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DOI - Yeziden - Yeziden-Colloquium

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www.yeziden-colloquium.deeinzige Art von ernstzunehmenden religiösen Texten darstellte. Sie richteten ihre Aufmerksamkeitauf den einzigen geschriebenen Text, den die <strong>Yeziden</strong> ihnen präsentierten: nämlicheine wenig aussagekräftige arabische Hymne (Qasida), in der Scheich Adi gepriesen wird(Kreyenbroek 1995, S. 4). Auf Grund der Arbeit dieser beider Forscher war die akademischeWelt für längere Zeit davon überzeugt, dass die geschriebene Qasida an Scheich Adider einzig erwähnenswerte Text der <strong>Yeziden</strong> sei.Trotz aller Falschinformationen und Fehlinterpretationen enthielten die frühen Arbeitenvon Forschern wie Layard und Badger, wie bereits erwähnt, auch eine Reihe von zutreffendenBeobachtungen. Wer ihre Bücher las, erfuhr, dass die <strong>Yeziden</strong> an einen einzigen Gottglaubten, Scheich Adi sowie den Pfauenengel (Taus-i Melek) und neben ihm einige weiteregöttliche Wesen verehrten. Auch beschrieben sie die Hauptcharakteristika der priesterlichenStrukturen des <strong>Yeziden</strong>tums sowie ebenfalls die Rolle der Qewals. Die Qewals bilden eineeigene Gruppe von Musikern und Darstel- [27] lern, ausgebildet, um die Qewls – die mündlichüberlieferten heiligen Hymnen – zu rezitieren, deren Bedeutung Layard so völlig unterschätzthatte. Traditionell pflegten jeden Frühling kleine Gruppen von Qewals auf langeReisen zu weit abgelegenen <strong>Yeziden</strong>gemeinden aufzubrechen. Sie führten das heilige Emblem(Sinjak) der <strong>Yeziden</strong> mit sich, eine Vogelstatue, die den Pfau darstellte und Taus-i Melekrepräsentierte. Während eines Ritus mit Musik und Qewl-Rezitation zeigten die Qewalsdiese Statue in den entlegenen Gemeinden. Durch ihre Reisen hielten die Qewals die Verbindungenzwischen dem religiösen Zentrum in Lalesh und den weit entfernten <strong>Yeziden</strong>gemeindenaufrecht. Sie brachten den Gemeinden Nachrichten und Befehle ihres Prinzen(Mir), trieben Steuern ein und sie sammelten Informationen über die Geschehnisse vor Ort.Im Herbst, wenn die Qewals anlässlich des großen Versammlungsfestes, der höchsten religiösenFeier des Jahres, wieder zurückkehrten, lieferten sie die Steuern ab und versorgtenden Prinzen mit Informationen über sein Volk.2 Der freie Markt belieferte die Wissenschaft mit SchriftzeugnissenDerartige Berichte über die Traditionen und Realitäten des <strong>Yeziden</strong>tums stellten aber nichtdie Art von Informationen dar, an denen die westlichen Religionswissenschaftler des 19.Jahrhunderts interessiert waren. Für ihre eigenen Methoden, Religionen zu kategorisierenund zu beschreiben, fanden sie nur wenig in den verfügbaren Berichten, was sie verwendenkonnten. Besonders in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts entstand das Bedürfnis,einen theoretischen Rahmen für das Verständnis der yezidischen Religion zu schaffen, derEinsicht in den Ursprung und die Entwicklung dieser Religion gewährte. Nach Layard undBadger kennzeichnete die <strong>Yeziden</strong>forschung eine überwältigende Fülle von unterschiedlichenSpekulationen über den Ursprung der Religion; die Realität des gelebten Glaubensinteressierte die Wissenschaftler weniger. Genährt durch den Romantizismus, mit dem Zeitgenossendie mysteriösen „Teufelsanbeter“ betrachteten, als welche die <strong>Yeziden</strong> – zu Unrecht– bei vielen anderen Religionsgemeinschaften des Vorderen Orient bekannt waren(Kreyenbroek 1995, S. 1, 60), beschäftigten sich die Wissenschaftler weiterhin mit den <strong>Yeziden</strong>.Da die Wissenschaftler ihre gesamten Forschungen auf die „Doktrin“ und die „Lehre“der <strong>Yeziden</strong> konzentrierten, aber mit keinen schriftlichen Quellen [28] ihre Behauptungenuntermauern konnten, bestand ein großes Desiderat, die heiligen Büchern aufzufinden,über deren mögliche Existenz oder Nichtexistenz schon Layard und Badger Vermutungenangestellt hatten. Vermutlich hätte das Interesse der Wissenschaftler bald nachgelassen,wenn keine schriftlichen Texte aufgetaucht wären.Tatsächlich bewirkten die Kräfte des freien Marktes, dass von den achtziger Jahren des19. Jahrhunderts an die ersten geschriebenen Texte auftauchten. An ihrem plötzlichen Erscheinenwar ein ehemaliger christlicher Mönch namens Jeremiah Shamir beteiligt, der mitantiquarischen Büchern und Manuskripten handelte (Guest 1993, S. 146 f.). In mehreren Ländernwurde eine Reihe von Manuskripten angeboten, welche u. a. die zwei angeblich „heiligenBücher“ der <strong>Yeziden</strong> enthielten: das Jilwe (Offenbarung) und das Meshef Resch

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