Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
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am stärksten den Diskurs des Sehens und Wahrnehmens zu betreffen. Es wäre somit<br />
denkbar, dass man den Text nicht als Aufzeichnung einer Reise betrachtet, son-<br />
dern als Text darüber, wie jemand einen Text über ein Land aus seiner Erinnerung<br />
schreibt und allerlei hinzudichtet. Im Paratext, genauer auf der vierten Umschlag-<br />
seite der Ausgabe Imperija v četyrech izmerenijach, ist ausserdem ein marginaler<br />
Hinweis des Verlags zu finden: „Knigu sostavljajut povesti, napisannye v forme ‚pu-<br />
tešestvij‘, svoego roda putevych zametok.“<br />
Der Paratext, das heisst Titel, Untertitel, Vor- und Nachworte, Fussnoten, An-<br />
merkungen, graphische Gestaltungen und Illustrationen unter anderem, spielt bei<br />
Bitov eine entscheidende Rolle. Der Puškinsche Titel Kavkazskij plennik der Imperi-<br />
ja-Ausgabe sowie dessen gleichnamiges viertes Oberkapitel deuten darauf hin, dass<br />
dieses Motiv in der Erzählung zum Zug kommen muss. Dass sich der Text auf den<br />
Spuren Puškins bewegt, wird anhand des Epigraphs, einem Zitat aus Putešestvie v<br />
Arzrum, deutlich. 136 Bitov ergänzt seine Texte insbesondere auf der paratextuellen<br />
Ebene. Wie dies erwähnt wurde, ändert er Titel ab, schreibt für manche Ausgaben<br />
ein anderes Vor- oder Nachwort. Daher stellt sich die Frage, ob die verschwunde-<br />
nen Vorworte, Untertitel wie Putešestvie v nebol’šuju stranu 137 , Kommentare immer<br />
noch einen Bestandteil des Textes darstellen oder ob nur noch <strong>Bitovs</strong> Aktualisie-<br />
rungen von Gültigkeit sind. 138 Da der Schreibprozess und gleichermassen die eigene<br />
Gattungstypologie im Text thematisiert werden, kann an diesen Stellen von meta-<br />
textuellen Passagen die Rede sein.<br />
Intertextualität ist ein weiterer zentraler Aspekt in der Erzählung. Innerhalb<br />
des Textes kommen gehäuft fremde Textfragmente vor («Ax, ničego ja ne vižu, i<br />
bednoe ucho oglochlo...» 139 ). Anhand eines Puškin-Verses bringt Bitov ironisch sein<br />
Entwickeln nationalistischer Gefühle auf den Punkt:<br />
„Ja usmotrel v <strong>Armenii</strong> primer podlinno nacional’nogo suščestvovanija,<br />
proniksja ponjatijami rodiny i roda, tradicii i nasledstva. S bol’ju obna-<br />
ružival ja, čto v Rossii často zabyvajut ob ˙etom. Čto nado posvjatit’ sebja<br />
136 Vgl. Bitov, <strong>Uroki</strong> <strong>Armenii</strong>, S. 8. Das Zitat basiert auf einer frühen Version von Putešestvie v<br />
Arzrum und ist Teil des ersten Kapitels. In den Standardausgaben findet man jedoch eine andere<br />
Version vor. Siehe Texte im Anhang.<br />
137 Ausgabe von 1976.<br />
138 In dieser Arbeit wird eher der erste Standpunkt vertreten. Allerdings ist unter diesem auch von<br />
den Ausgaben auszugehen, in denen der Autor nicht mehr unter Zensur stand.<br />
139 Mandel’štam, Armenija, Gedicht Nr. 135, S. 187. Zit. nach: Bitov, <strong>Uroki</strong> <strong>Armenii</strong>, S. 56.<br />
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