

<strong>im</strong> Sprachwandel unterliegen. Dies sind <strong>im</strong> Prinzip geläufige Prozesse des grammatischen<br />

Wandels. D.h., sie sind Erscheinungsformen <strong>von</strong> Grammatikalisierung, <strong>von</strong> analogischem<br />

Wandel oder einer Kombination <strong>von</strong> beiden. Die Prozesse sind, wie sich versteht, auf der<br />

synchronen Achse dieselben wie auf der diachronen, so daß wir auf die Ergebnisse der vorangehenden<br />

Abschnitte zurückgreifen können.<br />

Reine Grammatikalisierungsphänomene sind die Desemantisierung (§6.1) und die morphologische<br />

Reduktion (§6.2). Angleichung der Stellung (§6.3) und Angleichung der Rektion (§6.4)<br />

gehen zwar mit der Grammatikalisierung einher, finden jedoch unter dem Einfluß analogischer<br />

Vorbilder statt. Attraktion in die Rektion des Modifikatums (§6.5) schließlich ist ein Vorgang,<br />

der ebenfalls zur Grammatikalisierung <strong>von</strong> <strong>Adpositionen</strong> beiträgt.<br />

6.1. Desemantisierung<br />

Bei den semantischen Aspekten der <strong>Bildung</strong> <strong>von</strong> <strong>Adpositionen</strong> konzentrieren wir uns wieder auf<br />

die systematischen Phänomene, lassen also die an einzelnen <strong>Adpositionen</strong> auftretenden Bedeutungswandel<br />

außer acht. Der mit der Grammatikalisierung eines Zeichens stets gekoppelte<br />

semantische Wandel ist seine Desemantisierung. Wenn das Zeichen vor Eintritt in die Grammatikalisierung<br />

bereits derart polysem ist, daß es neben einer konkreten Grundbedeutung auch<br />

übertragene abstrakte Bedeutungen hat, liegen regelmäßig die letzteren der Grammatikalisierung<br />

zugrunde (so auch Eisenberg 1979;522f). Desemantisierung besagt dann <strong>im</strong> weiteren: Verlust<br />

etwa verbliebener konkreter Bedeutungsmerkmale, Bedeutungsverallgemeinerung durch Verringerung<br />

der Intension, Konzentration der funktionalen Leistung auf die relationalen Eigenschaften,<br />

so daß ein Relator i.S.v. §2.2 entsteht. So bedeutet angesichts bei Luther noch "Auge<br />

in Auge mit, in der konkreten Gegenwart <strong>von</strong>" (angesichts des Feindes), während der Kontakt<br />

heute meist nur metaphorisch verstanden wird (angesichts der Tatsachen). Dies ist die semantische<br />

Seite der Demotivation.<br />

Das Basiswort einer sekundären Adposition bleibt zwar der syntaktische Kontrolleur seines<br />

Komplements; semantischer Kern des entstehenden Adpositionalsyntagmas ist jedoch das<br />

Komplement. In der Orthographie wird dieser Sachverhalt durch die Kleinschreibung symbolisiert.<br />

Als Beispiele für viele, die diese Prinzipien illustrieren, mögen anhand und aufgrund<br />

stehen.<br />

Desemantisierung bedeutet auch Verlust an Originalität. Sobald eine komplexe <strong>Bildung</strong> erst<br />

einmal als Adposition gebräuchlich ist, ist die <strong>von</strong> der ursprünglichen Metapher erzielte unmittelbare<br />

kommunikative Wirkung dahin. Im Zusammenhang damit konstatieren wir die<br />

Erneuerung des Basislexems bei Kontinuität des <strong>Bildung</strong>smusters, also das gerade Gegenteil der<br />

in §5.6.2 besprochenen Erneuerung des <strong>Bildung</strong>smusters bei lexematischer Kontinuität. In dem<br />

Maße, in dem die konkrete Bedeutung eines Basissubstantivs verblaßt, treten Neubildungen mit<br />

einem semantisch gehaltvolleren Kernsubstantiv auf, die z.T. in ihrer <strong>Bildung</strong>sweise exakt dem<br />

Vorbild entsprechen. Das Substantiv Statt ist heute veraltet und kommt fast nur noch in Komposita<br />

wie Werk-, Lager-, Ruhestatt vor. Stelle, das seit dem 16. Jh. die Bedeutung "Ort (wo man<br />

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