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Der Rabe Ralf - GRÜNE LIGA Berlin eV

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Wenn Sie jetzt noch nicht das<br />

Volksbegehren „Unser Wasser“<br />

hier vor Ort, in <strong>Berlin</strong>,<br />

unterschrieben haben, dann gehören<br />

Sie wahrscheinlich nicht zu den Menschen,<br />

die auf Anhieb nachvollziehen<br />

werden, was sich gerade in Bolivien,<br />

Cochabamba ereignet. Eine Bürgerbewegung<br />

wächst weiter an, Aktivisten aus<br />

aller Welt vernetzen sich und wichtige<br />

Initiativen werden gegründet, die das<br />

Ungleichgewicht in dieser Welt korrigieren<br />

könnten.<br />

Eine neue Staatsidentität<br />

entwickelt sich<br />

Am 25. Januar 2009 gab sich Bolivien<br />

eine neue Verfassung. Darin werden<br />

natürliche Ressourcen des Landes als<br />

Eigentum der gesamten Bevölkerung<br />

defi niert und der angestrebte Demokratisierungsprozess<br />

wird weitergeführt.<br />

Dezentralisierung und Autonomie werden<br />

unterstützt. Die sozialen, politischen<br />

und zivilen Rechte der Bevölkerung<br />

wurden um die „Rechte der dritten<br />

Generation“ ausgeweitet, wie das Recht<br />

auf kollektive Identität und Kultur und<br />

der Zugang zur Grundversorgung wie<br />

Trinkwasser, Elektrizität, Gas; Zugang<br />

zu Post und Telekommunikation.<br />

Um diese Grunddienstleistungen für<br />

jeden Bürger zu gewährleisten, müssten<br />

sie in öffentlicher Hand liegen. Anfang<br />

Mai drängte Evo Morales, Präsident des<br />

plurinationalen Staates Bolivien, die<br />

Privatwirtschaft weiter zurück. Er ließ<br />

Energieversorgungsunternehmen von<br />

Polizei und Militär besetzen und ordnete<br />

einen Preisnachlass auf Strom von 20<br />

Prozent für 80 Prozent der Verbraucher<br />

an. Seit seinem Amtsantritt 2005 ist der<br />

Mindestarbeitslohn stufenweise um insgesamt<br />

45 Prozent erhöht worden.<br />

Ganz reibungslos vollzog sich dieser<br />

Prozess aber nicht.<br />

In letzter Zeit wächst<br />

allerdings die Zustimmung<br />

zu dezentraler<br />

und föderaler Ausrichtung<br />

der Politik<br />

des Landes. Einiges<br />

hat sich in der letzten<br />

Dekade in Lateinamerika<br />

verändert.<br />

Ziemlich genau<br />

10 Jahre zuvor wurde<br />

in Cochabamba<br />

noch das Kriegsrecht<br />

ausgerufen, weil die<br />

Proteste eskalierten,<br />

die in Folge der Wasserprivatisierung<br />

über<br />

die Stadt rollten. Mitte<br />

April 2000 wurde die<br />

Privatisierung aufgrund<br />

der anhaltenden<br />

Straßenschlachten zurückgenommen.<br />

Seit<br />

dem gilt Cochabamba<br />

als ein Symbol des<br />

Widerstands gegen die Privatisierung<br />

der Grundversorgung. Szenen aus<br />

diesem Konfl ikt und dessen globaler<br />

Zusammenhang sind hervorragend<br />

dokumentiert in dem Film „<strong>Der</strong> große<br />

Ausverkauf“ von Florian Opitz.<br />

Über Klimawandel und<br />

Rechte der „Mutter Erde“<br />

Von 19. bis 22. April fanden sich<br />

35.000 Menschen aus über 140 Ländern<br />

in Cochabamba zusammen und erarbeiteten<br />

eine umfassende Deklaration.<br />

Vertreter aus 47 Ländern beteiligten<br />

sich an diesem Vorhaben. Allen voran<br />

KLIMAWANDEL<br />

Bolivien, Venezuela und Kuba, die<br />

sich im Dezember 2009 weigerten, die<br />

Resolution der Klimakonferenz von<br />

Kopenhagen zu unterzeichnen.<br />

In 18 Arbeitsgruppen wurde daran<br />

gearbeitet, alle verschiedenartigen<br />

Meinungen mit einzubeziehen und die<br />

Weltsicht der indigenen Völker aus<br />

nah und fern in einem offi ziellen Text<br />

niederzuschreiben. Das Ergebnis ist das<br />

in allgemein verständlicher Sprache<br />

verfasste „Abkommen der Völker“, in<br />

dem nichts Geringeres festgelegt ist,<br />

als die Rechte der Pachamama - der<br />

„Mutter Erde“.<br />

Als gleichgewichtig zu den bereits<br />

von der UN anerkannten Menschenrechten<br />

seien diese Rechte der „Mutter<br />

Erde“ zu betrachten. Um das Verhältnis<br />

von Mensch und Natur wieder in ein<br />

Gleichgewicht zu bringen, bedürfe es<br />

einer angemessenen Gleichstellung der<br />

Rechte beider.<br />

Das gelebte Ungleichgewicht, das<br />

von den entwickelten Industrienationen<br />

vorgegeben wird und sich den<br />

restlichen Staaten der Welt aufdrängt,<br />

scheint sich allerdings nicht so einfach<br />

durch dieses Ergebnis berichtigen zu<br />

lassen. Denn die Industrienationen und<br />

Weltkonzerne setzen weiterhin darauf,<br />

mit neuen instrumentellen Methoden<br />

und Technologien den multiplen sozialökologischen<br />

Problemen und Krisen<br />

entgegenzuwirken, die in dem Begriff<br />

des Klimawandels kumulieren.<br />

Die indigenen Völker erkennen in<br />

diesem Vorgehen allerdings eine fortschreitende<br />

Privatisierung der Natur,<br />

die mit dem derzeit vorherrschenden<br />

Kapitalismus einhergeht. In dem „Abkommen<br />

der Völker“ werden explizit<br />

August / September 2010<br />

Bürgerbewegung für den Klimaschutz<br />

Cochabamba: Die alternativen Umwelt- und Klimaverhandlungen in Bolivien<br />

April 2010 in Cochabamba - Demo für Klimaschutz<br />

15<br />

Agrotreibstoffe, Emissionshandel, Gentechik,<br />

Nanotechnologie, Geo-Engineering,<br />

Monokulturen und dergleichen<br />

als falsche Lösungen<br />

angeprangert. Bei den<br />

Klimaverhandlungen<br />

von Kopenhagen 2009<br />

und wohl auch als<br />

nächstes im Dezember<br />

in Cancún (Mexiko)<br />

werde nicht die wahre<br />

Wurzel des Problems<br />

angegangen.<br />

Die alles andere<br />

als nachhaltig strukturierten<br />

Konsum- und<br />

Produktionszyklen<br />

der entwickelten Länder<br />

und das derzeitige,<br />

alles in Geldwert ausdrückende,<br />

monetäre<br />

System, das diese<br />

begünstigt, wurden<br />

als eine der Hauptursachen<br />

des Klimawandels<br />

ausgemacht. In<br />

dem Abkommen von<br />

Cochabamba heißt<br />

es: „<strong>Der</strong> Kapitalismus<br />

braucht eine leistungsfähigeMilitärindustrie<br />

für seinen Akkumulationsprozess<br />

und die Kontrolle von Territorien und<br />

Naturressourcen, um den Widerstand<br />

der Völker zu unterdrücken. Es handelt<br />

sich um ein imperialistisches System<br />

der Kolonisierung des Planeten. Die<br />

Menschheit befi ndet sich vor einer<br />

großen Entscheidungsfrage: die Wege<br />

des Kapitalismus, der Plünderung und<br />

des Todes fortzusetzen oder den Weg der<br />

Harmonie mit der Natur und der Achtung<br />

vor dem Leben einzuschlagen.“<br />

Vorschläge für richtige Lösungswege<br />

fi nden sich auch in diesem Abkommen:<br />

So werden die Einrichtung eines<br />

Weltklimafonds, in den die entwickelten<br />

Staaten einzuzahlen haben, sowie die<br />

Schaffung eines internationalen Klimaund<br />

Umweltgerichtshofes gefordert.<br />

Nach wie vor stehen sich zwei<br />

Tendenzen gegenüber: die eine naturverbunden<br />

- die andere materialistisch.<br />

Für ein Zusammenfi nden der beiden<br />

Fronten der Klimaverhandlungen muss<br />

die Vormachtstellung der industriell<br />

und militärisch entwickelten Länder<br />

aufgegeben und ein Dialog gefunden<br />

werden. Ob es zu diesem kommt, bleibt<br />

allerdings fraglich. Um Aufnahme des<br />

„Abkommens der Völker“ in die Basistexte<br />

für die nächste UN-Klimakonferenz<br />

wird weiterhin verhandelt.<br />

Nicolaus J. Yuan<br />

Foto: The City Project-www.fl ickr.com<br />

pwccc.wordpress.com/support<br />

www.yesmagazine.org/blogs/a-peoples-climate-summit<br />

www.cityprojectca.org<br />

www.etcgroup.org

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