Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Troja (im Nordwesten der heutigen Türkei) schildert. Anhand der Verse soll eine<br />
Stimmungslage heraufbeschworen werden, wie sie von Homer im Zusammenhang<br />
mit den antiken Gelagen geschaffen wurde. Dieses intertextuelle Zitationsverfahren<br />
rührt somit an bereits bekannte Stimmungsbilder. Der Begriff „Bild“ wird hier ab-<br />
sichtlich verwendet, da sich ein Leser von dem, was er liest, ein Bild zu machen<br />
versucht.<br />
Die Verwendung dieser Zitate im Text bilden eine Parallele zur in Kapitel 1.5<br />
erwähnten Lotmanschen doppelten Verdoppelung: Einzig geht es hier nicht um ein<br />
Abbild des Abbildes im Abbild sondern um einen Text aus einem Text, dem Zitat,<br />
im Text. Hiermit wird einerseits deutlich, dass der Reisetext auf fiktionalen Mustern<br />
basiert, andererseits, dass der Erzähler aber nicht gänzlich „erfindet“, sondern aus<br />
einer bestimmten Wahrnehmung und einem bestimmten Wissen heraus Raum und<br />
Situation darstellt.<br />
Dieses intertextuelle Verfahren des Zitierens oder Beschreibens aus einem an-<br />
deren Werk, insbesondere im Zusammenhang mit der Reisebeschreibung, deutet<br />
auf eine bestimmte Wahrnehmungsfolie hin. In diesem Kontext lässt sich von einer<br />
Transformierung der Handlungszone sprechen: „Während die importierten Objekte<br />
noch starke Bindungen an den Georaum aufweisen, entfernen sich transformierte<br />
Objekte graduell immer weiter von ihren georäumlichen Bezugsfeldern, bis sie als<br />
fingierte Objekte die autonome Sphäre des Imaginären erreichen“ 47 .<br />
2.3 Das geschulte Auge als Instrument der Wahrnehmung<br />
in den Reisetexten der Moderne<br />
Transformierende Reisedarstellungen sind für die Reisebeschreibungen der Moderne,<br />
<strong>Andrej</strong> Belyjs Veter s Kavkaza (1928) und Armenija (1929) sowie Osip Mandel’štams<br />
Putešestvie v Armeniju 48 (1933), eine wesentliche Charakteristik. In diesen Texten<br />
wird der Raum oftmals nicht direkt geschildert, sondern mittels Vergleichen zur<br />
Malerei oder Literatur. Wenn Belyj in Veter s Kavkaza die südliche subtropische<br />
Landschaft Georgiens, namentlich Adscharien, als die antike Kolchis thematisiert,<br />
47 Piatti, S. 146.<br />
48 Aufgrund dieser Reise ist 1930/1931 ebenfalls der Gedichtszyklus Armenija entstanden und bildet<br />
mit dem Reisebericht einen gemeinsamen Kontext. Vgl. Mandel’štam Osip ˙ E.: Armenija. In:<br />
Polnoe sobranie stichotvorenij. Nr. 134-145. Sankt-Peterburg 1995, S. 187-191.<br />
19