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Der Rabe Ralf - GRÜNE LIGA Berlin eV

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Das von den Vereinten Nationen<br />

ausgerufene internationale<br />

Jahr der biologischen Vielfalt<br />

war gerade drei Monate jung, als der<br />

Flugzeugbauer Airbus bekannt gab, die<br />

weltweite Kampagne zum Schutz von<br />

Tier- und Pfl anzenarten als sogenannter<br />

Botschafter zu unterstützen. Ein Airbus<br />

A 380 aus der Flotte des größten europäischen<br />

Flugzeugherstellers EADS<br />

schmückt sich ab sofort mit dem Logo<br />

des internationalen Jahres der biologischen<br />

Vielfalt und soll so auf das<br />

Problem des weltweiten Verlusts der<br />

Artenvielfalt aufmerksam machen.<br />

Auf seinem Weg um den Globus<br />

stößt der Jumbo-Jet jedoch jede Menge<br />

klimaschädliche Gase aus, beeinträchtigt<br />

die Luftqualität und verursacht<br />

großen Lärm. Für Start und Landung<br />

der Riesenfl ieger müssen einige Flughäfen<br />

sogar ihre Kapazitäten erweitern.<br />

In Frankfurt am Main beispielsweise<br />

wurden an den Flughafen angrenzende<br />

Waldstücke gerodet, um eine neue Wartungswerft,<br />

die auf die Maße des A 380<br />

zugeschnitten ist, bauen zu können.<br />

MEINUNG<br />

Airbus wäscht sich grün<br />

In besonderem Widerspruch zu<br />

den Zielen der UN-Kampagne steht<br />

das Vorgehen des Flugzeugbauers in<br />

Hamburg. Dort genehmigte die Stadt<br />

den Bau einer Airbus-Werft in das durch<br />

die EU-Vogelschutzrichtlinie geschützte<br />

Süßwasserwatt Mühlenberger Loch.<br />

170 Hektar Rückzugsraum für Löffel-<br />

und Krickenten sowie Zander, Aale<br />

und Stinte gingen verloren. Sieht so der<br />

Schutz der Artenvielfalt aus?<br />

Zwar betont Airbus, der Zunahme<br />

des Luftverkehrs mit einer Reduktion<br />

der Schadstoffemissionen entschlossen<br />

begegnen zu wollen. Dennoch ist das<br />

Flugzeug noch immer das umweltschädlichste<br />

Fortbewegungsmittel:<br />

Die Mengen an ausgestoßenen Schadstoffen<br />

liegen um ein Vielfaches höher<br />

als bei Bahn oder Pkw. Da während<br />

des Fliegens neben dem Klimakiller<br />

Kohlendioxid auch noch Stickoxide,<br />

Wasserdampf und weitere Stoffe frei<br />

werden und auf Flughöhe eine weitaus<br />

schädlichere Wirkung entfalten als am<br />

Boden, rechnet man damit, dass der<br />

Flugverkehr einen Anteil von drei bis<br />

August / September 2010<br />

Europäischer Flugzeughersteller wird Botschafter des internationalen Jahres der Biodiversität<br />

Plötzlich ist „Wildnis“ wieder im<br />

Gespräch, aber was damit gemeint<br />

ist, weiß niemand so ganz genau. Vor<br />

drei Jahren gab es einen Beschluss der<br />

Bundesregierung, dass bis 2020 zwei<br />

Prozent des Bundesgebietes in Wildnis<br />

umgewandelt werden sollten. Seitdem<br />

hat man wenig darüber gehört und geschehen<br />

ist auch nicht viel. Aber jetzt<br />

hat Brandenburg das Zwei-Prozent-Ziel<br />

aufgegriffen und will 60.000 Hektar<br />

der Landesfl äche verwildern lassen. Im<br />

Mai fand in Potsdam eine Wildniskonferenz<br />

statt, auf der Umweltministerin<br />

Anita Tack diese Pläne verkündete.<br />

Die Teilnehmer verabschiedeten eine<br />

Resolution, in der Wildnis defi niert wird<br />

als „große, weitgehend unzerschnittene<br />

Gebiete... frei von menschlicher Einfl<br />

ussnahme.“<br />

Mit dem ursprünglichen Wildnisbegriff<br />

hat das wenig zu tun. Er bezeichnet<br />

Gebiete, die über lange Zeiträume ihren<br />

ursprünglichen Charakter bewahrt haben,<br />

weil sie unentdeckt oder schwer<br />

zugänglich waren oder den Menschen<br />

wenig Nutzen versprachen. Man spricht<br />

auch von „primärer Wildnis“. In Europa<br />

gibt es nur noch Reste davon in Hochgebirgsregionen.<br />

Viele Fragen<br />

Umweltverbände unterstützen die<br />

Pläne, große Flächen für die Natur<br />

freizuhalten. Aber kann man Wildnis<br />

künstlich herstellen? Wenn überhaupt,<br />

wäre das eine Aufgabe für Genera-<br />

acht Prozent am gesamten Treibhauseffekt<br />

hat.<br />

Laut Airbus ist der A 380 eines<br />

der effi zientesten Flugzeuge, die je<br />

konzipiert worden sind. <strong>Der</strong> Treibstoffverbrauch<br />

soll bei durchschnittlich<br />

drei Litern pro Passagier und 100<br />

Kilometer liegen, was einem Ausstoß<br />

von 75 Gramm CO2 entspricht. Doch<br />

der mögliche Effi zienzgewinn kann<br />

durch den sogenannten Reboundeffekt<br />

leicht wieder zunichte gemacht werden:<br />

Wächst der Flugverkehr schneller<br />

an, als Emissionen reduziert werden<br />

können, nimmt der absolute Ausstoß<br />

an klimaschädlichen Gasen trotzdem<br />

zu. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen<br />

der Atmosphäre und der<br />

Klimawandel gehören zu den Ursachen<br />

für das Artensterben.<br />

Doch damit nicht genug: In Zukunft<br />

will der Flugzeugbauer auch<br />

auf Biotreibstoffe setzen. Dadurch<br />

soll der Flugverkehr wachsen können,<br />

ohne dass die CO2-Emissionen ansteigen.<br />

Doch Airbus und Co. sind nicht<br />

die ersten, die auf Biomasse setzen,<br />

Wild, wilder, Wildnis?<br />

Bis 2020 sollen zwei Prozent des Bundesgebietes in Wildnis umgewandelt werden<br />

tionen. Und nimmt die Artenvielfalt<br />

wirklich zu, wenn man die Gebiete<br />

ganz sich selbst überlässt? Wenn zum<br />

Beispiel eine offene Heide- oder Wiesenlandschaft<br />

nicht mehr beweidet<br />

wird, entsteht daraus an den meisten<br />

Standorten irgendwann Wald und der<br />

wird wahrscheinlich ärmer an Arten<br />

sein als vor Beginn der „Verwilderung“.<br />

Die Sielmann-Stiftung hat in der Döberitzer<br />

Heide erfolgreich Wasserbüffel,<br />

Rotwild und Wildpferde angesiedelt,<br />

um eine solche Entwicklung zu verhindern.<br />

Aber sie spricht auch nur von<br />

„wildnisähnlichen“ Zuständen.<br />

Gibt es bei uns überhaupt noch Gebiete,<br />

die von menschlichen Einfl üssen<br />

völlig freigehalten werden können? Die<br />

Überdüngung der gesamten Kulturlandschaft<br />

lässt sich nicht rückgängig machen,<br />

und sie geht weiter durch Abgase<br />

aus Verkehr und Industrie.<br />

Widerstände überall<br />

Zwar ist Brandenburg in seinen<br />

Randbereichen dünn besiedelt. Viele<br />

Menschen, vor allem die Jüngeren, sind<br />

abgewandert. 2007 hatte das <strong>Berlin</strong>-Institut<br />

in einem Gutachten Wegzugsprämien<br />

für die verbliebenen Bewohner<br />

vorgeschlagen, um Platz für Naturreservate<br />

zu schaffen. Die Idee ist heute zu<br />

Recht vergessen. Jetzt denkt man wieder<br />

an ehemalige Truppenübungsplätze und<br />

Tagebaufolgelandschaften. Aber da ist<br />

die Konkurrenz groß. Platz für Solar-<br />

und Windkraftanlagen wird gesucht und<br />

zunehmend auch für Biomasse-Plantagen,<br />

wie Vattenfall sie plant.<br />

Draußen bleiben...?<br />

Werden Totalreservate von den<br />

Menschen akzeptiert? <strong>Der</strong> Streit um die<br />

Kernzone des Nationalparks Unteres<br />

Odertal zeigt, wie emotional belastet<br />

solche Pläne sind. Gedacht ist jetzt zum<br />

Beispiel an das ehemalige Bombodrom,<br />

die Kyritz-Ruppiner Heide. Aber wollen<br />

die Menschen, die jahrelang gegen<br />

die militärische Nutzung gekämpft<br />

haben, sich nun aussperren lassen? Ist<br />

es möglich, durch Wanderwege, Aussichtspunkte<br />

und Führungen begrenzt<br />

Tourismus zuzulassen? Mit „Wildnis“<br />

assoziiert man eigentlich „Abenteuer“.<br />

Davon ist man hier weit entfernt.<br />

<strong>Der</strong> Begriff ist verfehlt, nicht aber die<br />

19<br />

und spätestens seit die Nachfrage für<br />

Biokraftstoffe in den letzten Jahren<br />

weltweit gestiegen ist, sind zahlreiche<br />

Schattenseiten der Produktion sichtbar<br />

geworden. Dazu gehören die Zerstörung<br />

von Regenwald, um schnellwachsende<br />

Energiepfl anzen anzubauen und die<br />

Verknappung von Anbaufl ächen für<br />

Nahrungsmittel. Steigende Preise für<br />

Grundnahrungsmittel aufgrund der<br />

Nachfrage nach Biokraftstoffen haben<br />

für viele Menschen in anderen Regionen<br />

der Welt verheerende Folgen.<br />

Noch bis Ende 2010 wird der A 380<br />

das Logo des internationalen Jahres der<br />

biologischen Vielfalt tragen und auf seinem<br />

Weg von Sydney nach Los Angeles<br />

und von Frankfurt nach Singapur über<br />

einzigartige Regenwälder, Korallenriffe<br />

und Steppenlandschaften fl iegen, in<br />

denen laut dem Umweltprogramm der<br />

UN pro Tag zwischen 3 und 30 Arten<br />

lautlos von der Erde verschwinden.<br />

Annkathrin Tempel<br />

Sache. Es ist richtig und notwendig,<br />

große Schutzgebiete zu schaffen und zu<br />

vernetzen, damit sich Natur frei und ungestört<br />

entwickeln kann. Wie das geht,<br />

zeigt die Auenlandschaft im Unteren<br />

Odertal, wo sich - auch ohne Totalreservat<br />

- viele selten gewordene Tier- und<br />

Pfl anzenarten angesiedelt haben. Aber<br />

ein Zurück zu den Verhältnissen, wie<br />

sie vor Industrialisierung und moderner<br />

Landwirtschaft bestanden, wird es nicht<br />

geben, Wildnis bleibt eine Illusion.<br />

Marianne Weno<br />

Die Autorin greift monatlich aktuelle<br />

Entwicklungen im Umwelt- und Naturschutz<br />

auf und kommentiert sie auf<br />

www.stiftung-naturschutz.de<br />

An zei ge

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