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Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah

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die „ontologische Voraussetzung für die Verwandlung der gegenständlichen Welt in<br />

die Welt der Zeichen“. 34 Das Abbild ist aus den räumlichen, konkreten Zusammen-<br />

hängen herausgenommen worden, und deshalb wird es in ein semiotisches und in ein<br />

modellierendes Umfeld des menschlichen Bewusstseins eingebettet. 35<br />

In diesem Sinne ist auch die Literatur ein Medium, in dem Gegenständliches<br />

und Abstraktes (Gedanken, Ideen) in einen symbolischen Zeichen-Code übersetzt<br />

werden. Gemäss Lotman ist sich der Mensch im Alltag einer Verdoppelung im Sinne<br />

dieser Spiegelung allerdings nicht bewusst. Erst wenn eine doppelte Verdoppelung<br />

stattfinde, falle das Augenmerk auf die Transformation des Gegenstands, den se-<br />

miotischen Vorgang per se. Das trifft beispielsweise in einem Text zu, in dem eine<br />

ikonische Darstellung in die symbolische Zeichensprache der Schrift übersetzt wird:<br />

Ein originäres Objekt wird ikonisch abgebildet. Diese Kopie als erste Verdoppelung<br />

wird wiederum in sprachlichen Text übersetzt. Die doppelte Verdoppelung könnte<br />

ebenfalls als doppelte Spiegelung oder als Ausgangspunkt für eine infinite Rekursion<br />

bezeichnet werden.<br />

Das Verhältnis der Literatur zum künstlerischen Abbild ist ein wichtiger Aspekt,<br />

der anhand der Reisetexte <strong>Andrej</strong> <strong>Bitovs</strong> ausführlicher untersucht wird (siehe im<br />

Zusammenhang mit Bitov auch Kap. 6, S. 79).<br />

In sprachlichen Texten tritt die Beziehung zwischen Inhalt (Gegenstand) und<br />

Ausdruck anhand ihrer konventionalisierten Form bereits in der einfachen Transfor-<br />

mation deutlich hervor. Manche Verfasser poetischer Texte sind allerdings darum<br />

bemüht, diese Grenze zwischen Inhalts- und Ausdrucksebene aufzuheben.<br />

In der Poesie bilden Inhalt (Gegenstand) und Ausdruck eine komplexere Orga-<br />

nisation. 36 In Lermontovs Poem Demon entspricht die formale chronologische Vers-<br />

abfolge dem geschilderten Inhalt des Fluges:<br />

„I nad veršinami Kavkaza<br />

Izgnannik raja proletal:<br />

Pod nim Kazbek, kak gran’ almaza,<br />

Snegami večnymi sijal,<br />

34 Vgl. Lotman, Jurij: Theatersprache und Malerei. Zum Problem der ikonischen Rhetorik [1979].<br />

In: Schmid, Ulrich (Hg.): Russische Medientheorien. In: Facetten der Medienkultur. Bd. 6. Bern<br />

2005, S. 153-167.<br />

35 Vgl. ebd..<br />

36 Vgl. ebd., S. 154.<br />

15

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