Die neue Jagd nach Ressourcen: Wie die EU-Handels- und - Oxfam
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3.4 <strong>Die</strong> Entwicklung des Rohstoffsektors wird eingeschränkt<br />
Entwicklungsländer können oft nur eingeschränkt investitionspolitische Maßnahmen nutzen, <strong>die</strong><br />
in der Vergangenheit von anderen erfolgreich angewendet wurden. Das bestehende WTO-Investitionsschutzabkommen<br />
TRIMS (Agreement on Trade Related Investment Measures) untersagt etwa<br />
local-content-Strategien, bei der Regierungen Unternehmen vorschreiben, lokale Produkte zu kaufen<br />
bzw. zu nutzen. <strong>Die</strong> Ziele der <strong>EU</strong> bei Freihandelsabkommen gehen jedoch weit darüber hinaus<br />
<strong>und</strong> schränken Entwicklungsländer in ihren Entwicklungschancen ein. <strong>Die</strong>s gilt vor allem für den<br />
Rohstoffsektor, von dem viele Entwicklungsländer finanziell abhängen <strong>und</strong> bei dem Strategien zur<br />
wirtschaftlichen Diversifizierung <strong>und</strong> zur Steigerung der Weiterverarbeitung vor Ort ansetzen müs-<br />
sen. Und hier gibt es Gr<strong>und</strong> zur Sorge:<br />
Investitionsliberalisierungen in Sektoren wie Forst- oder Landwirtschaft, <strong>die</strong> in dem EPA<br />
mit CARIFORUM explizit ausgewiesen werden, könnten ausländischen Investoren mehr<br />
Rechte zugestehen <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> Abholzungsquoten erhöhen sowie Landwirtschaft <strong>und</strong><br />
Nahrungsmittelsicherheit erheblich beeinträchtigen.<br />
Europäische <strong>und</strong> asiatische Investoren in Agrarkraftstoffen sichern sich heute große Gebiete in Ost- <strong>und</strong><br />
Westafrika, untergraben damit teilweise <strong>die</strong> Möglichkeiten zur lokalen Nahrungsmittelproduktion <strong>und</strong><br />
vertreiben dort ansässige Menschen. 151 Unternehmen der <strong>EU</strong> haben sich bereits mindestens fünf Millionen<br />
Hektar Land in Entwicklungsländern für <strong>die</strong> Produktion industrieller Agrarkraftstoffe gesichert –<br />
eine Fläche größer als Dänemark. 152 Sollten <strong>die</strong>se Pachtverträge durch Investitionsregeln in Freihandelsabkommen<br />
noch gestärkt werden, würde <strong>die</strong> Handlungsfähigkeit der Regierungen untergraben,<br />
<strong>die</strong>se Investitionen zu regulieren oder sie zukünftig rückgängig zu machen. Schwerwiegende Bedenken<br />
bestehen ferner auch hinsichtlich des Freihandelsabkommens zwischen der <strong>EU</strong> <strong>und</strong> In<strong>die</strong>n. Wenn <strong>EU</strong>-<br />
Investoren unbeschränkten Zugang zu indischem Boden erlangen sollten, könnte es zu gr<strong>und</strong>legenden<br />
Veränderung bei der Landnutzung kommen, wobei Plantagen in Gr<strong>und</strong>besitz übergehen <strong>und</strong> Land, auf<br />
dem bisher Subsistenzwirtschaft betrieben wird, in landwirtschaftliche Unternehmen überführt wird. 153<br />
<strong>Die</strong> Möglichkeit, Bodenreformen durchzuführen, könnte für Regierungen eingeschränkt<br />
werden.<br />
Landreformen, <strong>die</strong> Boden an besitzlose oder nahezu besitzlose Menschen umverteilen, können bei<br />
der Reduzierung von Armut eine Schlüsselrolle spielen. Auf den Philippinen standen jedoch eine<br />
Reihe prominenter Geschäfte mit Boden in krassem Gegensatz zu den seit Jahren bestehenden<br />
Forderungen <strong>nach</strong> einer Agrarreform <strong>und</strong> Landneuverteilung. Ein ins Parlament eingebrachter Gesetzesentwurf<br />
für eine Bodenreform beunruhigte saudische Investoren, <strong>die</strong> tausende Hektar Land<br />
erwerben wollten. Berichten zufolge drängte <strong>die</strong> <strong>EU</strong> <strong>die</strong> philippinische Regierung mit Verweis auf<br />
WTO-Bestimmungen dazu, ihr Verbot von Landbesitz für ausländische Investoren aufzuheben. 154 In<br />
Paraguay, wo viele landlose, arme Menschen in ländlichen Gebieten leben, ermöglichten kürzlich<br />
durchgeführte Bodenreformen einer Gruppe von Indigenen – dem Volk der Sawhoyamaxa in der<br />
Provinz Chaco – den Zugang zu Land <strong>und</strong> sicherten <strong>die</strong> Zwangsenteignungen durch Entschädigung<br />
der Eigentümer ab. Im Falle deutscher Landbesitzer war <strong>die</strong>se Enteignung bisher jedoch nicht durchsetzbar.<br />
<strong>Die</strong> deutsche Regierung warnte Paraguay davor, dass ein solches Vorgehen gegen das bilaterale<br />
Investitionsschutzabkommen zwischen den beiden Ländern verstoße. Seitdem setzen <strong>die</strong> Regierung<br />
<strong>und</strong> das Parlament Paraguays <strong>die</strong>se Enteignungen nicht um, aus Angst davor, von Deutschland<br />
vor ein internationales Schiedsgericht gezerrt zu werden. 155<br />
<strong>Die</strong> Investitionspolitik der <strong>EU</strong> könnte Regierungen entmutigen, Umweltbestimmungen zu<br />
erlassen, <strong>die</strong> negative Folgen des Abbaus natürlicher <strong>Ressourcen</strong> minimieren könnten.<br />
Mehrere aktuelle Fälle zeigen, dass Unternehmen vor Schiedsgerichte ziehen, um <strong>die</strong> Umwelt bestimmungen<br />
einer Regierung anzufechten. Im April 2009 etwa brachte der schwedische Energieversorger<br />
Vattenfall <strong>die</strong> deutsche Regierung vor das Schiedsgericht des ICSID. Der Fall drehte sich<br />
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