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Wie kann/sollte man Lehrerinnen- bzw. Lehrer/Unterricht beurteilen?

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Seminar für das Lehramt anGymnasien und GesamtschulenRecklinghausen<strong>Unterricht</strong>snachbesprechung als Lehr-Lern-Situation:<strong>Unterricht</strong>sreflexionauch:<strong>Wie</strong> <strong>kann</strong>/<strong>sollte</strong> <strong>man</strong> <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> <strong>bzw</strong>. <strong>Unterricht</strong><strong>beurteilen</strong>?1. Ziele von SchuleDie <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> sollen in ihrer pädagogischen Praxis z.B. erreichen: Die Schülerinnen und Schüler sollen sich zu mündigen und sozial verantwortlichenPersönlichkeiten (in einer demokratisch verfassten Gesellschaft) entwickeln und grundlegende und exemplarische (fachliche und methodische) Kenntnisse,Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben (ein reichhaltiges, differenziertes, gutorganisiertes, flexibel einsetzbares, intelligent nutzbares Wissen)Anders gesagt: Die Schülerinnen und Schüler sollen erwerben Kompetenzen für komplexe Problemlösungen („Schlüsselqualifikationen“):• wissenschaftsorientierte Fachkompetenzen,• Urteilsfähigkeit, Selbständigkeit, Selbstgestaltungskompetenz,• Arbeits- und Lernstabilität,• Teamfähigkeit,• Flexibilität für kreative Problemlösungen,• ganzheitliches Systemdenken (vernetztes Denken),• Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln.2. Die Arbeit/pädagogische Praxis der <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong>. Sie bestehtz.B. aus:- <strong>Unterricht</strong> durchführen,- mit anderen Menschen Projekte durchführen,- Gespräche mit Schülern und Eltern führen- Pausenaufsicht wahrnehmen- Prüfungen abnehmen, Zeugnisse schreiben,- Exkursionen durchführen,- Klassenfahrten durchführen,- mit Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten, die Schule entwickeln,- Feste feiern,- mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten.3. Die Beurteilung ist ein mögliches Ergebnis einer <strong>Unterricht</strong>sreflexionneben anderen, denn die <strong>Unterricht</strong>sreflexion <strong>kann</strong> verschiedene Ziele haben, jenachdem, wonach gefragt wird:a) Kann ich <strong>bzw</strong>. können die Schülerinnen zufrieden sein? Ziele:- Ermutigung;- Rechenschaft ablegen vor sich und anderen: Schülerinnen und Schülern, Eltern,Kolleginnen und Kollegen,..;- einen eigenen Standpunkt und damit Unabhängigkeit gewinnen;- eine realistische Kritikfähigkeit entwickeln.Leit_Anhang5 Seite 1 von 6


Seminar für das Lehramt anGymnasien und GesamtschulenRecklinghausenformuliert.Hinweise erhält <strong>man</strong> auch in der Denkschrift „Zukunft der Bildung – Schule derZukunft“, S. 303f: „Berufliches Leitbild“.So würde etwa eine Unternehmensberatungsfirma in den Fällen vorgehen müssen, indenen eine Person gesucht wird, die keine konkreten Erfahrungen für die neue Aufgabemitbringen <strong>kann</strong>.Man <strong>kann</strong> von einer <strong>Unterricht</strong>sanalyse ausgehen, d.h. <strong>man</strong> besucht die <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und<strong>Lehrer</strong>/ Referendarinnen und Referendare in ihrer pädagogischen Praxis und erkundet aus derSicht teilnehmender Beobachterinnen und Beobachter (!), wie „gut“ der <strong>Unterricht</strong> <strong>bzw</strong>. die<strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> sind (<strong>Unterricht</strong> ist z.B. dann gut, wenn die Schülerinnen und Schülerin ihm auf angemessene Weise Sinnvolles dauerhaft lernen; vgl. Becker, Bd. 3 S. 119: hu<strong>man</strong>,demokratisch, effektiv).Da in vielen Fällen eine relevante Antwort auf die Frage nach der Lernwirksamkeiteiner <strong>Unterricht</strong>sstunde erst in zukünftigen Anwendungssituationen gefunden werden<strong>kann</strong>, nicht aber schon in der Lernsituation selbst, muss die Aussage ergänzt werdendurch die Frage nach der potentiellen Lernwirksamkeit der von Referendarinnen undReferendaren mitgestalteten pädagogischen Praxis:Welche von <strong>Lehrer</strong>Innen angebotenen Elemente ihrer pädagogischen Praxis undwelche Handlungen und Nichthandlungen der <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> könnten dieEntwicklung der Schülerinnen und Schüler im Sinne der Richtlinien und Lehrpläneunterstützt <strong>bzw</strong>. behindert haben ?Anders formuliert: Haben <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> nach allen Regeln der Lehrkunst beiden Schülerinnen und Schülern mit hoher Wahrscheinlichkeit Lernwege ermöglicht? DieBetonung liegt auf ´lernwirksames <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong>handeln´.Es geht nicht so sehr um die Frage: Haben die Schülerinnen und Schüler Lernergebnisseerreicht?Für diesen Fall sollen verschiedene Ansätze für Kriterienkataloge für die Reflexion/Beurteilung des <strong>Unterricht</strong>s vorgestellt werden.6. Kriterienkataloge für die <strong>Unterricht</strong>sreflexion6.1. Jeder <strong>Lehrer</strong> muss 6 <strong>Lehrer</strong>funktionen erfüllen:<strong>Unterricht</strong>en – Erziehen – Beraten - Beurteilen – Organisieren/Verwalten –Innovieren6.2. Sehr verbreitet ist der KatalogPlanung – Durchführung – Reflexion – Mitarbeit in Seminar (und Schule)und „Reste“, die <strong>man</strong> für erwähnenswert hält.Leit_Anhang5 Seite 3 von 6


Seminar für das Lehramt anGymnasien und GesamtschulenRecklinghausen6.3. Ganz anders sieht der Katalog aus, wenn <strong>man</strong> die Schüler fragt. Die Schüler sagen z.B.• „den <strong>Lehrer</strong> finde ich nett“ ( er ist freundlich/verständnisvoll, er kommt gut an, er´erreicht´ die Schüler)• „der <strong>Lehrer</strong> <strong>kann</strong> gut erklären“ (ist verständlich, <strong>kann</strong> wirklichKlärungen herbeiführen)• „der <strong>Unterricht</strong> ist langweilig“ – oder nicht (uninteressant, unverständlich)• „der ist gerecht“ – oder nicht (nicht verwechseln mit streng)• „der <strong>kann</strong> was“ (weiß Bescheid, ist -fachlich- gut)• „da kommt was bei rum“ (der Lernertrag ist groß)aus der Erwachsenensicht ergänzt durch:• der Lernertrag ist sachgerecht, bedeutsam, lohnend, wurde ökonomisch erreicht• der <strong>Lehrer</strong> ist einschätzbar/sicher/fest/vorbereitet/organisiert• der <strong>Lehrer</strong> macht den Schülern Mut, fördert ihre Selbstständigkeitsentwicklung.Das schließt die <strong>Lehrer</strong>- und <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong>persönlichkeit (bzgl. des Leitbildes z.B. derDenkschrift)ein.Ein Vorteil dieses Katalogs liegt darin, dass er stärker auch auf die Eignung statt nur aufdie Leistung der <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong> und <strong>Lehrer</strong> zielt.7. Kriterien müssen genauer beschrieben werdenDiese knappen Kriterienkataloge reichen natürlich nicht aus! Denn wenn z.B. 10 Personennur nach den wenigen Kriterien eines o.g. Katalogs eine <strong>Unterricht</strong>sstunde <strong>bzw</strong>. eine<strong>Lehrer</strong>in/einen <strong>Lehrer</strong> <strong>beurteilen</strong> <strong>sollte</strong>n, kämen sie noch zu sehr verschiedenen Urteilen.Man muss genauer vereinbaren, was <strong>man</strong> unter den Kriterien verstehen will:Man muss Merkmale für die Kriterien festlegen. Zum Beispiel:- Was alles macht eine gute Planung aus?- Was wollen wir unter Sozialkompetenz verstehen?- Woraus könnte sich zusammensetzen: „kommt gut an“?- Was gehört unserer Meinung nach zu einer guten Beratung?- Was alles macht nach unserer Meinung eine <strong>Lehrer</strong>- und <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong>persönlichkeitaus?- Was gehört zur Fachkompetenz z.B. von Englischlehrer und -lehrerinnen?8. Für die Merkmale eines Kriteriums müssen Indikatoren angegebenwerdenBevor auf die Fragen unter 7. Antworten gegeben werden können, muss zuvor noch einweiterer Schritt eingefügt werden, denn in der <strong>Unterricht</strong>sstunde können weder dieKriterien noch ihre Merkmale gesehen (<strong>bzw</strong>. gelesen) und/ oder gehört werden.Man muss vereinbaren, woran <strong>man</strong> die Merkmale im <strong>Unterricht</strong> erkennen will:Man muss solche Indikatoren für die konkrete pädagogische Praxis von <strong><strong>Lehrer</strong>innen</strong>und <strong>Lehrer</strong> angeben, deren Wahrnehmung, Deutung und Bewertung einem erlauben,Aussagen über Stärken und Schwächen der <strong>Lehrer</strong>- und <strong>Lehrer</strong>einnenarbeit zu machen –Leit_Anhang5 Seite 4 von 6


Seminar für das Lehramt anGymnasien und GesamtschulenRecklinghausenund damit schließlich ein Gesamturteil abzugeben <strong>bzw</strong>. sinnvolle Konsequenzen zuziehen.Insgesamt muss <strong>man</strong> also bei der <strong>Unterricht</strong>sreflexion/Beurteilung für jedesKriterium (mindestens) Merkmale und Indikatoren angeben.Strukturell lässt sich diese Unterteilung mit Hilfe eines „Linsenmodells“ darstellen. Einesolche Struktur macht es möglich, den Weg von einer Konsequenz (z.B. einem Gefühl odereiner Note) zurück bis zu detaillierten Beschreibungen der Praxis oder umgekehrtnachzuzeichnen und intersubjektiv „unter Kontrolle“ zu bekommen.Es handelt sich um denlangen Weg vom Kriterium über seine Merkmale zu den Indikatoren – und zurück:Kriterien ↔ Merkmale ↔ IndikatorenBewerten ↔ Deuten ↔ WahrnehmenBeispiele s. Reader Beurteilung:Anhang 3.4 „Linsenmodell“Anhang 3.5 Linse „Sach-/Fachkompetenz von Englischlehrerinnen und -lehrern“Anhang 3.6 Linse „<strong>kann</strong> gut erklären“Anhang 3.7 Linse „der <strong>Unterricht</strong> ist langweilig/spannend“Anhang 3.8 Linse „Der lange Weg zu den Konsequenzen – dargestellt mit demLinsenmodell“9. Zur Subjektivität der BeurteilungSchwierigkeiten bei der Beurteilung ergeben sich aus der Tatsache, dass Beurteilerinnen undBeurteiler die Kriterien, ihre Merkmale und deren Indikatoren stets nur vor dem Hintergrundihrer biographisch bedingten, subjektiven <strong>Unterricht</strong>sbilder und ihrer implizitenPersönlichkeitstheorien anwenden können. Die subjektiven <strong>Unterricht</strong>sbilder und dieimpliziten Persönlichkeitstheorien antworten sehr subjektiv auf folgende Fragen:• Was verstehe ich unter "guter" pädagogischer Praxis?• Welche Kriterien wähle ich aus? (Kriterienvalidität)• Welche Merkmale wähle ich für ein Kriterium aus?(Merkmalsvalidität)• Welche Indikatoren wähle ich für ein Merkmal aus? (Indikatorenvalidität)• <strong>Wie</strong> <strong>bzw</strong>. was nehme ich wahr und wie deute ich meine Wahrnehmungen ?(Beobachtungs- <strong>bzw</strong>. Deutungsfehler)• Welche Maßstäbe lege ich an? (Maßstabsvalidität)• Welche Fehler unterlaufen bei der Messung?(Meßfehler)• <strong>Wie</strong> verwerte ich die Indikatoren, die Merkmale und Kriterien? (Bewertungsfehler)• <strong>Wie</strong> gewichte ich die einzelnen Gesichtspunkte?• Für welche Ursachen mache ich den <strong>Lehrer</strong> verantwortlich, für welche nicht?Leit_Anhang5 Seite 5 von 6


Seminar für das Lehramt anGymnasien und GesamtschulenRecklinghausenRealistische Ursachenzuschreibung/KausalattribuierungDie Antwort auf die Frage, wie die prinzipiell unaufhebbare Subjektivität der Beurteiler<strong>bzw</strong>. der Beurteilung in den Reflexions- <strong>bzw</strong>. Beurteilungsprozess mit hineingenommenwerden <strong>kann</strong>, lautet:Das dialogische Verfahren.(Beobachtungs-, Deutungs-, Mess- und Bewertungsfehler s. Anhang 10)Literatur:(1) G. Bovet, H. Frommer: „Neue Wege der <strong>Unterricht</strong>sberatung und -beurteilung in derzweiten Phase der <strong>Lehrer</strong>ausbildung“, Neue Sammlung, 3/95(2) G.E. Becker „Handlungsorientierte Didaktik, Teil III: Auswertung und Beurteilung von<strong>Unterricht</strong>“.(3) Denkschrift „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“, Bildungskommission NRW1995(4) W. Schreckenberg: „Guter <strong>Unterricht</strong> – schlechter <strong>Unterricht</strong>“, Düsseldorf 2 84Leit_Anhang5 Seite 6 von 6

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