Ihr Prim. Dr. Georg Pinter & Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf ... - Arzt + Kind
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konvulsiva und Antidepressiva ansprechen.<br />
In dieser Indikation liegt die „Number of patients<br />
to treat“ für Oxycodon bei 2,6 – ein sehr<br />
gutes Verhältnis, das eigentlich günstiger ist<br />
als jenes von Carbamazepin.<br />
Prometus: Welche Dosierungsempfehlungen<br />
sprechen Sie bei Erwachsenen und Jugendlichen<br />
bzw. älteren Patienten aus und was ist<br />
bei einer Umstellung vom Originalpräparat<br />
auf ein Oxycodon-Generikum zu beachten?<br />
W. Ilias: Im Bereich der Opioidrezeptoren<br />
liegt eine gewisse Varianz in der Empfindlichkeit<br />
der Rezeptoren gegen exogene Opioide<br />
vor, sodass man die Dosierung nicht einfach<br />
über den Daumen einschätzen kann. Bei<br />
opioidnaiven Patienten sollte keinesfalls mit<br />
einer höheren Dosis als 2x10mg begonnen<br />
werden, eine Dosissteigerung ist bei Bedarf<br />
jederzeit möglich.<br />
Insbesondere bei älteren Patienten die mit<br />
dem ersten auf dem Markt gekommenen<br />
Präparat behandelt wurden, das eine Zweischicht-Galenik<br />
hatte – d.h. ein <strong>Dr</strong>ittel der<br />
Substanz wurde aus der ersten Schicht in kurzer<br />
Zeit freigesetzt und zwei <strong>Dr</strong>ittel wurden<br />
über 12 Stunden freigesetzt – traten Probleme<br />
auf, da die sofort freigesetzte Dosis für<br />
manche Patienten zu viel war und prolongierte<br />
Zustände der Desorientierung induzierte.<br />
Die neueren Präparate haben keine<br />
Zweischicht-Galenik mehr, was aber nun<br />
den Nachteil mit sich bringt, dass sich die<br />
Anschlagzeit verlängert. Von Vorteil ist, dass<br />
es zu keiner überschießenden Blutspiegelbildung<br />
kommt und damit die, gerade für ältere<br />
Patienten, unangenehme Nebenwirkung der<br />
Desorientierung wegfällt.<br />
Die Galenik spielt also eine ganz wichtige<br />
Rolle in der Verfügbarkeit von Medikamenten.<br />
Die Wirkstoffe in Generika und Originalpräparaten<br />
sind quasi ident, zu bedenken<br />
ist aber, dass die Freisetzungsgeschwindigkeiten<br />
aus dem jeweiligen galenischen Substrat<br />
unterschiedlich sein können. Wir müssen<br />
zudem berücksichtigen, dass es bei der<br />
Herstellung der Präparate eventuell zu Wirkstoff-Konglomeraten<br />
kommt, die wesentliche<br />
Unterschiede in der Anflutungszeit verursachen<br />
können. Je mehr die Trennung in<br />
einzelne Moleküle in einer Trägersubstanz<br />
gelingt, desto gleichmäßiger wird bspw. die<br />
Freisetzung erfolgen.<br />
Es ist demnach schwer vorhersagbar wie ein<br />
Patient auf die Umstellung auf ein anderes<br />
Medikament reagieren wird. Hinzu kommt,<br />
und das darf nicht unterschätzt werden, dass<br />
der Patient an sein Medikament gewöhnt<br />
ist. Alleine die Tatsache, dass es eine andere<br />
Farbe, eine andere Form oder eine andere<br />
Packungsgröße hat, kann verunsichern.<br />
Zudem meint der Volksmund, dass etwas<br />
preislich Billigeres nicht gleich gut wirksam<br />
sein kann, wie etwas Teureres. Der folgliche<br />
Placebo- oder Nocebo-Effekt kann sich<br />
beträchtlich auf die Wirksamkeit eines Medikamentes<br />
– deren Intensität kann bis zu 30%<br />
nach oben bzw. unten abweichen – und<br />
damit auch auf das individuelle Wohlbefinden<br />
des Patienten auswirken.<br />
Mit einem aufklärenden Gespräch kann hier<br />
sehr viel erreicht werden. Der <strong>Arzt</strong> muss dem<br />
Patienten mitteilen, dass es mit der Neueinnahme<br />
bzw. Neuverordnung von Medikamenten<br />
zu einer Beeinträchtigung der<br />
Wirksamkeit bzw. auch zum Auftreten von<br />
Nebenwirkungen kommen kann. Umgekehrt<br />
ist der Patient seinerseits verpflichtet, sich<br />
regelmäßig mit dem primärverordnenden<br />
Schmerztherapeuten in Verbindung zu setzen.<br />
Das gilt insbesondere dann, wenn ein<br />
anderer <strong>Arzt</strong> ein anderes Medikament verschreibt,<br />
z.B. auf Grund der Herzkreislaufsituation,<br />
von Bluthochdruck oder Rhythmusstörung,<br />
um eruieren zu können, ob es sich mit<br />
dem jeweiligen Regime verträgt.<br />
Prometus: Welche Voraussetzungen gelten<br />
für die Langzeitanwendung von Opioiden?<br />
W. Ilias: Eine subtile Überwachung des Patienten<br />
ist unumgänglich. Sind Opioidrezepte,<br />
also spezielle Suchtgiftrezepte auszustellen,<br />
sollte man nicht auf Dauerrezepte übergehen,<br />
denn dadurch verliert der <strong>Arzt</strong> die Kontrolle<br />
über den Patienten. Der direkte Kontakt<br />
und das Gespräch ist wichtig, da der<br />
Behandler daraus ableiten kann, in welcher<br />
Situation sich der Patient befindet: ob sich am<br />
Schmerzzustand oder dem sozialem Umfeld,<br />
ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden<br />
und der Lebenssicherheit, etwas geändert<br />
hat. Mit diesen Informationen können<br />
bei Bedarf Änderungen des Therapieregimes<br />
vorgenommen werden.<br />
Unter den verschiedenen Mechanismen die<br />
es zu berücksichtigen gilt, erfordern die Langzeitnebenwirkungen<br />
besonderer Aufmerksamkeit.<br />
Unter einer Opioidtherapie kommt es<br />
immer zur Obstipation, es kann zu Harn- bzw.<br />
Blasenentleerungsstörungen und bisweilen<br />
zu Übelkeit kommen. Letztere verschwindet<br />
bei manchen Patienten nach einem gewissen<br />
Gewöhnungseffekt. Ein weiterer Mechanismus<br />
betrifft die Metabolisierung des Opioids:<br />
andere Medikamente können unter Umstän-<br />
<strong>Arzt</strong> Patient<br />
den in diesen Metabolismus eingeschaltet<br />
werden, sodass es in deren Abbau zu Engpässen<br />
kommen kann, die sich als Kumulationseffekte<br />
auswirken können.<br />
Prometus: Stellt die mögliche Toleranzentwicklung<br />
ein Problem dar?<br />
W. Ilias: Das ist eine sehr interessante Frage,<br />
da immer wieder behauptet wird, es gäbe<br />
eine Toleranzentwicklung gegen die analgetische<br />
Wirkung der Medikamente. Studien<br />
haben gezeigt, dass bei jenen Patienten,<br />
deren Schmerzpegel stabil bleibt, keine<br />
Dosissteigerung vorgenommen werden<br />
muss. Das deckt sich auch mit meiner eigenen<br />
Erfahrung mit Patienten die an chronischen<br />
Schmerzen aufgrund von muskuloskeletalen<br />
Problemen, sei es eine Degeneration oder<br />
ein Zustand nach einer Operation, leiden. Die<br />
Dosis blieb über Jahrzehnte stabil – egal ob<br />
enterale oder intrathekale Verabreichung –,<br />
es sein denn, es kam bspw. zu einem Schraubenbruch<br />
bei einer Verplattung die zu einer<br />
Steigerung des Schmerzes führte. Natürlich<br />
gibt es auch Patienten, die über die Jahre<br />
eine ständige Steigerung der Dosis benötigen,<br />
da die inkurable Schmerzursache, bspw.<br />
ein degenerativer Schaden am knöchernen<br />
Stützgerüst, zunimmt.<br />
Auch gibt es mittlerweile genügend Studien,<br />
die aufgezeigt haben, dass es zwar eine Toleranzentwicklung<br />
gegen den Effekt der Übelkeit<br />
gibt, allerdings keine gegenüber der<br />
Obstipation. D.h. die Obstipation tritt immer<br />
auf. Es gibt auch keine Toleranzentwicklung<br />
gegen die Nebenwirkung der Blasenentleerungsstörung.<br />
Prometus: Welche Vorteile hat eine alkoholunempfindliche<br />
Therapie?<br />
W. Ilias: Vor allem in unseren Regionen –<br />
und ich nehme mich da selbst nicht aus – in<br />
denen der Alkoholkonsum eine diätetische<br />
Gewohnheit ist, ist es von großer Bedeutung,<br />
dass man Medikamente so zubereitet,<br />
dass die Geschwindigkeit ihrer Freisetzung<br />
aus einer entsprechend präparierten Tablette<br />
nicht beeinträchtigt wird. Mittlerweile<br />
entsprechen die Medikamente, die derzeit in<br />
Österreich auf dem Markt sind, durchaus diesem<br />
Kriterium.<br />
Der Hintergrund: Studien zeigten, dass galenische<br />
bzw. retardierte Zubereitungen insbesondere<br />
durch konzentrierten Alkohol<br />
aufgelöst werden. Auch eine geringere Konzentration<br />
an Alkohol, die ja beim Wein zwischen<br />
9 und 15% schwankt, steigert die Löslichkeit<br />
verschiedener Substanzen. RB<br />
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