Der Rabe Ralf - GRÜNE LIGA Berlin eV
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wenig leid tun kann, ist der eben schon<br />
erwähnte Tony Hayward. Diesem nämlich<br />
vergeht gerade in letzter Zeit sein<br />
verschmitztes Lausbubenlächeln, wenn<br />
er zum tausendsten Mal vor eine x-beliebige<br />
Kamera treten, sich den immer<br />
gleichen Fragen stellen und für alles<br />
Schlechte dieser Welt eine<br />
gehörige Tracht Prügel einstecken<br />
muss: Ewige Standpauken<br />
von US-Präsident<br />
Obama und bitterböse Worte<br />
vom britischen Premierminister<br />
Cameron. Besonders<br />
der US-Präsident wird nicht<br />
müde zu betonen, dass er BP<br />
für alle angerichteten Schäden<br />
zur Verantwortung ziehen<br />
und nicht eher ruhen werde,<br />
bis alle Schuld getilgt sei.<br />
Verständlich also, dass BP<br />
jüngst den Rücktritt seines<br />
gebeutelten Vorstandschefs<br />
zum 1. Oktober erklärte.<br />
Nachfolger wird der bereits<br />
für die Aufarbeitung<br />
der Ölpest zuständige Robert<br />
Dudley. <strong>Der</strong> gebürtige Amerikaner<br />
soll nun alles richten.<br />
Er soll den Ruf des Konzerns<br />
wieder herstellen, das verpatzte<br />
Krisenmanagement in<br />
ein kompetentes wandeln und<br />
vor allem das Unternehmen<br />
aus den roten Zahlen herausreißen.<br />
Na, wenn’s weiter<br />
nichts ist.<br />
Auch keine leichten Jobs haben<br />
die vielen tausend freiwilligen und<br />
bezahlten Helfer. Mit Schippe und<br />
Eimer versuchen sie das Öl von der<br />
Küste abzuwehren, um zumindest die<br />
größten ökologischen Schäden in der<br />
Region zu verhindern.<br />
Zeitgleich versuchen Tierschützer<br />
so gut es geht die vielen bereits mit<br />
Öl verklebten Vögel zu säubern. Viele<br />
der Tiere verenden trotzdem qualvoll.<br />
Besonders bedroht ist das Naturschutzgebiet<br />
des Mississippi-Delta.<br />
Im Delta leben auf 30.000 Quadratkilometern<br />
unzählige Tier- und<br />
Pflanzenarten. Christian Bussau,<br />
Meeresbiologe von Greenpeace, prognostiziert<br />
ein ökologisches Desaster,<br />
sollte der Ölteppich tatsächlich bis ins<br />
Delta eindringen. Im Delta seien „so<br />
komplizierte Ökosysteme. Da stehen<br />
Wälder im Wasser, mit Schlangen, mit<br />
Krokodilen. Diese Tiere werden sich<br />
dann in dieser Rohölpampe verkleben<br />
und jämmerlich zu Grunde gehen.“<br />
Am meisten Sorgen mache er sich<br />
um die Mangrovenwälder, Sumpfl andschaften<br />
und Feuchtwiesen. Im Falle<br />
einer Verpestung durch das Öl sei dort<br />
mit Räumgeräten und Menschen nichts<br />
zu machen. Die Mangroven würden<br />
zwangsläufi g sterben und die Tiere,<br />
deren Lebensraum die Mangroven<br />
bilden, mit ihnen.<br />
Die langfristigen ökologischen<br />
Schäden der Katastrophe sind kaum<br />
absehbar. Tote Fische und mit Öl verklebte<br />
Vögel sind hierbei nur bekannte,<br />
weil sichtbare Opfer.<br />
Wie empfi ndlich die ökologischen<br />
Systeme an Land und im Wasser reagieren<br />
werden, bleibt abzuwarten. Sicher<br />
ist nur, dass es Jahre oder Jahrzehnte<br />
dauern wird, bis sich die Natur von<br />
dieser Katastrophe wieder erholt hat.<br />
Aber nicht nur Tier- und Pfl anzenwelt<br />
INTERNATIONAL<br />
Die gesunkene Ölplattform nach dem vergeblichen Löschversuch<br />
sind derzeit akut bedroht. Die Bewohner<br />
der Küstenregionen am Golf waren<br />
mit die ersten, welche die Folgen des<br />
Unglücks zu spüren bekamen.<br />
Schließlich sind die wirtschaftlichen<br />
Schwerpunkte in der US-Golfregion<br />
Tourismus und Fischerei. Seitdem<br />
die Bundesbehörden ein allgemeines<br />
unbefristetes Fangverbot verhängt haben,<br />
sind tausende Menschen mit einem<br />
Schlag arbeits- und somit erwerbslos<br />
geworden.<br />
Wenn die Fischer nicht mehr<br />
fischen, haben Fischhändler keine<br />
Ware und Restaurants werden nicht<br />
mehr beliefert. Für alles und jeden<br />
ist das Meer direkt oder indirekt die<br />
wichtigste Lebensgrundlage. Aber<br />
nicht nur der Fisch, auch die Touristen<br />
bleiben aus. Wer verbringt schon gern<br />
seinen wohlverdienten Urlaub in einer<br />
Krisenregion?<br />
Momentan stehen unzählige Existenzen<br />
auf dem Spiel, was die Krise im<br />
Golf weiter anheizt.<br />
Wo gehobelt wird…<br />
Katastrophen, wie auf der „Deepwater<br />
Horizon“ haben seit Beginn der<br />
Ölförderung und dem Öltransport Tradition.<br />
Wo gehobelt wird, läuft Öl aus.<br />
Havarien von Tankern und Unfälle auf<br />
Plattformen sind dabei die häufi gsten<br />
Unglücksfälle. In den letzten 100 Jahren<br />
gab es knapp 80 große Ölunglücke, und<br />
man kann mit einiger Sicherheit davon<br />
ausgehen, dass diese traurige Chronik<br />
solange fortgeführt werden muss, bis die<br />
Ölreserven der Erde erschöpft sind. Dass<br />
diese nicht unerschöpfl ich sind, zeigt<br />
sich auch deutlich in der Tatsache, dass<br />
Mineralölriesen wie BP immer mehr<br />
in die Tiefsee drängen, wo im Gegensatz<br />
zu den stetig knapper werdenden<br />
Feldern an Land immer noch immense<br />
Foto: Sky Truth-www.fl ickr.com<br />
Vorkommen vermutet werden.<br />
Bemerkenswert ist auch die Tatsache,<br />
dass man unter dem wachsamen<br />
Auge der öffentlichen Fassungslosigkeit<br />
und Entrüstung bemüht ist, BP<br />
zum einsamen Prügelknaben einer<br />
dreckigen und gefährlichen Industrie<br />
zu stigmatisieren.<br />
Nach der Katastrophe im Golf von<br />
Mexiko gab es nämlich bereits drei weitere<br />
größere Ölunfälle, von denen man<br />
in den großen Medien nicht wirklich<br />
etwas zu sehen bekam.<br />
Im Mai kam es in der Straße von<br />
Singapur zu einer Tankerkollision mit<br />
einem Massengutfrachter, bei der 2.500<br />
Tonnen Rohöl ins Meer gelangten.<br />
Im selben Monat trat aus dem<br />
Leck einer Erdöl-Pipeline im Nigerdelta<br />
(Westafrika) sieben Tage lang<br />
Öl aus. Offi ziellen Schätzungen zur<br />
Folge waren dies 27.000 bis 95.500<br />
Tonnen Rohöl. Im Juli kam es in der<br />
nordchinesischen Hafenstadt Dalian zu<br />
einer Pipelineexplosion, bei der 1.500<br />
Tonnen Rohöl austraten. Diese verursachten<br />
einen 430 Quadratkilometer<br />
großen Ölteppich. Im Vergleich zur<br />
Katastrophe im Golf sind diese Vorfälle<br />
natürlich eher winzige, zeigen aber<br />
doch, wie unkalkulierbar die Risiken<br />
der Ölförderung und des Transports im<br />
Grunde sind.<br />
Von fossilen Energieträgern,<br />
hin zu erneuerbaren<br />
Ist also das Geschäft um Tiefseebohrungen<br />
nach Öl und Gas nicht tatsächlich<br />
August / September 2010<br />
9<br />
ein zu riskantes, beinahe verbrecherisches<br />
und daher zu verbieten? Oder<br />
anders gefragt: Ist diese größte Ölpest<br />
seit der am Persischen Golf 1991 nicht<br />
Anlass genug, um einen gesellschaftsübergreifenden<br />
Dialog zum Thema<br />
Energiewende anzustoßen?<br />
US-Präsident Barack Obama<br />
fordert derzeit einen<br />
Kurswechsel in der Energiepolitik<br />
der USA als direkte<br />
Reaktion auf die Ölpest im<br />
Golf von Mexiko. “Unsere<br />
Abhängigkeit von ausländischem<br />
Öl gefährdet unsere<br />
Sicherheit und Ökonomie.<br />
<strong>Der</strong> Klimawandel stellt eine<br />
Bedrohung unserer Lebensweise<br />
dar. Und die Ölpest<br />
im Golf unterstreicht noch<br />
einmal, wie notwendig es ist,<br />
alternative Energiequellen zu<br />
fi nden”, so der US-Präsident.<br />
Ob und inwieweit diese erste<br />
Anregung weiter gedacht und<br />
verfolgt werden wird, ist noch<br />
unklar. Und in Deutschland?<br />
Braucht Deutschland auch<br />
erst mal eine richtig zünftige<br />
Ölpest in Nord- oder Ostsee,<br />
um mal darüber nachzudenken,<br />
eventuell, möglicher<br />
Weise, vielleicht eine Energiewende<br />
hin zu erneuerbaren<br />
Energien (Wind, Sonne,<br />
Wasser, Biogas) ins Auge zu<br />
fassen? Man könnte ja zur Abwechslung<br />
mal mit positivem Beispiel<br />
vorangehen.<br />
Wir bilanzieren: Seit Beginn der<br />
Katastrophe sind nach Schätzungen der<br />
US-Regierung bis zu 700.000 Tonnen<br />
Rohöl in den Golf von Mexiko geströmt.<br />
Mindestens 270 Kilometer Küste und 13<br />
Hektar im Mississippi-Delta sind bereits<br />
verschmutzt. Viele Tiere sind schon in<br />
Folge der Ölpest qualvoll verendet.<br />
Bewohner der Region stehen vor dem<br />
wirtschaftlichen Ruin und bangen um<br />
ihre Existenz.<br />
Martin Sprenger<br />
www.greenpeace.de<br />
www.tagesschau.de/ausland<br />
An zei ge