6DISKUSSIONFoto: StopckphotoKonflikte im Kontext SchuleFür ein konstruktives Miteinander unter den Schulpartnern (Teil II)Tatjana Schmid-Schutti„Konflikte sind allgegenwärtige Probleme, die in verschiedenen Disziplinenwie der politischen Philosophie, Soziologie, Psychologie undder Betriebs-und Volkswirtschaft zu unterschiedlichen Fragestellungenthematisiert werden.“ (Astrid Schreyögg: „Konfliktcoaching“ 2011.)(Fortsetzung des Artikels aus dem Rotstift Nr. 106: www.<strong>rotstift</strong>.spoe.at/<strong>file</strong>s_<strong>rotstift</strong>Artikel/archiv/Rotstift106.<strong>pdf</strong>)Achten Sieauf die Konfliktsignale!Klar, Konflikte sind integraler Bestandteiljeglichen Zusammenlebens, daswissen wir, in der Schule treten sie aufgrundder komplexen Organisationsstrukturunter verschiedenen Personenauf:SchülerInnenLehrerInnenLehrerInnenElternDirektorInnenWahrnehmungvon KonfliktsymptomenSchülerInnenLehrerInnenSchülerInnenLehrerInnenLehrerInnenn Widerstand (häufiges Widersprechen,Trotzreaktion, Auflaufen lassen,Querschießen, häufiges Beschweren,Aufbauschen von Differenzen,…)n Flucht (Vermeiden von Kontaktenund Gesprächen, hohe Fehlzeiten, Bitteum Versetzung, Kündigung, Abmelden,…)n Feindseligkeit (verletzende bzw.herabsetzende Bemerkungen, Nicht-Anerkennen guter Leistungen, Herstelleneines gereizten Klimas durch Anheizenvon Gerüchten, Intrigen, Verpfeifen,Denunzieren, Reden über Dritte,…)n Konformität („nach dem Mund reden“,gute Vorschläge zurückhalten, negativeNachrichten unterdrücken, Verbesserungennicht einbringen, …)n Sturheit (starres Festhalten am eigenenStandpunkt, starres Festhalten anbisherigen Vorgehensweisen, pedantischesEinhalten von Vorschriften, …)n Formalität (distanzierte Höflichkeit,Betonen der schriftlichen Kommunikation,Ausarbeiten formaler Regelungenfür alle gemeinsamen Angelegenheiten,…)n Desinteresse (nur das Notwendigstetun, Zuspätkommen, Entscheidungenhinausschieben, Zeichen von Niedergeschlagenheit,…)n Andere Störungen (hohe Beschwerderate,…)Was passiert in Konflikten?„Konflikte beeinträchtigen unsere Wahrnehmungsfähigkeitund unser DenkundVorstellungsleben so sehr“, schreibtder Konfliktforscher Friedrich Glasl,„dass wir im Laufe der Ereignisse dieDinge in uns und um uns herum nichtmehr richtig sehen. Es ist so, als würdesich unser Auge immer mehr trüben(…). Die Sicht auf die Probleme und Geschehnissewerden geschmälert, verzerrtund völlig einseitig wahrgenommen.“Für eine sinnvolle Konfliktdiagnosesoll nachfolgende Abbildung erläutern,um welche Konfliktkategorie essich handelt? Worüber gestritten wird?Was die „Issues“ (Streitpunkte) sind?Was gilt es zu lösen und welche Schrittesind angemessen? Eine gut durchdachteKonfliktbearbeitung sollte unterZuhilfenahme von Experten erfolgen.Innere KonflikteSelbstkritikAmbivalenzkonflikteInnere TeamkonflikteSachkonflikteRechtskonflikteBewertungskonflikteVerteilungskonflikteKonflikteBeziehungskonflikteGrenzkonfliktePersönlicher AngriffVertrauenskriseRollenkonflikteAbb. 1: Friedemann Schulz von ThunKonfliktfähigkeitund KonfliktfestigkeitBedürfniskonflikteInteressenkonflikte„Denn nichts ist schwieriger als den geltenzu lassen, der uns nicht gelten lässt“(Johan Galtung).Konfliktfähigkeit und Konfliktfestigkeit
DISKUSSION 7beginnen mit dem Wissen darüber,welche Mechanismen in Konfliktenwirksam werden. Durch die Kenntnisvon Eskalationsstufen und von Konfliktdynamikenkönnten spezifischeHandlungsschritte gesetzt werden.LehrerInnen sollten über eskalierendeund deeskalierende Maßnahmen Bescheidwissen, sowie darüber, dass mitjeder Eskalationsstufe ganze Kategorienvon Handlungsmöglichkeiten aufgegebenwerden. LehrerInnen solltenauch wissen, dass bloß in den erstendrei Stufen der Eskalation Selbsthilfemöglich ist, was Abbildung 2 verdeutlicht.Konfliktprophylaxe beginntmit einem angemessenenGesprächsverhalten?Der Lehrberuf ist neben dem was wirprofessionell als Wissensvermittler tunauch ein Vertrauensberuf! Eine vertrauensvolleBeziehung entsteht, wennSchülerInnen sich wohl fühlen, wenn sieakzeptiert und ernst genommen werden.Unterricht vollzieht sich im Miteinander-Sprechen,ständig werden Gesprächegeführt, die nicht auf nachrichtentechnischverkürzte Modelle derInformationsübertragung reduziert werdenkönnen. Ganz im Gegenteil, Sprecherund Zuhörer machen etwas zurgemeinsamen Sache. Sie reden miteinanderund gleichzeitig über etwas. Dadurchwird in der Sprechsituation gemeinsamSinn konstituiert. Sehr vieleKonflikte können im Vorfeld durch eineachtsame Gesprächsführung ausgeschaltetwerden (vgl. dazu Ausführungenüber Kommunikation von VirginiaSatir, Friedemann Schulz von Thun,Paul Watzlawick, Marshall Rosenberg,Jürgen Habermas, etc.). Wertschätzungerfahren wir auch in der Qualität des Zuhörens!Die Art, wie wir zwischenmenschlicheKontakte gestalten, bestimmtin hohem Maße das privateGlück und das berufliche Fortkommen.Früher glaubte man an „Naturtalente“,heute weiß man, solche Kompetenzenwerden über Persönlichkeitsentwicklungerworben.Vertrauensvolle Beziehung alsGrundlage effizienter ArbeitWir sind für unsere Beziehungsgestaltungzu unseren SchülerInnen verantwortlich,auchwie wir KollegInnen,SchulleiterInnenundden Eltern begegnen,ist keinerein persönlicheEntscheidung,sondernim beruflichenKontext eineprofessionelle.win/winVerhärtungPolemikMerkmal:noch Glaube an Lösunginterne ModerationGute Beziehungenkönnenallerdingsnur dann geführtwerden,wenn wir lernen,ungebeteneVerhaltensweisenkonstruktivzu kritisieren.UnangenehmeDingedürfen und müssen mitgeteilt werden.Den SchülerInnen, wie auch denEltern und KollegInnen ist die subjektivempfundene „Wahrheit zumutbar“.Dazu eignet sich die Einführung undFörderung einer Feedbackkultur, diebeiden Seiten vertraut sein muss.Feedback-Geben und Feedback-Annehmenmuss gelernt werden.Was brauchen wir für einkonstruktives und friedvollesMiteinander?Taten stattWorteFür ein gutes, qualitätsorientiertes Schulklimabrauchen wir neben der institutionelleingeführten Schülerberatungund der professionellen Begleitung desPsychosozialen Netzwerks des LSR(das noch ausgebaut werden sollte!) eingut abgestimmtes Konflikt Know-how,eine nuancierte - angemessene Streitkulturund Basiskenntnisse in der Kommunikation,sowie Grundkenntnissedes ethischen und moralischen Verhaltens.Zusätzlich sollte Mediation alsaußergerichtliches Streitverfahren Einzugin die Schulen finden. Mediation ist lösungs-und zukunftsorientiert, alle Schulen,die Programme dieser Art laufen haben,berichten von großen Aufwertungenim zwischenmenschlichen Miteinander.Daher benötigen wir einerseitsausgebildete Lehrer als SchulmediatorInnenund andererseits, wie eingangserwähnt, SchülerInnen, die in der Peer-win/loseImages undKoalitionenGesichtsverlustMerkmal: Schuldzuweisungennehmen zu, erste Leugnungder Eigenverantwortungexterne ProzessbegleitungKonfliktmoderationDrohstrategienAbb. 2: Konflikteskalationsmodell nach Friedrich Glasllose/loseMediation tätig sind. Auch Klassenvorständesind Stützen und Schlüsselpersonen– sie fühlen sich häufig als Drehscheibein Konflikten – daher könntenauch sie in Konfliktmanagementseminarenhilfreiche Kenntnisse erwerben.Literatur: Astrid Schreyögg: „Konfliktcoaching“,Frankfurt/Main 2011. Friedemann Schulz von Thun:„Schwierige Gespräche führen“, Reinbek bei Hamburg2007. Maria Pabst Weinschenk: „Und wo ist Ihrblinder Fleck“. S. 16-20. In: Ethik & Unterricht 4/11.Friedrich Glasl: „Selbsthilfe in Konflikten“, Stuttgart2009. Institut für Friedenspädagogik: Streit & Kultur,Tübingen 2009.zur autorinFoto: Privat> Lehramt in Deutsch, Ethik, BSP> Stammschule: Borg Linz> Eingetragene Mediatorin nachZiv.MedGesetz, Supervisorinwww.konfliktlotse.at> Initiatorin des Lehrgangs „Ausbildungzum Coach für Peer-Mediation“„Konfliktmanagement fürKlassenvorstände“, PH OÖ.schmid-schutti@aon.atMerkmal: dem anderenSchaden zuzufügen ist wichtigerals der eigene NutzenbegrenzteVernichtungsschlägeSchlichtung, MachteinsatzZersplitterungdes FeindesGemeinsamin den AbgrundTATJANASCHMID-SCHUTTIMAG.