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DOI - Yeziden - Yeziden-Colloquium

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www.yeziden-colloquium.deSchriftreligion, eine Schriftreligion allerdings, die ihre schriftliche Überlieferung verlorenhatte. Die Frage nach der möglichen Bedeutung, die das Fehlen einer schriftlichen Traditionfür den Charakter dieser Religion selbst hatte, stellte man nicht. Man beurteilte die yezidischeReligion also weiterhin nach den gleichen Kriterien, die für die bekannten Buchreligionengalten. Es ist kaum überraschend, dass eine solche Betrachtungsweise nicht besondersfruchtbar war – und wohl auch daher das Interesse an der yezidischen Religion langsam zuschwinden begann.Bevor die <strong>Yeziden</strong> als Untersuchungsgegenstand fast völlig aus dem Blickfeld der Akademikerverschwanden, kam es in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts noch zu einer letztengroßen Debatte. Sie drehte sich um die Frage, ob diese Religion als eine in ihrem Ursprungislamische Häresie mit Spuren vorislamischer Religionen anzusehen sei oder ob sieeine alte Religion sei, die nur oberflächlich vom Islam beeinflusst worden war. Eine solcheDiskussion mag uns als rein theoretisch und gewissermaßen auch als bedeutungslos erscheinen,weil beide Annahmen davon ausgehen, dass wir es hier mit einer synkretistischen Vermischungvon präislamischem und islamischem Gedankengut zu tun haben, dennoch versetztesie den <strong>Yeziden</strong>-Studien den Gnadenstoß. Das „islamische“ Lager in dieser Debatte, angeführtvon dem italienischen Islamwissenschaftler Michelangelo Guidi, war vollkommen desinteressiertam modernen <strong>Yeziden</strong>tum (Guidi 1932 a und b). Guidi stützte seine Argumentationhauptsächlich auf den Hintergrund von Scheich Adi als islamischer Mystiker und dessenGlaubensgrundsätze. Weiterhin ging er von der Annahme aus, dass der Charakter des <strong>Yeziden</strong>tumshauptsächlich an Doktrinen festzumachen sei, die er islamischen häresiologischenQuellen zu entnehmen versuchte. Unter diesen Prämissen setzte Guidi die vorherige Traditionder westlichen Religionswissenschaftler fort, die yezidische Religion mit Mitteln zu beschreiben,welche die wohl definierte Theologie einer schriftlichen Tradition voraussetzten, in einemmündlich überlieferten Glauben aber völlig ohne [31] Bedeutung waren. Guidis Hauptgegner,sein Landsmann Giuseppe Furlani, hatte dagegen ein besseres Gespür für den Charakterder yezidischen Religion (Furlani 1930, 1932, 1937). Er befasste sich eingehend mit Überlieferungen,Festen und anderen Realitäten der kontemporären Gemeinde – Beobachtungen,die die Anhänger von Guidis Lehrmeinung vollkommen ignoriert hatten. Die reine, höchstkomplizierte Theorie stand der genauen Beschreibung der einfachen Gepflogenheiten einesBergvolks gegenüber. Wie im intellektuellen Klima jener Zeit zu erwarten war, setzte sich die„Islamfraktion“ durch.Von jener Zeit an galt die Religion der <strong>Yeziden</strong> nicht nur als ein Schriftglaube ohneSchrift, sondern auch als eine Form des Islam, obwohl sie als solche weder zu erkennen warnoch von den <strong>Yeziden</strong> als solche empfunden wurde. Der Ansatz von Guidi stellte sich alsbaldals uninteressant und unfruchtbar heraus und die wissenschaftliche Beschäftigung mitdem <strong>Yeziden</strong>tum kam fast völlig zum Stillstand. Zwischen den vierziger und den siebzigerJahren des 20. Jahrhunderts geschah nichts Wesentliches auf dem Gebiet der <strong>Yeziden</strong>forschung.Die Orientalisten, die sich mit dem Islam befassten, hatten kaum Zweifel daran,dass es sich bei den <strong>Yeziden</strong> um abtrünnige Muslime handelte, und die Altiranisten sahenkeine Verbindung zwischen Zoroastrismus und der „Teufelsanbetung“ – und außerdem warenweder die einen noch die anderen sonderlich am Kurdischen interessiert. Nur einigewenige gute Werke erschienen in dieser Periode.3 Neue Forschungen und neuer AnsatzDanach aber kam die Wende. Es ist bemerkenswert, dass sie von den <strong>Yeziden</strong> selbst initiiertund erst über zehn Jahre später von westlichen Wissenschaftlern zur Kenntnis genommenwurde. Zeitgleich hatten zwei Teams begonnen, religiöse Texte der <strong>Yeziden</strong> zu publizieren.Das eine bestand aus zwei armenischen <strong>Yeziden</strong>, den Brüdern Jalile und Ordichane Jalil unddas andere aus zwei irakischen, Dr. Khalil Jindy Rashow und Pir Khidir Sileman, die heutein Göttingen bzw. Oldenburg leben. Die Brüder Jalil hatten die Hymnen in eine größereArbeit über kurdische Folklore eingebettet, wobei sie nicht die Aufmerksamkeit darauf

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