28.11.2012 Aufrufe

Ihr Prim. Dr. Georg Pinter & Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf ... - Arzt + Kind

Ihr Prim. Dr. Georg Pinter & Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf ... - Arzt + Kind

Ihr Prim. Dr. Georg Pinter & Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf ... - Arzt + Kind

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

konvulsiva und Antidepressiva ansprechen.<br />

In dieser Indikation liegt die „Number of patients<br />

to treat“ für Oxycodon bei 2,6 – ein sehr<br />

gutes Verhältnis, das eigentlich günstiger ist<br />

als jenes von Carbamazepin.<br />

Prometus: Welche Dosierungsempfehlungen<br />

sprechen Sie bei Erwachsenen und Jugendlichen<br />

bzw. älteren Patienten aus und was ist<br />

bei einer Umstellung vom Originalpräparat<br />

auf ein Oxycodon-Generikum zu beachten?<br />

W. Ilias: Im Bereich der Opioidrezeptoren<br />

liegt eine gewisse Varianz in der Empfindlichkeit<br />

der Rezeptoren gegen exogene Opioide<br />

vor, sodass man die Dosierung nicht einfach<br />

über den Daumen einschätzen kann. Bei<br />

opioidnaiven Patienten sollte keinesfalls mit<br />

einer höheren Dosis als 2x10mg begonnen<br />

werden, eine Dosissteigerung ist bei Bedarf<br />

jederzeit möglich.<br />

Insbesondere bei älteren Patienten die mit<br />

dem ersten auf dem Markt gekommenen<br />

Präparat behandelt wurden, das eine Zweischicht-Galenik<br />

hatte – d.h. ein <strong>Dr</strong>ittel der<br />

Substanz wurde aus der ersten Schicht in kurzer<br />

Zeit freigesetzt und zwei <strong>Dr</strong>ittel wurden<br />

über 12 Stunden freigesetzt – traten Probleme<br />

auf, da die sofort freigesetzte Dosis für<br />

manche Patienten zu viel war und prolongierte<br />

Zustände der Desorientierung induzierte.<br />

Die neueren Präparate haben keine<br />

Zweischicht-Galenik mehr, was aber nun<br />

den Nachteil mit sich bringt, dass sich die<br />

Anschlagzeit verlängert. Von Vorteil ist, dass<br />

es zu keiner überschießenden Blutspiegelbildung<br />

kommt und damit die, gerade für ältere<br />

Patienten, unangenehme Nebenwirkung der<br />

Desorientierung wegfällt.<br />

Die Galenik spielt also eine ganz wichtige<br />

Rolle in der Verfügbarkeit von Medikamenten.<br />

Die Wirkstoffe in Generika und Originalpräparaten<br />

sind quasi ident, zu bedenken<br />

ist aber, dass die Freisetzungsgeschwindigkeiten<br />

aus dem jeweiligen galenischen Substrat<br />

unterschiedlich sein können. Wir müssen<br />

zudem berücksichtigen, dass es bei der<br />

Herstellung der Präparate eventuell zu Wirkstoff-Konglomeraten<br />

kommt, die wesentliche<br />

Unterschiede in der Anflutungszeit verursachen<br />

können. Je mehr die Trennung in<br />

einzelne Moleküle in einer Trägersubstanz<br />

gelingt, desto gleichmäßiger wird bspw. die<br />

Freisetzung erfolgen.<br />

Es ist demnach schwer vorhersagbar wie ein<br />

Patient auf die Umstellung auf ein anderes<br />

Medikament reagieren wird. Hinzu kommt,<br />

und das darf nicht unterschätzt werden, dass<br />

der Patient an sein Medikament gewöhnt<br />

ist. Alleine die Tatsache, dass es eine andere<br />

Farbe, eine andere Form oder eine andere<br />

Packungsgröße hat, kann verunsichern.<br />

Zudem meint der Volksmund, dass etwas<br />

preislich Billigeres nicht gleich gut wirksam<br />

sein kann, wie etwas Teureres. Der folgliche<br />

Placebo- oder Nocebo-Effekt kann sich<br />

beträchtlich auf die Wirksamkeit eines Medikamentes<br />

– deren Intensität kann bis zu 30%<br />

nach oben bzw. unten abweichen – und<br />

damit auch auf das individuelle Wohlbefinden<br />

des Patienten auswirken.<br />

Mit einem aufklärenden Gespräch kann hier<br />

sehr viel erreicht werden. Der <strong>Arzt</strong> muss dem<br />

Patienten mitteilen, dass es mit der Neueinnahme<br />

bzw. Neuverordnung von Medikamenten<br />

zu einer Beeinträchtigung der<br />

Wirksamkeit bzw. auch zum Auftreten von<br />

Nebenwirkungen kommen kann. Umgekehrt<br />

ist der Patient seinerseits verpflichtet, sich<br />

regelmäßig mit dem primärverordnenden<br />

Schmerztherapeuten in Verbindung zu setzen.<br />

Das gilt insbesondere dann, wenn ein<br />

anderer <strong>Arzt</strong> ein anderes Medikament verschreibt,<br />

z.B. auf Grund der Herzkreislaufsituation,<br />

von Bluthochdruck oder Rhythmusstörung,<br />

um eruieren zu können, ob es sich mit<br />

dem jeweiligen Regime verträgt.<br />

Prometus: Welche Voraussetzungen gelten<br />

für die Langzeitanwendung von Opioiden?<br />

W. Ilias: Eine subtile Überwachung des Patienten<br />

ist unumgänglich. Sind Opioidrezepte,<br />

also spezielle Suchtgiftrezepte auszustellen,<br />

sollte man nicht auf Dauerrezepte übergehen,<br />

denn dadurch verliert der <strong>Arzt</strong> die Kontrolle<br />

über den Patienten. Der direkte Kontakt<br />

und das Gespräch ist wichtig, da der<br />

Behandler daraus ableiten kann, in welcher<br />

Situation sich der Patient befindet: ob sich am<br />

Schmerzzustand oder dem sozialem Umfeld,<br />

ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden<br />

und der Lebenssicherheit, etwas geändert<br />

hat. Mit diesen Informationen können<br />

bei Bedarf Änderungen des Therapieregimes<br />

vorgenommen werden.<br />

Unter den verschiedenen Mechanismen die<br />

es zu berücksichtigen gilt, erfordern die Langzeitnebenwirkungen<br />

besonderer Aufmerksamkeit.<br />

Unter einer Opioidtherapie kommt es<br />

immer zur Obstipation, es kann zu Harn- bzw.<br />

Blasenentleerungsstörungen und bisweilen<br />

zu Übelkeit kommen. Letztere verschwindet<br />

bei manchen Patienten nach einem gewissen<br />

Gewöhnungseffekt. Ein weiterer Mechanismus<br />

betrifft die Metabolisierung des Opioids:<br />

andere Medikamente können unter Umstän-<br />

<strong>Arzt</strong> Patient<br />

den in diesen Metabolismus eingeschaltet<br />

werden, sodass es in deren Abbau zu Engpässen<br />

kommen kann, die sich als Kumulationseffekte<br />

auswirken können.<br />

Prometus: Stellt die mögliche Toleranzentwicklung<br />

ein Problem dar?<br />

W. Ilias: Das ist eine sehr interessante Frage,<br />

da immer wieder behauptet wird, es gäbe<br />

eine Toleranzentwicklung gegen die analgetische<br />

Wirkung der Medikamente. Studien<br />

haben gezeigt, dass bei jenen Patienten,<br />

deren Schmerzpegel stabil bleibt, keine<br />

Dosissteigerung vorgenommen werden<br />

muss. Das deckt sich auch mit meiner eigenen<br />

Erfahrung mit Patienten die an chronischen<br />

Schmerzen aufgrund von muskuloskeletalen<br />

Problemen, sei es eine Degeneration oder<br />

ein Zustand nach einer Operation, leiden. Die<br />

Dosis blieb über Jahrzehnte stabil – egal ob<br />

enterale oder intrathekale Verabreichung –,<br />

es sein denn, es kam bspw. zu einem Schraubenbruch<br />

bei einer Verplattung die zu einer<br />

Steigerung des Schmerzes führte. Natürlich<br />

gibt es auch Patienten, die über die Jahre<br />

eine ständige Steigerung der Dosis benötigen,<br />

da die inkurable Schmerzursache, bspw.<br />

ein degenerativer Schaden am knöchernen<br />

Stützgerüst, zunimmt.<br />

Auch gibt es mittlerweile genügend Studien,<br />

die aufgezeigt haben, dass es zwar eine Toleranzentwicklung<br />

gegen den Effekt der Übelkeit<br />

gibt, allerdings keine gegenüber der<br />

Obstipation. D.h. die Obstipation tritt immer<br />

auf. Es gibt auch keine Toleranzentwicklung<br />

gegen die Nebenwirkung der Blasenentleerungsstörung.<br />

Prometus: Welche Vorteile hat eine alkoholunempfindliche<br />

Therapie?<br />

W. Ilias: Vor allem in unseren Regionen –<br />

und ich nehme mich da selbst nicht aus – in<br />

denen der Alkoholkonsum eine diätetische<br />

Gewohnheit ist, ist es von großer Bedeutung,<br />

dass man Medikamente so zubereitet,<br />

dass die Geschwindigkeit ihrer Freisetzung<br />

aus einer entsprechend präparierten Tablette<br />

nicht beeinträchtigt wird. Mittlerweile<br />

entsprechen die Medikamente, die derzeit in<br />

Österreich auf dem Markt sind, durchaus diesem<br />

Kriterium.<br />

Der Hintergrund: Studien zeigten, dass galenische<br />

bzw. retardierte Zubereitungen insbesondere<br />

durch konzentrierten Alkohol<br />

aufgelöst werden. Auch eine geringere Konzentration<br />

an Alkohol, die ja beim Wein zwischen<br />

9 und 15% schwankt, steigert die Löslichkeit<br />

verschiedener Substanzen. RB<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!