Lauter(n) Termine - Magazin Insider
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INSiDER exklusiv (was in keinem der Krimis steht):<br />
Neues von den Tannenbergs<br />
Die Schleicherin<br />
Wie immer schlich Tannenberg auf Zehenspitzen die Holztreppe<br />
hinunter. Bei jedem knarrenden und quietschenden Geräusch<br />
der alten Dielen verwandelte sich sein Gesicht in eine schmerzverzerrte<br />
Grimasse. Als er endlich vor der Eingangstür der elterlichen<br />
Parterrewohnung angelangt war, beschleunigte er seinen<br />
Schritt und trippelte die Sandsteinstufen hinab zur Haustür.<br />
Doch allen Anstrengungen zum Trotz ertönte plötzlich in seinem<br />
Rücken die schneidende Stimme seiner Mutter:<br />
„Wolfi, du kommst hier nicht vorbei, ohne dass ich dich höre.<br />
Du hast doch bestimmt noch nicht gefrühstückt, oder?“<br />
„Nein, Mutter. Mach ich nacher in der Kantine“, antwortete ihr<br />
jüngster Sohn.<br />
„Kantine“, wiederholte die alte Dame voller Abscheu.<br />
Wolfram Tannenberg hielt den Türgriff bereits in der Hand,<br />
drehte sich aber noch einmal zu der Seniorin um.<br />
„Mutter, ich hab’s wirklich eilig. - Tschüss!“<br />
Ohne den Blick nach vorne zu richten, stürmte er auf den<br />
Bürgersteig der Beethovenstraße. Dabei übersah er die straff<br />
gespannte Hundeleine, mit deren Hilfe die Schleicherin gerade<br />
versuchte, ihren kugelrunden Pudel in eine andere Richtung zu<br />
ziehen. Während der stark übergewichtige Hund aufjaulte und<br />
sein Frauchen nur Sekundenbruchteile später hysterisch zu<br />
schreien begann, landete Tannenberg kopfüber in einer<br />
Pflanzinsel.<br />
„Ach, du Scheiße“, zischte der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission.<br />
Treffender konnte er seine aktuelle Lage wirklich<br />
nicht beschreiben, denn Hose, Hemd sowie sein rechter Handteller<br />
waren mit Hundekot verschmiert. „Bäh, pfui Deibel“, stieß<br />
er angewidert aus. Er schraubte sich in die Höhe, wobei er die<br />
beschmutzte Hand wie eine Vogelscheuche weit nach außen<br />
streckte.<br />
Während sich einige der Fenster der angrenzenden Häuser<br />
öffneten, eilte Kurt seinem Herrchen zu Hilfe. Da ihm zunächst<br />
offenbar ein wenig der Überblick fehlte, tat er das, was ein<br />
Familienhund für gewöhnlich auch tun sollte: Er ergriff Partei -<br />
selbstverständlich für Tannenberg. Mit aufgerichteten Nackenhaaren<br />
baute er sich vor der Schleicherin auf, bellte und knurrte<br />
so bedrohlich, dass selbst der ‚Hound of the Baskervilles’ vor<br />
Angst erstarrt wäre. Die bleiche alte Frau zitterte wie Espenlaub<br />
und presste ihren Pudel fest an die Brust.<br />
„Hilfe, Hilfe“, schrie sie. „Warum hilft uns denn niemand?“<br />
„Regen Sie sich mal ab“, blaffte Jacob, der inzwischen neben<br />
seinem Sohn stand und Kurt am Halsband festhielt.<br />
„Was müssen Sie Ihren blöden Köter auch immer auf unserer<br />
Straßenseite ausführen. Warum gehen Sie nicht in den<br />
Stadtpark. Das machen doch alle anderen auch.“<br />
Die Schleicherin nahm Jacobs Appell überhaupt nicht wahr. Sie<br />
war gedanklich völlig mit ihrem Hund beschäftigt, der ihr gerade<br />
die Jacke vollsabberte und dabei hektisch nach Luft schnappte.<br />
„Ich muss meinen armen Schatzi sofort zum Tierarzt bringen.“<br />
Ein zorniger Blick traf Tannenberg.<br />
„Und die Kosten dafür übernehmen Sie.“<br />
„Gerne, aber nur die für den Abdecker“, giftete Tannenberg<br />
zurück. Er war selbst erschrocken über die Boshaftigkeit seiner<br />
Worte, die eben unbedacht aus seinem Mund gesprudelt waren.<br />
Aber er hegte nun einmal einen abgrundtiefen Groll gegenüber<br />
dieser aufdringlichen Frau, die mehrmals am Tag mit ihrem fettleibigen<br />
Pudel durchs Musikerviertel schlich und nichts anderes<br />
im Sinn hatte, als irgendwelche Informationen zu erhaschen,<br />
über die sie sich anschließend das Maul zerreißen konnte.<br />
Solche Menschen konnte er partout nicht ausstehen. Außerdem<br />
ließ sie ihren Hund sein stinkendes Geschäft nicht selten direkt<br />
vor der Haustür der Tannenbergs verrichten.<br />
Und wenn man sie auf diese Schweinereien<br />
hinwies, reagierte sie stets völlig unbeeindruckt<br />
mit dem Satz: „Irgendwo muss<br />
sich ja mein süßer kleiner Schatz lösen.“<br />
Bernd Franzinger<br />
Die mittlerweile acht Krimis mit dem<br />
Lautrer Hauptkommisar Tannenberg<br />
sind im Gmeiner Verlag erschienen und<br />
in jeder Buchhandlung erhältlich.<br />
Musik & Kultur Anzeigen<br />
Doppelter König auf der Bühne<br />
Rolle mit Schauspieler und Tänzer gleichzeitig besetzt<br />
Soll man sein Glück mit anderen<br />
teilen oder sollte man es verbergen?<br />
Das ist das zentrale Thema<br />
der Oper „König Kandaules“, die<br />
am 24. Januar auf der Bühne<br />
des Pfalztheaters Premiere hat.<br />
Ungewöhnlich und bundesweit<br />
einmalig ist die Inszenierung:<br />
Pfalztheater-Intendant Johannes<br />
Reitmeier hat den durch<br />
Film und Fernsehen bekannten<br />
Schauspieler und Regisseur<br />
Henry Arnold gewinnen<br />
können. Zusammen mit Chefchoreograf<br />
Stefano Giannetti<br />
inszeniert er eine besondere<br />
Version der Oper: drei Figuren,<br />
darunter der Hauptdarsteller,<br />
werden gleichzeitig gespielt und<br />
getanzt.<br />
„Der sein Glück hält, soll sich gut<br />
verstecken! Und besser noch,<br />
sein Glück vor anderen“ - mit<br />
diesen Worten beginnt Alexander<br />
von Zemlinskys Oper „Der<br />
König Kandaules“. Sein letztes<br />
großes Werk, begonnen 1933,<br />
erzählt vom König Kandaules,<br />
der mit dem Fischer Gyges<br />
seinen größten Schatz, den<br />
Anblick seiner Frau Nyssia, teilen<br />
will. Er führt den durch einen<br />
Zauber unsichtbaren Gyges in<br />
das Schlafzimmer seiner Frau,<br />
wo Gyges die schöne Nyssia unverschleiert<br />
sieht und die Nacht<br />
mit ihr verbringt. Als Nyssia von<br />
dem Betrug erfährt, zwingt sie<br />
Gyges Kandaules zu töten und<br />
dessen Stelle als König einzunehmen.<br />
„Das Grundthema der Oper ist<br />
das Glück“, sagt Henry Arnold.<br />
„Was kann Glück sein? Kann<br />
man es festhalten?“ Er ist gerne<br />
nach Kaiserslautern gekommen,<br />
um diese Oper zu inszenieren.<br />
„Ich finde diese Oper ist ein<br />
sehr poetisches und von tiefem<br />
Gefühl geprägtes Stück“, freut<br />
sich Stefano Giannetti über die<br />
gemeinsame Arbeit mit Henry<br />
Arnold. „Ich kenne ihn seit<br />
vielen Jahren von Berlin und<br />
wir haben schon zusammen<br />
„Zar und Zimmermann“ in<br />
Darmstadt gemacht und ich<br />
habe auch mit ihm als Assistent<br />
von Hans Neuenfels an der<br />
Deutschen Oper Berlin den<br />
„Troubadour“ gemacht. Wir<br />
haben eine gute, tiefe und sehr<br />
intellektuelle Zusammenarbeit.<br />
„Am Pfalztheater möchte Henry<br />
in ein paar Szenen die tiefsten<br />
Gedanken des Sängers darstellen.<br />
Die Tänzer sind genauso<br />
gekleidet wie die Solisten und<br />
sie verdoppeln die Rollen, so<br />
dass sie in diesen Szenen auch<br />
tänzerisch darstellen, was im<br />
Kopf des Sängers vor sich geht.<br />
Und so geht es auch um Nähe,<br />
sich annähernd – auch um<br />
einen Erotikaspekt. Das werde<br />
ich versuchen, mit meiner<br />
Choreografie umzusetzen“, so<br />
der Ballettdirektor des Pfalztheaters.<br />
„Ich habe einfach den<br />
linearen Zeitverlauf durch das<br />
tänzerische Element aufgebrochen“,<br />
ergänzt Regisseur<br />
Henry Arnold. „Ich erzähle die<br />
Geschichte im Rückblick und<br />
durch die Tänzer kann der<br />
König zurück blicken oder in<br />
Phantasien verweilen.“<br />
„Diese Oper ist insofern schon<br />
etwas Besonderes als sie nicht<br />
oft aufgeführt wird“, sagt Henry<br />
Arnold. Als der jüdische Komponist<br />
1938 vor den Nazis nach<br />
New York flieht, sind erst zwei<br />
Akte instrumentiert - vom<br />
dritten gibt es nur Skizzen.<br />
Da eine Aufführung der Oper<br />
in den USA als nicht realisierbar<br />
erscheint, gibt Zemlinsky die<br />
Arbeit an der Oper auf. Erst<br />
1994 wird die Orchestrierung<br />
von Antony Beaumont fertig<br />
gestellt. Seit der Uraufführung<br />
am 6. Oktober 1996 an der<br />
Hamburger Staatsoper gilt<br />
„Kandaules“ als eine der<br />
wichtigsten Opern des<br />
20. Jahrhunderts.<br />
Text und Fotos: Petra Rödler<br />
Die Sänger Douglas Nasrawi (König Kandaules, re.)<br />
und Thomas de Vries (Gyges)<br />
Die Tänzer Flavia Samper (Trydo) und Chris Kobusch (Gyges)<br />
JANUAR 09 Seite 27 termine & lifestyle<br />
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