Ihr Prim. Dr. Georg Pinter & Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf ... - Arzt + Kind
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Verletzungen<br />
Ass. <strong>Dr</strong>. Stella DASKALAKIS<br />
Haus der Geriatrie<br />
Klinikum Klagenfurt am Wörthersee<br />
Abteilung für Akutgeriatrie und Remobilisierung<br />
Feschnigstr. 11, 9020 Klagenfurt<br />
Tel.: +43(0)463/538-22667<br />
stella.daskalakis@kabeg.at<br />
18<br />
foto@beigestellt<br />
Sturzassessment<br />
Das Phänomen des Sturzes im Alter<br />
gehört zu einer der größten Herausforderungen<br />
an die geriatrische Medizin. Die Bedeutung<br />
des Sturzes lässt sich einerseits durch<br />
seine Häufigkeit, andererseits durch seine<br />
Komplexizität erklären, denn Stürze im geriatrischen<br />
Kontext sind selten monokausal<br />
bedingt. Eine Reihe von Faktoren tragen zur<br />
deren Manifestation bei.<br />
Statistisch gesehen erleidet jeder dritte über<br />
65 - Jährige mindestens einen Sturz pro Jahr.<br />
Die Sturzrate nimmt mit jeder Lebensdekade<br />
zu, sodass bei den 85-jährigen bereits<br />
50% betroffen sind. Die Hälfte der Betroffenen<br />
stürzt dabei öfters als einmal im Jahr. Die<br />
Sturzhäufigkeit ist bei Pflegeheimpatienten<br />
im Vergleich zu gleichaltrigen noch zu Hause<br />
lebenden Menschen höher, wohl erklärbar<br />
durch die Multimorbidität und Pflegeabhängigkeit<br />
dieser Patientengruppe.<br />
Die am meisten gefürchtete Sturzfolge ist die<br />
hüftgelenksnahe Fraktur, welche trotz der<br />
heutigen exzellenten Versorgungsmöglichkeiten<br />
weiterhin eine der häufigsten Todesursachen<br />
für Betagte und Hochbetagte darstellt.<br />
Der Sturz ist auch ohne schwerwiegende<br />
Verletzung oft der Beginn einer Negativspirale,<br />
bei der Chronifizierung von Schmerzen,<br />
Immobilität, aber auch Angst, Perspektivenlosigkeit<br />
und Depression eine Rolle spielen.<br />
Dies kann zu einem Rückzug aus dem aktiven<br />
sozialen Leben führen. Nicht selten endet<br />
diese komplexe Spirale in der Bettlägerigkeit,<br />
Pflegeabhängigkeit und Institutionalisierung<br />
des Betroffenen.<br />
Interessanterweise wird diese Problematik<br />
oft sowohl vom Patienten als auch vom<br />
behandelten <strong>Arzt</strong> nicht entsprechend wahrgenommen<br />
bzw. bagatellisiert, und nicht selten<br />
stellen erst stattgehabte Frakturen, eine<br />
Krankenhauseinweisung oder eine bereits<br />
einsetzende Immobilität den Anlass dar, sich<br />
mit der Thematik auseinanderzusetzen.<br />
Mit obiger Darstellung sollte die Dimension<br />
des Problems und die Notwendigkeit einer<br />
awareness - Bildung illustriert werden.<br />
Präventive Maßnahmen zur Verhinderung<br />
von Stürzen stellen einen Gewinn für den<br />
Patienten und seine Lebensqualität dar,<br />
wobei an dieser Stelle auch auf den sozioökonomischen<br />
und gesellschaftlichen Aspekt der<br />
Sturzprophylaxe hingewiesen werden sollte.<br />
Der erste Schritt einer Sturzprävention ist ein<br />
entsprechendes Sturzassessment, welches<br />
per se nicht Stürze verhindert kann, aber die<br />
Möglichkeit gibt, sturzgefährdete Patienten<br />
zu erkennen, ihre individuellen Risikofaktoren<br />
zu identifizieren um anschließend gezielte,<br />
individuell angepasste Maßnahmen setzen<br />
zu können.<br />
Die amerikanische und britische geriatrische<br />
Gesellschaft veröffentlichte 2010 neue Leitlinien<br />
hinsichtlich Screening, Assessment<br />
und Prävention von Stürzen. Neu ist unter<br />
anderem auch die Fokussierung auf kardiovaskuläre<br />
Probleme, wie die orthostatische<br />
Dysregulation und Rhythmusstörungen als<br />
potentielle Risikofaktoren eines Sturzes.<br />
Wesentlich ist es, alle ältere Menschen nach<br />
Stürzen im letzten Jahr und nach subjektiver<br />
Verschlechterung der Gehfähigkeit oder des<br />
Gleichgewichtes zu fragen. Wird eine der Fragen<br />
positiv beantwortet sollte eine ausführliche<br />
Erfassung der Sturzrisikofaktoren mit<br />
Hilfe eines Sturzassessments erfolgen, welches<br />
folgende Schritte beinhalten sollte:<br />
Anamnese<br />
• Genaue Befragung der Umstände, welche<br />
zum Sturz führten (Vorphase, Ereignisphase,<br />
Situation nach erfolgtem Sturz)<br />
• Genaue Medikamenten-Anamnese (mit<br />
besonderen Augenmerk auf Polypharmazie<br />
und die fall risk increasing drugs (FRID’s)<br />
wie beispielsweise psychotrope und sedierende<br />
Substanzen oder Medikamente zur<br />
Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen)<br />
• Erhebung von chronischen Erkrankungen,<br />
welche mit einer Erhöhung der Sturzgefahr<br />
assoziiert sein können (kardiovask. Formenkreis,<br />
Osteoporose, Arthrosen, <strong>Dr</strong>anginkontinenz<br />
etc.)